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Document 52013PC0460

Vorschlag für eine EMPFEHLUNG DES RATES für wirksame Maßnahmen zur Integration der Roma in den Mitgliedstaaten

/* COM/2013/0460 final - 2013/0229 (NLE) */

52013PC0460

Vorschlag für eine EMPFEHLUNG DES RATES für wirksame Maßnahmen zur Integration der Roma in den Mitgliedstaaten /* COM/2013/0460 final - 2013/0229 (NLE) */


BEGRÜNDUNG

1.           KONTEXT DES VORSCHLAGS

Hintergrund

Viele Roma in Europa erleben täglich Vorurteile, Intoleranz, Diskriminierung und soziale Ausgrenzung. Sie werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt und leben meistens unter sehr schwierigen sozioökonomischen Bedingungen. Im Durchschnitt besucht nur eins von zwei Roma-Kindern eine Vorschule oder einen Kindergarten. Nach der Pflichtschulzeit geht die Bildungsbeteiligung beträchtlich zurück; so schließen lediglich 15 % der jungen Roma-Erwachsenen die Sekundarstufe II ab. Durchschnittlich hat weniger als einer von drei Roma eigenen Angaben zufolge eine Arbeitsstelle; 20 % haben keine Krankenversicherung und 90 % leben unterhalb der Armutsgrenze.[1] Dies beeinträchtigt den sozialen Zusammenhalt und die nachhaltige menschliche Entwicklung, behindert die Wettbewerbsfähigkeit und verursacht Kosten für die gesamte Gesellschaft. Außerdem lässt sich die Diskriminierung der Roma nicht mit den Werten vereinbaren, auf denen die EU gegründet ist. Das eigentliche Problem besteht darin, dass Diskriminierung und soziale Ausgrenzung, die Roma erleben, eng miteinander verknüpft sind.

Politischer Kontext

Am 5. April 2011 nahm die Kommission einen EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020[2] an, der vom Europäischen Rat im Juni 2011 gebilligt wurde. Darin wird die politische Entschlossenheit der EU, die Situation der Roma zu verbessern, zum Ausdruck gebracht.

Mit dem EU-Rahmen will die Europäische Kommission sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten eine wirksame Strategie zur Integration der Roma festlegen und Zielvorgaben in Bezug auf die vier Pfeiler Bildung, Beschäftigung, Gesundheitsfürsorge und Wohnraum verfolgen.

Auf der Grundlage dieses EU-Rahmens muss die Kommission jährlich über die Fortschritte der Mitgliedstaaten Bericht erstatten. 2012 bewertete sie erstmals die von den Mitgliedstaaten vorgelegten nationalen Strategien und verabschiedete allgemeine Schlussfolgerungen — COM(2012) 226 final — und spezifische Angaben zu den Stärken und Schwächen der Strategien der einzelnen Mitgliedstaaten — SWD(2012) 133 final.

Ein Jahr danach geht es im Bericht der Kommission vor allem um die Fortschritte, die die Mitgliedstaaten bei der Sicherstellung mehrerer Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der nationalen Strategien erzielt haben. Dazu gehört die Einbindung der regionalen und lokalen Behörden, die enge Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, die Kontrolle und Bewertung der Umsetzung der Strategien (unter anderem durch Stärkung der Rolle der nationalen Roma-Kontaktstellen), die Bereitstellung der erforderlichen Mittel sowie ein verstärktes Vorgehen gegen Diskriminierungen, und zwar auch in anderen Bereichen. Bei ihrer Bewertung trug die Kommission Anregungen der Zivilgesellschaft und anderer Interessenträger Rechnung.

Gestützt auf die Schlussfolgerungen dieses Berichts und den Fortschrittsbericht der Kommission von 2012[3] soll der Vorschlag für eine Empfehlung des Rates die Fortschritte beschleunigen, indem das Augenmerk der Mitgliedstaaten auf eine Reihe konkreter Maßnahmen gelenkt wird, die für eine wirksamere Umsetzung ihrer Strategien entscheidend sind.

Ziel des Vorschlags

Der Vorschlag für eine Empfehlung des Rates basiert auf den Mitteilungen der Kommission von 2011 und 2012[4] und auf den Schlussfolgerungen des Rates von 2011 zur Integration der Roma[5]. Er soll den Mitgliedstaaten dabei helfen, die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen zur Integration der Roma zu erhöhen und die Umsetzung ihrer nationalen Roma-Integrationsstrategien oder politischen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Roma entsprechend den Herausforderungen, mit denen die Mitgliedstaaten je nach Größe und Situation ihrer Roma-Bevölkerung konfrontiert sind, voranzutreiben. Er verstärkt den EU-Rahmen durch ein unverbindliches Rechtsinstrument, damit die Mitgliedstaaten leichter ihren Verpflichtungen nachkommen können. Die Empfehlung erstreckt sich speziell auf:

· Spezifische gezielte Maßnahmen zur besseren Integration der Roma, die sich auf bewährte Praktiken stützen, unter uneingeschränkter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und unter Vermeidung von Überschneidungen mit geltenden EU-Rechtsvorschriften. Diese Maßnahmen betreffen die Bereiche Bildung, Beschäftigung, Gesundheitsfürsorge und Wohnraum.

· Horizontale Aspekte, die von wesentlicher Bedeutung für die praktische Umsetzung der Roma-Integrationskonzepte und die Gewährleistung ihrer Nachhaltigkeit sind. Dazu gehören insbesondere die Bekämpfung von Diskriminierungen und Klischees, der Schutz von Kindern und Frauen, die Annahme eines Sozialinvestitionsansatzes, die Erhebung von Informationen zur Situation der Roma, um die Wirkung der Konzepte zu kontrollieren, die Umsetzung nationaler Verpflichtungen in lokale Maßnahmen, die Unterstützung der Arbeit von Stellen, die die Gleichbehandlung der Roma fördern, die Verstärkung der Ressourcen und Kapazitäten der nationalen Roma-Kontaktstellen und die Weiterentwicklung der transnationalen Zusammenarbeit.

· Allgemeine Grundsätze, wonach eine transparente und angemessene Zuweisung von Mitteln für die Inklusion der Roma (nicht nur von EU-Mitteln, sondern auch nationaler und lokaler Mittel) sicherzustellen ist. Die allgemeinen Empfehlungen zu EU-Finanzierungen stützen sich auf die im aktuellen Programmplanungszeitraum gewonnenen Erfahrungen und auf die vorgeschlagene Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds.

Zwar liegt die Zuständigkeit für die Integration der Roma in erster Linie bei den nationalen Behörden, jedoch ist die Thematik weiterhin eine große Herausforderung, da die soziale und wirtschaftliche Integration der Roma ein wechselseitiger Prozess ist, der ein Umdenken der Mehrheitsbevölkerung, aber auch der Mitglieder der Roma-Gemeinschaften erfordert.

Vereinbarkeit mit anderen Politikbereichen und Zielen der Union

Die Gleichheit zählt zu den Grundwerten und Kernzielen der Union gemäß Artikel 2 EUV.

Darüber hinaus ist in Artikel 3 EUV die Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierungen als eins der Ziele der Union festgeschrieben.

Gemäß Artikel 8 AEUV wirkt die Union bei allen ihren Tätigkeiten darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. In Artikel 10 AEUV heißt es: „Bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen zielt die Union darauf ab, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.“

Und schließlich verbietet Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union unter anderem Diskriminierungen wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft.

Der Vorschlag ist mit dem geltenden Sekundärrecht zur Bekämpfung von Diskriminierungen vereinbar, da er den bestehenden Rechtsrahmen ergänzt. Die Richtlinie 2000/43/EG des Rates dient der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft. Durch ein unionsweites Verbot der Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft in den Bereichen Beschäftigung, Aus- und Weiterbildung, Bildung, Sozialschutz (einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste), soziale Vergünstigungen sowie Zugang zu Gütern und Dienstleistungen (einschließlich Wohnraum) gibt sie einen verbindlichen Rahmen vor. Sie untersagt eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung, Belästigung und Anweisung zur Diskriminierung. Alle EU-Mitgliedstaaten haben diese Richtlinie in innerstaatliches Recht umgesetzt. Die Europäische Kommission prüft, ob die Richtlinie ordnungsgemäß angewandt wird, und wird 2013 einen diesbezüglichen Bericht veröffentlichen.

2.           ERGEBNISSE DER KONSULTATIONEN

Der Vorschlag basiert auf den Arbeiten, die während der beiden Treffen einer 2012 im Rahmen des Netzes der nationalen Roma-Kontaktstellen eingesetzten Gruppe von Mitgliedstaaten[6] stattfand. Auf den Treffen vom 7./8. November und 6./7. Dezember 2012 erörterten die auf freiwilliger Basis teilnehmenden Mitgliedstaaten eine Reihe von Fragen, die als entscheidend für eine bessere Integration der Roma gelten, auf sehr konstruktive Weise.

Im Einklang mit dem EU-Rahmen wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, bis Ende 2011 die nationalen Strategien zur Integration der Roma vorzulegen. Alle Mitgliedstaaten kamen ihren diesbezüglichen Verpflichtungen nach, und die nationalen Roma-Integrationsstrategien wurden auf der Webseite der Kommission veröffentlicht und somit allen Bürgern zugänglich gemacht. Die Kommission erhielt vielfältige Beiträge verschiedener Interessenträger, einschließlich der Zivilgesellschaft, über die Strategien selbst und in jüngerer Zeit auch über deren Umsetzung[7], unter anderem während eines Dialogs zwischen Kommissionsmitgliedern und Vertretern der Zivilgesellschaft, der am 15. Mai 2013 stattfand.

Des Weiteren fanden regelmäßige Sitzungen mit Vertretern europäischer Roma-Dachorganisationen[8] über die Herausforderungen und die auf allen Ebenen wichtigsten Aspekte einer aktiven Förderung der Inklusion der Roma statt.

Angesichts der Vielzahl der in diesem Rahmen eingegangenen Beiträge befand die Kommission, dass keine weitere öffentliche Konsultation speziell für diese Empfehlung erforderlich war.

3.           RECHTLICHE ASPEKTE

Rechtsgrundlage

Wenn eine Empfehlung des Rates vorgeschlagen wird, muss deren Inhalt mit einem Politikbereich der Verträge verknüpft werden. Einer solchen Verknüpfung bedarf es auch, um die Regeln für die Annahme des Rechtsakts (Einstimmigkeit oder qualifizierte Mehrheit) zu bestimmen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss sich die Wahl der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände, darunter insbesondere Ziel und Inhalt des betreffenden Rechtsakts, gründen.[9]

Die Befugnis des Rates zur Abgabe von Empfehlungen ist in Artikel 292 AEUV festgelegt, der wie folgt lautet:

„Der Rat gibt Empfehlungen ab. Er beschließt auf Vorschlag der Kommission in allen Fällen, in denen er nach Maßgabe der Verträge Rechtsakte auf Vorschlag der Kommission erlässt. In den Bereichen, in denen für den Erlass eines Rechtsakts der Union Einstimmigkeit vorgesehen ist, beschließt er einstimmig. Die Kommission und, in bestimmten in den Verträgen vorgesehenen Fällen, die Europäische Zentralbank geben Empfehlungen ab.“

Das Recht der EU, gegen Diskriminierungen vorzugehen, insbesondere solche aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, folgt aus Artikel 19 Absatz 1 AEUV. Diese Bestimmung ist die Rechtsgrundlage für alle verbindlichen und unverbindlichen Maßnahmen zur Bekämpfung diskriminierender Handlungen und Praktiken. Sie lautet wie folgt:

„1. Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verträge kann der Rat im Rahmen der durch die Verträge auf die Union übertragenen Zuständigkeiten gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig geeignete Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.“

Artikel 292 AEUV ist daher zusammen mit der entsprechenden Rechtsgrundlage für den Inhalt des Vorschlags, nämlich Artikel 19 Absatz 1 AEUV, zu lesen.

Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die EU nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können (Erforderlichkeitsprüfung), sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf EU-Ebene besser zu verwirklichen sind (Prüfung des Zusatznutzens von EU-Maßnahmen).

Die von einigen Mitgliedstaaten eingeleiteten Maßnahmen unterscheiden sich erheblich in Bezug auf den Anwendungsbereich und Wirkungsgrad, und viele Mitgliedstaaten haben keine spezifischen Maßnahmen für die Inklusion der Roma ergriffen. Gemäß den Schlussfolgerungen des Fortschrittsberichts von 2013 über die Umsetzung der nationalen Strategien zur Integration der Roma[10] nahm die Kommission zur Kenntnis, dass die Mitgliedstaaten zwar rechtlich imstande gewesen wären, tätig zu werden, um die Frage der Roma-Integration anzugehen, die bislang geplanten Maßnahmen aber unzureichend sind. Mangels eines abgestimmten Vorgehens bei der Roma-Integration driften die Mitgliedstaaten immer mehr auseinander.

Die vereinzelten, disparaten Regelungen auf nationaler Ebene bewirken ebenfalls zwangsläufig eine Verschärfung der Lage, da sie weitere praktische Probleme zwischen den Mitgliedstaaten verursachen. So hat sich das nicht abgestimmte Vorgehen bei der Roma-Integration in der Europäischen Union insgesamt, in der die Freizügigkeit der Bürger gewährleistet ist, als ineffizient erwiesen. Diese Situation könnte zu einer beträchtlichen Zunahme der Roma-Migranten in Mitgliedstaaten führen, in denen günstigere Lebensbedingungen herrschen und günstigere Maßnahmen zur sozialen Inklusion benachteiligter Menschen getroffen wurden.

Daher soll dieser Vorschlag die einschlägigen EU-Maßnahmen in den betreffenden Bereichen (Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG, Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/43/EG) ergänzen, damit durch bessere Koordinierung der von den Mitgliedstaaten zu beschließenden Maßnahmen effizientere Ergebnisse erzielt werden.

Die Ziele der vorgeschlagenen Maßnahme können auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden und lassen sich daher besser durch ein EU-weit abgestimmtes Vorgehen als durch einzelstaatliche Initiativen mit variablem Anwendungsbereich, Anspruch und Wirkungsgrad erreichen.

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht die Maßnahme der EU inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinaus. Wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben, hat sich – trotz einiger Fortschritte, die in den letzten Jahren in den Mitgliedstaaten und auf Ebene der EU erzielt wurden – an der Alltagssituation der meisten Roma wenig geändert. Nach den Erkenntnissen der Kommission wurden noch immer keine durchgreifenden, angemessenen Maßnahmen ergriffen, um die sozialen und wirtschaftlichen Probleme eines Großteils der Roma-Bevölkerung in der EU zu lösen.

Gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt sich der Vorschlag für einen unverbindlichen Rechtsakt auf die Festlegung gemeinsamer Ziele und die Empfehlung spezifischer Maßnahmen, darunter positive Maßnahmen gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2000/43/EG, mit denen Benachteiligungen aufgrund der Rasse oder ethnischen Herkunft verhindert oder ausgeglichen werden, unter den Bedingungen, die der EuGH in seiner Rechtsprechung in Bezug auf Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts entwickelt hat[11]. Somit bleibt den Mitgliedstaaten ausreichend Handlungsspielraum bei der Entscheidung, wie diese gemeinsamen Ziele auf nationaler Ebene unter Berücksichtigung der nationalen, regionalen oder lokalen Gegebenheiten am besten zu verwirklichen sind.

Mit dem Vorschlag wird weder die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die soziale Inklusion benachteiligter Gemeinschaften wie der Roma beschnitten, noch werden rigide Verpflichtungen auferlegt. Den Mitgliedstaaten werden lediglich mehrere Optionen empfohlen, wobei es ihnen überlassen bleibt, einen geeigneten Weg für die Verwirklichung der genannten Ziele festzulegen.

Wahl des Instruments

Es wurde ein unverbindliches Rechtsinstrument gewählt, um den Mitgliedstaaten praktische Leitlinien in Bezug auf die Problematik der sozialen Inklusion der Roma an die Hand zu geben, ohne strikte verbindliche Regeln festzulegen.

Mit der Entscheidung für eine Empfehlung des Rates sollen den bestehenden politischen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten Nachdruck verliehen und kohärente EU-weit geltende Mindeststandards für die Umsetzung wirksamer nationaler Roma-Strategien gewährleistet werden. Außerdem soll die Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinaus gestärkt, den Mitgliedstaaten aber gleichzeitig ein ausreichender Handlungsspielraum in Bezug auf die Kooperationsformen und -methoden gelassen werden.

4.           AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Haushalt der EU.

2013/0229 (NLE)

Vorschlag für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

für wirksame Maßnahmen zur Integration der Roma in den Mitgliedstaaten

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 19 Absatz 1 und Artikel 292,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)       In den Artikeln 2 und 3 EUV sind das Recht auf Gleichstellung sowie die Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierungen als grundlegende Werte und Ziele der Europäischen Union festgeschrieben.

(2)       Gemäß Artikel 10 AEUV zielt die Union „[b]ei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen […] darauf ab, Diskriminierungen aus Gründen […] der Rasse [oder] der ethnischen Herkunft […] zu bekämpfen“.

(3)       Artikel 19 Absatz 1 AEUV sieht vor, dass Vorkehrungen getroffen werden können, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.

(4)       Artikel 21 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verpflichtet die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU und der Mitgliedstaaten bei der Durchführung des EU-Rechts das Verbot jeglicher Diskriminierung – insbesondere wegen der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen Herkunft und der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit – zu achten und dessen Anwendung entsprechend ihren Zuständigkeiten zu fördern.

(5)       Die Richtlinie 2000/43/EG[12] gibt durch ein unionsweites Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft in den Bereichen Beschäftigung, Aus- und Weiterbildung, Bildung, Sozialschutz (einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste), soziale Vergünstigungen sowie Zugang zu Gütern und Dienstleistungen (einschließlich Wohnraum) einen verbindlichen Rahmen vor.

(6)       Der Begriff „Roma“ dient hier – wie in anderen politischen Dokumenten des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates – als Oberbegriff für Gruppen von Menschen mit mehr oder weniger ähnlichen kulturellen Besonderheiten, zum Beispiel Sinti, Fahrende, Kalé, Gens du voyage, egal ob diese sesshaft sind oder nicht.[13]

(7)       Viele Roma in der EU sind in einer schlechteren sozioökonomischen Lage als die Gesamtbevölkerung und profitieren weniger von Maßnahmen zur sozialen Inklusion als andere benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Daher benötigen sie zusätzliche, engagiertere Maßnahmen zur sozialen Inklusion, die auf ihre Situation und Bedürfnisse zugeschnitten sind. Da Roma häufig mit Diskriminierung, sozialer Ausgrenzung und großer Armut konfrontiert sind, gelten sie als besonders schutzbedürftig und sind stärker gefährdet, Opfer von Menschenhandel zu werden.

(8)       Roma, die die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats besitzen und sich legal in einem Mitgliedstaat aufhalten, sind besonders schutzbedürftig, da sie unter genauso schlechten Bedingungen wie viele Roma mit EU-Staatsbürgerschaft leben, aber zudem noch mit den Problemen von außerhalb der EU stammenden Migranten zu kämpfen haben.

(9)       Vor dem Hintergrund der Freizügigkeit und der Mobilität innerhalb der EU müssen im Hinblick auf die volle Wahrnehmung der Freizügigkeitsrechte die Lebensbedingungen der Roma sowie ihre wirtschaftliche und soziale Integration in den Herkunfts- und den Wohnsitzmitgliedstaaten verbessert werden.

(10)     In den Entschließungen des Europäischen Parlaments zur Lage der Roma in Europa (9. September 2010) und zur Strategie der EU zur Integration der Roma (9. März 2011) wurden die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert, bestehende EU-Strategien und -Instrumente zu nutzen, um die sozioökonomische Integration der Roma sicherzustellen.

(11)     In der Mitteilung EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma[14] forderte die Kommission die Mitgliedstaaten auf, eine umfassende Strategie zur Integration der Roma festzulegen oder weiterzuentwickeln und eine Reihe gemeinsamer Ziele in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Gesundheitsfürsorge und Wohnraum zu verfolgen, um die Integration der Roma zu beschleunigen.

(12)     Am 19. Mai 2011 nahm der Rat Schlussfolgerungen[15] zum EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma an, in denen er an die Mitgliedstaaten appellierte, die soziale und wirtschaftliche Einbeziehung der Roma voranzubringen.

(13)     In seinen Schlussfolgerungen vom 23./24. Juni 2011 rief der Europäische Rat dazu auf, die Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Mai 2011 zum EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020 rasch umzusetzen; dies betrifft insbesondere die Ausarbeitung, Aktualisierung oder Weiterentwicklung nationaler Strategien der Mitgliedstaaten zur Integration der Roma oder integrierter Maßnahmenpakete zur Verbesserung der Lage der Roma.

(14)     In der 2012 vorgelegten Kommissionsmitteilung Nationale Strategien zur Integration der Roma: erster Schritt zur Umsetzung des EU-Rahmens[16] und der beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen[17] wurden die Ergebnisse der ersten Bewertung aller nationalen Roma-Integrationsstrategien erläutert und die Mitgliedstaaten aufgefordert, eine Reihe von Anpassungen ins Auge zu fassen.

(15)     Die Kommission hat ihren Dialog über die Roma-Integration mit den Mitgliedstaaten intensiviert und zu diesem Zweck insbesondere im Oktober 2012 das Netz nationaler Roma-Kontaktstellen eingerichtet, damit Lösungen für die festgestellten Probleme erörtert werden können. Im November und Dezember 2012 diskutierte eine Gruppe nationaler Kontaktstellen eingehender darüber, wie die Maßnahmen zur Integration der Roma in den Mitgliedstaaten wirksamer gestaltet werden können, und erstattete anschließend dem gesamten Netz darüber Bericht.

(16)     In der 2013 veröffentlichten Mitteilung Fortschritte bei der Umsetzung der nationalen Strategien zur Integration der Roma hebt die Kommission hervor, dass es weiterer Anstrengungen bedarf, um so bald wie möglich die notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen zur besseren Integration der Roma zu schaffen.

(17)     Die Strategie Europa 2020 gibt das gemeinsame europäische Ziel vor, die Zahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen zu verringern, die Quote der Schulabbrecher zu senken sowie das Bildungsniveau und die Beschäftigungsquote zu erhöhen, und hat damit der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung neue Impulse verliehen. Die Inklusion der Roma ist wesentlicher Teil der aufeinander abgestimmten Anstrengungen, die von der EU und den Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht unternommen werden. In diesem Zusammenhang fördert die derzeitige Praxis des Europäischen Semesters, dass die entsprechenden länderspezifischen Empfehlungen umgesetzt werden; das Sozialinvestitionspaket[18] gibt weitere Orientierungshilfen für Maßnahmen, die inklusives Wachstum gewährleistet sollen.

(18)     Angesichts der vorstehenden Erwägungen und der festgestellten Defizite muss die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Integration der Roma - unter uneingeschränkter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und der vorrangigen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Inklusion der Roma - erhöht werden.

(19)     Diese Empfehlung soll auf den Empfehlungen in den Mitteilungen der Kommission, den Entschließungen des Europäischen Parlaments und den Schlussfolgerungen des Rates zur Integration der Roma aufbauen, die geltenden EU-Rechtsvorschriften zur Verhinderung von Diskriminierungen ergänzen und zu einer wirksameren Umsetzung und Durchsetzung dieser Vorschriften beitragen.

(20)     Diese Empfehlung betrifft nicht Ungleichbehandlungen aufgrund der Staatsangehörigkeit und lässt die Vorschriften und Bedingungen für den rechtlichen Status der Roma nach dem einzelstaatlichen und dem Unionsrecht sowie die Rechtswirkungen dieses Status unberührt.

(21)     2011 schlug die Kommission im Entwurf der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen[19] vor, dass die Mitgliedstaaten eine integrierte Strategie für besondere Bedürfnisse der ärmsten geografischen Gebiete oder der am stärksten von Diskriminierung oder Ausgrenzung bedrohten Zielgruppen mit besonderem Augenmerk auf marginalisierte Gemeinschaften festlegen. Ergänzend zu den anderen Europäischen Struktur- und Investitionsfonds schlug sie außerdem im Entwurf der Verordnung über den Europäischen Sozialfonds[20] für den Programmplanungszeitraum 2014-2020 die Eingliederung marginalisierter Bevölkerungsgruppen wie etwa der Roma als eine der Investitionsprioritäten vor –

EMPFIEHLT:

1.           ZWECK

1.1.        Diese Empfehlung soll den Mitgliedstaaten dabei helfen, die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen zur Integration der Roma zu erhöhen und die Umsetzung ihrer nationalen Integrationsstrategien oder politischen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Roma voranzutreiben.

2.           GRUNDLEGENDE POLITISCHE FRAGEN

Gezielte politische Maßnahmen

2.1.        Damit in der Praxis die volle Gleichstellung gewährleistet ist, sollten die Mitgliedstaaten gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Gleichbehandlung und die Wahrung der Grundrechte sicherzustellen, einschließlich des gleichberechtigten Zugangs von Roma zu Bildung, Beschäftigung, Gesundheitsfürsorge, Wohnraum und den öffentlichen Versorgungsnetzen. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sollten dazu spezifische Maßnahmen gehören, mit denen Benachteiligungen aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft verhindert oder ausgeglichen werden.

2.2.        Die zu beschließenden Maßnahmen sollten auf sozioökonomischen oder geografischen Indikatoren wie hohe Langzeitarbeitslosigkeit, niedriges Bildungsniveau oder benachteiligte und/oder segregierte Gebiete basieren.

Zugang zu Bildung

2.3.        Die Mitgliedstaaten sollten spezifische Maßnahmen ergreifen, um für Gleichbehandlung zu sorgen und sicherzustellen, dass die Roma uneingeschränkten Zugang zu hochwertiger regulärer Bildung haben, damit die Kluft zwischen Roma- und anderen Schülern geschlossen werden kann und gewährleistet ist, dass alle Roma-Schüler zumindest am Pflichtschulunterricht teilnehmen und vor allem die Grundschule abschließen. Dieses Ziel ist zu erreichen durch:

(a) Abschaffung schulischer Segregation einschließlich der unangemessenen Einweisung von Roma-Schülern in Förderschulen;

(b) Verringerung der Zahl der Schulabbrecher[21] und frühen Schulabgänger in allen Bildungsbereichen, einschließlich des Sekundarbereichs, unter besonderer Berücksichtigung der beruflichen Bildung;

(c) Verbesserung des Zugangs zu und der Qualität frühkindlicher Erziehung und Betreuung, einschließlich erforderlichenfalls gezielter Unterstützung;

(d) Einsatz inklusiver und auf den Einzelnen zugeschnittener Unterrichts- und Lernmethoden, einschließlich Nachhilfeunterricht für Schüler mit Lernschwierigkeiten und Bekämpfung des Analphabetismus;

(e) Förderung einer stärkeren Einbindung der Eltern und Unterstützung von Familien durch Schulmediatoren für Roma;

(f) Verbesserung der Lehrerausbildung und der Roma-Schulmediation;

(g) Erweiterung des Zugangs zum zweiten Bildungsweg, Unterstützung des Übergangs zwischen den einzelnen Bildungsstufen und Sicherstellung, dass Roma verschiedene Kompetenzen erwerben, die ihnen den Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtern.

2.4.        Die Mitgliedstaaten sollten spezifische Maßnahmen ergreifen, um Roma zum Besuch einer Sekundarschule oder zum Studium zu ermutigen.

Zugang zur Beschäftigung

2.5.        Neben den gezielten Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten ergreifen können, sollten sie für Gleichbehandlung sorgen und die Kluft zwischen Roma und anderen Arbeitnehmern schließen, um die Beschäftigungssituation der Roma im Rahmen ihrer allgemeinen politischen Konzepte zu verbessern. Dieses Ziel ist zu erreichen durch:

(a) Förderung erster Berufserfahrungen, innerbetrieblicher Ausbildungen, des lebenslangen Lernens und der Entwicklung von Kompetenzen;

(b) Unterstützung von Selbstständigkeit und unternehmerischer Initiative;

(c) Ermöglichung des gleichberechtigten Zugangs zu allgemeinen öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen, gekoppelt mit spezifischen und individuell zugeschnittenen Dienstleistungen für Arbeit suchende Roma, und Förderung der Beschäftigung qualifizierter Roma im öffentlichen Dienst;

(d) Ausbildung und Beschäftigung qualifizierter Roma-Mediatoren für die Beratung hinsichtlich beruflicher Aufstiegsmöglichkeiten;

(e) Beseitigung von Hemmnissen einschließlich Diskriminierungen für den (Wieder)Einstieg in den offenen Arbeitsmarkt.

Zugang zur Gesundheitsfürsorge

2.6.        Die Mitgliedstaaten sollten spezifische Maßnahmen ergreifen, um für Gleichbehandlung zu sorgen und die Kluft zwischen Roma und anderen Patienten zu schließen, damit Roma einen besseren und gleichberechtigten Zugang zu Vorsorge- und Notfallmaßnahmen sowie zu medizinischen Leistungen der Primär- und Sekundärversorgung erhalten. Dieses Ziel ist zu erreichen durch:

(f) Gewährleistung eines grundlegenden Sozialversicherungsschutzes und umfassender Gesundheitsleistungen für Roma;

(g) Anbieten von regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen, prä- und postnataler Versorgung und Beratung in Fragen der Familienplanung;

(h) Anwendung von Regelungen für kostenlose Impfungen, insbesondere für Personen, die in marginalisierten und abgelegenen Gebieten leben;

(i) Ausbildung qualifizierter Roma-Gesundheitsmediatoren.

Zugang zu Wohnraum

2.7.        Die Mitgliedstaaten sollten spezifische Maßnahmen ergreifen, um für Gleichbehandlung zu sorgen und die Kluft zwischen den Roma und der Gesamtbevölkerung zu schließen, damit die wohnungspolitischen Konzepte und Maßnahmen auf die Roma ausgedehnt werden können. Dieses Ziel ist zu erreichen durch:

(j) Beseitigung der räumlichen Segregation und Förderung der Desegregation;

(k) Förderung des diskriminierungsfreien Zugangs zu Sozialwohnungen, auch in Bezug auf die Qualität der für Roma verfügbaren Sozialwohnungen sowie die Verfügbarkeit von Aufenthaltsorten für Fahrende bzw. nicht sesshafte Roma;

(l) Ausbildung qualifizierter Roma-Mediatoren zur Förderung der Nutzung von Sozialwohnungen sowie öffentlichen Versorgungsnetzen und Infrastrukturen durch alle Roma.

2.8.        Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Anträge lokaler Behörden für Stadtsanierungsprojekte gegebenenfalls integrierte Wohnungsbauvorhaben für marginalisierte Bevölkerungsgruppen umfassen. Die Mitgliedstaaten sollten außerdem die im Rahmen der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds[22] unterstützten lokalen Entwicklungsinitiativen und integrierten territorialen Investitionen fördern.

Finanzierung

2.9.        Die Mitgliedstaaten sollten ausreichende Mittel aus (auf örtlicher, nationaler, EU- und internationaler Ebene) verfügbaren Finanzierungsquellen für ihre nationalen und lokalen Strategien und Aktionspläne vorsehen, damit die Inklusionsziele in Bezug auf die Roma erreicht werden können. Dies dürfte eher möglich sein, wenn ein angemessener Anteil der EU-Kohäsionsmittel im Rahmen des ESF für Investitionen in Menschen und mindestens 20 % des entsprechenden Betrags in jedem Mitgliedstaat für die soziale Inklusion bereitgestellt werden.

2.10.      Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die Integration der Roma als Priorität in die Partnerschaftsvereinbarungen für die Inanspruchnahme der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF)[23] im Zeitraum 2014-2020 aufzunehmen; dabei sind Größe und Armutsquoten der Roma-Gemeinschaften sowie die Kluft zwischen Roma und Nicht-Roma ebenso zu berücksichtigen wie die im Rahmen des Europäischen Semesters ermittelten Herausforderungen für die meisten betroffenen Mitgliedstaaten.

2.11.      Die Mitgliedstaaten sollten ihre Verwaltungs-, Monitoring- und Bewertungskapazitäten durch technische Hilfe aus den ESIF verbessern.

2.12.      Die Mitgliedstaaten sollten außerdem lokale Behörden und zivilgesellschaftliche Organisationen dabei unterstützen, Kapazitäten aufzubauen und dazu nationale und EU-Mittel für die effektive Durchführung von Projekten zu verwenden.

2.13.      Die Zuweisung öffentlicher Mittel für die Umsetzung nationaler Strategien zur Integration der Roma oder integrierter politischer Maßnahmen sollte auf der Grundlage eines Ansatzes erfolgen, der auf die spezifischen Bedürfnisse von geografischen Gebieten oder Zielgruppen ausgerichtet ist, die am stärksten von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen sind.

3.           HORIZONTALE POLITISCHE MASSNAHMEN

Antidiskriminierung

3.1.        Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, dass die Richtlinie 2000/43/EG tatsächlich vor Ort angewandt wird, und dazu insbesondere die nationalen, regionalen und lokalen Verwaltungsvorschriften und -gepflogenheiten überprüfen, um diskriminierende oder segregierende Maßnahmen zu ermitteln und aufzuheben. Die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sollte als zusätzlicher Anhaltspunkt für die Ermittlung rechtswidriger Bestimmungen oder Gepflogenheiten dienen.

3.2.        Die Mitgliedstaaten sollten auf regionaler und lokaler Ebene Maßnahmen zur Beseitigung der Segregation von Roma durchführen. Mit den Konzepten und Maßnahmen zur Bekämpfung der Segregation sollten entsprechende Schulungs- und Informationsprogramme für örtliche Staatsbedienstete und Vertreter der Zivilgesellschaft und der Roma selbst einhergehen.

3.3.        Die Mitgliedstaaten sollten außerdem dafür sorgen, dass bei Zwangsräumungen nicht nur die Rechtsvorschriften der EU, sondern auch die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen, vor allem auf der Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention, in vollem Umfang eingehalten werden.

3.4.        Die Mitgliedstaaten sollten Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung von Roma in der Gesellschaft durchführen, insbesondere:

(m) Sensibilisierung von Roma-Gemeinschaften und der breiten Öffentlichkeit für die Vorteile einer Integration;

(n) Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit für den multikulturellen Charakter der Gesellschaft und gegebenenfalls Aufnahme dieser Thematik in Schullehrpläne und Unterrichtsmaterial.

Schutz von Roma-Kindern und -Frauen

3.5.        Die Mitgliedstaaten sollten gegen die Diskriminierung von Roma-Kindern und ‑Frauen, einschließlich der mehrfachen Diskriminierung, vorgehen, indem sie die Rechtsvorschriften gegen die Verheiratung von Minderjährigen durchsetzen, Zwangsheiraten bekämpfen und das Betteln unter Beteiligung von Kindern verbieten. Die Mitgliedstaaten sollten dabei auch alle maßgeblichen Akteure wie Gesundheitsinspektoren, Arbeitsaufsichtsbeamte, Polizisten, Bildungsexperten, Angehörige der Justiz und Vertreter der Zivilgesellschaft einbeziehen.

Verringerung der Armut und soziale Inklusion

3.6.        Die Mitgliedstaaten sollten Armut und soziale Ausgrenzung, von denen Roma betroffen sind, durch Investitionen in das Humankapital und Maßnahmen für sozialen Zusammenhalt bekämpfen, insbesondere durch

a)      Ermöglichung der Umsetzung von Inklusionsstrategien zugunsten der Roma durch gezielte, an Bedingungen geknüpfte Unterstützungsregelungen, einschließlich Zuwendungen und Leistungen zur Förderung des (Wieder)Einstiegs in den Arbeitsmarkt; Förderung inklusiver Arbeitsmärkte und Bereitstellung angemessener Einkommensbeihilfen;

b)      längerfristigere und adäquatere Gewährung sozialer Zuwendungen und Leistungen für Roma durch bessere Ausrichtung solcher Maßnahmen, Vereinfachung der Verfahren, Bekämpfung von Betrug und Fehlern, stärkere Inanspruchnahme von Sozialhilferegelungen und Schaffung von Anreizen für die Umwandlung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit in reguläre Beschäftigung.

3.7.        Unter Berücksichtigung der Größe der Roma-Bevölkerung sollten die Mitgliedstaaten die Integration der Roma zu einem der zentralen Aspekte der nationalen Reformprogramme im Rahmen der Strategie Europa 2020 machen.

Stärkung der Gestaltungs- und Entscheidungsmacht

3.8.        Die Mitgliedstaaten sollten den Roma in allen Lebensphasen mehr Gestaltungs- und Entscheidungsbefugnisse und Unterstützung gewähren und in gezielte Jugendgarantien, lebenslanges Lernen und Programme für aktives Altern investieren.

3.9.        Die Mitgliedstaaten sollten Informationsmaßnahmen durchführen, um Roma besser für ihre Rechte (vor allem im Zusammenhang mit Diskriminierungen und möglichen Rechtsbehelfen) und Pflichten zu sensibilisieren.

4.           STRUKTURMASSNAHMEN

Lokale Maßnahmen

4.1.        Die Mitgliedstaaten sollten unter Wahrung der Autonomie der lokalen und regionalen Behörden lokale Aktionspläne oder Strategien fördern, einschließlich Bezugswerten, Benchmarks und messbarer Zielvorgaben für die Inklusion der Roma und einer angemessenen Finanzierung.

4.2.        Sie sollten die Regionen, lokalen Behörden und die Zivilgesellschaft vor Ort in die Überprüfung, Verwaltung, Umsetzung und Überwachung der nationalen Strategien einbinden. Maßgebliche Interessenträger sollten bei Partnerschaftsvereinbarungen und den aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds kofinanzierten operationellen Programmen einbezogen werden. Zentrale und lokale Behörden sollten bei der Umsetzung der Strategien kontinuierlich zusammenarbeiten. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten den lokalen Behörden ausreichende Mittel zuweisen, um die Umsetzung der Zielvorgaben auf lokaler Ebene zu erleichtern.

Überwachung und Bewertung

4.3.        Die Mitgliedstaaten sollten die Wirksamkeit der nationalen Strategien oder integrierten politischen Maßnahmen und die Ergebnisse der lokalen Aktionspläne, Programme oder Strategien überwachen. Dazu sollten sie verstärkt qualitative und quantitative Daten zur Integration der Roma und zu den durch die oben erwähnten Strategien oder Maßnahmen erzielten Fortschritten erheben. Die Umsetzung der Strategien sollte bewertet und mit der Ausgangssituation verglichen werden, um ihre Relevanz, Wirksamkeit, Nachhaltigkeit und Koordinierung zu beurteilen.

4.4.        Mit Unterstützung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem geltenden nationalen und EU-Recht Basisindikatoren und Datenerhebungsmethoden festlegen, um die Fortschritte - besonders auf lokaler Ebene - regelmäßig zu messen und somit eine effiziente Berichterstattung und einen aufschlussreichen Vergleich zwischen der Situation der Roma und der Nicht-Roma in und zwischen den Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Außerdem sollten sie Bezugswerte und messbare Zielvorgaben für ihre Strategien und Aktionspläne festlegen.

Mit der Förderung der Gleichbehandlung befasste Stellen

4.5.        Die Mitgliedstaaten sollten die Arbeit und institutionellen Kapazitäten von mit der Förderung der Gleichbehandlung befassten Stellen fördern und ihnen angemessene Mittel bereitstellen, damit sie Roma, die Opfer von Diskriminierung sind, Rechtsberatung, Prozesskostenhilfe und sonstige Unterstützung anbieten können.

4.6.        Sie sollten für einen regelmäßigen Dialog zwischen den nationalen Roma-Kontaktstellen und den mit der Förderung der Gleichbehandlung befassten Stellen sorgen.

Nationale Kontaktstellen für die Integration der Roma

4.7.        Die Mitgliedstaaten sollten nationale Kontaktstellen für die Integration der Roma mit einem adäquaten Mandat einrichten und mit angemessenen finanziellen und personellen Mitteln ausstatten, damit sie die bereichsübergreifende Umsetzung und Überwachung von Konzepten zur Integration der Roma auf nationaler und lokaler Ebene wirksam koordinieren können. Sie sollten dafür Sorge tragen, dass die nationalen Kontaktstellen für die Integration der Roma bei Entscheidungen zur Festlegung, Finanzierung und Umsetzung einschlägiger Strategien konsultiert werden. Die nationalen Kontaktstellen für die Integration der Roma sollten es der Roma-Zivilgesellschaft erleichtern, sich an der Umsetzung der nationalen Integrationsstrategien und der lokalen Aktionspläne zu beteiligen und sich dabei aktiv einzubringen.

Länderübergreifende Zusammenarbeit

4.8.        Neben den Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten innerhalb des EU-Rahmens für nationale Strategien zur Integration der Roma ergreifen, sollten sie sich an Formen länderübergreifender Zusammenarbeit auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene beteiligen und politische Initiativen, insbesondere Projekte und bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte, ausarbeiten, um

a)      Lösungen für Probleme im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Mobilität von Roma innerhalb der Europäischen Union anzubieten;

b)      wechselseitiges Lernen und die Verbreitung bewährter Praktiken zu fördern, zum Beispiel durch Zusammenarbeit der Behörden, die die Strukturfonds verwalten, im Hinblick auf wirksame Interventionen zugunsten der Inklusion der Roma.

5.           BERICHTERSTATTUNG UND FOLLOW-UP

5.1.        Die Mitgliedstaaten sollten die Maßnahmen ergreifen, die für die Anwendung dieser Empfehlung bis spätestens [Datum einfügen: 24 Monate nach der Veröffentlichung] erforderlich sind, und der Kommission bis zu diesem Zeitpunkt alle gemäß dieser Empfehlung ergriffenen Maßnahmen mitteilen.

5.2.        Die Mitgliedstaaten sollten danach jährlich, jeweils am Jahresende, alle neu beschlossenen Maßnahmen der Kommission mitteilen.

5.3.        Die von den Mitgliedstaaten übermittelten Angaben werden in die Berichte über die Umsetzung der nationalen Strategien zur Integration der Roma, die die Kommission jährlich ausarbeitet und dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegt, sowie in die länderspezifischen Empfehlungen einfließen, die im Rahmen des Europäischen Semesters auf der Grundlage der Strategie Europa 2020 erstellt werden.

5.4.        Auf dieser Grundlage wird die Kommission die Lage aufmerksam verfolgen und drei Jahre nach Annahme der Empfehlung prüfen, ob diese überarbeitet und aktualisiert werden muss.

Geschehen zu Brüssel am […]

                                                                       Im Namen des Rates

                                                                       Der Präsident

[1]               Die Situation in 11 Mitgliedstaaten; Ergebnisse der Erhebungen auf einen Blick, Agentur für Grundrechte und Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, 2012.

[2]               KOM(2011) 173 endg.

[3]               COM(2012) 226 final.

[4]               Mitteilung über einen EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma (KOM(2011) 173); Mitteilung über den ersten Schritt zur Umsetzung des EU-Rahmens (COM(2012) 226).

[5]               Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Mai 2011 über einen EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma.

[6]               Dazu gehören Belgien, Bulgarien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und das Vereinigte Königreich.

[7]               Darunter Berichte zivilgesellschaftlicher Bündnisse in sechs Mitgliedstaaten (Bulgarien, Rumänien, Slowakei, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn) sowie zwei Bewerberländern (Albanien, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien), die von der Decade of Roma Inclusion Secretariat Foundation (Stiftung „Sekretariat für das Jahrzehnt der Integration der Roma“) organisiert wurden, Berichte des Netzes unabhängiger Experten für soziale Eingliederung (http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1025&langId=de), der Bericht des European Roma Information Office (Europäisches Roma-Informationsbüro), Discrimination against Roma in the EU in 2012, die schriftlichen Rückmeldungen von Eurocities und Eurodiaconia sowie Forschungsarbeiten des Academic network on romani studies (http://romanistudies.eu/news/contributions_from_members/).

[8]               Diese Organisationen wurden von der European Roma Policy Coalition (ERPC) vertreten. Zu den an den Sitzungen teilnehmenden Mitgliedern der ERPC gehörten das European Roma Information Office (ERIO), die Open Society Foundations (OSF), das European Network Against Racism (ENAR), die European Roma Grassroots Organisation (ERGO) und Amnesty International (AI).

[9]               Siehe beispielsweise Urteil des Gerichtshofs vom 26. März 1996, C-271/94, Parlament/Rat, Randnr. 14.

[10]             Dieser Bericht basiert auf Informationen und Erkenntnissen der Mitgliedstaaten und einer Reihe maßgeblicher Interessenträger.

[11]             Siehe Rechtssache C-409/95, Marshall, Slg. 1997, I-6363, Randnr. 35. Siehe außerdem Rechtssache C-450/93, Kalanke, Slg. 1995, I-3051, Randnrn. 22 bis 24, Rechtssache C-158/97, Badeck, Slg. 2000, I-1875, sowie Rechtssache C-407/98, Abrahamsson, Slg. 2000, I-5539.

[12]             ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22.

[13]             SEC(2010) 400.

[14]             KOM(2011) 173 endg.

[15]             Schlussfolgerungen des Rates zum EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020, Dokument 106665/11 vom 19. Mai 2011.

[16]             COM(2012) 226 final.

[17]             SWD(2012) 133 final.

[18]             Mitteilung Sozialinvestitionen für Wachstum und sozialen Zusammenhalt – einschließlich Durchführung des Europäischen Sozialfonds 2014-2020, COM(2013) 83 final.

[19]             Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates - KOM(2011) 615.

[20]             Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 des Rates - KOM(2011) 607.

[21]             Siehe Empfehlung des Rates vom 28. Juni 2011 für politische Strategien zur Senkung der Schulabbrecherquote (ABl. C 191 vom 1.7.2011, S. 1). Eines der Kernziele, die der Europäische Rat im Rahmen der Strategie Europa 2020 beschlossen hat, besteht darin, den Anteil der Schulabbrecher auf unter 10 % zu senken und sicherzustellen, dass mindestens 40 % der jüngeren Generation über einen Hochschulabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation verfügen.

[22]             Europäischer Sozialfonds (ESF), Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Kohäsionsfonds (KF), Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und Europäischer Meeres- und Fischereifonds (EMFF).

[23]             Aus dem EFRE können Infrastrukturen in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Bildung und Wohnraum unterstützt werden.

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