SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NIILO JÄÄSKINEN

vom 6. September 2012 ( 1 )

Rechtssache C-473/10

Europäische Kommission

gegen

Ungarn

„Vertragsverletzungsklage — Richtlinie 91/440/EWG — Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft — Richtlinie 2001/14/EG — Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn — Art. 6 Abs. 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440 — Art. 4 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 — Infrastrukturbetreiber — Unabhängigkeit der Zuweisung von Eisenbahntrassen — Unabhängigkeit der Wegeentgelte — Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 — Finanzielles Gleichgewicht des Betreibers der Infrastruktur und Anreize zur Senkung der Kosten und Entgelte — Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 — Entgeltfestlegung anhand der unmittelbaren Kosten“

I – Einleitung

1.

Mit der vorliegenden Vertragsverletzungsklage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass Ungarn gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440/EWG ( 2 ) in der durch die Richtlinie 2001/12/EG ( 3 ) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 91/440) sowie aus den Art. 4 Abs. 2 und 14 Abs. 2, 6 Abs. 1 und 2, 7 Abs. 3, 8 Abs. 1 und 11 der Richtlinie 2001/14/EG ( 4 ) in der durch die Richtlinie 2004/49/EG ( 5 ) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/14) verstoßen hat. Ungarn beantragt, die Klage der Kommission abzuweisen.

2.

Die vorliegende Rechtssache gehört zu einer Reihe von Vertragsverletzungsklagen ( 6 ) der Kommission aus den Jahren 2010 und 2011, die die Anwendung der Richtlinien 91/440 und 2001/14 durch die Mitgliedstaaten betreffen, insbesondere in Bezug auf einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang der Eisenbahnunternehmen zur Infrastruktur, d. h. zum Schienennetz. Diese Klagen sind neuartig, weil sie dem Gerichtshof erstmals Gelegenheit geben, sich zur Liberalisierung der Eisenbahnen in der Europäischen Union zu äußern und insbesondere das sogenannte „erste Eisenbahnpaket“ auszulegen.

II – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsrecht

3.

Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Funktionen nach Anhang II, die für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur ausschlaggebend sind, an Stellen oder Unternehmen übertragen werden, die selbst keine Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. Ungeachtet der Organisationsstrukturen ist der Nachweis zu erbringen, dass dieses Ziel erreicht worden ist.

Die Mitgliedstaaten können jedoch Eisenbahnunternehmen oder jeder anderen Stelle die Erhebung von Entgelten und die Verantwortung für die Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur übertragen, wozu Investitionen, Wartung und Finanzierung gehören.“

4.

Das in Anhang II der Verordnung Nr. 91/440 enthaltene Verzeichnis der wesentlichen Funktionen im Sinne ihres Art. 6 Abs. 3 lautet:

„–

Vorarbeiten und Entscheidungen über die Zulassung von Eisenbahnunternehmen, einschließlich der Gewährung einzelner Genehmigungen;

Entscheidungen über die Trassenzuweisung, einschließlich sowohl der Bestimmung als auch der Beurteilung der Verfügbarkeit und der Zuweisung von einzelnen Zugtrassen;

Entscheidungen über die Wegeentgelte;

Überwachung der Einhaltung von Verpflichtungen zur Bereitstellung bestimmter Dienstleistungen für die Allgemeinheit“.

5.

Nach den Begriffsbestimmungen in Art. 2 der Richtlinie 2001/14 bezeichnet im Sinne dieser Richtlinie der Ausdruck

„a)

‚Zuweisung‘ die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn durch einen Betreiber der Infrastruktur;

...

g)

‚Fahrwegkapazität‘ die Möglichkeit, für einen Teil des Fahrwegs für einen bestimmten Zeitraum beantragte Zugtrassen einzuplanen;

h)

‚Betreiber der Infrastruktur‘ eine Einrichtung oder ein Unternehmen, die bzw. das insbesondere für die Einrichtung und Unterhaltung der Fahrwege der Eisenbahn zuständig ist. Dies kann auch den Betrieb der Steuerungs- und Sicherheitssysteme der Fahrwege einschließen. Mit den bei einem Netz oder einem Teilnetz wahrzunehmenden Aufgaben des Betreibers der Infrastruktur können verschiedene Einrichtungen oder Unternehmen betraut werden;

i)

‚Netz‘ bzw. ‚Schienennetz‘ die Gesamtheit der Eisenbahnfahrwege, die sich im Eigentum eines Betreibers der Infrastruktur befinden und/oder von diesem verwaltet werden;

...

k)

‚Eisenbahnunternehmen‘ jedes nach geltendem Gemeinschaftsrecht zugelassene öffentlich-rechtliche oder private Unternehmen, dessen Haupttätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss; dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktionsleistung erbringen;

l)

‚Zugtrasse‘ die Fahrwegkapazität, die erforderlich ist, damit ein Zug zu einer bestimmten Zeit zwischen zwei Orten verkehren kann;

m)

‚Netzfahrplan‘ die Daten zur Festlegung aller geplanten Zugbewegungen und Bewegungen des rollenden Materials, die auf dem betreffenden Schienennetz während der Gültigkeitsdauer des Netzfahrplans durchgeführt werden“.

6.

Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/14 bestimmt:

„(1)   ... Die Berechnung des Wegeentgeltes und die Erhebung dieses Entgelts nimmt der Betreiber der Infrastruktur vor.

(2)   Ist der Betreiber der Infrastruktur rechtlich, organisatorisch oder in seinen Entscheidungen nicht von Eisenbahnunternehmen unabhängig, so werden die in diesem Kapitel dargelegten Aufgaben – außer der Erhebung von Entgelten – von einer entgelterhebenden Stelle wahrgenommen, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnunternehmen unabhängig ist.“

7.

Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 lautet:

„Die Eisenbahnunternehmen haben unter Ausschluss jeglicher Diskriminierung Anspruch auf das in Anhang II beschriebene Mindestzugangspaket sowie auf den dort beschriebenen Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen. Die Erbringung der in Anhang II Nummer 2 genannten Leistungen erfolgt unter Ausschluss jeglicher Diskriminierung, wobei entsprechende Anträge von Eisenbahnunternehmen nur abgelehnt werden dürfen, wenn vertretbare Alternativen unter Marktbedingungen vorhanden sind. Falls die betreffenden Leistungen nicht von ein und demselben Betreiber der Infrastruktur angeboten werden, muss der Anbieter des ‚Hauptfahrwegs‘ nach Kräften bestrebt sein, die Erbringung dieser Leistungen zu erleichtern.“

8.

Art. 6 der Richtlinie 2001/14 sieht vor:

„(1)   Die Mitgliedstaaten legen die Bedingungen fest, gegebenenfalls einschließlich der Leistung von Vorauszahlungen, um sicherzustellen, dass sich die Einnahmen eines Betreibers der Infrastruktur aus Wegeentgelten, dem Gewinn aus anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten und der staatlichen Finanzierung einerseits und die Fahrwegausgaben andererseits unter normalen geschäftlichen Umständen und über einen angemessenen Zeitraum zumindest ausgleichen.

...

(2)   Den Betreibern der Infrastruktur sind unter gebührender Berücksichtigung der Sicherheit und der Aufrechterhaltung und Verbesserung der Qualität der Fahrwegbereitstellung Anreize zur Senkung der mit der Fahrwegbereitstellung verbundenen Kosten und der Zugangsentgelte zu geben.

(3)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Absatz 2 entweder durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen der zuständigen Behörde und dem Betreiber der Infrastruktur, die eine Laufzeit von mindestens drei Jahren hat und die staatliche Finanzierung regelt, oder durch geeignete aufsichtsrechtliche Maßnahmen, in deren Rahmen angemessene Befugnisse vorgesehen sind, umgesetzt wird.“

9.

Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 lautet:

„Unbeschadet der Absätze 4 und 5 und des Artikels 8 ist das Entgelt für das Mindestzugangspaket und den Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen in Höhe der Kosten festzulegen, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen.“

10.

Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 lautet:

„Um eine volle Deckung der dem Betreiber der Infrastruktur entstehenden Kosten zu erhalten, kann ein Mitgliedstaat, sofern der Markt dies tragen kann, Aufschläge auf der Grundlage effizienter, transparenter und nichtdiskriminierender Grundsätze erheben, wobei die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit insbesondere des grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs zu gewährleisten ist. Die Entgeltregelung muss dem von den Eisenbahnunternehmen erzielten Produktivitätszuwachs Rechnung tragen.

Die Höhe der Entgelte darf jedoch nicht die Nutzung der Fahrwege durch Marktsegmente ausschließen, die mindestens die Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, sowie eine Rendite, die der Markt tragen kann, erbringen können.“

11.

Art. 13 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/14 bestimmt:

„Das Recht, spezifische Fahrwegkapazität in Form einer Zugtrasse in Anspruch zu nehmen, kann Antragstellern längstens für die Dauer einer Netzfahrplanperiode zuerkannt werden.“

12.

Art. 14 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/14 sieht vor:

„(1) … Der Betreiber der Infrastruktur führt die Verfahren zur Zuweisung von Fahrwegkapazität durch. …

(2) Ist der Betreiber der Infrastruktur rechtlich, organisatorisch oder in seinen Entscheidungen nicht von Eisenbahnunternehmen unabhängig, so werden die in Absatz 1 genannten und in diesem Kapitel im Weiteren dargelegten Aufgaben von einer Zuweisungsstelle wahrgenommen, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnunternehmen unabhängig ist.“

13.

Art. 29 der Richtlinie 2001/14 lautet:

„(1)   Bei technisch bedingten oder unfallbedingten Störungen der Zugbewegungen hat der Betreiber der Infrastruktur alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die normale Situation wiederherzustellen. Zu diesem Zweck erstellt er einen Notfallplan, in dem die verschiedenen staatlichen Stellen aufgeführt sind, die bei schwerwiegenden Vorfällen oder schwerwiegenden Störungen der Zugbewegungen zu unterrichten sind.

(2)   In Notfallsituationen und sofern dies unbedingt notwendig ist, weil der Fahrweg wegen einer Betriebsstörung vorübergehend nicht benutzt werden kann, können die zugewiesenen Zugtrassen ohne Ankündigung so lange gesperrt werden, wie es zur Instandsetzung des Systems erforderlich ist.

Der Betreiber der Infrastruktur kann, wenn er dies für notwendig hält, verlangen, dass die Eisenbahnunternehmen ihm die Mittel zur Verfügung stellen, die seiner Meinung nach am besten geeignet sind, um die normale Situation möglichst bald wiederherzustellen.

(3)   Die Mitgliedstaaten können von den Eisenbahnunternehmen verlangen, dass sie sich an der Sicherstellung der Durchsetzung und Überwachung der für sie geltenden Sicherheitsnormen und -vorschriften beteiligen.“

14.

Anhang II Nr. 1 der Richtlinie 2001/14 sieht vor:

 

„Das Mindestzugangspaket umfasst Folgendes:

a)

die Bearbeitung von Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität;

b)

das Recht zur Nutzung zugewiesener Fahrwegkapazität;

c)

die Nutzung von Weichen und Abzweigungen;

d)

die Zugsteuerung einschließlich der Signalisierung, Regelung, Abfertigung und der Übermittlung und Bereitstellung von Informationen über Zugbewegungen;

e)

alle anderen Informationen, die zur Durchführung oder zum Betrieb des Verkehrsdienstes, für den Kapazität zugewiesen wurde, erforderlich sind.“

B – Nationales Recht

15.

Mit dem Gesetz XCV. von 1993 über die Eisenbahnunternehmen wurde im Jahr 2004 eine von den Eisenbahnunternehmen unabhängige Einrichtung, die Vasúti Pályakapacitás-elosztó Szervezet (im Folgenden: VPE), eingerichtet.

16.

Gemäß Art. 62 des Gesetzes CLXXXIII. von 2005 über den Eisenbahnverkehr (2005 évi CLXXXIII. törvény a vasúti közlekedésről ( 7 ), im Folgenden: Eisenbahngesetz) gehören die Trassenzuweisung und die Entgeltfestlegung zu den Aufgaben des VPE.

17.

Art. 28 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes sieht vor:

„Der Minister, handelnd im Namen des Staates, verpflichtet sich – im Einvernehmen mit dem Finanzminister – vertraglich zur Finanzierung der im Rahmen des Netzbetriebs als gerechtfertigt anerkannten Ausgaben des mit dem Betrieb des nationalen Eisenbahnnetzes und seiner Teilnetze sowie des Regionalbahnnetzes und seiner Teilnetze betrauten Eisenbahnunternehmens, die weder durch die Netzzugangsentgelte noch durch die übrigen Umsätze dieses Unternehmens gedeckt sind. Die Bedingungen der genannten vertraglichen Vereinbarung müssen dem Netzbetreiber Anreize zur Senkung seiner Verwaltungskosten und der Netzzugangsentgelte geben, ohne der Sicherheit des Verkehrs oder der Qualität der Leistungen zu schaden.“

18.

Gemäß Art. 31 Abs. 2 Buchst. b des Gesetzes „[ist] der Betreiber der Infrastruktur ... im Interesse der Sicherheit des Eisenbahnverkehrs – bis zum Ende der Gefahrensituation – berechtigt, die von dieser Gefahr bedrohten Gleise oder Streckenabschnitte zu schließen sowie die auf den betreffenden Abschnitten bewilligten Zugtrassen zu sperren; er informiert, sofern diese Schließung einen Bahnübergang betrifft, die für die betreffende Straße zuständige Verwaltung ...“

19.

Art. 55 Abs. 8 des Eisenbahngesetzes bestimmt:

„Ist abzusehen, dass die Netzzugangsentgelte nicht die gesamten gerechtfertigten Kosten und Ausgaben des Betreibers der frei zugänglichen Infrastruktur decken, kann für die in Art. 54 Abs. 1 und 3 bis 5 aufgeführten Dienste ein genereller Entgeltzuschlag erhoben werden, der nicht über das hinausgehen darf, was erforderlich ist, um die gesamten gerechtfertigten Kosten und Ausgaben zu decken, und der dem von den Eisenbahnunternehmen erzielten Produktivitätszuwachs, dem Erfordernis einer effizienten Nutzung der Infrastruktur, der Wettbewerbsfähigkeit des grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs sowie dem Grundsatz der Transparenz und der Gleichbehandlung Rechnung trägt.“

20.

Die Verordnung Nr. 83/2007 (X.6) GKM-PM betrifft den Rahmen für die Wegeentgeltregelung und die Grundregeln für die Festlegung der Wegeentgelte ( 8 ).

21.

Die Verordnung Nr. 101/2007 (XII.22) GKM über die Einzelheiten des offenen Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur ( 9 ) bestimmt in ihrem Art. 23 Abs. 1:

„Hat ein Infrastrukturbetreiber gemäß Art. 31 Abs. 2 Buchst. b des Eisenbahngesetzes eine Zugtrasse gesperrt, bietet die für die Zuweisung von Fahrwegkapazität zuständige Stelle dem Betroffenen auf dessen Antrag eine andere Zugtrasse aus der verfügbaren Fahrwegkapazität an.“

22.

Das VPE veröffentlicht jährlich eine Verordnung über den Netzbetrieb (Hálózati Üzletszabályzat). Die Netzbetriebsverordnung 2009-2010 sieht in Nr. 4.3 Abs. 9 vor:

„Das [VPE] unterrichtet die jeweiligen Zuweisungsempfänger, die Betreiber der Infrastruktur und die Eisenbahnaufsichtsbehörde über seine Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität.“

23.

In Nr. 4.8.1 („Leitlinien für die Wiederherstellung des Normalbetriebs“) dieser Verordnung heißt es:

„a)

Bei außerplanmäßigen Abweichungen vom regulären Fahrplan trifft die Leitung der operationellen Dienste des Betreibers der Infrastruktur geeignete Maßnahmen zur Beendigung dieser Störungen und zur Wiederherstellung des fahrplanmäßigen Verkehrs. ...

b)

Netzzugangsberechtigte benennen eine ständige Kontaktperson mit Entscheidungsbefugnis oder ein eigenes Leitungsorgan, die bzw. das vom Leitungsorgan des Betreibers der Infrastruktur im Störungs- oder Gefahrenfall zu unterrichten ist und deren bzw. dessen Bedürfnissen bei der Wiederherstellung normaler Betriebsbedingungen Rechnung getragen wird.

c)

Höhere Gewalt und andere unvorhersehbare außergewöhnliche Umstände:

Der Betreiber der Infrastruktur bemüht sich bei technisch bedingten oder unfallbedingten Störungen nach Kräften um die Wiederherstellung normaler Betriebsbedingungen. Zu diesem Zweck erstellt er einen Notfallplan, in dem die Stellen aufgeführt sind, die bei schwerwiegenden Vorfällen oder schwerwiegenden Störungen der Zugbewegungen zu unterrichten sind.

Auf Antrag des Betreibers der Infrastruktur ist der Netzzugangsberechtigte verpflichtet, im Wege der Erstattung die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zum Zweck der raschen Wiederherstellung normaler Betriebsbedingungen für am besten geeignet erachtet werden.

In einem Gefahrenfall, der das Schienennetz vorübergehend unbenutzbar macht, kann der Betreiber der Infrastruktur zugewiesene Zugtrassen nach Unterrichtung der Betroffenen so lange sperren, wie es zur Wiederherstellung der Situation erforderlich ist. Das [VPE] bietet dem Betroffenen für diesen Zeitraum auf dessen Antrag eine andere Zugtrasse aus der verfügbaren Fahrwegkapazität an.“

III – Vorgerichtliches Verfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof

24.

Mit Schreiben vom 26. Januar 2008 forderte die Kommission Ungarn auf, sich sowohl zum Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440 sowie aus den Art. 4 Abs. 2 und 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 als auch zum Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 3, 6 Abs. 1, 6 Abs. 2 bis 5, 7 Abs. 3, 8, 11 und 30 Abs. 3 dieser Richtlinie zu äußern. Ungarn beantwortete diese Aufforderung mit Schreiben vom 22. August 2008, das durch weitere Schreiben – u. a. vom 10. Juni 2009 – ergänzt wurde.

25.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2009 übersandte die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie feststellte, dass Ungarn weder seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440 sowie aus den Art. 4 Abs. 2 und 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 noch seine Verpflichtungen aus den Art. 6 Abs. 1, 6 Abs. 2, 7 Abs. 3, 8 Abs. 1 und 11 dieser Richtlinie erfüllt habe. Die Kommission forderte Ungarn auf, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der mit Gründen versehenen Stellungnahme die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um ihr nachzukommen. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2009 antwortete Ungarn auf die mit Gründen versehene Stellungnahme und bestritt die von der Kommission gerügte Vertragsverletzung.

26.

Da die Antwort Ungarns die Kommission nicht zufriedenstellte, beschloss sie, die vorliegende Klage zu erheben, die am 29. September 2010 beim Gerichtshof eingegangen ist.

27.

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 15. Februar 2011 sind die Tschechische Republik, die Republik Lettland und die Republik Polen als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge Ungarns zugelassen worden. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 4. April 2011 ist die Italienische Republik gemäß Art. 93 Abs. 7 der Verfahrensordnung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge Ungarns zugelassen worden.

28.

Mit einem am 6. Juni 2012 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangenen Schriftsatz hat die Kommission erklärt, dass sie die in ihrer Klage erhobene, einen Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 beim Erlass einer Regelung zur Erhöhung der Leistung des Schienennetzes betreffende sechste Rüge zurücknehme.

29.

Die Kommission, Ungarn, die Italienische Republik und die Republik Polen waren in der mündlichen Verhandlung vertreten, die am 23. Mai 2012 stattgefunden hat.

IV – Klagegründe und Vorbringen der Beteiligten

A – Zur ersten, die Unabhängigkeit der Trassenzuweisung betreffenden Rüge

1. Vorbringen der Beteiligten

30.

Die Kommission macht geltend, ein Eisenbahnunternehmen dürfe nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 keine Entscheidungen auf dem Gebiet der Zuweisung von Zugtrassen treffen, da die Trassenzuweisung eine für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur wesentliche Funktion im Sinne von Anhang II dieser Richtlinie darstelle, für die das Erfordernis der Unabhängigkeit gelte. Die Zuweisung von Fahrwegkapazität müsse daher einer unabhängigen Zuweisungsstelle übertragen werden.

31.

Die Verwaltung des Verkehrs sei jedoch der Trassenzuweisung zuzuordnen und müsse in Ungarn vom VPE, einer von den Eisenbahnunternehmen unabhängigen Stelle, durchgeführt werden, und nicht von der MÁV Zrt. und der GySEV Zrt., die Infrastrukturbetreiber, aber auch Eisenbahnunternehmen seien.

32.

Einerseits müsse der Verwalter des Verkehrs über die Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität auf dem Laufenden sein, um seine Verwaltungstätigkeit ausüben zu können. Würden in Ungarn die Infrastrukturbetreiber MÁV Zrt. und GySEV Zrt. entsprechend der Betriebsverordnung über jede ihre Wettbewerber betreffende Entscheidung über die Zuweisung von Fahrwegkapazität informiert, wären sie damit wesentlich an diesem Prozess der Zuweisung von Fahrwegkapazität beteiligt.

33.

Andererseits bedeute die Verwaltung des Verkehrs im Fall von Verkehrsstörungen oder Gefahrenfällen, dass der Verwalter die zur Wiederherstellung normaler Verkehrsbedingungen erforderlichen Maßnahmen treffe. In einem solchen Fall müsse der Verwalter des Verkehrs zwecks Neuzuweisung der verfügbaren Trassen und Netzkapazität zwingend vom zuvor festgelegten Fahrplan abweichen. In Ungarn sei es Sache der beiden Betreiber der Infrastruktur, die Maßnahmen zur Behebung der Störung zu ergreifen und dabei den Bedürfnissen der Eisenbahnunternehmen Rechnung zu tragen.

34.

Im Normalfall beschränke sich der Verwalter des Verkehrs unstreitig auf die Durchführung der Entscheidungen des VPE, sorge dafür, dass die Züge nach Fahrplan verkehrten, und habe keinen Einfluss auf die Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität. Die Tatsache, dass er im Gefahren- oder Störungsfall lokal zur Wiederherstellung des Verkehrs tätig werde, bedeute dagegen, dass er Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen treffe und insoweit über einen Ermessensspielraum verfüge. Die Sperrung einer Trasse sei auch eine Maßnahme, bei der es sich um eine mit der Trassenzuweisung zusammenhängende wesentliche Funktion im Sinne von Anhang II der Richtlinie 91/440 handele.

35.

Ein Eisenbahnunternehmen, das die Verwaltung des Verkehrs durchführe, habe einen Wettbewerbsvorteil, da es, um die damit verbundenen Aufgaben erfüllen zu können, notwendigerweise über detaillierte Kenntnisse der von den Eisenbahnunternehmen erbrachten Dienstleistungen, des Umfangs dieser Dienste und des Fahrplans verfügen müsse. Es verstoße jedoch gegen Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14, wenn ein wie auch immer geartetes Eisenbahnunternehmen mittels der Tätigkeit der Verkehrsverwaltung von der Nutzung der Infrastruktur durch seine Wettbewerber Kenntnis haben oder infolgedessen unter bestimmten Bedingungen Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen oder Fahrwegkapazität treffen könne. Hinzu komme, dass der Verwalter des Verkehrs bei der Aufstellung des Fahrplans de facto stets Einfluss auf den Verkehr nehme und die Wettbewerber lediglich den veröffentlichten Fahrplan, nicht aber die tatsächlichen Zugbewegungen kennten.

36.

Zum Verhältnis zwischen der Verwaltung des Verkehrs und dem Betrieb der Infrastruktur weist die Kommission darauf hin, dass das für die Trassenzuweisung geltende Erfordernis der Unabhängigkeit auch Anwendung finde, wenn die Zuweisung im Rahmen der Verwaltung des Verkehrs erfolge. Letztere umfasse zahlreiche, offensichtlich nicht mit der Zuweisung von Trassen zusammenhängende Aufgaben wie Wartung, Bau von Strecken und andere Investitionen, mit denen Eisenbahnunternehmen betraut werden könnten.

37.

Die ungarische Regierung macht geltend, nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 seien die in ihrem Anhang II ausdrücklich aufgeführten Tätigkeiten als wesentliche Funktionen anzusehen. In Art. 6 Abs. 2 werde in nicht abschließender Weise definiert, welche Funktionen, selbst wenn sie Tätigkeiten im Sinne von Anhang II der genannten Richtlinie darstellen könnten oder zu Letzteren gehörten, auch von Eisenbahnunternehmen wahrgenommen werden könnten.

38.

Die ungarische Regelung gestatte dem Verwalter des Verkehrs auch im Gefahren- oder Störungsfall keine Neuzuweisung von Trassen. Die Zuweisung von Trassen und Fahrwegkapazität sei ausschließlich Sache des VPE als unabhängiger Stelle.

39.

Zum einen bestehe die wesentliche Aufgabe des Verwalters des Verkehrs nämlich in der Durchführung der Entscheidungen des VPE über die Zuweisung von Fahrwegkapazität und Trassen. Der Verwalter des Verkehrs verfüge auf diesem Gebiet über keine Entscheidungsbefugnis und könne weder die zugewiesenen Trassen noch die Fahrwegkapazität nachprüfen. Im Rahmen seines ständigen Bereitschaftsdienstes sei das VPE in der Lage, Anträge auf Trassenzuweisung zu jeder Tageszeit anzunehmen und zu bearbeiten.

40.

Zum anderen verfüge der Verwalter des Verkehrs auch im Fall der Gefahr oder von Verkehrsstörungen nicht über die Befugnis zur Zuweisung von Fahrwegkapazität. In diesem Fall könne der Verwalter zur Wiederherstellung eines normalen Verkehrs unmittelbar tätig werden und ergreife Maßnahmen, die gewährleisteten, dass eine möglichst hohe Zahl von Zugtrassen und möglichst viel Fahrwegkapazität, die vom VPE zugewiesen worden seien, genutzt werden könnten.

41.

Könnten Zugtrassen jedoch trotz der ergriffenen Maßnahmen nicht wieder in Betrieb genommen werden, könne der Betreiber der Infrastruktur eine Trasse stornieren – ein Recht, das auch in Art. 14 Abs. 8 der Verordnung Nr. 913/2010 in bestimmten Fällen vorgesehen sei. Dem Verwalter des Verkehrs stehe die Möglichkeit der Sperrung von Zugtrassen nur offen, wenn ein Streckenabschnitt vorübergehend nicht nutzbar und der Verkehr ohnehin nicht möglich sei. Es handele sich somit nicht um eine Ermessensentscheidung über ein Verbot der Nutzung einer Strecke, sondern um eine vorübergehende Schließung eines Bahnstreckenabschnitts aus Sicherheitsgründen, während der sich das VPE bemühe, dem betroffenen Eisenbahnunternehmen eine andere Zugtrasse zur Verfügung zu stellen.

42.

Die Wiederherstellung des normalen Zugverkehrs, die Maßnahmen technischer Art und solche der Eisenbahnsicherheit umfasse, einerseits und die Neuzuweisung von Zugtrassen, deren Durchführung dem VPE obliege, andererseits seien zwei verschiedene Tätigkeiten.

43.

Folglich habe der Verwalter des Verkehrs keinerlei Einfluss auf die Trassenzuweisung, da diese vor der Inbetriebnahme erfolge. Der Betreiber der Infrastruktur sei verpflichtet, mit dem Inhaber des Zugangsrechts einen der zugewiesenen Trasse entsprechenden Vertrag zu schließen und dessen Zug auf der zugewiesenen Trasse verkehren zu lassen, da er sich sonst den im Vertrag vorgesehenen Rechtsfolgen aussetzen würde. Daher entspreche die Kenntnisnahme von Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität nach deren Erlass nicht dem Erlass einer Entscheidung über die Trassenzuweisung.

44.

Die Verwaltung des Verkehrs sei vielmehr dem Betrieb der Infrastruktur zuzuordnen, so dass eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Tätigkeiten unrealistisch sei und ihrer praktischen Anwendung entgegenstehe. Auf das enge Verhältnis zwischen der Verwaltung des Verkehrs und dem Betrieb der Infrastruktur werde im Übrigen in der Richtlinie 91/440 hingewiesen, deren Art. 3 bestimme, dass die Führung der Betriebsleit- und Sicherheitssysteme zu den Aufgaben des Betreibers der Infrastruktur gehören könne.

45.

Der Betreiber der Infrastruktur erlange im Rahmen seiner Verkehrsverwaltungstätigkeit keinen Wettbewerbsvorteil, da er selbst im Störungs- oder Gefahrenfall keinerlei Trassenzuweisung vornehme und die von der Kommission angeführten Informationen erst zur Kenntnis nehmen könne, nachdem das VPE die Entscheidungen über die Trassenzuweisung bereits erlassen habe. Der Kommission sei darin zuzustimmen, dass der Verwalter des Verkehrs notwendigerweise detaillierte Kenntnisse der von den Eisenbahnunternehmen erbrachten Dienstleistungen, des Umfangs dieser Dienste und des Fahrplans haben müsse.

46.

Die polnische Regierung schließt sich der Argumentation der ungarischen Regierung an, wonach das mögliche Tätigwerden des Verwalters des Verkehrs im Fall von Verkehrsstörungen oder Gefahrenfällen keine Neuzuweisung der Trassen bedeute. Es gehe darum, ad hoc zu reagieren, wozu lediglich die mit der laufenden Verwaltung des Eisenbahnverkehrs betraute Stelle in der Lage sei.

47.

Die polnische Regierung weist darüber hinaus darauf hin, dass Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 lediglich verlange, dass das Ziel eines gerechten und nichtdiskriminierenden Zugangs zur Infrastruktur erreicht werde. Der elfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/14 nehme auf dieses Ziel Bezug. Die Kommission habe jedoch keinerlei tatsächliche oder rechtliche Ausführungen gemacht, die bewiesen, dass Ungarn dieses Ziel nicht erreicht habe.

48.

In ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz Polens stellt die Kommission fest, dass es überflüssig sei, Fälle konkreter Verstöße durch Betreiber der Infrastruktur anzuführen, da die ungarische Regelung dem Erfordernis der Unabhängigkeit der die Zugtrassen zuweisenden Stelle nicht genüge und mit diesem Erfordernis gerade sichergestellt werden solle, dass durch die Schaffung geeigneter Strukturen das gesteckte Ziel im Allgemeinen erreicht werden könne.

2. Prüfung der ersten Rüge

a) Vorbemerkungen

49.

Die Richtlinie 91/440 in ihrer ursprünglichen Fassung hat durch die Schaffung eines Zugangsrechts der Verkehrsunternehmen zur Eisenbahninfrastruktur die Liberalisierung des Schienenverkehrs in Gang gesetzt. Mit der Schaffung dieses Zugangsrechts ist die Einführung eines Grundsatzes der Trennung zwischen dem Betrieb der Infrastruktur und der Erbringung von Verkehrsleistungen einhergegangen. Dieser Trennungsgrundsatz betraf jedoch nicht die Strukturen, sondern die Funktionen, genauer gesagt die Rechnungsführung. Nur als Option kann die Trennung durch die Schaffung organisch voneinander getrennter Unternehmensbereiche innerhalb desselben Unternehmens oder dadurch verwirklicht werden, dass eine gesonderte Einrichtung mit dem Betrieb der Infrastruktur betraut wird. Ein integriertes nationales Modell wurde damit nicht in Frage gestellt.

50.

Die Richtlinien 95/18/EG und 95/19/EG ( 10 ) und sodann die Richtlinien des ersten Eisenbahnpakets von 2001 zielten hingegen auf die Umsetzung des Rechts auf einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang ab, indem sie die Erteilung von Genehmigungen an Verkehrsunternehmen und Regeln für die Zuweisung von Kapazitäten und die Gestaltung der Wegeentgelte vorsahen. Um einen nichtdiskriminierenden Zugang zu gewährleisten, wurde in Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 der Grundsatz der Unabhängigkeit des mit wesentlichen Funktionen betrauten Organs verankert; diese sind nunmehr in Anhang II der Richtlinie 91/440 aufgeführt.

51.

Es handelt sich um die Zulassung von Eisenbahnunternehmen, die Zuweisung von Fahrwegkapazität und einzelnen Zugtrassen, die Festlegung des von den Verkehrsunternehmen zu entrichtenden Entgelts sowie die Überwachung der Einhaltung von Gemeinwohlverpflichtungen. Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 und die Art. 4 Abs. 2 und 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 nehmen Bezug auf die Unabhängigkeit einer „Stelle oder [eines] Unternehmens“ für den Zugang zum Netz, einer „entgelterhebenden Stelle“ bzw. einer „Zuweisungsstelle“ von Fahrwegkapazität.

52.

Die genannten wesentlichen Funktionen entsprechen den Funktionen, die keinesfalls von einem Eisenbahnverkehrsunternehmen ausgeübt werden dürfen. Sie können hingegen entweder vom Infrastrukturbetreiber, wenn er von allen Eisenbahnunternehmen, insbesondere vom traditionellen Betreiber, unabhängig ist, oder – im gegenteiligen Fall – von einer „Stelle“ wahrgenommen werden. Gegen sämtliche Entscheidungen der mit wesentlichen Funktionen betrauten Stellen kann Beschwerde bei der durch Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 eingerichteten unabhängigen Regulierungsstelle eingelegt werden.

53.

Die wesentliche Funktion der Trassenzuweisung wird in Ungarn von der VPE, einer von den Eisenbahnunternehmen unabhängigen Stelle, wahrgenommen. Bei der MÁV Zrt. und der GySEV Zrt., den Betreibern der Infrastruktur, handelt es sich hingegen auch um Eisenbahnunternehmen. Die erste Rüge der Kommission betrifft somit im Kern die Frage, ob die Verwaltung des Verkehrs unter den Begriff des Betriebs der Infrastruktur fällt und, wenn ja, ob sie die Zuweisung von Zugtrassen umfasst und daher einer Stelle vorbehalten sein muss, die von den Eisenbahnunternehmen unabhängig ist. Um auf diese Fragen antworten zu können, ist die genaue Bedeutung der Begriffe „wesentliche Funktion“ und „Zugtrasse“ zu klären.

b) Wesentliche Funktion und Zugtrasse

54.

Gemäß Anhang II der Richtlinie 91/440 gehören zu den wesentlichen Funktionen im Sinne ihres Art. 6 Abs. 3 „Vorarbeiten und Entscheidungen“ über die Zulassung von Eisenbahnunternehmen, „Entscheidungen“ über die Trassenzuweisung, einschließlich der „Zuweisung“ einzelner Zugtrassen, „Entscheidungen“ über die Wegeentgelte und die „Überwachung“ der Einhaltung von Verpflichtungen zur Bereitstellung bestimmter Dienstleistungen für die Allgemeinheit. Für die Zwecke der unionsrechtlichen Regelung auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens besteht eine wesentliche Funktion folglich aus Tätigkeiten administrativer oder quasi-administrativer Natur wie etwa Vorarbeiten und Entscheidungen oder aus der Überwachung der Einhaltung von Verpflichtungen.

55.

Dagegen umfasst das Mindestzugangspaket, das der Betreiber der Infrastruktur für die Eisenbahnunternehmen zu erbringen hat, nach Anhang II Nr. 1 der Richtlinie 2001/14 u. a. die Zugsteuerung einschließlich der Signalisierung, Regelung und Abfertigung und der Übermittlung und Bereitstellung von Informationen über Zugbewegungen (Buchst. d) sowie alle anderen Informationen, die zur Durchführung oder zum Betrieb des Verkehrsdienstes, für den Kapazität zugewiesen wurde, erforderlich sind (Buchst. e). Hierbei geht es also um Dienstleistungen, die meines Erachtens unter den Begriff der Verwaltung des Eisenbahnverkehrs fallen.

56.

Gemäß Art. 2 Buchst. l der Richtlinie 2001/14 bezeichnet der Ausdruck „Zugtrasse“ die Fahrwegkapazität, die erforderlich ist, damit ein Zug zu einer bestimmten Zeit zwischen zwei Orten verkehren kann. Allerdings stellt die Zuweisung einer Zugtrasse durch ihre Aufnahme in den Netzfahrplan oder eine Ad-hoc-Entscheidung nach Art. 23 dieser Richtlinie für das Eisenbahnunternehmen ein Recht auf Inanspruchnahme spezifischer Fahrwegkapazität dar. Rechtlich gesehen entspricht dies der Erteilung einer Genehmigung oder einer behördlichen oder quasi-behördlichen Erlaubnis. Diese Auslegung wird durch Art. 13 Abs. 2 bestätigt, in dem von einem „Recht, spezifische Fahrwegkapazität in Form einer Zugtrasse in Anspruch zu nehmen“, die Rede ist.

57.

Wie alle Rechte können auch die Rechte in Form einer Zugtrasse von ihrem Inhaber durch Vornahme der in den Anwendungsbereich dieses Rechts fallenden Tätigkeiten ausgeübt werden. Bei Zugtrassen besteht die Rechtsausübung im Betrieb des in Rede stehenden Streckenabschnitts zu der für die Zugtrasse geltenden Zeit. Dem ist hinzuzufügen, dass die Mindernutzung einer Zugtrasse nach Art. 27 der Richtlinie 2001/14 die Verpflichtung zur Aufgabe dieser Trasse mit sich bringen kann.

58.

Aufgrund dieser Überlegungen scheint mir die Verwaltung des Verkehrs aus Leistungen zu bestehen, die zum Bereich des Betriebs der Infrastruktur gehören. Nach Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 2001/14 kann der Betrieb der Infrastruktur nämlich „auch den Betrieb der Steuerungs- und Sicherheitssysteme der Fahrwege einschließen“.

59.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die mit der Verwaltung des Verkehrs zusammenhängenden Tätigkeiten nicht den Erlass von Entscheidungen über die Trassenzuweisung, sondern lediglich die Umsetzung solcher Entscheidungen, sei es durch die Aufstellung von Fahrplänen oder durch die Ad-hoc-Zuweisung von Zugtrassen, umfassen. Die Verwaltung des Eisenbahnverkehrs stellt eine faktische Tätigkeit dar, mit der die tatsächliche und sichere Ausübung der Rechte auf Inanspruchnahme von Fahrwegkapazität in Form von Zugtrassen sichergestellt werden soll. Anders ausgedrückt: Schaltet der Netzbetreiber für einen Zug ein Signal auf Grün, entsteht durch diese Maßnahme kein Recht an der Zugtrasse. Ebenso wenig kommt ein durch den Netzbetreiber ausgelöstes rotes Signal der Aufgabe einer Zugtrasse gleich. Jede Verwechslung zwischen dem Bestehen von Rechten und ihrer Ausübung ist somit zu vermeiden, da sich die zum Zweck der Regulierung der verschiedenen Verkehrsformen durch die Einräumung von Rechten eingeführten Regelungen auf einer ganz anderen Ebene befinden als die tägliche Überwachung der Ausübung solcher Rechte durch die zuständigen Behörden wie Polizei, Lotsendienst oder Eisenbahnverkehrsverwaltung.

60.

Folglich bedeutet Verkehrsverwaltung nicht den Erlass von Entscheidungen im Sinne des Verzeichnisses der wesentlichen Funktionen. Da sich aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 jedoch ergibt, dass die Mitgliedstaaten Eisenbahnunternehmen oder jeder anderen Stelle die Verantwortung für die Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur außerhalb der wesentlichen Funktionen übertragen können, können Eisenbahnunternehmen wie die MÁV Zrt. und die GySEV Zrt. mit der Verwaltung des Verkehrs betraut werden.

61.

Diese Schlussfolgerung beruht auf einer wörtlichen und systematischen Auslegung der Richtlinien 91/440 und 2001/14. Dem ist hinzuzufügen, dass es schwer vorstellbar ist, dass der Gesetzgeber es wissentlich unterlassen haben sollte, eine so wichtige Frage wie die Verwaltung des Verkehrs in Anhang II der Richtlinie 91/440 zu erwähnen, wenn er diese Tätigkeit in die wesentlichen Funktionen hätte aufnehmen wollen. Gleichwohl bleibt zu prüfen, ob die teleologische Argumentation der Kommission geeignet ist, diese Schlussfolgerung zu erschüttern.

62.

Nach Auffassung der Kommission muss der Verwalter des Verkehrs über die Entscheidungen, mit denen Fahrwegkapazität zugewiesen wird, auf dem Laufenden sein, um seine Verwaltungstätigkeit ausüben zu können, so dass die MÁV Zrt. und die GySEV Zrt., da sie entsprechend der Betriebsverordnung über jede ihre Wettbewerber betreffende Entscheidung über die Zuweisung von Fahrwegkapazität informiert würden, damit wesentlich am Prozess der Zuweisung von Fahrwegkapazität beteiligt seien.

63.

Dieses Argument überzeugt nicht. In Wirklichkeit besteht die Zuweisung von Fahrwegkapazität entweder aus der Aufstellung des regulären Netzfahrplans oder aus dem Erlass von Einzelentscheidungen über die Ad-hoc-Zuweisung von Zugtrassen. Für beide Fälle enthält die Richtlinie 2001/14 detaillierte Vorschriften, mit denen der mit dem Betrieb der Infrastruktur betrauten Zuweisungsstelle sowohl verfahrensrechtliche als auch materiell-rechtliche Pflichten auferlegt werden. Ich vermag nicht zu erkennen, inwiefern die zur Verwaltung des Eisenbahnverkehrs gehörenden Tätigkeiten mit den in Kapitel III der Richtlinie 2001/14 beschriebenen Aufgaben der Zuweisungsstelle in Verbindung stehen sollen.

64.

Zu der Tatsache, dass die MÁV Zrt. und die GySEV Zrt. notwendigerweise über jede ihre Wettbewerber betreffende Entscheidung über die Zuweisung von Fahrwegkapazität informiert werden, ist festzustellen, dass solche Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Allgemeinen in den regulären Netzfahrplan aufgenommen werden, der dem Wesen nach Dritten zugänglich ist. Über Ad-hoc-Entscheidungen, mit denen Zugtrassen zugewiesen werden, sollte der Betreiber der Infrastruktur, selbst wenn er nicht mit der Verwaltung des Verkehrs betraut wurde, in Anbetracht möglicher Wartungsarbeiten auf dem betreffenden Streckenabschnitt und der Notwendigkeit des Zugangs zu Leistungen wie der Nutzung von Weichen und Abzweigungen meines Erachtens informiert werden.

65.

Der Unionsgesetzgeber hat aber dadurch, dass er die Übertragung der Verantwortung für den Betrieb der Infrastruktur, mit Ausnahme der wesentlichen Funktionen, an Eisenbahnunternehmen oder jede andere Stelle zugelassen hat, zwangsläufig anerkannt, dass ein Eisenbahnunternehmen, wenn es mit dem Unterhalt des Netzes betraut wird, Informationen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität benötigt.

66.

Schließlich ist noch das Argument der Kommission zu prüfen, wonach die Verkehrsverwaltung im Fall von Verkehrsstörungen oder Gefahren den Erlass der zur Wiederherstellung normaler Verkehrsbedingungen erforderlichen Maßnahmen durch den Verwalter des Verkehrs bedeute. In einem solchen Fall müsse der Verwalter des Verkehrs zum Zweck der Neuzuweisung der verfügbaren Trassen und der verfügbaren Schienennetzkapazität zwingend vom zuvor festgelegten Fahrplan abweichen. Die Tatsache, dass er im Gefahren- oder Störungsfall lokal zur Wiederherstellung des Verkehrs tätig werde, bedeute, dass er Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen treffe und insoweit über ein freies Ermessen verfüge. Die Sperrung einer Trasse sei auch eine Maßnahme, bei der es sich um eine mit der Trassenzuweisung zusammenhängende wesentliche Funktion im Sinne von Anhang II der Richtlinie 91/440 handele.

67.

Dieses Argument scheint mir auf einer Verwechslung zwischen der Begründung von Rechten und ihrer Ausübung zu beruhen. Die Zuweisung von Rechten auf eine spezifische Fahrwegkapazität in Form einer Zugtrasse ist eine wesentliche Funktion, die in Ungarn ausschließlich dem VPE zugewiesen ist. Wie die ungarische Regierung dargetan hat, gilt dies auch bei den in Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 erwähnten technisch bedingten oder unfallbedingten Störungen der Zugbewegungen ( 11 ). Der Betreiber der Infrastruktur hat alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die normale Situation wiederherzustellen – eine Aufgabe, zu der die Sperrung von Zugtrassen gehören kann. Ihre Neuzuweisung ist hingegen Sache der unabhängigen Zuweisungsstelle, hier des VPE.

68.

Die Verwaltung des Verkehrs besteht aus Maßnahmen, die der Verwalter ergreift, damit die Rechte an der Fahrwegkapazität in Form von Zugtrassen ausgeübt werden können. Diese Art von Entscheidungen kann der Zuweisung oder gar der Vergabe von Zugtrassen nicht gleichgestellt werden. Andernfalls würde beispielsweise ein Eisenbahnunternehmen, das Inhaber eines Rechts an einer Zugtrasse zwischen den Städten A und B in der Zeit von 15 Uhr bis 16 Uhr ist, in den Genuss zweier Zuweisungen kommen, von denen die erste der Aufstellung des Netzfahrplans durch die zuständige Stelle entspräche und die zweite bei Erteilung des Grünsignals um 15 Uhr im Bahnhof der Stadt A durch den Verwalter des Verkehrs erfolgen würde. Eine solche Auffassung kann nicht überzeugen.

69.

Deshalb sind in Notfällen erlassene und zwingend erforderliche Entscheidungen des Verwalters des Verkehrs über die Sperrung von Zugtrassen nicht als Neuzuweisungen dieser Trassen anzusehen, sondern als Notfallmaßnahmen, die sich auf die Ausübung des Rechts an den Trassen beziehen. Da Art. 29 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/14 ausweislich seines Wortlauts die Stelle, die befugt ist, über derartige Notfallmaßnahmen zu entscheiden, im Gegensatz zu den in Abs. 1 oder in Abs. 2 Unterabs. 2 aufgeführten Fällen nicht benennt, ist nicht ausgeschlossen, dass es sich dabei um den Betreiber der Infrastruktur handeln kann, auch wenn dieser ein Eisenbahnunternehmen oder eine Polizei- oder Zivilschutzbehörde ist.

70.

Aus diesen Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor, der ersten Rüge der Kommission nicht stattzugeben.

B – Zur zweiten, die Unabhängigkeit der Entgelterhebung betreffenden Rüge

1. Vorbringen der Beteiligten

71.

Die Kommission macht geltend, nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 und Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 dürften die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringenden Stellen keine mit der Berechnung von Entgelten zusammenhängenden Entscheidungen treffen, sondern könnten lediglich zur Erhebung dieser Entgelte ermächtigt werden. Nach denselben Vorschriften müssten die Aufstellung und die Festsetzung der Entgelte von einer unabhängigen entgelterhebenden Stelle wahrgenommen werden.

72.

Die ungarische Regelung verstoße gegen diese beiden Vorschriften, da die Betreiber der Infrastruktur – die MÁV Zrt. und die GySEV Zrt. –, bei denen es sich auch um Eisenbahnunternehmen handele, detaillierte Rechnungen über Wegeentgelte ausstellten.

73.

Der Begriff „Berechnung des Wegeentgeltes“ in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 sei zum einen als allgemeine Entgeltfestsetzung, die aus der schriftlichen Fixierung der Höhe des für jeden Streckenabschnitt pro Kilometer zu entrichtenden Entgelts in der Betriebsverordnung bestehe, und zum anderen als konkrete Berechnung der von den verschiedenen Nutzern geschuldeten Beträge anhand der Länge des genutzten Streckenabschnitts zu verstehen. Gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie sei die Möglichkeit, dass ein nicht unabhängiger Betreiber der Infrastruktur die Entgelterhebung übernehme, eng auszulegen, da es sich um eine Ausnahme von der Regel handele.

74.

Ein mit der Ausstellung detaillierter Rechnungen über Wegeentgelte betrautes Eisenbahnunternehmen habe einen Wettbewerbsvorteil, da sich diese Rechnungen notwendigerweise u. a. auf die von konkurrierenden Eisenbahnunternehmen genutzten Dienste, auf den Umfang dieser Dienste sowie auf den Zeitpunkt ihrer Nutzung bezögen. In Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 werde der Grundsatz eines gerechten und nichtdiskriminierenden Zugangs jedoch ausdrücklich erwähnt.

75.

Die ungarische Regierung bestreitet, dass die Betreiber der Infrastruktur Entscheidungen über die Berechnung von Entgelten träfen, da sie für die Rechnungsstellung zuständig seien und diese zur Entgelterhebung gehöre, die keine wesentliche Funktion im Sinne der Richtlinie 91/440 darstelle, die von einer unabhängigen Stelle wahrgenommen werden müsse. Die Rechnungsstellung sei lediglich ein für die Einziehung der Entgelte erforderliches technisches Mittel.

76.

Es sei zwischen der Berechnung von Entgelten, ihrer tatsächlichen Festsetzung und ihrer Erhebung zu unterscheiden. Der erste dieser Begriffe entspreche der Aufstellung der verschiedenen Regeln für die Entgelterhebung, die der Mitgliedstaat oder der Betreiber der Infrastruktur vornehme. Die Festsetzung dieser Entgelte bestehe aus der Festsetzung der verschiedenen Einzelentgelte, die ein bestimmtes Eisenbahnunternehmen in einer konkreten Situation nach Maßgabe der in Anspruch genommenen Dienste zu entrichten habe. Es sei Sache des VPE als der von der Kommission anerkannten unabhängigen Stelle, die mit der Berechnung und der Festsetzung der Entgelte zusammenhängenden Aufgaben durchzuführen. Die Entgelterhebung bezeichne den Akt der konkreten Zahlung der festgesetzten Entgelte an den Betreiber der Infrastruktur. Die Rechnungsstellung sei lediglich die technische Übertragung der Entgelte, denen die Berechnungen des VPE zugrunde lägen, und falle daher weder unter die Berechnung von Entgelten noch unter deren konkrete Festsetzung, sondern unter die Entgelterhebung.

77.

Ob der Zugang zu Informationen aus detaillierten Rechnungen dazu führe, dass der Wettbewerb verfälscht werde, sei zweifelhaft, da der Infrastrukturbetreiber keinen inhaltlichen Einfluss auf die Festsetzung der Netzzugangsentgelte habe. Zudem kenne der Betreiber der Infrastruktur diese Informationen zwangsläufig aus anderen Quellen wie z. B. dem Vertrag mit dem Eisenbahnunternehmen. Selbst wenn der Infrastrukturbetreiber von Informationen Kenntnis erlange, die ihm bislang nicht bekannt gewesen seien, könne er diese keinesfalls an im Schienenverkehr tätige Zweigunternehmen weitergeben.

78.

Die polnische Regierung trägt wie die ungarische Regierung vor, die Rechnungsstellung bestehe weder aus der Berechnung der Höhe der Entgelte noch aus dem Erlass einer irgendwie gearteten Entscheidung über die mit ihrer Einziehung verbundenen Fragen, sondern stelle ein Element der Entgelterhebung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 dar. Bei der Rechnungsstellung handele es sich nämlich um eine Nebentätigkeit, mit der anhand der zuvor zugewiesenen Zugtrassen und ihrer Nutzung aus einer im Voraus festgelegten Entgelthöhe mittels mathematischer Berechnungen ein Ergebnis ermittelt werde.

2. Prüfung der zweiten Rüge

79.

Einleitend ist zu bemerken, dass sich die zweite Rüge auf die gleiche Problematik bezieht wie die erste Rüge in der Rechtssache Kommission/Spanien, nämlich auf die Unabhängigkeit der Entgeltfestsetzung, aber aus einem umgekehrten Blickwinkel. In der genannten Rechtssache betrifft die Rüge der Kommission die Auslegung des Begriffs der „Berechnung“ von Entgelten unter Berücksichtigung der Abgrenzung der jeweiligen Befugnisse des Mitgliedstaats und des Betreibers der Infrastruktur ( 12 ). In der vorliegenden Rechtssache bezieht sich die Auslegungsfrage auf den Begriff der „Erhebung“ und damit auf eine Funktion, die – anders als die „Berechnung von Entgelten“, die eine wesentliche Funktion darstellt – auch von einem Betreiber der Infrastruktur, der nicht von den Eisenbahnunternehmen unabhängig ist, wahrgenommen werden kann. Mit anderen Worten muss der Gerichtshof definieren, was die wesentliche Funktion „Berechnung von Entgelten“ in Bezug auf nicht unabhängige Akteure mindestens bedeutet, während es in der Rechtssache Kommission/Spanien darum geht, zu definieren, was diese wesentliche Funktion im Verhältnis zum Staat maximal bedeutet.

80.

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 eine „Entgeltrahmenregelung“ schaffen müssen und auch einzelne Entgeltregeln festlegen können, sofern dabei die Unabhängigkeit der Geschäftsführung des Betreibers der Infrastruktur gewahrt wird. Dieser nimmt die Berechnung des Wegeentgelts und die Erhebung dieses Entgelts vor. Die letztgenannte Aufgabe stellt somit keine wesentliche Funktion dar und kann infolgedessen an nicht unabhängige Betreiber delegiert werden. Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 können die Mitgliedstaaten nämlich Eisenbahnunternehmen oder jeder anderen Stelle die „Erhebung“ von Entgelten übertragen ( 13 ).

81.

Nach Auffassung der ungarischen Regierung kann zwischen der Berechnung von Entgelten, ihrer tatsächlichen Festsetzung und ihrer Erhebung unterschieden werden. Die Kommission weist in der Rechtssache Kommission/Spanien darauf hin, dass dem Begriff „Berechnung“ eine andere Bedeutung zukomme als dem Begriff „Abrechnung“, die lediglich einen Schritt im Erhebungsverfahren darstelle und als vom Begriff „Erhebung“ umfasst anzusehen sei.

82.

Meines Erachtens schafft die Richtlinie 2001/14 mit dem Verb „berechnen“ einen Bereich, der, was die Entgelterhebung angeht, dem Betreiber der Infrastruktur vorbehalten ist. Seine obere Grenze in Bezug auf den Staat besteht in dem Erfordernis eines Handlungsspielraums im Rahmen der Entgelterhebung im Verhältnis zu den vom Staat festgelegten Regeln. Seine untere Grenze – unterhalb deren der Bereich der „Erhebung“ beginnt – gegenüber nicht unabhängigen Betreibern entspricht der Unterscheidung zwischen einer mechanischen Berechnung auf der Grundlage objektiver Daten und Kriterien und Entscheidungen, die durch eine Wahl- und Beurteilungsfreiheit hinsichtlich der in diese Berechnung einfließenden Faktoren gekennzeichnet sind. Die letztgenannte Grenze begründet die Notwendigkeit einer gesonderten entgelterhebenden Stelle, wenn der Betreiber der Infrastruktur rechtlich, organisatorisch oder in seinen Entscheidungen nicht unabhängig ist.

83.

Nach Auffassung der ungarischen Regierung ist die Rechnungsstellung lediglich die technische Übertragung der Entgelte, denen die Berechnungen des VPE zugrunde lägen, und falle daher weder unter die Funktion der Berechnung von Entgelten noch unter deren konkrete Festsetzung, sondern schlicht unter die Entgelterhebung ( 14 ). Nach meinem Dafürhalten leugnet die Kommission nicht das mechanische Wesen der Rechnungsstellung, sondern ist der Ansicht, dass der Begriff „Erhebung“ als Ausnahme eng ausgelegt werden müsse, so dass die Festlegung von Entgelten auch die konkrete Berechnung der von den verschiedenen Nutzern geschuldeten Beträge anhand der Länge des genutzten Streckenabschnitts einschließe.

84.

Mir scheint daher, dass die Kommission den entscheidenden Gesichtspunkt darin sieht, dass ein mit der Ausstellung detaillierter Entgeltrechnungen betrautes Eisenbahnunternehmen einen Wettbewerbsvorteil erlange, da es auf diese Weise Zugang zu Informationen über die von konkurrierenden Eisenbahnunternehmen genutzten Dienste, über den Umfang dieser Dienste und über den Zeitpunkt ihrer Nutzung erhalte.

85.

Mir erscheint die Analyse der Kommission nicht geeignet, die Schlussfolgerung, zu der sie zu gelangen versucht, zu stützen. Ein System der „Erhebung“ von Entgelten, in dem derjenige, der mit dieser Erhebung betraut ist und der nach der Unionsregelung ein Eisenbahnunternehmen sein kann, keine Kenntnis von den Belegen erhält, die den Rechnungen, für deren Bezahlung er Sorge trägt, zugrunde liegen, ist für mich schwer vorstellbar. Aus dem Blickwinkel der Informationen, zu denen die mit der Erhebung betraute Stelle Zugang hat, besteht aber kein entscheidender Unterschied zwischen einer Rechnungsstellung durch mechanische Anwendung einer Rechenformel auf Daten, die dieser Stelle übermittelt werden, und der Erhebung von Beträgen, die in von einem Dritten erstellten Rechnungen ausgewiesen sind.

86.

Darüber hinaus ist der Betreiber der Infrastruktur, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Nr. 64), notwendigerweise über die Zuweisung von Fahrwegkapazität unterrichtet. Aufgrund dieser Information, weiterer frei zugänglicher Informationen über die Eisenbahndienstleistungen und der zu erhebenden Beträge kann er mühelos die betreffenden Schlussfolgerungen über die Dienste der Wettbewerber ziehen ( 15 ).

87.

Aus diesen Gründen bin ich der Ansicht, dass der Kommission nicht der Nachweis gelungen ist, dass Ungarn hinsichtlich der Inrechnungstellung von Entgelten gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 verstoßen hat.

88.

Folglich ist die zweite Rüge der Kommission zurückzuweisen.

C – Zur dritten, das finanzielle Gleichgewicht des Betreibers der Infrastruktur und die Anreize zur Senkung der Kosten und Entgelte betreffenden Rüge

1. Vorbringen der Beteiligten

89.

Die Kommission legt Ungarn zur Last, entgegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 nicht die Bedingungen zur Sicherstellung des finanziellen Gleichgewichts der Betreiber der Infrastruktur festgelegt zu haben. Nach Art. 28 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes verpflichte sich der zuständige Minister vertraglich zur Finanzierung der im Rahmen des Netzbetriebs als gerechtfertigt anerkannten Ausgaben des mit dem Betrieb der Infrastruktur betrauten Eisenbahnunternehmens. Ein solcher Vertrag sei jedoch bislang nicht geschlossen worden.

90.

Die Kommission macht darüber hinaus geltend, die ungarische Regelung enthalte entgegen den Bestimmungen von Art. 6 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/14 keine Anreize zur Senkung der Kosten und Entgelte. Sie nimmt dabei auf Art. 28 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes Bezug, der vorsehe, dass die dort erwähnte vertragliche Vereinbarung den Betreibern der Infrastruktur einen Anreiz geben müsse, ihre Verwaltungskosten und die Netzzugangsentgelte zu senken.

91.

Die ungarische Regierung macht hierzu geltend, ein Vertragsentwurf im Sinne von Art. 28 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes sei gegenwärtig in Vorbereitung.

92.

In ihrer Erwiderung weist die Kommission darauf hin, dass sie diesen Vertragsentwurf immer noch nicht erhalten habe und daher nicht beurteilen könne, ob diese neuen Bestimmungen mit der Richtlinie 2001/14 im Einklang stünden.

2. Prüfung der dritten Rüge

93.

Zur dritten, das finanzielle Gleichgewicht des Betreibers der Infrastruktur und die Anreize zur Senkung der Kosten und Entgelte betreffenden Rüge genügt die Feststellung, dass die ungarische Regierung ihr nicht entgegentritt. Sie macht lediglich geltend, dass sich der Entwurf des in Art. 28 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes erwähnten Vertrags, mit dem sich der zuständige Minister zur Finanzierung der im Rahmen des Betriebs der Infrastruktur getätigten Ausgaben verpflichte und der den Betreibern der Infrastruktur einen Anreiz geben müsse, ihre Verwaltungskosten und die Zugangsentgelte zu senken, in Vorbereitung befinde.

94.

Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen der Vertragsverletzung jedoch anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde ( 16 ).

95.

Folglich ist die dritte Rüge der Kommission begründet.

D – Zur vierten, die Entgeltfestsetzung anhand der unmittelbaren Kosten betreffenden Rüge

1. Vorbringen der Beteiligten

96.

In ihrer Klageschrift macht die Kommission geltend, die ungarische Regelung verstoße gegen Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14, da sie entgegen dieser Vorschrift zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Bestimmung enthalte, die die Anwendung des Grundsatzes der Entgeltfestsetzung anhand der unmittelbaren Kosten sicherstelle.

97.

In ihrer Klagebeantwortung trägt die ungarische Regierung vor, das VPE habe die Verordnung Nr. 83/2007 (X.6) GKM-PM erlassen, mit der die am 12. Dezember 2010 für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Wirtschaftsjahr 2010/2011 in Kraft getretene Methode der Entgeltfestsetzung geregelt werde.

98.

In ihrer Erwiderung weist die Kommission darauf hin, dass ihr das Dokument über die Billigung der Methode der Entgeltfestsetzung bislang nicht übermittelt worden sei und dass ihr diese Methode in Anbetracht des Wortlauts der Klagebeantwortung den Anforderungen von Art. 7 der Richtlinie 2001/14 nicht zu genügen scheine.

99.

Die polnische Regierung führt aus, die Kommission habe in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass sich die in Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 erwähnten unmittelbaren Kosten auf 35 % der Gesamtkosten für den Unterhalt der Infrastruktur belaufen dürften. Diese Behauptung finde in der Richtlinie 2001/14 keine Stütze, da dort der Begriff „unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallende Kosten“ nicht definiert werde und die Mitgliedstaaten über eine gewisse Freiheit bei der Festlegung der Entgelte für den Zugang zur Infrastruktur verfügten.

2. Prüfung der vierten Rüge

100.

Soweit die vierte Rüge so zu verstehen sein sollte, dass sie sich ausschließlich auf einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 bezieht, bereitet die Feststellung einer dahin gehenden Vertragsverletzung keine besonderen Probleme, da die ungarischen Rechtsvorschriften, die erst am 12. Dezember 2010 in Kraft getreten sind, bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 8. Oktober 2009 gesetzten Frist keine Methode zur Entgeltfestsetzung anhand der unmittelbaren Kosten enthielten.

101.

Somit ist die vierte Rüge der Kommission begründet.

V – Kosten

102.

Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

103.

Da die Kommission die Verurteilung Ungarns zur Tragung der Kosten beantragt hat, ist, falls der Vertragsverletzungsklage, wie von mir vorgeschlagen, überwiegend stattgegeben wird, diesem Antrag zu entsprechen.

104.

Gemäß Art. 69 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Tschechische Republik, die Republik Lettland und die Republik Polen, die beantragt haben, im vorliegenden Rechtsstreit als Streithelferinnen zugelassen zu werden, ihre eigenen Kosten.

VI – Ergebnis

105.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, Folgendes festzustellen:

1.

Ungarn hat dadurch gegen seine Verpflichtungen

aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur in der durch die Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 geänderten Fassung verstoßen, dass es keine Maßnahmen erlassen hat, um das finanzielle Gleichgewicht der Betreiber der Infrastruktur sicherzustellen,

aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 in der durch die Richtlinie 2004/49 geänderten Fassung verstoßen, dass es den Betreibern der Infrastruktur keine Anreize zur Senkung der mit der Fahrwegbereitstellung verbundenen Kosten und zur Senkung der Zugangsentgelte gegeben hat, sowie

aus Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 in der durch die Richtlinie 2004/49 geänderten Fassung verstoßen, dass es nicht sichergestellt hat, dass das Entgelt für das Mindestzugangspaket und den Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen der Höhe der Kosten entspricht, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen.

2.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.

Ungarn trägt die Kosten.

4.

Die Republik Polen, die Republik Lettland und die Tschechische Republik tragen ihre eigenen Kosten.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. L 237, S. 25).

( 3 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 (ABl. L 75, S. 1).

( 4 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl. L 75, S. 29).

( 5 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 164, S. 44). Es ist darauf hinzuweisen, dass der Titel der Richtlinie 2001/14 durch Art. 30 der Richtlinie 2004/49 geändert wurde. Er lautet nunmehr: „Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur“.

( 6 ) Es handelt sich um folgende beim Gerichtshof anhängige Rechtssachen: Kommission/Spanien (C-483/10), Kommission/Polen (C-512/10), Kommission/Griechenland (C-528/10), Kommission/Tschechische Republik (C-545/10), Kommission/Österreich (C-555/10), Kommission/Deutschland (C-556/10), Kommission/Portugal (C-557/10), Kommission/Frankreich (C-625/10), Kommission/Slowenien (C-627/10), Kommission/Italien (C-369/11) und Kommission/Luxemburg (C-412/11).

( 7 ) Magyar Közlöny 2005/172.

( 8 ) Magyar Közlöny 2007/134.

( 9 ) Magyar Közlöny 2007/181.

( 10 ) Richtlinie 95/18/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen (ABl. L 143, S. 70) und Richtlinie 95/19/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Berechnung von Wegeentgelten (ABl. L 143, S. 75).

( 11 ) Die einschlägigen nationalen Vorschriften finden sich in Art. 23 der Verordnung Nr. 101/2007 (XII.22) GKM und in Nr. 4.8.1 der Verordnung über den Netzbetrieb 2009-2010.

( 12 ) Dem ist hinzuzufügen, dass sich diese Frage in anderer Form auch in der Rechtssache Kommission/Tschechische Republik stellt.

( 13 ) [Betrifft nicht die deutsche Fassung.]

( 14 ) Die Regierung weist in ihrer Gegenerwiderung darauf hin, dass das VPE den von den einzelnen Nutzern zu zahlenden, anhand der Länge des in Anspruch genommenen Streckenabschnitts, der Merkmale dieses Streckenabschnitts und der im Rahmen der Inbetriebnahme angebotenen Dienste berechneten Betrag festsetze. Der Betreiber der Infrastruktur wiederum beschränke sich darauf, dem Nutzer eine anhand des bei der Trassenzuweisung bezifferten Betrags erstellte Rechnung zu übersenden.

( 15 ) Vgl. Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 (Transparenz der Entgelterhebung) und Anhang I dieser Richtlinie.

( 16 ) Vgl. u. a. Urteile vom 3. Februar 2011, Kommission/Belgien (C-391/10, Randnr. 8), und vom 14. April 2011, Kommission/Luxemburg (C-390/10, Randnr. 11).


Schlußanträge des Generalanwalts

Schlußanträge des Generalanwalts

I – Einleitung

1. Mit der vorliegenden Vertragsverletzungsklage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass Ungarn gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440/EWG(2) in der durch die Richtlinie 2001/12/EG(3) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 91/440) sowie aus den Art. 4 Abs. 2 und 14 Abs. 2, 6 Abs. 1 und 2, 7 Abs. 3, 8 Abs. 1 und 11 der Richtlinie 2001/14/EG(4) in der durch die Richtlinie 2004/49/EG(5) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/14) verstoßen hat. Ungarn beantragt, die Klage der Kommission abzuweisen.

2. Die vorliegende Rechtssache gehört zu einer Reihe von Vertragsverletzungsklagen(6) der Kommission aus den Jahren 2010 und 2011, die die Anwendung der Richtlinien 91/440 und 2001/14 durch die Mitgliedstaaten betreffen, insbesondere in Bezug auf einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang der Eisenbahnunternehmen zur Infrastruktur, d. h. zum Schienennetz. Diese Klagen sind neuartig, weil sie dem Gerichtshof erstmals Gelegenheit geben, sich zur Liberalisierung der Eisenbahnen in der Europäischen Union zu äußern und insbesondere das sogenannte „erste Eisenbahnpaket“ auszulegen.

II – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsrecht

3. Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Funktionen nach Anhang II, die für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur ausschlaggebend sind, an Stellen oder Unternehmen übertragen werden, die selbst keine Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. Ungeachtet der Organisationsstrukturen ist der Nachweis zu erbringen, dass dieses Ziel erreicht worden ist.

Die Mitgliedstaaten können jedoch Eisenbahnunternehmen oder jeder anderen Stelle die Erhebung von Entgelten und die Verantwortung für die Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur übertragen, wozu Investitionen, Wartung und Finanzierung gehören.“

4. Das in Anhang II der Verordnung Nr. 91/440 enthaltene Verzeichnis der wesentlichen Funktionen im Sinne ihres Art. 6 Abs. 3 lautet:

„– Vorarbeiten und Entscheidungen über die Zulassung von Eisenbahnunternehmen, einschließlich der Gewährung einzelner Genehmigungen;

– Entscheidungen über die Trassenzuweisung, einschließlich sowohl der Bestimmung als auch der Beurteilung der Verfügbarkeit und der Zuweisung von einzelnen Zugtrassen;

– Entscheidungen über die Wegeentgelte;

– Überwachung der Einhaltung von Verpflichtungen zur Bereitstellung bestimmter Dienstleistungen für die Allgemeinheit“.

5. Nach den Begriffsbestimmungen in Art. 2 der Richtlinie 2001/14 bezeichnet im Sinne dieser Richtlinie der Ausdruck

„a) ‚Zuweisung‘ die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn durch einen Betreiber der Infrastruktur;

...

g) ‚Fahrwegkapazität‘ die Möglichkeit, für einen Teil des Fahrwegs für einen bestimmten Zeitraum beantragte Zugtrassen einzuplanen;

h) ‚Betreiber der Infrastruktur‘ eine Einrichtung oder ein Unternehmen, die bzw. das insbesondere für die Einrichtung und Unterhaltung der Fahrwege der Eisenbahn zuständig ist. Dies kann auch den Betrieb der Steuerungs- und Sicherheitssysteme der Fahrwege einschließen. Mit den bei einem Netz oder einem Teilnetz wahrzunehmenden Aufgaben des Betreibers der Infrastruktur können verschiedene Einrichtungen oder Unternehmen betraut werden;

i) ‚Netz‘ bzw. ‚Schienennetz‘ die Gesamtheit der Eisenbahnfahrwege, die sich im Eigentum eines Betreibers der Infrastruktur befinden und/oder von diesem verwaltet werden;

...

k) ‚Eisenbahnunternehmen‘ jedes nach geltendem Gemeinschaftsrecht zugelassene öffentlich-rechtliche oder private Unternehmen, dessen Haupttätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss; dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktionsleistung erbringen;

l) ‚Zugtrasse‘ die Fahrwegkapazität, die erforderlich ist, damit ein Zug zu einer bestimmten Zeit zwischen zwei Orten verkehren kann;

m) ‚Netzfahrplan‘ die Daten zur Festlegung aller geplanten Zugbewegungen und Bewegungen des rollenden Materials, die auf dem betreffenden Schienennetz während der Gültigkeitsdauer des Netzfahrplans durchgeführt werden“.

6. Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/14 bestimmt:

„(1) ... Die Berechnung des Wegeentgeltes und die Erhebung dieses Entgelts nimmt der Betreiber der Infrastruktur vor.

(2) Ist der Betreiber der Infrastruktur rechtlich, organisatorisch oder in seinen Entscheidungen nicht von Eisenbahnunternehmen unabhängig, so werden die in diesem Kapitel dargelegten Aufgaben – außer der Erhebung von Entgelten – von einer entgelterhebenden Stelle wahrgenommen, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnunternehmen unabhängig ist.“

7. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 lautet:

„Die Eisenbahnunternehmen haben unter Ausschluss jeglicher Diskriminierung Anspruch auf das in Anhang II beschriebene Mindestzugangspaket sowie auf den dort beschriebenen Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen. Die Erbringung der in Anhang II Nummer 2 genannten Leistungen erfolgt unter Ausschluss jeglicher Diskriminierung, wobei entsprechende Anträge von Eisenbahnunternehmen nur abgelehnt werden dürfen, wenn vertretbare Alternativen unter Marktbedingungen vorhanden sind. Falls die betreffenden Leistungen nicht von ein und demselben Betreiber der Infrastruktur angeboten werden, muss der Anbieter des ‚Hauptfahrwegs‘ nach Kräften bestrebt sein, die Erbringung dieser Leistungen zu erleichtern.“

8. Art. 6 der Richtlinie 2001/14 sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten legen die Bedingungen fest, gegebenenfalls einschließlich der Leistung von Vorauszahlungen, um sicherzustellen, dass sich die Einnahmen eines Betreibers der Infrastruktur aus Wegeentgelten, dem Gewinn aus anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten und der staatlichen Finanzierung einerseits und die Fahrwegausgaben andererseits unter normalen geschäftlichen Umständen und über einen angemessenen Zeitraum zumindest ausgleichen.

...

(2) Den Betreibern der Infrastruktur sind unter gebührender Berücksichtigung der Sicherheit und der Aufrechterhaltung und Verbesserung der Qualität der Fahrwegbereitstellung Anreize zur Senkung der mit der Fahrwegbereitstellung verbundenen Kosten und der Zugangsentgelte zu geben.

(3) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Absatz 2 entweder durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen der zuständigen Behörde und dem Betreiber der Infrastruktur, die eine Laufzeit von mindestens drei Jahren hat und die staatliche Finanzierung regelt, oder durch geeignete aufsichtsrechtliche Maßnahmen, in deren Rahmen angemessene Befugnisse vorgesehen sind, umgesetzt wird.“

9. Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 lautet:

„Unbeschadet der Absätze 4 und 5 und des Artikels 8 ist das Entgelt für das Mindestzugangspaket und den Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen in Höhe der Kosten festzulegen, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen.“

10. Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 lautet:

„Um eine volle Deckung der dem Betreiber der Infrastruktur entstehenden Kosten zu erhalten, kann ein Mitgliedstaat, sofern der Markt dies tragen kann, Aufschläge auf der Grundlage effizienter, transparenter und nichtdiskriminierender Grundsätze erheben, wobei die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit insbesondere des grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs zu gewährleisten ist. Die Entgeltregelung muss dem von den Eisenbahnunternehmen erzielten Produktivitätszuwachs Rechnung tragen.

Die Höhe der Entgelte darf jedoch nicht die Nutzung der Fahrwege durch Marktsegmente ausschließen, die mindestens die Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, sowie eine Rendite, die der Markt tragen kann, erbringen können.“

11. Art. 13 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/14 bestimmt:

„Das Recht, spezifische Fahrwegkapazität in Form einer Zugtrasse in Anspruch zu nehmen, kann Antragstellern längstens für die Dauer einer Netzfahrplanperiode zuerkannt werden.“

12. Art. 14 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/14 sieht vor:

„(1) … Der Betreiber der Infrastruktur führt die Verfahren zur Zuweisung von Fahrwegkapazität durch. …

(2) Ist der Betreiber der Infrastruktur rechtlich, organisatorisch oder in seinen Entscheidungen nicht von Eisenbahnunternehmen unabhängig, so werden die in Absatz 1 genannten und in diesem Kapitel im Weiteren dargelegten Aufgaben von einer Zuweisungsstelle wahrgenommen, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnunternehmen unabhängig ist.“

13. Art. 29 der Richtlinie 2001/14 lautet:

„(1) Bei technisch bedingten oder unfallbedingten Störungen der Zugbewegungen hat der Betreiber der Infrastruktur alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die normale Situation wiederherzustellen. Zu diesem Zweck erstellt er einen Notfallplan, in dem die verschiedenen staatlichen Stellen aufgeführt sind, die bei schwerwiegenden Vorfällen oder schwerwiegenden Störungen der Zugbewegungen zu unterrichten sind.

(2) In Notfallsituationen und sofern dies unbedingt notwendig ist, weil der Fahrweg wegen einer Betriebsstörung vorübergehend nicht benutzt werden kann, können die zugewiesenen Zugtrassen ohne Ankündigung so lange gesperrt werden, wie es zur Instandsetzung des Systems erforderlich ist.

Der Betreiber der Infrastruktur kann, wenn er dies für notwendig hält, verlangen, dass die Eisenbahnunternehmen ihm die Mittel zur Verfügung stellen, die seiner Meinung nach am besten geeignet sind, um die normale Situation möglichst bald wiederherzustellen.

(3) Die Mitgliedstaaten können von den Eisenbahnunternehmen verlangen, dass sie sich an der Sicherstellung der Durchsetzung und Überwachung der für sie geltenden Sicherheitsnormen und -vorschriften beteiligen.“

14. Anhang II Nr. 1 der Richtlinie 2001/14 sieht vor:

„Das Mindestzugangspaket umfasst Folgendes:

a) die Bearbeitung von Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität;

b) das Recht zur Nutzung zugewiesener Fahrwegkapazität;

c) die Nutzung von Weichen und Abzweigungen;

d) die Zugsteuerung einschließlich der Signalisierung, Regelung, Abfertigung und der Übermittlung und Bereitstellung von Informationen über Zugbewegungen;

e) alle anderen Informationen, die zur Durchführung oder zum Betrieb des Verkehrsdienstes, für den Kapazität zugewiesen wurde, erforderlich sind.“

B – Nationales Recht

15. Mit dem Gesetz XCV. von 1993 über die Eisenbahnunternehmen wurde im Jahr 2004 eine von den Eisenbahnunternehmen unabhängige Einrichtung, die Vasúti Pályakapacitás-elosztó Szervezet (im Folgenden: VPE), eingerichtet.

16. Gemäß Art. 62 des Gesetzes CLXXXIII. von 2005 über den Eisenbahnverkehr (2005 évi CLXXXIII. törvény a vasúti közlekedésről(7), im Folgenden: Eisenbahngesetz) gehören die Trassenzuweisung und die Entgeltfestlegung zu den Aufgaben des VPE.

17. Art. 28 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes sieht vor:

„Der Minister, handelnd im Namen des Staates, verpflichtet sich – im Einvernehmen mit dem Finanzminister – vertraglich zur Finanzierung der im Rahmen des Netzbetriebs als gerechtfertigt anerkannten Ausgaben des mit dem Betrieb des nationalen Eisenbahnnetzes und seiner Teilnetze sowie des Regionalbahnnetzes und seiner Teilnetze betrauten Eisenbahnunternehmens, die weder durch die Netzzugangsentgelte noch durch die übrigen Umsätze dieses Unternehmens gedeckt sind. Die Bedingungen der genannten vertraglichen Vereinbarung müssen dem Netzbetreiber Anreize zur Senkung seiner Verwaltungskosten und der Netzzugangsentgelte geben, ohne der Sicherheit des Verkehrs oder der Qualität der Leistungen zu schaden.“

18. Gemäß Art. 31 Abs. 2 Buchst. b des Gesetzes „[ist] der Betreiber der Infrastruktur ... im Interesse der Sicherheit des Eisenbahnverkehrs – bis zum Ende der Gefahrensituation – berechtigt, die von dieser Gefahr bedrohten Gleise oder Streckenabschnitte zu schließen sowie die auf den betreffenden Abschnitten bewilligten Zugtrassen zu sperren; er informiert, sofern diese Schließung einen Bahnübergang betrifft, die für die betreffende Straße zuständige Verwaltung ...“

19. Art. 55 Abs. 8 des Eisenbahngesetzes bestimmt:

„Ist abzusehen, dass die Netzzugangsentgelte nicht die gesamten gerechtfertigten Kosten und Ausgaben des Betreibers der frei zugänglichen Infrastruktur decken, kann für die in Art. 54 Abs. 1 und 3 bis 5 aufgeführten Dienste ein genereller Entgeltzuschlag erhoben werden, der nicht über das hinausgehen darf, was erforderlich ist, um die gesamten gerechtfertigten Kosten und Ausgaben zu decken, und der dem von den Eisenbahnunternehmen erzielten Produktivitätszuwachs, dem Erfordernis einer effizienten Nutzung der Infrastruktur, der Wettbewerbsfähigkeit des grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs sowie dem Grundsatz der Transparenz und der Gleichbehandlung Rechnung trägt.“

20. Die Verordnung Nr. 83/2007 (X.6) GKM-PM betrifft den Rahmen für die Wegeentgeltregelung und die Grundregeln für die Festlegung der Wegeentgelte(8) .

21. Die Verordnung Nr. 101/2007 (XII.22) GKM über die Einzelheiten des offenen Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur(9) bestimmt in ihrem Art. 23 Abs. 1:

„Hat ein Infrastrukturbetreiber gemäß Art. 31 Abs. 2 Buchst. b des Eisenbahngesetzes eine Zugtrasse gesperrt, bietet die für die Zuweisung von Fahrwegkapazität zuständige Stelle dem Betroffenen auf dessen Antrag eine andere Zugtrasse aus der verfügbaren Fahrwegkapazität an.“

22. Das VPE veröffentlicht jährlich eine Verordnung über den Netzbetrieb (Hálózati Üzletszabályzat). Die Netzbetriebsverordnung 2009-2010 sieht in Nr. 4.3 Abs. 9 vor:

„Das [VPE] unterrichtet die jeweiligen Zuweisungsempfänger, die Betreiber der Infrastruktur und die Eisenbahnaufsichtsbehörde über seine Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität.“

23. In Nr. 4.8.1 („Leitlinien für die Wiederherstellung des Normalbetriebs“) dieser Verordnung heißt es:

„a) Bei außerplanmäßigen Abweichungen vom regulären Fahrplan trifft die Leitung der operationellen Dienste des Betreibers der Infrastruktur geeignete Maßnahmen zur Beendigung dieser Störungen und zur Wiederherstellung des fahrplanmäßigen Verkehrs. ...

b) Netzzugangsberechtigte benennen eine ständige Kontaktperson mit Entscheidungsbefugnis oder ein eigenes Leitungsorgan, die bzw. das vom Leitungsorgan des Betreibers der Infrastruktur im Störungs- oder Gefahrenfall zu unterrichten ist und deren bzw. dessen Bedürfnissen bei der Wiederherstellung normaler Betriebsbedingungen Rechnung getragen wird.

c) Höhere Gewalt und andere unvorhersehbare außergewöhnliche Umstände:

– Der Betreiber der Infrastruktur bemüht sich bei technisch bedingten oder unfallbedingten Störungen nach Kräften um die Wiederherstellung normaler Betriebsbedingungen. Zu diesem Zweck erstellt er einen Notfallplan, in dem die Stellen aufgeführt sind, die bei schwerwiegenden Vorfällen oder schwerwiegenden Störungen der Zugbewegungen zu unterrichten sind.

– Auf Antrag des Betreibers der Infrastruktur ist der Netzzugangsberechtigte verpflichtet, im Wege der Erstattung die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zum Zweck der raschen Wiederherstellung normaler Betriebsbedingungen für am besten geeignet erachtet werden.

– In einem Gefahrenfall, der das Schienennetz vorübergehend unbenutzbar macht, kann der Betreiber der Infrastruktur zugewiesene Zugtrassen nach Unterrichtung der Betroffenen so lange sperren, wie es zur Wiederherstellung der Situation erforderlich ist. Das [VPE] bietet dem Betroffenen für diesen Zeitraum auf dessen Antrag eine andere Zugtrasse aus der verfügbaren Fahrwegkapazität an.“

III – Vorgerichtliches Verfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof

24. Mit Schreiben vom 26. Januar 2008 forderte die Kommission Ungarn auf, sich sowohl zum Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440 sowie aus den Art. 4 Abs. 2 und 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 als auch zum Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 3, 6 Abs. 1, 6 Abs. 2 bis 5, 7 Abs. 3, 8, 11 und 30 Abs. 3 dieser Richtlinie zu äußern. Ungarn beantwortete diese Aufforderung mit Schreiben vom 22. August 2008, das durch weitere Schreiben – u. a. vom 10. Juni 2009 – ergänzt wurde.

25. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2009 übersandte die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie feststellte, dass Ungarn weder seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440 sowie aus den Art. 4 Abs. 2 und 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 noch seine Verpflichtungen aus den Art. 6 Abs. 1, 6 Abs. 2, 7 Abs. 3, 8 Abs. 1 und 11 dieser Richtlinie erfüllt habe. Die Kommission forderte Ungarn auf, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der mit Gründen versehenen Stellungnahme die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um ihr nachzukommen. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2009 antwortete Ungarn auf die mit Gründen versehene Stellungnahme und bestritt die von der Kommission gerügte Vertragsverletzung.

26. Da die Antwort Ungarns die Kommission nicht zufriedenstellte, beschloss sie, die vorliegende Klage zu erheben, die am 29. September 2010 beim Gerichtshof eingegangen ist.

27. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 15. Februar 2011 sind die Tschechische Republik, die Republik Lettland und die Republik Polen als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge Ungarns zugelassen worden. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 4. April 2011 ist die Italienische Republik gemäß Art. 93 Abs. 7 der Verfahrensordnung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge Ungarns zugelassen worden.

28. Mit einem am 6. Juni 2012 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangenen Schriftsatz hat die Kommission erklärt, dass sie die in ihrer Klage erhobene, einen Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 beim Erlass einer Regelung zur Erhöhung der Leistung des Schienennetzes betreffende sechste Rüge zurücknehme.

29. Die Kommission, Ungarn, die Italienische Republik und die Republik Polen waren in der mündlichen Verhandlung vertreten, die am 23. Mai 2012 stattgefunden hat.

IV – Klagegründe und Vorbringen der Beteiligten

A – Zur ersten, die Unabhängigkeit der Trassenzuweisung betreffenden Rüge

1. Vorbringen der Beteiligten

30. Die Kommission macht geltend, ein Eisenbahnunternehmen dürfe nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 keine Entscheidungen auf dem Gebiet der Zuweisung von Zugtrassen treffen, da die Trassenzuweisung eine für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur wesentliche Funktion im Sinne von Anhang II dieser Richtlinie darstelle, für die das Erfordernis der Unabhängigkeit gelte. Die Zuweisung von Fahrwegkapazität müsse daher einer unabhängigen Zuweisungsstelle übertragen werden.

31. Die Verwaltung des Verkehrs sei jedoch der Trassenzuweisung zuzuordnen und müsse in Ungarn vom VPE, einer von den Eisenbahnunternehmen unabhängigen Stelle, durchgeführt werden, und nicht von der MÁV Zrt. und der GySEV Zrt., die Infrastrukturbetreiber, aber auch Eisenbahnunternehmen seien.

32. Einerseits müsse der Verwalter des Verkehrs über die Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität auf dem Laufenden sein, um seine Verwaltungstätigkeit ausüben zu können. Würden in Ungarn die Infrastrukturbetreiber MÁV Zrt. und GySEV Zrt. entsprechend der Betriebsverordnung über jede ihre Wettbewerber betreffende Entscheidung über die Zuweisung von Fahrwegkapazität informiert, wären sie damit wesentlich an diesem Prozess der Zuweisung von Fahrwegkapazität beteiligt.

33. Andererseits bedeute die Verwaltung des Verkehrs im Fall von Verkehrsstörungen oder Gefahrenfällen, dass der Verwalter die zur Wiederherstellung normaler Verkehrsbedingungen erforderlichen Maßnahmen treffe. In einem solchen Fall müsse der Verwalter des Verkehrs zwecks Neuzuweisung der verfügbaren Trassen und Netzkapazität zwingend vom zuvor festgelegten Fahrplan abweichen. In Ungarn sei es Sache der beiden Betreiber der Infrastruktur, die Maßnahmen zur Behebung der Störung zu ergreifen und dabei den Bedürfnissen der Eisenbahnunternehmen Rechnung zu tragen.

34. Im Normalfall beschränke sich der Verwalter des Verkehrs unstreitig auf die Durchführung der Entscheidungen des VPE, sorge dafür, dass die Züge nach Fahrplan verkehrten, und habe keinen Einfluss auf die Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität. Die Tatsache, dass er im Gefahren- oder Störungsfall lokal zur Wiederherstellung des Verkehrs tätig werde, bedeute dagegen, dass er Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen treffe und insoweit über einen Ermessensspielraum verfüge. Die Sperrung einer Trasse sei auch eine Maßnahme, bei der es sich um eine mit der Trassenzuweisung zusammenhängende wesentliche Funktion im Sinne von Anhang II der Richtlinie 91/440 handele.

35. Ein Eisenbahnunternehmen, das die Verwaltung des Verkehrs durchführe, habe einen Wettbewerbsvorteil, da es, um die damit verbundenen Aufgaben erfüllen zu können, notwendigerweise über detaillierte Kenntnisse der von den Eisenbahnunternehmen erbrachten Dienstleistungen, des Umfangs dieser Dienste und des Fahrplans verfügen müsse. Es verstoße jedoch gegen Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14, wenn ein wie auch immer geartetes Eisenbahnunternehmen mittels der Tätigkeit der Verkehrsverwaltung von der Nutzung der Infrastruktur durch seine Wettbewerber Kenntnis haben oder infolgedessen unter bestimmten Bedingungen Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen oder Fahrwegkapazität treffen könne. Hinzu komme, dass der Verwalter des Verkehrs bei der Aufstellung des Fahrplans de facto stets Einfluss auf den Verkehr nehme und die Wettbewerber lediglich den veröffentlichten Fahrplan, nicht aber die tatsächlichen Zugbewegungen kennten.

36. Zum Verhältnis zwischen der Verwaltung des Verkehrs und dem Betrieb der Infrastruktur weist die Kommission darauf hin, dass das für die Trassenzuweisung geltende Erfordernis der Unabhängigkeit auch Anwendung finde, wenn die Zuweisung im Rahmen der Verwaltung des Verkehrs erfolge. Letztere umfasse zahlreiche, offensichtlich nicht mit der Zuweisung von Trassen zusammenhängende Aufgaben wie Wartung, Bau von Strecken und andere Investitionen, mit denen Eisenbahnunternehmen betraut werden könnten.

37. Die ungarische Regierung macht geltend, nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 seien die in ihrem Anhang II ausdrücklich aufgeführten Tätigkeiten als wesentliche Funktionen anzusehen. In Art. 6 Abs. 2 werde in nicht abschließender Weise definiert, welche Funktionen, selbst wenn sie Tätigkeiten im Sinne von Anhang II der genannten Richtlinie darstellen könnten oder zu Letzteren gehörten, auch von Eisenbahnunternehmen wahrgenommen werden könnten.

38. Die ungarische Regelung gestatte dem Verwalter des Verkehrs auch im Gefahren- oder Störungsfall keine Neuzuweisung von Trassen. Die Zuweisung von Trassen und Fahrwegkapazität sei ausschließlich Sache des VPE als unabhängiger Stelle.

39. Zum einen bestehe die wesentliche Aufgabe des Verwalters des Verkehrs nämlich in der Durchführung der Entscheidungen des VPE über die Zuweisung von Fahrwegkapazität und Trassen. Der Verwalter des Verkehrs verfüge auf diesem Gebiet über keine Entscheidungsbefugnis und könne weder die zugewiesenen Trassen noch die Fahrwegkapazität nachprüfen. Im Rahmen seines ständigen Bereitschaftsdienstes sei das VPE in der Lage, Anträge auf Trassenzuweisung zu jeder Tageszeit anzunehmen und zu bearbeiten.

40. Zum anderen verfüge der Verwalter des Verkehrs auch im Fall der Gefahr oder von Verkehrsstörungen nicht über die Befugnis zur Zuweisung von Fahrwegkapazität. In diesem Fall könne der Verwalter zur Wiederherstellung eines normalen Verkehrs unmittelbar tätig werden und ergreife Maßnahmen, die gewährleisteten, dass eine möglichst hohe Zahl von Zugtrassen und möglichst viel Fahrwegkapazität, die vom VPE zugewiesen worden seien, genutzt werden könnten.

41. Könnten Zugtrassen jedoch trotz der ergriffenen Maßnahmen nicht wieder in Betrieb genommen werden, könne der Betreiber der Infrastruktur eine Trasse stornieren – ein Recht, das auch in Art. 14 Abs. 8 der Verordnung Nr. 913/2010 in bestimmten Fällen vorgesehen sei. Dem Verwalter des Verkehrs stehe die Möglichkeit der Sperrung von Zugtrassen nur offen, wenn ein Streckenabschnitt vorübergehend nicht nutzbar und der Verkehr ohnehin nicht möglich sei. Es handele sich somit nicht um eine Ermessensentscheidung über ein Verbot der Nutzung einer Strecke, sondern um eine vorübergehende Schließung eines Bahnstreckenabschnitts aus Sicherheitsgründen, während der sich das VPE bemühe, dem betroffenen Eisenbahnunternehmen eine andere Zugtrasse zur Verfügung zu stellen.

42. Die Wiederherstellung des normalen Zugverkehrs, die Maßnahmen technischer Art und solche der Eisenbahnsicherheit umfasse, einerseits und die Neuzuweisung von Zugtrassen, deren Durchführung dem VPE obliege, andererseits seien zwei verschiedene Tätigkeiten.

43. Folglich habe der Verwalter des Verkehrs keinerlei Einfluss auf die Trassenzuweisung, da diese vor der Inbetriebnahme erfolge. Der Betreiber der Infrastruktur sei verpflichtet, mit dem Inhaber des Zugangsrechts einen der zugewiesenen Trasse entsprechenden Vertrag zu schließen und dessen Zug auf der zugewiesenen Trasse verkehren zu lassen, da er sich sonst den im Vertrag vorgesehenen Rechtsfolgen aussetzen würde. Daher entspreche die Kenntnisnahme von Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität nach deren Erlass nicht dem Erlass einer Entscheidung über die Trassenzuweisung.

44. Die Verwaltung des Verkehrs sei vielmehr dem Betrieb der Infrastruktur zuzuordnen, so dass eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Tätigkeiten unrealistisch sei und ihrer praktischen Anwendung entgegenstehe. Auf das enge Verhältnis zwischen der Verwaltung des Verkehrs und dem Betrieb der Infrastruktur werde im Übrigen in der Richtlinie 91/440 hingewiesen, deren Art. 3 bestimme, dass die Führung der Betriebsleit- und Sicherheitssysteme zu den Aufgaben des Betreibers der Infrastruktur gehören könne.

45. Der Betreiber der Infrastruktur erlange im Rahmen seiner Verkehrsverwaltungstätigkeit keinen Wettbewerbsvorteil, da er selbst im Störungs- oder Gefahrenfall keinerlei Trassenzuweisung vornehme und die von der Kommission angeführten Informationen erst zur Kenntnis nehmen könne, nachdem das VPE die Entscheidungen über die Trassenzuweisung bereits erlassen habe. Der Kommission sei darin zuzustimmen, dass der Verwalter des Verkehrs notwendigerweise detaillierte Kenntnisse der von den Eisenbahnunternehmen erbrachten Dienstleistungen, des Umfangs dieser Dienste und des Fahrplans haben müsse.

46. Die polnische Regierung schließt sich der Argumentation der ungarischen Regierung an, wonach das mögliche Tätigwerden des Verwalters des Verkehrs im Fall von Verkehrsstörungen oder Gefahrenfällen keine Neuzuweisung der Trassen bedeute. Es gehe darum, ad hoc zu reagieren, wozu lediglich die mit der laufenden Verwaltung des Eisenbahnverkehrs betraute Stelle in der Lage sei.

47. Die polnische Regierung weist darüber hinaus darauf hin, dass Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 lediglich verlange, dass das Ziel eines gerechten und nichtdiskriminierenden Zugangs zur Infrastruktur erreicht werde. Der elfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/14 nehme auf dieses Ziel Bezug. Die Kommission habe jedoch keinerlei tatsächliche oder rechtliche Ausführungen gemacht, die bewiesen, dass Ungarn dieses Ziel nicht erreicht habe.

48. In ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz Polens stellt die Kommission fest, dass es überflüssig sei, Fälle konkreter Verstöße durch Betreiber der Infrastruktur anzuführen, da die ungarische Regelung dem Erfordernis der Unabhängigkeit der die Zugtrassen zuweisenden Stelle nicht genüge und mit diesem Erfordernis gerade sichergestellt werden solle, dass durch die Schaffung geeigneter Strukturen das gesteckte Ziel im Allgemeinen erreicht werden könne.

2. Prüfung der ersten Rüge

a) Vorbemerkungen

49. Die Richtlinie 91/440 in ihrer ursprünglichen Fassung hat durch die Schaffung eines Zugangsrechts der Verkehrsunternehmen zur Eisenbahninfrastruktur die Liberalisierung des Schienenverkehrs in Gang gesetzt. Mit der Schaffung dieses Zugangsrechts ist die Einführung eines Grundsatzes der Trennung zwischen dem Betrieb der Infrastruktur und der Erbringung von Verkehrsleistungen einhergegangen. Dieser Trennungsgrundsatz betraf jedoch nicht die Strukturen, sondern die Funktionen, genauer gesagt die Rechnungsführung. Nur als Option kann die Trennung durch die Schaffung organisch voneinander getrennter Unternehmensbereiche innerhalb desselben Unternehmens oder dadurch verwirklicht werden, dass eine gesonderte Einrichtung mit dem Betrieb der Infrastruktur betraut wird. Ein integriertes nationales Modell wurde damit nicht in Frage gestellt.

50. Die Richtlinien 95/18/EG und 95/19/EG(10) und sodann die Richtlinien des ersten Eisenbahnpakets von 2001 zielten hingegen auf die Umsetzung des Rechts auf einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang ab, indem sie die Erteilung von Genehmigungen an Verkehrsunternehmen und Regeln für die Zuweisung von Kapazitäten und die Gestaltung der Wegeentgelte vorsahen. Um einen nichtdiskriminierenden Zugang zu gewährleisten, wurde in Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 der Grundsatz der Unabhängigkeit des mit wesentlichen Funktionen betrauten Organs verankert; diese sind nunmehr in Anhang II der Richtlinie 91/440 aufgeführt.

51. Es handelt sich um die Zulassung von Eisenbahnunternehmen, die Zuweisung von Fahrwegkapazität und einzelnen Zugtrassen, die Festlegung des von den Verkehrsunternehmen zu entrichtenden Entgelts sowie die Überwachung der Einhaltung von Gemeinwohlverpflichtungen. Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 und die Art. 4 Abs. 2 und 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 nehmen Bezug auf die Unabhängigkeit einer „Stelle oder [eines] Unternehmens“ für den Zugang zum Netz, einer „entgelterhebenden Stelle“ bzw. einer „Zuweisungsstelle“ von Fahrwegkapazität.

52. Die genannten wesentlichen Funktionen entsprechen den Funktionen, die keinesfalls von einem Eisenbahnverkehrsunternehmen ausgeübt werden dürfen. Sie können hingegen entweder vom Infrastrukturbetreiber, wenn er von allen Eisenbahnunternehmen, insbesondere vom traditionellen Betreiber, unabhängig ist, oder – im gegenteiligen Fall – von einer „Stelle“ wahrgenommen werden. Gegen sämtliche Entscheidungen der mit wesentlichen Funktionen betrauten Stellen kann Beschwerde bei der durch Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 eingerichteten unabhängigen Regulierungsstelle eingelegt werden.

53. Die wesentliche Funktion der Trassenzuweisung wird in Ungarn von der VPE, einer von den Eisenbahnunternehmen unabhängigen Stelle, wahrgenommen. Bei der MÁV Zrt. und der GySEV Zrt., den Betreibern der Infrastruktur, handelt es sich hingegen auch um Eisenbahnunternehmen. Die erste Rüge der Kommission betrifft somit im Kern die Frage, ob die Verwaltung des Verkehrs unter den Begriff des Betriebs der Infrastruktur fällt und, wenn ja, ob sie die Zuweisung von Zugtrassen umfasst und daher einer Stelle vorbehalten sein muss, die von den Eisenbahnunternehmen unabhängig ist. Um auf diese Fragen antworten zu können, ist die genaue Bedeutung der Begriffe „wesentliche Funktion“ und „Zugtrasse“ zu klären.

b) Wesentliche Funktion und Zugtrasse

54. Gemäß Anhang II der Richtlinie 91/440 gehören zu den wesentlichen Funktionen im Sinne ihres Art. 6 Abs. 3 „Vorarbeiten und Entscheidungen“ über die Zulassung von Eisenbahnunternehmen, „Entscheidungen“ über die Trassenzuweisung, einschließlich der „Zuweisung“ einzelner Zugtrassen, „Entscheidungen“ über die Wegeentgelte und die „Überwachung“ der Einhaltung von Verpflichtungen zur Bereitstellung bestimmter Dienstleistungen für die Allgemeinheit. Für die Zwecke der unionsrechtlichen Regelung auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens besteht eine wesentliche Funktion folglich aus Tätigkeiten administrativer oder quasi-administrativer Natur wie etwa Vorarbeiten und Entscheidungen oder aus der Überwachung der Einhaltung von Verpflichtungen.

55. Dagegen umfasst das Mindestzugangspaket, das der Betreiber der Infrastruktur für die Eisenbahnunternehmen zu erbringen hat, nach Anhang II Nr. 1 der Richtlinie 2001/14 u. a. die Zugsteuerung einschließlich der Signalisierung, Regelung und Abfertigung und der Übermittlung und Bereitstellung von Informationen über Zugbewegungen (Buchst. d) sowie alle anderen Informationen, die zur Durchführung oder zum Betrieb des Verkehrsdienstes, für den Kapazität zugewiesen wurde, erforderlich sind (Buchst. e). Hierbei geht es also um Dienstleistungen, die meines Erachtens unter den Begriff der Verwaltung des Eisenbahnverkehrs fallen.

56. Gemäß Art. 2 Buchst. l der Richtlinie 2001/14 bezeichnet der Ausdruck „Zugtrasse“ die Fahrwegkapazität, die erforderlich ist, damit ein Zug zu einer bestimmten Zeit zwischen zwei Orten verkehren kann. Allerdings stellt die Zuweisung einer Zugtrasse durch ihre Aufnahme in den Netzfahrplan oder eine Ad-hoc -Entscheidung nach Art. 23 dieser Richtlinie für das Eisenbahnunternehmen ein Recht auf Inanspruchnahme spezifischer Fahrwegkapazität dar. Rechtlich gesehen entspricht dies der Erteilung einer Genehmigung oder einer behördlichen oder quasi-behördlichen Erlaubnis. Diese Auslegung wird durch Art. 13 Abs. 2 bestätigt, in dem von einem „Recht, spezifische Fahrwegkapazität in Form einer Zugtrasse in Anspruch zu nehmen“, die Rede ist.

57. Wie alle Rechte können auch die Rechte in Form einer Zugtrasse von ihrem Inhaber durch Vornahme der in den Anwendungsbereich dieses Rechts fallenden Tätigkeiten ausgeübt werden. Bei Zugtrassen besteht die Rechtsausübung im Betrieb des in Rede stehenden Streckenabschnitts zu der für die Zugtrasse geltenden Zeit. Dem ist hinzuzufügen, dass die Mindernutzung einer Zugtrasse nach Art. 27 der Richtlinie 2001/14 die Verpflichtung zur Aufgabe dieser Trasse mit sich bringen kann.

58. Aufgrund dieser Überlegungen scheint mir die Verwaltung des Verkehrs aus Leistungen zu bestehen, die zum Bereich des Betriebs der Infrastruktur gehören. Nach Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 2001/14 kann der Betrieb der Infrastruktur nämlich „auch den Betrieb der Steuerungs- und Sicherheitssysteme der Fahrwege einschließen“.

59. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die mit der Verwaltung des Verkehrs zusammenhängenden Tätigkeiten nicht den Erlass von Entscheidungen über die Trassenzuweisung, sondern lediglich die Umsetzung solcher Entscheidungen, sei es durch die Aufstellung von Fahrplänen oder durch die Ad-hoc -Zuweisung von Zugtrassen, umfassen. Die Verwaltung des Eisenbahnverkehrs stellt eine faktische Tätigkeit dar, mit der die tatsächliche und sichere Ausübung der Rechte auf Inanspruchnahme von Fahrwegkapazität in Form von Zugtrassen sichergestellt werden soll. Anders ausgedrückt: Schaltet der Netzbetreiber für einen Zug ein Signal auf Grün, entsteht durch diese Maßnahme kein Recht an der Zugtrasse. Ebenso wenig kommt ein durch den Netzbetreiber ausgelöstes rotes Signal der Aufgabe einer Zugtrasse gleich. Jede Verwechslung zwischen dem Bestehen von Rechten und ihrer Ausübung ist somit zu vermeiden, da sich die zum Zweck der Regulierung der verschiedenen Verkehrsformen durch die Einräumung von Rechten eingeführten Regelungen auf einer ganz anderen Ebene befinden als die tägliche Überwachung der Ausübung solcher Rechte durch die zuständigen Behörden wie Polizei, Lotsendienst oder Eisenbahnverkehrsverwaltung.

60. Folglich bedeutet Verkehrsverwaltung nicht den Erlass von Entscheidungen im Sinne des Verzeichnisses der wesentlichen Funktionen. Da sich aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 jedoch ergibt, dass die Mitgliedstaaten Eisenbahnunternehmen oder jeder anderen Stelle die Verantwortung für die Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur außerhalb der wesentlichen Funktionen übertragen können, können Eisenbahnunternehmen wie die MÁV Zrt. und die GySEV Zrt. mit der Verwaltung des Verkehrs betraut werden.

61. Diese Schlussfolgerung beruht auf einer wörtlichen und systematischen Auslegung der Richtlinien 91/440 und 2001/14. Dem ist hinzuzufügen, dass es schwer vorstellbar ist, dass der Gesetzgeber es wissentlich unterlassen haben sollte, eine so wichtige Frage wie die Verwaltung des Verkehrs in Anhang II der Richtlinie 91/440 zu erwähnen, wenn er diese Tätigkeit in die wesentlichen Funktionen hätte aufnehmen wollen. Gleichwohl bleibt zu prüfen, ob die teleologische Argumentation der Kommission geeignet ist, diese Schlussfolgerung zu erschüttern.

62. Nach Auffassung der Kommission muss der Verwalter des Verkehrs über die Entscheidungen, mit denen Fahrwegkapazität zugewiesen wird, auf dem Laufenden sein, um seine Verwaltungstätigkeit ausüben zu können, so dass die MÁV Zrt. und die GySEV Zrt., da sie entsprechend der Betriebsverordnung über jede ihre Wettbewerber betreffende Entscheidung über die Zuweisung von Fahrwegkapazität informiert würden, damit wesentlich am Prozess der Zuweisung von Fahrwegkapazität beteiligt seien.

63. Dieses Argument überzeugt nicht. In Wirklichkeit besteht die Zuweisung von Fahrwegkapazität entweder aus der Aufstellung des regulären Netzfahrplans oder aus dem Erlass von Einzelentscheidungen über die Ad-hoc -Zuweisung von Zugtrassen. Für beide Fälle enthält die Richtlinie 2001/14 detaillierte Vorschriften, mit denen der mit dem Betrieb der Infrastruktur betrauten Zuweisungsstelle sowohl verfahrensrechtliche als auch materiell-rechtliche Pflichten auferlegt werden. Ich vermag nicht zu erkennen, inwiefern die zur Verwaltung des Eisenbahnverkehrs gehörenden Tätigkeiten mit den in Kapitel III der Richtlinie 2001/14 beschriebenen Aufgaben der Zuweisungsstelle in Verbindung stehen sollen.

64. Zu der Tatsache, dass die MÁV Zrt. und die GySEV Zrt. notwendigerweise über jede ihre Wettbewerber betreffende Entscheidung über die Zuweisung von Fahrwegkapazität informiert werden, ist festzustellen, dass solche Entscheidungen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Allgemeinen in den regulären Netzfahrplan aufgenommen werden, der dem Wesen nach Dritten zugänglich ist. Über Ad-hoc -Entscheidungen, mit denen Zugtrassen zugewiesen werden, sollte der Betreiber der Infrastruktur, selbst wenn er nicht mit der Verwaltung des Verkehrs betraut wurde, in Anbetracht möglicher Wartungsarbeiten auf dem betreffenden Streckenabschnitt und der Notwendigkeit des Zugangs zu Leistungen wie der Nutzung von Weichen und Abzweigungen meines Erachtens informiert werden.

65. Der Unionsgesetzgeber hat aber dadurch, dass er die Übertragung der Verantwortung für den Betrieb der Infrastruktur, mit Ausnahme der wesentlichen Funktionen, an Eisenbahnunternehmen oder jede andere Stelle zugelassen hat, zwangsläufig anerkannt, dass ein Eisenbahnunternehmen, wenn es mit dem Unterhalt des Netzes betraut wird, Informationen über die Zuweisung von Fahrwegkapazität benötigt.

66. Schließlich ist noch das Argument der Kommission zu prüfen, wonach die Verkehrsverwaltung im Fall von Verkehrsstörungen oder Gefahren den Erlass der zur Wiederherstellung normaler Verkehrsbedingungen erforderlichen Maßnahmen durch den Verwalter des Verkehrs bedeute. In einem solchen Fall müsse der Verwalter des Verkehrs zum Zweck der Neuzuweisung der verfügbaren Trassen und der verfügbaren Schienennetzkapazität zwingend vom zuvor festgelegten Fahrplan abweichen. Die Tatsache, dass er im Gefahren- oder Störungsfall lokal zur Wiederherstellung des Verkehrs tätig werde, bedeute, dass er Entscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen treffe und insoweit über ein freies Ermessen verfüge. Die Sperrung einer Trasse sei auch eine Maßnahme, bei der es sich um eine mit der Trassenzuweisung zusammenhängende wesentliche Funktion im Sinne von Anhang II der Richtlinie 91/440 handele.

67. Dieses Argument scheint mir auf einer Verwechslung zwischen der Begründung von Rechten und ihrer Ausübung zu beruhen. Die Zuweisung von Rechten auf eine spezifische Fahrwegkapazität in Form einer Zugtrasse ist eine wesentliche Funktion, die in Ungarn ausschließlich dem VPE zugewiesen ist. Wie die ungarische Regierung dargetan hat, gilt dies auch bei den in Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 erwähnten technisch bedingten oder unfallbedingten Störungen der Zugbewegungen(11) . Der Betreiber der Infrastruktur hat alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die normale Situation wiederherzustellen – eine Aufgabe, zu der die Sperrung von Zugtrassen gehören kann. Ihre Neuzuweisung ist hingegen Sache der unabhängigen Zuweisungsstelle, hier des VPE.

68. Die Verwaltung des Verkehrs besteht aus Maßnahmen, die der Verwalter ergreift, damit die Rechte an der Fahrwegkapazität in Form von Zugtrassen ausgeübt werden können. Diese Art von Entscheidungen kann der Zuweisung oder gar der Vergabe von Zugtrassen nicht gleichgestellt werden. Andernfalls würde beispielsweise ein Eisenbahnunternehmen, das Inhaber eines Rechts an einer Zugtrasse zwischen den Städten A und B in der Zeit von 15 Uhr bis 16 Uhr ist, in den Genuss zweier Zuweisungen kommen, von denen die erste der Aufstellung des Netzfahrplans durch die zuständige Stelle entspräche und die zweite bei Erteilung des Grünsignals um 15 Uhr im Bahnhof der Stadt A durch den Verwalter des Verkehrs erfolgen würde. Eine solche Auffassung kann nicht überzeugen.

69. Deshalb sind in Notfällen erlassene und zwingend erforderliche Entscheidungen des Verwalters des Verkehrs über die Sperrung von Zugtrassen nicht als Neuzuweisungen dieser Trassen anzusehen, sondern als Notfallmaßnahmen, die sich auf die Ausübung des Rechts an den Trassen beziehen. Da Art. 29 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/14 ausweislich seines Wortlauts die Stelle, die befugt ist, über derartige Notfallmaßnahmen zu entscheiden, im Gegensatz zu den in Abs. 1 oder in Abs. 2 Unterabs. 2 aufgeführten Fällen nicht benennt, ist nicht ausgeschlossen, dass es sich dabei um den Betreiber der Infrastruktur handeln kann, auch wenn dieser ein Eisenbahnunternehmen oder eine Polizei- oder Zivilschutzbehörde ist.

70. Aus diesen Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor, der ersten Rüge der Kommission nicht stattzugeben.

B – Zur zweiten, die Unabhängigkeit der Entgelterhebung betreffenden Rüge

1. Vorbringen der Beteiligten

71. Die Kommission macht geltend, nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 und Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 dürften die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringenden Stellen keine mit der Berechnung von Entgelten zusammenhängenden Entscheidungen treffen, sondern könnten lediglich zur Erhebung dieser Entgelte ermächtigt werden. Nach denselben Vorschriften müssten die Aufstellung und die Festsetzung der Entgelte von einer unabhängigen entgelterhebenden Stelle wahrgenommen werden.

72. Die ungarische Regelung verstoße gegen diese beiden Vorschriften, da die Betreiber der Infrastruktur – die MÁV Zrt. und die GySEV Zrt. –, bei denen es sich auch um Eisenbahnunternehmen handele, detaillierte Rechnungen über Wegeentgelte ausstellten.

73. Der Begriff „Berechnung des Wegeentgeltes“ in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 sei zum einen als allgemeine Entgeltfestsetzung, die aus der schriftlichen Fixierung der Höhe des für jeden Streckenabschnitt pro Kilometer zu entrichtenden Entgelts in der Betriebsverordnung bestehe, und zum anderen als konkrete Berechnung der von den verschiedenen Nutzern geschuldeten Beträge anhand der Länge des genutzten Streckenabschnitts zu verstehen. Gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie sei die Möglichkeit, dass ein nicht unabhängiger Betreiber der Infrastruktur die Entgelterhebung übernehme, eng auszulegen, da es sich um eine Ausnahme von der Regel handele.

74. Ein mit der Ausstellung detaillierter Rechnungen über Wegeentgelte betrautes Eisenbahnunternehmen habe einen Wettbewerbsvorteil, da sich diese Rechnungen notwendigerweise u. a. auf die von konkurrierenden Eisenbahnunternehmen genutzten Dienste, auf den Umfang dieser Dienste sowie auf den Zeitpunkt ihrer Nutzung bezögen. In Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 werde der Grundsatz eines gerechten und nichtdiskriminierenden Zugangs jedoch ausdrücklich erwähnt.

75. Die ungarische Regierung bestreitet, dass die Betreiber der Infrastruktur Entscheidungen über die Berechnung von Entgelten träfen, da sie für die Rechnungsstellung zuständig seien und diese zur Entgelterhebung gehöre, die keine wesentliche Funktion im Sinne der Richtlinie 91/440 darstelle, die von einer unabhängigen Stelle wahrgenommen werden müsse. Die Rechnungsstellung sei lediglich ein für die Einziehung der Entgelte erforderliches technisches Mittel.

76. Es sei zwischen der Berechnung von Entgelten, ihrer tatsächlichen Festsetzung und ihrer Erhebung zu unterscheiden. Der erste dieser Begriffe entspreche der Aufstellung der verschiedenen Regeln für die Entgelterhebung, die der Mitgliedstaat oder der Betreiber der Infrastruktur vornehme. Die Festsetzung dieser Entgelte bestehe aus der Festsetzung der verschiedenen Einzelentgelte, die ein bestimmtes Eisenbahnunternehmen in einer konkreten Situation nach Maßgabe der in Anspruch genommenen Dienste zu entrichten habe. Es sei Sache des VPE als der von der Kommission anerkannten unabhängigen Stelle, die mit der Berechnung und der Festsetzung der Entgelte zusammenhängenden Aufgaben durchzuführen. Die Entgelterhebung bezeichne den Akt der konkreten Zahlung der festgesetzten Entgelte an den Betreiber der Infrastruktur. Die Rechnungsstellung sei lediglich die technische Übertragung der Entgelte, denen die Berechnungen des VPE zugrunde lägen, und falle daher weder unter die Berechnung von Entgelten noch unter deren konkrete Festsetzung, sondern unter die Entgelterhebung.

77. Ob der Zugang zu Informationen aus detaillierten Rechnungen dazu führe, dass der Wettbewerb verfälscht werde, sei zweifelhaft, da der Infrastrukturbetreiber keinen inhaltlichen Einfluss auf die Festsetzung der Netzzugangsentgelte habe. Zudem kenne der Betreiber der Infrastruktur diese Informationen zwangsläufig aus anderen Quellen wie z. B. dem Vertrag mit dem Eisenbahnunternehmen. Selbst wenn der Infrastrukturbetreiber von Informationen Kenntnis erlange, die ihm bislang nicht bekannt gewesen seien, könne er diese keinesfalls an im Schienenverkehr tätige Zweigunternehmen weitergeben.

78. Die polnische Regierung trägt wie die ungarische Regierung vor, die Rechnungsstellung bestehe weder aus der Berechnung der Höhe der Entgelte noch aus dem Erlass einer irgendwie gearteten Entscheidung über die mit ihrer Einziehung verbundenen Fragen, sondern stelle ein Element der Entgelterhebung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 dar. Bei der Rechnungsstellung handele es sich nämlich um eine Nebentätigkeit, mit der anhand der zuvor zugewiesenen Zugtrassen und ihrer Nutzung aus einer im Voraus festgelegten Entgelthöhe mittels mathematischer Berechnungen ein Ergebnis ermittelt werde.

2. Prüfung der zweiten Rüge

79. Einleitend ist zu bemerken, dass sich die zweite Rüge auf die gleiche Problematik bezieht wie die erste Rüge in der Rechtssache Kommission/Spanien, nämlich auf die Unabhängigkeit der Entgeltfestsetzung, aber aus einem umgekehrten Blickwinkel. In der genannten Rechtssache betrifft die Rüge der Kommission die Auslegung des Begriffs der „Berechnung“ von Entgelten unter Berücksichtigung der Abgrenzung der jeweiligen Befugnisse des Mitgliedstaats und des Betreibers der Infrastruktur(12) . In der vorliegenden Rechtssache bezieht sich die Auslegungsfrage auf den Begriff der „Erhebung“ und damit auf eine Funktion, die – anders als die „Berechnung von Entgelten“, die eine wesentliche Funktion darstellt – auch von einem Betreiber der Infrastruktur, der nicht von den Eisenbahnunternehmen unabhängig ist, wahrgenommen werden kann. Mit anderen Worten muss der Gerichtshof definieren, was die wesentliche Funktion „Berechnung von Entgelten“ in Bezug auf nicht unabhängige Akteure mindestens bedeutet, während es in der Rechtssache Kommission/Spanien darum geht, zu definieren, was diese wesentliche Funktion im Verhältnis zum Staat maximal bedeutet.

80. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 eine „Entgelt rahmen regelung“ schaffen müssen und auch einzelne Entgeltregeln festlegen können, sofern dabei die Unabhängigkeit der Geschäftsführung des Betreibers der Infrastruktur gewahrt wird. Dieser nimmt die Berechnung des Wegeentgelts und die Erhebung dieses Entgelts vor. Die letztgenannte Aufgabe stellt somit keine wesentliche Funktion dar und kann infolgedessen an nicht unabhängige Betreiber delegiert werden. Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 können die Mitgliedstaaten nämlich Eisenbahnunternehmen oder jeder anderen Stelle die „Erhebung“ von Entgelten übertragen(13) .

81. Nach Auffassung der ungarischen Regierung kann zwischen der Berechnung von Entgelten, ihrer tatsächlichen Festsetzung und ihrer Erhebung unterschieden werden. Die Kommission weist in der Rechtssache Kommission/Spanien darauf hin, dass dem Begriff „Berechnung“ eine andere Bedeut ung zukomme als dem Begriff „Abrechnung“, die lediglich einen Schritt im Erhebungsverfahren darstelle und als vom Begriff „Erhebung“ umfasst anzusehen sei.

82. Meines Erachtens schafft die Richtlinie 2001/14 mit dem Verb „berechnen“ einen Bereich, der, was die Entgelterhebung angeht, dem Betreiber der Infrastruktur vorbehalten ist. Seine obere Grenze in Bezug auf den Staat besteht in dem Erfordernis eines Handlungsspielraums im Rahmen der Entgelterhebung im Verhältnis zu den vom Staat festgelegten Regeln. Seine untere Grenze – unterhalb deren der Bereich der „Erhebung“ beginnt – gegenüber nicht unabhängigen Betreibern entspricht der Unterscheidung zwischen einer mechanischen Berechnung auf der Grundlage objektiver Daten und Kriterien und Entscheidungen, die durch eine Wahl- und Beurteilungsfreiheit hinsichtlich der in diese Berechnung einfließenden Faktoren gekennzeichnet sind. Die letztgenannte Grenze begründet die Notwendigkeit einer gesonderten entgelterhebenden Stelle, wenn der Betreiber der Infrastruktur rechtlich, organisatorisch oder in seinen Entscheidungen nicht unabhängig ist.

83. Nach Auffassung der ungarischen Regierung ist die Rechnungsstellung lediglich die technische Übertragung der Entgelte, denen die Berechnungen des VPE zugrunde lägen, und falle daher weder unter die Funktion der Berechnung von Entgelten noch unter deren konkrete Festsetzung, sondern schlicht unter die Entgelterhebung(14) . Nach meinem Dafürhalten leugnet die Kommission nicht das mechanische Wesen der Rechnungsstellung, sondern ist der Ansicht, dass der Begriff „Erhebung“ als Ausnahme eng ausgelegt werden müsse, so dass die Festlegung von Entgelten auch die konkrete Berechnung der von den verschiedenen Nutzern geschuldeten Beträge anhand der Länge des genutzten Streckenabschnitts einschließe.

84. Mir scheint daher, dass die Kommission den entscheidenden Gesichtspunkt darin sieht, dass ein mit der Ausstellung detaillierter Entgeltrechnungen betrautes Eisenbahnunternehmen einen Wettbewerbsvorteil erlange, da es auf diese Weise Zugang zu Informationen über die von konkurrierenden Eisenbahnunternehmen genutzten Dienste, über den Umfang dieser Dienste und über den Zeitpunkt ihrer Nutzung erhalte.

85. Mir erscheint die Analyse der Kommission nicht geeignet, die Schlussfolgerung, zu der sie zu gelangen versucht, zu stützen. Ein System der „Erhebung“ von Entgelten, in dem derjenige, der mit dieser Erhebung betraut ist und der nach der Unionsregelung ein Eisenbahnunternehmen sein kann, keine Kenntnis von den Belegen erhält, die den Rechnungen, für deren Bezahlung er Sorge trägt, zugrunde liegen, ist für mich schwer vorstellbar. Aus dem Blickwinkel der Informationen, zu denen die mit der Erhebung betraute Stelle Zugang hat, besteht aber kein entscheidender Unterschied zwischen einer Rechnungsstellung durch mechanische Anwendung einer Rechenformel auf Daten, die dieser Stelle übermittelt werden, und der Erhebung von Beträgen, die in von einem Dritten erstellten Rechnungen ausgewiesen sind.

86. Darüber hinaus ist der Betreiber der Infrastruktur, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Nr. 64), notwendigerweise über die Zuweisung von Fahrwegkapazität unterrichtet. Aufgrund dieser Information, weiterer frei zugänglicher Informationen über die Eisenbahndienstleistungen und der zu erhebenden Beträge kann er mühelos die betreffenden Schlussfolgerungen über die Dienste der Wettbewerber ziehen(15) .

87. Aus diesen Gründen bin ich der Ansicht, dass der Kommission nicht der Nachweis gelungen ist, dass Ungarn hinsichtlich der Inrechnungstellung von Entgelten gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 91/440 verstoßen hat.

88. Folglich ist die zweite Rüge der Kommission zurückzuweisen.

C – Zur dritten, das finanzielle Gleichgewicht des Betreibers der Infrastruktur und die Anreize zur Senkung der Kosten und Entgelte betreffenden Rüge

1. Vorbringen der Beteiligten

89. Die Kommission legt Ungarn zur Last, entgegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 nicht die Bedingungen zur Sicherstellung des finanziellen Gleichgewichts der Betreiber der Infrastruktur festgelegt zu haben. Nach Art. 28 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes verpflichte sich der zuständige Minister vertraglich zur Finanzierung der im Rahmen des Netzbetriebs als gerechtfertigt anerkannten Ausgaben des mit dem Betrieb der Infrastruktur betrauten Eisenbahnunternehmens. Ein solcher Vertrag sei jedoch bislang nicht geschlossen worden.

90. Die Kommission macht darüber hinaus geltend, die ungarische Regelung enthalte entgegen den Bestimmungen von Art. 6 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/14 keine Anreize zur Senkung der Kosten und Entgelte. Sie nimmt dabei auf Art. 28 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes Bezug, der vorsehe, dass die dort erwähnte vertragliche Vereinbarung den Betreibern der Infrastruktur einen Anreiz geben müsse, ihre Verwaltungskosten und die Netzzugangsentgelte zu senken.

91. Die ungarische Regierung macht hierzu geltend, ein Vertragsentwurf im Sinne von Art. 28 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes sei gegenwärtig in Vorbereitung.

92. In ihrer Erwiderung weist die Kommission darauf hin, dass sie diesen Vertragsentwurf immer noch nicht erhalten habe und daher nicht beurteilen könne, ob diese neuen Bestimmungen mit der Richtlinie 2001/14 im Einklang stünden.

2. Prüfung der dritten Rüge

93. Zur dritten, das finanzielle Gleichgewicht des Betreibers der Infrastruktur und die Anreize zur Senkung der Kosten und Entgelte betreffenden Rüge genügt die Feststellung, dass die ungarische Regierung ihr nicht entgegentritt. Sie macht lediglich geltend, dass sich der Entwurf des in Art. 28 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes erwähnten Vertrags, mit dem sich der zuständige Minister zur Finanzierung der im Rahmen des Betriebs der Infrastruktur getätigten Ausgaben verpflichte und der den Betreibern der Infrastruktur einen Anreiz geben müsse, ihre Verwaltungskosten und die Zugangsentgelte zu senken, in Vorbereitung befinde.

94. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen der Vertragsverletzung jedoch anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde(16) .

95. Folglich ist die dritte Rüge der Kommission begründet.

D – Zur vierten, die Entgeltfestsetzung anhand der unmittelbaren Kosten betreffenden Rüge

1. Vorbringen der Beteiligten

96. In ihrer Klageschrift macht die Kommission geltend, die ungarische Regelung verstoße gegen Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14, da sie entgegen dieser Vorschrift zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Bestimmung enthalte, die die Anwendung des Grundsatzes der Entgeltfestsetzung anhand der unmittelbaren Kosten sicherstelle.

97. In ihrer Klagebeantwortung trägt die ungarische Regierung vor, das VPE habe die Verordnung Nr. 83/2007 (X.6) GKM-PM erlassen, mit der die am 12. Dezember 2010 für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Wirtschaftsjahr 2010/2011 in Kraft getretene Methode der Entgeltfestsetzung geregelt werde.

98. In ihrer Erwiderung weist die Kommission darauf hin, dass ihr das Dokument über die Billigung der Methode der Entgeltfestsetzung bislang nicht übermittelt worden sei und dass ihr diese Methode in Anbetracht des Wortlauts der Klagebeantwortung den Anforderungen von Art. 7 der Richtlinie 2001/14 nicht zu genügen scheine.

99. Die polnische Regierung führt aus, die Kommission habe in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass sich die in Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 erwähnten unmittelbaren Kosten auf 35 % der Gesamtkosten für den Unterhalt der Infrastruktur belaufen dürften. Diese Behauptung finde in der Richtlinie 2001/14 keine Stütze, da dort der Begriff „unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallende Kosten“ nicht definiert werde und die Mitgliedstaaten über eine gewisse Freiheit bei der Festlegung der Entgelte für den Zugang zur Infrastruktur verfügten.

2. Prüfung der vierten Rüge

100. Soweit die vierte Rüge so zu verstehen sein sollte, dass sie sich ausschließlich auf einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 bezieht, bereitet die Feststellung einer dahin gehenden Vertragsverletzung keine besonderen Probleme, da die ungarischen Rechtsvorschriften, die erst am 12. Dezember 2010 in Kraft getreten sind, bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 8. Oktober 2009 gesetzten Frist keine Methode zur Entgeltfestsetzung anhand der unmittelbaren Kosten enthielten.

101. Somit ist die vierte Rüge der Kommission begründet.

V – Kosten

102. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

103. Da die Kommission die Verurteilung Ungarns zur Tragung der Kosten beantragt hat, ist, falls der Vertragsverletzungsklage, wie von mir vorgeschlagen, überwiegend stattgegeben wird, diesem Antrag zu entsprechen.

104. Gemäß Art. 69 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Tschechische Republik, die Republik Lettland und die Republik Polen, die beantragt haben, im vorliegenden Rechtsstreit als Streithelferinnen zugelassen zu werden, ihre eigenen Kosten.

VI – Ergebnis

105. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, Folgendes festzustellen:

1. Ungarn hat dadurch gegen seine Verpflichtungen

– aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur in der durch die Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 geänderten Fassung verstoßen, dass es keine Maßnahmen erlassen hat, um das finanzielle Gleichgewicht der Betreiber der Infrastruktur sicherzustellen,

– aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 in der durch die Richtlinie 2004/49 geänderten Fassung verstoßen, dass es den Betreibern der Infrastruktur keine Anreize zur Senkung der mit der Fahrwegbereitstellung verbundenen Kosten und zur Senkung der Zugangsentgelte gegeben hat, sowie

– aus Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 in der durch die Richtlinie 2004/49 geänderten Fassung verstoßen, dass es nicht sichergestellt hat, dass das Entgelt für das Mindestzugangspaket und den Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen der Höhe der Kosten entspricht, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Ungarn trägt die Kosten.

4. Die Republik Polen, die Republik Lettland und die Tschechische Republik tragen ihre eigenen Kosten.

(1) .

(2) – Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. L 237, S. 25).

(3) – Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 (ABl. L 75, S. 1).

(4) – Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl. L 75, S. 29).

(5) – Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 164, S. 44). Es ist darauf hinzuweisen, dass der Titel der Richtlinie 2001/14 durch Art. 30 der Richtlinie 2004/49 geändert wurde. Er lautet nunmehr: „Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur“.

(6) – Es handelt sich um folgende beim Gerichtshof anhängige Rechtssachen: Kommission/Spanien (C-483/10), Kommission/Polen (C-512/10), Kommission/Griechenland (C-528/10), Kommission/Tschechische Republik (C-545/10), Kommission/Österreich (C-555/10), Kommission/Deutschland (C-556/10), Kommission/Portugal (C-557/10), Kommission/Frankreich (C-625/10), Kommission/Slowenien (C-627/10), Kommission/Italien (C-369/11) und Kommission/Luxemburg (C-412/11).

(7)  – Magyar Közlöny 2005/172.

(8) – Magyar Közlöny 2007/134.

(9) – Magyar Közlöny 2007/181.

(10) – Richtlinie 95/18/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen (ABl. L 143, S. 70) und Richtlinie 95/19/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Berechnung von Wegeentgelten (ABl. L 143, S. 75).

(11) – Die einschlägigen nationalen Vorschriften finden sich in Art. 23 der Verordnung Nr. 101/2007 (XII.22) GKM und in Nr. 4.8.1 der Verordnung über den Netzbetrieb 2009-2010.

(12) – Dem ist hinzuzufügen, dass sich diese Frage in anderer Form auch in der Rechtssache Kommission/Tschechische Republik stellt.

(13) – [Betrifft nicht die deutsche Fassung.]

(14) – Die Regierung weist in ihrer Gegenerwiderung darauf hin, dass das VPE den von den einzelnen Nutzern zu zahlenden, anhand der Länge des in Anspruch genommenen Streckenabschnitts, der Merkmale dieses Streckenabschnitts und der im Rahmen der Inbetriebnahme angebotenen Dienste berechneten Betrag festsetze. Der Betreiber der Infrastruktur wiederum beschränke sich darauf, dem Nutzer eine anhand des bei der Trassenzuweisung bezifferten Betrags erstellte Rechnung zu übersenden.

(15) – Vgl. Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 (Transparenz der Entgelterhebung) und Anhang I dieser Richtlinie.

(16) – Vgl. u. a. Urteile vom 3. Februar 2011, Kommission/Belgien (C-391/10, Randnr. 8), und vom 14. April 2011, Kommission/Luxemburg (C-390/10, Randnr. 11).