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Document 52011DC0784
COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE COUNCIL AND THE EUROPEAN PARLIAMENT on the interim report on the comprehensive risk and safety assessments ("stress tests") of nuclear power plants in the European Union
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT zum Zwischenbericht über die umfassenden Risiko- und Sicherheitsbewertungen ("Stresstests") von Kernkraftwerken in der Europäischen Union
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT zum Zwischenbericht über die umfassenden Risiko- und Sicherheitsbewertungen ("Stresstests") von Kernkraftwerken in der Europäischen Union
/* KOM/2011/0784 endgültig */
/* KOM/2011/0784 endgültig */ MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT zum Zwischenbericht über die umfassenden Risiko- und Sicherheitsbewertungen ("Stresstests") von Kernkraftwerken in der Europäischen Union
EINLEITUNG Die kerntechnische Sicherheit und die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich sind für die EU und ihre Bevölkerung von höchster Bedeutung. Die Sicherstellung höchster Standards im Bereich der kerntechnischen Sicherheit, der Gefahrenabwehr sowie der Notfallvorsorge und der Notfallmaßnahmen ist daher in Europa ebenso wie weltweit ein zentrales Anliegen der Kernenergiepolitik. Der Unfall, der sich nach dem Erdbeben und Tsunami vom 11. März 2011 im japanischen Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi ereignete, hat die politische Aufmerksamkeit verstärkt auf die notwendigen Maßnahmen zur Minimierung von Risiken und zur Gewährleistung robuster Regelungen im Bereich der kerntechnischen Sicherheit, der Gefahrenabwehr und der Nichtverbreitung von Kernwaffen gelenkt. Als Zeichen der Solidarität hat die EU unmittelbar nach dem Unfall Sachverständige und Ressourcen mobilisiert, um Japan bei der Begrenzung und Bewältigung der Folgen des Unglücks zu unterstützen. Das Gipfeltreffen zwischen der EU und Japan vom Mai 2011 widmete sich anschließend der Koordinierung von Folgemaßnahmen, insbesondere der Umsetzung von Maßnahmen zur Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit. Die Kommission reagierte umgehend auf die Ereignisse in Fukushima. Gemeinsam mit den nationalen Aufsichtsbehörden[1] und der Nuklearindustrie leitete sie ein Verfahren zur Durchführung EU-weiter umfassender Risiko- und Sicherheitsbewertungen in Kernkraftwerken („Stresstests“) ein. Die Initiative wurde vom Europäischen Parlament unterstützt und vom Europäischen Rat bei seiner Tagung am 24. und 25. März 2011[2] begrüßt. Der Europäische Rat beauftragte die Kommission zudem, „den bestehenden Rahmen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen“ zu überprüfen and bis Ende 2011 „alle erforderlichen Verbesserungen“ vorzuschlagen. Angesichts der möglichen grenzübergreifenden Auswirkungen kerntechnischer Unfälle forderte der Europäische Rat die Kommission darüber hinaus auf, auch EU-Nachbarstaaten zur Teilnahme an den Stresstests einzuladen. Mit diesen Stresstests haben zum ersten Mal alle beteiligten Akteure in der EU auf freiwilliger Basis ein umfassendes und koordiniertes Verfahren zur Überprüfung der Sicherheit von Kernkraftwerken und der Gefahrenabwehr im Nuklearbereich eingeleitet. Die dafür bereitgestellten personellen und finanziellen Ressourcen wie auch die Bereitschaft der Teilnehmer, in jeder Phase des Verfahrens zusammenzuarbeiten, unterstreichen die hohe Bedeutung, die die EU der kerntechnischen Sicherheit beimisst. Die gemeinsamen Maßnahmen auf EU-Ebene sind zudem mit klaren Vorteilen verbunden. Die kerntechnische Sicherheit wird inzwischen in der gesamten EU nicht mehr als rein nationale Angelegenheit, sondern als Frage von europäischen Dimensionen betrachtet. Zudem zeigt die aktuelle Mitteilung der Kommission zur außenpolitischen Dimension der Energiepolitik[3] ein klares Engagement für die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der kerntechnischen Sicherheit. Parallel dazu hat die Kommission auf die Gewährleistung eines höchstmöglichen Schutzes der Menschen in der EU hingearbeitet. Bestimmte Bereiche stehen dabei besonders im Mittelpunkt, wie etwa der Regelungsrahmen für Importkontrollen von Produkten, die aus strahlungsgefährdeten Gebieten stammen, sowie Empfehlungen für die Zollbehörden und eine Stärkung der wissenschaftlichen Forschung und der Umweltüberwachung. Die vorliegende Mitteilung gibt einen Überblick über die bisher durchgeführten Maßnahmen zur Neubewertung der Sicherheit in Betrieb befindlicher Kernkraftwerke und der Gefahrenabwehr im Nuklearbereich in der EU. Sie beruht auf den von den Mitgliedstaaten bis zum 15. September vorgelegten Fortschrittsberichten sowie auf dem Zwischenbericht der Ad-hoc-Gruppe für die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich (AHGNS) des Rates. Sie enthält zudem eine vorläufige Einschätzung der derzeitigen Lage durch die Kommission und einige erste Ideen für künftige Maßnahmen. DIE STRESSTESTS KERNTECHNISCHER ANLAGEN: KONZEPT, METHODIK, BISHERIGE FORTSCHRITTE UND NÄCHSTE SCHRITTE Konzept und Methodik Der Europäische Rat hat die Kommission und die ENSREG aufgefordert, die bei den Ereignissen in Fukushima gewonnenen Erfahrungen zu analysieren und die Sicherheitsmargen der Kernkraftwerke in der EU neu zu bewerten. Dies soll auf der Grundlage einer gemeinsamen Methodik der Mitgliedstaaten und vollständig transparent für die Öffentlichkeit erfolgen. Der Auftrag des Europäischen Rates an die Kommission umfasste folgende Aspekte: 1. Festlegung einer Methodik und Durchführung umfassender Risiko- und Sicherheitsbewertungen in Kernkraftwerken in Zusammenarbeit mit den für die kerntechnische Sicherheit zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden; 2. Überprüfung und Überarbeitung der vorhandenen EU-Rechtsvorschriften im Bereich der kerntechnischen Sicherheit; 3. Einladung der EU-Nachbarstaaten zur Teilnahme an dem Verfahren. Die Kommission und die ENSREG[4] vereinbarten, die Arbeiten in zwei parallel zu verfolgende Hauptbereiche zu gliedern: - Im Bereich der Sicherheit wird geprüft, wie kerntechnische Anlagen den Folgen verschiedener unerwarteter Ereignisse standhalten können. Diese können von Naturkatastrophen bis hin zu menschlichem Versagen oder technischen Fehlern und sonstigen ungewollten Einwirkungen z. B. durch Verkehrsunfälle reichen. - Im Bereich der Gefahrenabwehr werden Gefahren sowie die Verhütung von Ereignissen, die durch böswillige oder terroristische Handlungen verursacht werden können, und eine mögliche Reaktion darauf analysiert. Während die Betreiber kerntechnischer Anlagen und die nationalen Aufsichtsbehörden in enger Zusammenarbeit Fragen der kerntechnischen Sicherheit prüfen, übernehmen die Mitgliedstaaten mit Unterstützung der Kommission die Prüfung der Gefahrenabwehr. Dazu richtete der Rat die Ad-hoc-Gruppe für die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich (AHGNS) ein. Die im Bereich der Gefahrenabwehr erzielten Fortschritte sind einem Anhang dieser Mitteilung zu entnehmen. An den Stresstests beteiligen sich alle vierzehn EU-Mitgliedstaaten, in denen Kernkraftwerke betrieben werden,[5] und Litauen[6]. Die Schweiz und die Ukraine haben als Nachbarländer der Teilnahme ebenfalls zugestimmt. Mehrere Länder[7] beschlossen, über die vereinbarten Verpflichtungen hinauszugehen und nicht nur in Betrieb befindliche Kernkraftwerke, sondern auch stillgelegte Anlagen oder sonstige kerntechnische Einrichtungen zu prüfen. Die Vorgaben für die Prüfung der kerntechnischen Sicherheit im Rahmen der Stresstests[8] umfassen drei Hauptbereiche: Naturkatastrophen (Erdbeben, Überschwemmungen, extreme Wetterbedingungen), Verhalten der Anlagen bei einem länger andauernden Verlust der Stromversorgung und/oder der Erdwärmesenke (unabhängig von der Ursache) sowie das Vorgehen bei schweren Unfällen. Die Untersuchungsmethoden werden auf nationaler Ebene festgelegt und unterliegen der Verantwortung der nationalen Aufsichtsbehörden. Das Stresstest-Verfahren gliedert sich in drei Phasen: - Selbstbewertung durch die Betreiber kerntechnischer Anlagen: Die Betreiber kerntechnischer Anlagen wurden gebeten, bis zum 15. August 2011 Fortschrittsberichte und bis zum 31. Oktober 2011 Schlussberichte vorzulegen. - Überprüfung der Selbstbewertung durch die nationalen Aufsichtsbehörden: Die nationalen Aufsichtsbehörden prüfen die von den Betreibern vorgelegten Informationen und verfassen nationale Berichte (Fortschrittsberichte bis zum 15. September 2011, Schlussberichte bis zum 31. Dezember 2011). - Sachverständigenprüfung der nationalen Berichte durch Sachverständige der einzelnen Länder und der Europäischen Kommission im Zeitraum Januar bis April 2012. Die Frist für die Einleitung der Bewertungen endete am 1. Juni 2011. Alle teilnehmenden Mitgliedstaaten haben der Kommission ihre Fortschrittsberichte fristgerecht übermittelt. Diese bilden die Grundlage für den vorliegenden Zwischenbericht. Die zu erbringenden Hauptleistungen stehen jedoch noch aus. Die Ergebnisse können nämlich erst dann als hinreichend zuverlässig betrachtet werden, wenn die (bis Ende dieses Jahres einzureichenden) nationalen Schlussberichte vorliegen und die Sachverständigenprüfung der Ergebnisse abgeschlossen ist. Erste Erkenntnisse aus der Bewertung der kerntechnischen Sicherheit Allen Fortschrittsberichten zufolge gehen die Betreiber kerntechnischer Anlagen vereinbarungsgemäß vor und setzen die festgelegte Methodik um. Format, Inhalt und Ausführlichkeit der nationalen Berichte variieren jedoch beträchtlich. Ein Anhang dieser Mitteilung[9] gibt einen Überblick über die in den einzelnen nationalen Berichten enthaltenen Ergebnisse. Wenngleich die Bewertung noch im Gange ist, weisen die Fortschrittsberichte bereits auf eine Reihe von Fragen hin, die eingehender analysiert werden sollten. Sie zeigen zudem ein hohes Maß an Übereinstimmung der nationalen Aufsichtsbehörden hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen. Einige nationale Aufsichtsbehörden erwägen bereits eine Überarbeitung der von ihnen auf die Anlagen angewandten Sicherheitsmargen. Dabei stehen vor allem folgende Aspekte im Mittelpunkt: Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Anlagen bei Überschwemmungen[10], Stromausfällen[11],[12] und einem Verlust der Erdwärmesenke[13] und Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Anlagen bei Erdbeben, die über das Auslegungserdbeben hinausgehen[14]. In einigen Berichten wird auf mögliche Verbesserungen an den Abklingbecken hingewiesen, die dann auch Ereignissen standhalten könnten, für die sie ursprünglich nicht ausgelegt wurden[15]. In mehreren Berichten werden zudem mögliche Verbesserungen hinsichtlich des Vorgehens bei schweren Unfällen und der Notfallverfahren genannt[16]. Es werden jedoch auch bereits einige Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten deutlich: - Seismische Risiken werden in verschiedenen Ländern offensichtlich ganz unterschiedlich gehandhabt, und zwar weitgehend unabhängig von der tatsächlichen seismischen Aktivität in den betroffenen Regionen. Wesentliche Unterschiede werden sowohl hinsichtlich der zugrunde liegenden Methoden[17] als auch hinsichtlich der Annahmekriterien[18] deutlich. Einige Länder überprüfen derzeit die bei der Anlagenauslegung zugrunde gelegte seismische Aktivität. - Während manche Länder[19] bereits Leitlinien für das Vorgehen bei schweren Unfällen (Severe Accident Management Guidelines, SAMG)[20] erlassen haben, steht dies in anderen noch aus. - Einige Länder[21] haben begonnen, die Bestimmungen für das Vorgehen im Notfall unter Bedingungen, die über die Auslegungsbasis hinausgehen, zu prüfen (d. h. im Hinblick auf mögliche Unfälle, die bei der Auslegung nicht vollständig berücksichtigt wurden, da sie als zu unwahrscheinlich galten), und dabei Verbesserungspotenzial ermittelt. Die nächste Phase: Sachverständigenprüfung und Validierung der Ergebnisse Gemäß der Aufforderung durch den Europäischen Rat beschloss die Kommission gemeinsam mit den für die kerntechnische Sicherheit zuständigen nationalen Behörden, die Endergebnisse der nationalen Bewertungen anhand einer vereinbarten Methodik einer Sachverständigenprüfung zu unterziehen[22]. Die bis Ende 2011 vorzulegenden nationalen Schlussberichte müssen daher zur Sicherstellung der Kohärenz und Vergleichbarkeit eine vorgegebene Struktur aufweisen. Die Sachverständigenprüfung, die Anfang 2012 beginnen soll, stellt eine ergänzende Prüfung der nationalen Ergebnisse auf europäischer Ebene dar, um für größtmögliche Objektivität und Neutralität zu sorgen und somit die Vertrauenswürdigkeit der Ergebnisse zu stärken. Das Verfahren umfasst zwei Phasen: - eine Sachverständigenprüfung zu horizontalen Fragen, in deren Rahmen die Einheitlichkeit der nationalen Ansätze und die Ergebnisse in drei Hauptbereichen überprüft werden: Naturkatastrophen, Verlust von Sicherheitsfunktionen und Vorgehen bei schweren Unfällen. Ein Gremium erfahrener Aufsichtsexperten wird die einschlägigen Abschnitte der nationalen Berichte überprüfen. Der Schlussbericht wird vorläufige Schlussfolgerungen in den Hauptbereichen enthalten und Unterschiede bei der Methodik oder Evaluierung aufzeigen. - eine vertikale (nationale) Sachverständigenprüfung, in deren Rahmen die nationalen Berichte insgesamt geprüft werden. Die vertikalen Sachverständigenprüfungen werden in den Mitgliedstaaten stattfinden, um den Prüfteams Kontakte mit den Fachkräften der Aufsichtsbehörden und den Betreibern sowie den Zugang zu den Kernkraftwerken zu erleichtern. Die bei den Sachverständigenprüfungen zu horizontalen Fragen erzielten Ergebnisse und die im Rahmen des Verfahrens gewonnenen Erkenntnisse werden bei den nationalen Prüfungen ebenfalls berücksichtigt. Die Prüfteams setzen sich aus Sachverständigen aller EU-Mitgliedstaaten im Bereich der nuklearen Sicherheit zusammen. Das Sekretariat der Sachverständigenprüfung wird von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission gestellt. Die nationalen Berichte, die Fortschrittsberichte und die Ergebnisse der Sachverständigenprüfungen werden veröffentlicht[23]. Die Kommission legt die Ergebnisse der Sachverständigenprüfungen dem Europäischen Rat bei seiner Tagung am 28. und 29. Juni 2012 in einem Schlussbericht vor. [Erste Ergebnisse der vorläufigen Bewertungen im Bereich der Gefahrenabwehr[24] Die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich zielt darauf ab, vorsätzliche Handlungen zu verhindern, die zur Beschädigung einer kerntechnischen Anlage oder zum Diebstahl oder zur Verbreitung von Kernmaterial führen könnten. Die kerntechnische Sicherheit[25] und die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich sind eng miteinander verbunden. Eine Bewertung der Sicherheit von Kernkraftwerken ist daher erst dann vollständig, wenn auch eine entsprechende Analyse im Bereich der Gefahrenabwehr vorliegt. Die laufende Sicherheitsbewertung wird daher durch eine Überprüfung der Gefahrenabwehr im Nuklearbereich ergänzt. In der EU sind nur wenige für die kerntechnische Sicherheit zuständigen Aufsichtsbehörden auch für die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich verantwortlich. Die Zuständigkeit für die Gefahrenabwehr ist in den Mitgliedstaaten verschiedenen Stellen zugewiesen. Kernkraftwerke werden durch ausgereifte, umfassende Regelungen in den Bereichen Sicherheit und Nichtverbreitung von Kernwaffen geschützt, die im Laufe der Jahre weiterentwickelt wurden. Auf internationaler Ebene sind die Vorkehrungen für die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich dagegen noch weniger ausgereift[26]. In den letzten Jahren, insbesondere seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA, sind Fragen der Gefahrenabwehr jedoch weltweit stärker in den Blickpunkt gerückt. Zur Prüfung der Methoden für die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich hat der Rat eine Ad-hoc-Gruppe für die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich (AHGNS) eingerichtet, der Sachverständige der Mitgliedstaaten und der Kommission angehören. Der Fortschrittsbericht der Gruppe, dem erste Schlussfolgerungen zu entnehmen sind, wird gemeinsam mit dieser Mitteilung vorgelegt[27]. Das Arbeitsprogramm der AHGNS gliedert sich in drei Phasen: - Erhebung von Informationen, z. B. anhand eines Fragebogens für die Mitgliedstaaten; - Auswertung der Informationen, d. h. Ermittlung der Schwerpunkte für die Erarbeitung von Empfehlungen zu bewährten Praktiken und Zusammenfassung der Ergebnisse des Fragebogens; - Erstellung des Fortschritts- und des Schlussberichts. Der Fragebogen betrifft vor allem den nationalen Rechtsrahmen für die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich, den nationalen Rahmen für die Gefahrenabwehr im Allgemeinen, die bei der Auslegung berücksichtigten Gefahren (Risiken aufgrund unvorhersehbarer böswilliger Handlungen), die Kultur der Gefahrenabwehr im Nuklearbereich und die Notfallplanung. Da die Mitgliedstaaten auf keine weiteren wesentlichen Punkte hinwiesen, konzentriert sich der Zwischenbericht auf diese Fragen und die dazugehörigen Antworten. Die Antworten verdeutlichen die Notwendigkeit, die internationale Zusammenarbeit zu verstärken und in diesem Zusammenhang internationale Sachverständige zur Überprüfung des Ausmaßes und der Wirksamkeit physischer Schutzmaßnahmen für Kernkraftwerke zu entsenden. Ihrem Bekenntnis zur Gefahrenabwehr im Nuklearbereich entsprechend bekräftigen die Mitgliedstaaten ihren Willen, die einschlägigen internationalen Vorkehrungen umfassend zu nutzen und zu stärken und bewährte Praktiken auf EU-Ebene zu verbreiten. Sie betonen den engen Zusammenhang zwischen der kerntechnischen Sicherheit und der Gefahrenabwehr im Nuklearbereich sowie die Schnittstellen zwischen der Gefahrenabwehr und den Strategien zur Terrorismusbekämpfung. Angesichts der sich ständig weiterentwickelnden Gefahren sollten die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich sowie die Angemessenheit der Maßnahmen, Systeme und entsprechenden Konzepte kontinuierlich überprüft werden. Die Berichte zeigen zudem ein gemeinsames Verständnis für die Bedeutung der Entwicklung und Umsetzung angemessener Risikomanagementverfahren und für die Notwendigkeit, Verbindungen zwischen den einschlägigen Sachverständigengruppen herzustellen. Im Rahmen der laufenden Prüfung von Fragen der Gefahrenabwehr im Nuklearbereich wird die Kommission die Ergebnisse und Empfehlungen des Schlussberichts der AHGNS, der im Juni 2012 vorgelegt werden soll, in vollem Umfang berücksichtigen. STÄRKUNG DES EU-AUFSICHTSRAHMENS FÜR DIE KERNTECHNISCHE SICHERHEIT Parallel zur Durchführung der Stresstests hat die Kommission eine Überprüfung des EU-Rechtsrahmens für die kerntechnische Sicherheit eingeleitet, die auf den vorläufigen Ergebnissen der nationalen Berichte, den Erörterungen auf internationaler Ebene (IAEO) und auf Beiträgen der beteiligten Akteure beruht. Eine vorläufige Analyse der Kommission deutet darauf hin, dass die nationalen Aufsichtsbehörden im Bereich der Sicherheit unterschiedliche Herangehensweisen verfolgen und bei der Festlegung von Verbesserungen in diesem Bereich unterschiedliche Kriterien zugrunde legen. Auf der Grundlage dieser ersten Überlegungen sieht die Kommission in folgenden Bereichen Spielraum für eine Verbesserung des Rechtsrahmens auf nationaler und EU-Ebene: 1) Verbesserung der technischen Sicherheitsmaßnahmen und der erforderlichen Aufsicht zur Sicherstellung ihrer vollständigen Umsetzung, 2) Verbesserung der Governance sowie des Rechtsrahmens für die kerntechnische Sicherheit, 3) Verbesserung der Notfallvorsorge und der Notfallmaßnahmen, 4) Stärkung des EU-Rahmens für die Haftung im Bereich der nuklearen Sicherheit und 5) Förderung der wissenschaftlichen und technischen Kompetenzen. Ausgangspunkt ist dabei jedoch die vollständige Umsetzung der vorhandenen EU-Vorschriften. Umsetzung des bestehenden Rechtsrahmens für die kerntechnische Sicherheit Die Verabschiedung der Richtlinie des Rates über die nukleare Sicherheit im Jahr 2009[28] stellte einen wesentlichen Fortschritt für die Regelung der kerntechnischen Sicherheit in der EU dar. Die Richtlinie bildet einen umfassenden und rechtlich bindenden Gemeinschaftsrahmen für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen. Sie enthält Grundsätze und grundlegende Verpflichtungen für die kerntechnische Sicherheit in der Europäischen Atomgemeinschaft (nachstehend „Gemeinschaft“ oder „Euratom“). Mit der Richtlinie werden die Vorgaben der wichtigsten internationalen Instrumente, nämlich des Übereinkommens über nukleare Sicherheit[29] und der sicherheitstechnischen Grundsätze[30] der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), in EU-Recht umgesetzt. Die Frist für die Umsetzung der Richtlinie über die nukleare Sicherheit in nationales Recht endete am 22. Juli 2011. Die Kommission hat Vertragsverletzungsverfahren gegen zwölf Mitgliedstaaten eingeleitet, die diese Frist nicht eingehalten haben[31]. Die Mitgliedstaaten, in denen dies bisher noch nicht geschehen ist, müssen die Richtlinie mit hoher Priorität umsetzen. Verbesserung des Rechtsrahmens für die kerntechnische Sicherheit Im Einklang mit der Aufforderung des Europäischen Rates prüft die Kommission zwei Wege zur Verbesserung des Rechtsrahmens für die kerntechnische Sicherheit: - i) Änderung der Rechtsvorschriften zur Stärkung des bestehenden Gemeinschaftsrahmens für die kerntechnische Sicherheit und - ii) Verbesserung der Umsetzung bestehender Mechanismen sowie eine verstärkte Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten. Der Rechtsrahmen für die kerntechnische Sicherheit sollte sowohl auf Gemeinschaftsebene als auch auf nationaler Ebene gemäß dem Subsidiaritätsprinzip überprüft werden. Im Rahmen internationaler Organisationen müssen die Kommission und die Mitgliedstaaten gemeinsam darauf hinarbeiten, dass die Entwicklungen des internationalen Rechtsrahmens für die kerntechnische Sicherheit mit den gemeinschaftlichen und nationalen Rechtsvorschriften im Einklang stehen. Technische Verbesserungen und Aufsicht Nach den derzeitigen Rechtsvorschriften auf nationaler und EU-Ebene liegt die Hauptverantwortung für die kerntechnische Sicherheit beim Lizenznehmer (dem Kraftwerksbetreiber). Die nationalen Aufsichtsbehörden verpflichten die Lizenznehmer dazu, nach Sicherheitsbewertungen wie den laufenden Stresstests technische Verbesserungen an ihren Anlagen vorzunehmen. Sie müssen zudem dafür sorgen, dass die erforderlichen Maßnahmen korrekt umgesetzt werden. Derzeit gibt es in der EU keine gemeinsamen Sicherheitsstandards oder –kriterien für Kernkraftwerke. Die ersten Ergebnisse der Stresstests zeigen eine uneinheitliche Handhabung der Sicherheitsmargen für die Kernkraftwerke in Europa. In Abhängigkeit von den Endergebnissen der EU-Stresstests und den aus dem Atomunfall von Fukushima gezogenen Lehren könnte es sinnvoll sein, ein EU-weites Regelwerk mit Grundsätzen und grundlegenden Anforderungen einzuführen, das auch entsprechende technische Mindestanforderungen in den Bereichen Standortwahl, Auslegung, Bau und Betrieb der Kernkraftwerke umfasst[32]. EU-Grundsätze und -Anforderungen müssten dann bei nationalen Aufsichtsmaßnahmen und -entscheidungen berücksichtigt und von den Anlagenbetreibern umgesetzt werden. Mit einem EU-weiten Satz von Kriterien für die Festlegung der Standorteigenschaften, der Lizenzbedingungen und der betrieblichen Prüfungen würden die Anlagenbetreiber dazu verpflichtet, beim Neubau von Kernkraftwerken in der EU gemeinsame bewährte Praktiken anzuwenden. Solche Anforderungen sind in der internationalen und EU-weiten Praxis bereits vorhanden[33]. Wenngleich die Wahl der technischen Maßnahmen auch von den Endergebnissen der Stresstests abhängen wird, könnten diese Anforderungen in die Rechtsvorschriften der EU aufgenommen werden. Zudem erscheint es sinnvoll, die in der bestehenden Richtlinie über die kerntechnische Sicherheit bereits vorgesehenen bewährten Praktiken auszuweiten. So könnten beispielsweise internationale Sachverständigenprüfungen, die derzeit auf die nationalen Rechts- und Aufsichtsrahmen beschränkt sind, auch auf die Auslegungs- und Betriebssicherheit von Kernkraftwerken erweitert werden[34]. Bei der Fertigstellung der Empfehlungen für eine neue europäische Sicherheitsarchitektur im Nuklearbereich sollten unter anderem die nationalen Aufsichtsbehörden, die Nuklearindustrie sowie Wissenschaftler und Techniker mitwirken, die z. B. im Europäischen Netz der technischen Hilfsorganisationen (ETSON) vertreten sind. Governance im Bereich der nuklearen Sicherheit Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Unglück von Fukushima betrifft die Notwendigkeit, die tatsächliche Unabhängigkeit der nationalen Aufsichtsbehörden sicherzustellen. In der EU könnte dies durch explizitere Bestimmungen in der Richtlinie über die kerntechnische Sicherheit[35] und durch die Festlegung von Kriterien für die tatsächliche Unabhängigkeit der nationalen Aufsichtsbehörden erfolgen. Ferner könnten in der Richtlinie über die nukleare Sicherheit Mindestbefugnisse der nationalen Behörden festgelegt werden. Derzeit sind diese Befugnisse in einigen Mitgliedstaaten nicht einer einzigen unabhängigen Behörde zugewiesen, sondern auf mehrere Einrichtungen verteilt oder Ministerien zugeordnet. Ihrem Auftrag entsprechend hat die ENSREG den EU-Organen seit 2007 Empfehlungen zur kerntechnischen Sicherheit vorgelegt. Ihre künftige Rolle könnte nun vor dem Hintergrund der gewonnenen Erfahrungen überdacht werden. Darüber hinaus könnten Transparenzanforderungen genauer festgelegt und über die bestehenden allgemeinen Verpflichtungen zur Information der Öffentlichkeit[36] und der Arbeitskräfte der Betreiber hinaus erweitert werden. Ebenso könnten die nationalen Aufsichtsbehörden aufgefordert werden, die Öffentlichkeit über die Gründe für ihre Aufsichtsentscheidungen zu informieren. Im Hinblick auf die Gefahrenabwehr sensible Informationen könnten dabei durch Vertraulichkeitsanforderungen geschützt werden. Verbesserung der Notfallvorsorge und der Notfallmaßnahmen Maßnahmen zur Verhütung, zur Vorsorge und zum Umgang mit radiologischen Notfällen werden zumeist auf nationaler Ebene getroffen. Auch auf Gemeinschaftsebene gibt es jedoch bereits eine Reihe von Legislativinstrumenten und Mechanismen[37] sowie besondere Bestimmungen in Bezug auf Nuklearunfälle[38]. In solchen Fällen können mehrere Mechanismen der Gemeinschaft aktiviert werden. Im Dezember 2010 erließ die Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Leitlinien zu nationalen Risikobewertungen für das Katastrophenmanagement. Die Mitgliedstaaten sagten freiwillig zu, bis Ende 2011 nationale Risikobewertungen durchzuführen und vorzulegen. Gefahren für die nukleare Sicherheit und die Gesundheit der Bevölkerung sind wesentliche Elemente einer solchen umfassenden Risikobewertung. Im Hinblick auf die Notfallvorsorge und zur Koordinierung von Notfallmaßnahmen könnten (möglicherweise mit Beteiligung von EU-Nachbarländern) grenzübergreifende Risikomanagementpläne für den Nuklearbereich eingeführt werden. Diese sollten auch eine bessere Reaktion auf nukleare Notfälle auf europäischer Ebene vorsehen. Zudem sollte sichergestellt werden, dass Ausrüstung für Notfallmaßnahmen, die bei Bedarf ausgetauscht werden kann, (einschließlich schwerer Ausrüstung wie Backup-Generatoren) und Standortsanierungspläne verfügbar sind. Im Einklang mit der Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer verstärkten europäischen Katastrophenabwehr: die Rolle von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe“[39] wird derzeit daran gearbeitet, eine europäische Notfallabwehrkapazität mit den Ressourcen der Mitgliedstaaten zu schaffen, ein an allen Tagen rund um die Uhr voll einsatzfähiges Notfallabwehrzentrum einzurichten und europäische Notfallpläne für die wichtigsten Arten von Katastrophen, einschließlich nuklearer Unfälle, zu entwickeln. Die Kommission wird Vorschläge für die Integration dieser Elemente in die Rechtsvorschriften über den Europäischen Katastrophenschutzmechanismus vorlegen. Klärung von Fragen hinsichtlich der kerntechnischen Haftung Eine zentrale Frage betrifft zudem die Haftung bei Nuklearunfällen. In der Mitteilung der Kommission „Energie 2020 – Eine Strategie für wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energie“ heißt es: „Der Rechtsrahmen für die kerntechnische Sicherheit und Sicherungsmaßnahmen wird durch […] einen Vorschlag für eine europäische Herangehensweise an nukleare Haftungsregelungen weiter verbessert werden.“ Gemäß dem Euratom-Vertrag[40] treffen die Mitgliedstaaten „alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um den Abschluss von Versicherungsverträgen zur Deckung der Gefahren auf dem Kerngebiet zu erleichtern.“ Die meisten Mitgliedstaaten haben sich in diesem Zusammenhang entschieden, einer Reihe internationaler Übereinkommen beizutreten (Pariser Übereinkommen/Brüsseler Zusatzübereinkommen und Wiener Übereinkommen), in einigen ist dies bisher jedoch noch nicht der Fall. Die Folge ist ein „rechtlicher Flickenteppich“ in der EU. Die rechtliche Kohärenz in der EU könnte in zweierlei Hinsicht verbessert werden: i) in Bezug auf den Opferschutz in verschiedenen Mitgliedstaaten, insbesondere eine verbesserte Entschädigung von Opfern in der EU, unabhängig vom Wohnsitzstaat, und ii) hinsichtlich der möglichen Auswirkungen auf den Binnenmarkt, insbesondere wenn eine abweichende finanzielle Betreiberhaftung den Wettbewerb verzerren könnte. Verbesserung der wissenschaftlichen und technischen Kompetenzen Die Kommission hat für die nächsten vier Jahre ein „Schulungs- und Informationsprogramm auf der Grundlage der in Fukushima gewonnenen Erkenntnisse“ eingeleitet, das mit Mitteln der EU und des Euratom-Rahmenprogramms finanziert wird[41]. Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bedeutung der nuklearen Sicherheit zu schärfen und einen Austausch über bewährte Verfahren der Risiko-Governance zwischen Sachverständigen im Nuklearbereich und politischen Entscheidungsträgern zu fördern. Ergänzend zu den verschiedenen EU-Plattformen, insbesondere der Technologieplattform „Nachhaltige Kernenergie“ (SNE-TP) und dem Europäischen Kernenergieforum (ENEF), soll das Programm zudem die Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Forschungseinrichtungen, öffentlichen Stellen und der Industrie unterstützen. Hinsichtlich der Kernforschung ist es bei der Programmplanung für den nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen („Horizont 2020“) noch erforderlich, die kerntechnische Sicherheit als Schwerpunkt festzulegen und auf die Bewahrung des Fachwissens im Bereich der Kerntechnik in der EU sowie auf eine Stärkung der Zuständigkeiten der Betreiber kerntechnischer Anlagen und der Aufsichtsbehörden zu achten. INTERNATIONALE DIMENSION Beteiligung von Drittländern an Risiko- und Sicherheitsbewertungen EU-Nachbarländer Im Hinblick auf eine weltweite Verbesserung der kerntechnischen Sicherheit hat die Europäische Kommission alle Länder, in denen Kernkraftwerke betrieben werden, dazu aufgerufen, so bald wie möglich den EU-Überprüfungen ähnliche Risiko- und Sicherheitsbewertungen durchzuführen. Sie hat zudem Schritte unternommen, um bei den Bewertungen auch EU-Nachbarländer einzubeziehen, in denen Kernkraftwerke bestehen oder betrieben werden: die Schweiz, die Russische Föderation, die Ukraine, Armenien und Kroatien. Eingeladen wurden ferner Länder, die über fortgeschrittene Pläne zur Entwicklung der Kernenergie verfügen, nämlich die Türkei und Belarus. Am 23. Juni 2011 wurde mit den vorstehend genannten Ländern eine Erklärung über ein gemeinsames Konzept für die Stresstests vereinbart. Während die Schweiz und die Ukraine in das Stresstest-Verfahren der EU integriert sind, setzen andere Länder unterschiedliche Zeitpläne um. Das gemeinsame Ziel besteht jedoch darin, die Sicherheitsneubewertungen bis Ende 2012 abzuschließen. Die EU wird alle EU-Nachbarländer auch weiterhin dazu anregen, an den Stresstests teilzunehmen, und sicherstellen, dass alle erforderlichen Schritte unternommen werden, um bestmögliche Bedingungen für die kerntechnische Sicherheit innerhalb und außerhalb der EU zu schaffen. Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der G8/G20 In dem im September 2010 verabschiedeten IAEO-Aktionsplan für die nukleare Sicherheit werden alle IAEO-Mitgliedstaaten aufgerufen, eine nationale Bewertung der Auslegung von Kernkraftwerken im Hinblick auf die standortspezifische Gefahr von Naturkatastrophen vorzunehmen und erforderliche Folgemaßnahmen zu ergreifen. Die Europäische Kommission wird Beiträge zur Arbeit der IAEO an der Entwicklung einer Methodik, die auch von anderen Staaten angewandt werden kann, leisten und ist bereit, die IAEO bei der Beratung oder Bewertung von Drittländern in diesem Bereich zu unterstützen. Die Kommission war an dem G8/G20-Verfahren zur Vorbereitung der IAEO-Ministerkonferenz vom Juni 2011, auf der der IAEO-Aktionsplan für nukleare Sicherheit unterstützt wurde, in vollem Umfang beteiligt. Die Kommission wird alle erforderlichen Schritte unternehmen, um bei diesen internationalen Initiativen weitere Fortschritte zu erzielen. Vorgeschlagene Verbesserungen des weltweiten Rechtsrahmens für die kerntechnische Sicherheit Die Ereignisse in Fukushima haben die Notwendigkeit verdeutlicht, den internationalen Rechtsrahmen für die kerntechnische Sicherheit zu stärken. Die von der IAEO initiierten wichtigsten Instrumente in diesem Bereich umfassen international vereinbarte Sicherheitsnormen und internationale Übereinkommen, insbesondere das Übereinkommen über nukleare Sicherheit (Convention on Nuclear Safety, CNS) und das Übereinkommen über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen. Die IAEO-Mitgliedstaaten sind sich im Allgemeinen einig, dass der internationale Rechtsrahmen für die kerntechnische Sicherheit – insbesondere das Übereinkommen über nukleare Sicherheit – überarbeitet werden sollte, um seine Wirksamkeit, Governance und Durchsetzbarkeit zu verbessern. Die Kommission beabsichtigt, im Namen von Euratom zur Überarbeitung des CNS beizutragen[42]. Das CNS sollte entsprechend den neusten IAEO-Sicherheitsnormen aktualisiert werden, und diese sollten rechtlich bindend und weiterentwickelt werden. Die EU sollte darauf hinarbeiten, das CNS hinsichtlich seines Anwendungsbereichs und der Verpflichtungen mindestens mit der vorhandenen Richtlinie über die nukleare Sicherheit in Einklang zu bringen. Das überarbeitete CNS würde dann alle Arten kerntechnischer Anlagen umfassen und eine obligatorische regelmäßige aufsichtsrechtliche Überprüfung vorsehen. Im Rahmen der Überarbeitung sollten zudem Kriterien für die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden und Durchsetzungsmechanismen wie Mediation, Schlichtung und Schiedsgerichtsbarkeit aufgenommen werden. Die Bestimmungen des CNS für die Notfallvorsorge sollten darüber hinaus wirksamere, koordinierte Notfallmaßnahmen sowie eine kohärente Schnittstelle mit anderen internationalen Übereinkommen sicherstellen[43]. Externe Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit Eine Verbesserung der kerntechnischen Sicherheit in Drittländern ist seit Anfang der 1990-Jahre ein wesentliches Ziel der Arbeit der Gemeinschaft. Im Rahmen der Programme TACIS und Phare wurden fünfzehn Jahre lang Hilfen für mittel- und osteuropäische Länder und Länder der ehemaligen Sowjetunion bereitgestellt. Mit dem Instrument für Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit (INSC) wurde die Zusammenarbeit ab 2007 auf weitere Drittländer ausgeweitet. In der Mitteilung zur außenpolitischen Dimension der Energiepolitik[44] wird dazu aufgerufen, auf eine größere Konvergenz der internationalen Aufsichtsrahmen hinzuarbeiten und verbindliche internationale Normen für die nukleare Sicherheit einzuführen. Mit dem derzeitigen INSC werden Drittländer gefördert, die ihre Teilnahme an den Stresstests zugesagt haben,[45] und die Fortschritte bei den laufenden Tests werden im Rahmen der Gespräche über eine weitere Zusammenarbeit im Zeitraum 2012-2013 in vollem Umfang berücksichtigt. Die Kommission hat für den Zeitraum 2014-2020 ein neues INSC vorgeschlagen. Dieses neue Instrument soll auf den bei den Stresstests in der EU gewonnenen Erfahrungen beruhen und vor dem Hintergrund der bei den Stresstests in Nachbarländern ermittelten Prioritäten umgesetzt werden. Das neue INSC sollte in eine umfassende und kohärente Strategie für die Zusammenarbeit im Bereich der kerntechnischen Sicherheit integriert werden, wobei auch den internationalen Maßnahmen im Rahmen der IAEO Rechnung getragen werden sollte. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND WEITERE SCHRITTE In der Folge des Unglücks von Fukushima verpflichteten sich die EU und ihre Mitgliedstaaten zu einer umfassenden Überprüfung der Kernkraftwerke in Europa. Mit dieser neuen Form der Zusammenarbeit der Kraftwerksbetreiber, nationalen Aufsichtsbehörden, weiteren zuständigen Stellen sowie der EU-Organe verdeutlicht das Verfahren die Bedeutung einer EU-weiten Koordination und Kooperation für die Aufrechterhaltung und gegebenenfalls weitere Verbesserung der hohen EU-Standards für die kerntechnische Sicherheit und die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich. Angesichts des Alters vieler Reaktoren in der EU und des Interesses einiger Mitgliedstaaten und Nachbarländer am Aufbau neuer kerntechnischer Kapazitäten ist dieses Verfahren von besonderer Bedeutung. Es wird erwartet, dass die Stresstests zeitgerecht objektive und wissenschaftlich fundierte Informationen liefern und so zur Stärkung der Sicherheitsparameter hinsichtlich der Standortwahl, der Auslegung, des Betriebs, der Instandhaltung und Regulierung bestehender und geplanter Kernkraftwerke beitragen. Erste Ergebnisse weisen bereits auf Bereiche hin, in denen auf nationaler und EU-Ebene Verbesserungspotenzial besteht. Die Mitgliedstaaten werden national über die im Anschluss an die Bewertung zu treffenden Folgemaßnahmen entscheiden. Die Kommission begrüßt die von einigen Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht bereits ergriffenen Maßnahmen. In der vorliegenden Mitteilung hat die Kommission einige erste Hinweise für eine Stärkung des EU-Rahmens im Bereich der kerntechnischen Sicherheit und für eine verbesserte Koordination bestehender Instrumente und Mechanismen dargelegt. Diese vorläufigen Hinweise sollten vor dem Hintergrund der Endergebnisse der Stresstests noch genauer überprüft werden und Folgemaßnahmen nach sich ziehen. Der Euratom-Vertrag bietet eine flexible und umfassende Rechtsgrundlage für die Umsetzung etwaiger erforderlicher Verbesserungen der Rechtsvorschriften über die kerntechnische Sicherheit. Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission ihre Schlussberichte über die Risiko- und Sicherheitsbewertungen bis zum 31. Dezember 2011 vorlegen. Die Sachverständigenprüfungen werden von Januar bis April 2012 durchgeführt. Die Kommission wird dem Europäischen Rat bei seiner Tagung am 28. und 29. Juni 2012 einen Schlussbericht über die Stresstests vorlegen, wobei auch mögliche erforderliche Legislativinitiativen zur weiteren Stärkung des Rechtsrahmens für die kerntechnische Sicherheit in Europa berücksichtigt werden. Die Kommission ist dem Ziel verpflichtet, während des gesamten Stresstest-Verfahrens für Offenheit und Transparenz zu sorgen. Sie wird auch weiterhin eng mit dem gesamten Spektrum der beteiligten Akteure, einschließlich nichtstaatlicher Organisationen, zusammenarbeiten und die Ergebnisse der Sachverständigenprüfungen bei einer öffentlichen Tagung vorstellen. Vor der Vorlage von Legislativvorschlägen im Anschluss an die Stresstests wird die Kommission zudem eine öffentliche Konsultation durchführen und dabei neben den zentralen Sachverständigengremien im Nuklearbereich (d. h. die ENSREG, das Europäische Kernenergieforum (ENEF) und der WENRA) alle weiteren wichtigen Akteure anhören. Im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit Drittländern und im Bereich der Kernenergie tätigen internationalen Organisationen, insbesondere der IAEO, wird die EU die bei den Stresstests gewonnenen Erkenntnisse weitergeben, um zur Stärkung des internationalen Rechts- und Aufsichtsrahmens für die nukleare Sicherheit beizutragen. [1] Die für die nukleare Sicherheit zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden sind in der Europäischen hochrangigen Gruppe für nukleare Sicherheit und Abfallentsorgung vertreten, die mit dem Beschluss 2007/530/Euratom der Kommission vom 7. Juli 2007 eingerichtet wurde (ABl. L 195/44 vom 27.7.2007, S. 44-46). Sie nahm später das Kürzel ENSREG an (European Nuclear Safety Regulators Group). [2] Dok. EUCO 10/11 (Nummer 31). [3] KOM(2011) 539 endg. [4] Sitzung der ENSREG vom 12. und 13. Mai 2011 auf der Grundlage der vom Verband der westeuropäischen Aufsichtsbehörden im Nuklearbereich (WENRA) vorgelegten technischen Spezifikationen. Siehe die Erklärung der ENSREG unter www.ensreg.eu. [5] Belgien, Bulgarien, die Tschechische Republik, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, die Niederlande, Rumänien, die Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Schweden und das Vereinigte Königreich. [6] Trotz der Abschaltung des letzten Reaktorblocks des Kernkraftwerks Ignalina gemäß den Verpflichtungen aus dem EU-Beitrittsvertrag sind noch immer standortspezifische Betriebsgenehmigungen und erhebliche Mengen abgebrannter Brennstoffe am Standort vorhanden. [7] Belgien, Bulgarien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Litauen, die Slowakei, Spanien, die Ukraine und das Vereinigte Königreich. [8] Anhang I der Erklärung der ENSREG vom 12. und 13. Mai 2011. [9] Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen „Technische Zusammenfassung der nationalen Fortschrittsberichte über die Durchführung der umfassenden Risiko- und Sicherheitsbewertungen der Kernkraftwerke in der EU“. [10] z. B. Finnland, Ungarn, die Slowakei, Slowenien, Schweden und die Schweiz. [11] einschließlich des Verlusts der externen Stromversorgung und der Notstromversorgung (Station Blackout). [12] z. B. Finnland, Rumänien, Slowenien und Spanien. [13] z. B. Finnland, Slowenien, Spanien und Schweden. [14] z. B. Finnland, Ungarn, die Slowakei, Spanien, Schweden und die Schweiz. [15] z. B. Finnland, Ungarn, Litauen und Slowenien. [16] z. B. Deutschland, Ungarn, Rumänien, die Slowakei, Spanien und Schweden. [17] z. B. hinsichtlich der Frage, ob eine vollständige seismische probabilistische Sicherheitsanalyse (PSA) erforderlich ist. Seismische PSA werden z. B. in Finnland, Slowenien und der Schweiz durchgeführt und regelmäßig aktualisiert – weitgehend unabhängig davon, ob in diesen Ländern eine hohe seismische Aktivität besteht. [18] z. B. maximale Bodenbeschleunigung und entsprechende Wahrscheinlichkeiten. [19] z. B. Belgien, die Tschechische Republik, Finnland, Ungarn, Rumänien, Slowenien und Spanien. [20] SAMG sind standortspezifische Verfahren, die den Betreibern dabei helfen sollen, im Notfall die in die Umgebung möglicherweise abgegebenen Dosen möglichst gering zu halten. [21] z. B. Slowenien, Spanien und das Vereinigte Königreich. [22] Sitzung der ENSRG vom 11. Oktober 2011. [23] www.ensreg.eu. [24] Dieser Abschnitt basiert auf Informationen, die von der Ad-hoc-Gruppe für die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich (AHGNS) des Rates bereitgestellt wurden. [25] Nukleare Sicherheit bezeichnet die Erreichung ordnungsgemäßer Betriebsbedingungen von Kernkraftwerken, die Verhütung von Unfällen und die Eindämmung ihrer Folgen und zielt auf den Schutz der Arbeitskräfte, der Bevölkerung und der Umwelt vor radiologischen Gefahren ab. [26] So hat beispielsweise die IAEO im Laufe der Jahrzehnte weitreichende Leitlinien für die Sicherheit entwickelt, während im Bereich der Gefahrenabwehr noch relativ wenige Vorgaben vorhanden sind. [27] Zwischenbericht zur Gefahrenabwehr im Nuklearbereich (17061/11 AHGNS 8 ATO 134). [28] Richtlinie 2009/71/Euratom des Rates vom 25. Juni 2009 über einen Gemeinschaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen (ABl. L 172 vom 2.7.2009, S. 18-22). [29] INFCIRC 449 vom 5. Juli 1994. Die Gemeinschaft und alle EU-Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien. [30] Fundamental safety principles, IAEA Safety Standard Series No. SF-1 (2006). [31] Österreich, Belgien, Zypern, Dänemark, Estland, Griechenland, Italien, Lettland, Polen, Portugal, die Slowakei und das Vereinigte Königreich. [32] Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Entscheidung C 29/99, Berichte des Europäischen Gerichtshofs 2002, Seite I-11221) verfügt Euratom über geteilte Zuständigkeiten auf diesen Gebieten. [33] Der WENRA hat als Instrument für die Entwicklung einer gemeinsamen Herangehensweise an die Harmonisierung der nuklearen Sicherheit und ihrer Regulierung in den EU-Mitgliedstaaten Referenzebenen für die Reaktorsicherheit entwickelt (2008). Im Jahr 2010 verabschiedete der WENRA auf der Grundlage der „Fundamental Safety Principles“ der IAEO Sicherheitsziele für neue Kernkraftwerke. Der WENRA ist ein Netz der Aufsichtsbehörden der EU-Länder mit Kernkraftwerken und der Schweiz sowie anderer interessierter europäischer Länder, die über Beobachterstatus verfügen. [34] Die Betriebssicherheit ist beispielsweise Gegenstand von Sachverständigenprüfungen der IAEO (OSART). [35] Artikel 5 Absatz 2. [36] Artikel 8 der Richtlinie über die nukleare Sicherheit. [37] darunter die Richtlinie über grundlegende Sicherheitsnormen, die Richtlinie über die Unterrichtung der Bevölkerung, der ECURIE-Beschluss, die Rechtsvorschriften zum Katastrophenschutz sowie die im Anschluss an den Unfall von Tschernobyl und den Unfall im Kernkraftwerk Fukushima erlassenen Verordnungen über Nahrungs- und Futtermittel. [38] Rechtsvorschriften zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungsmitteln und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation. [39] KOM(2010) 600 endg. [40] Artikel 98 Euratom-Vertrag. [41] http://cordis.europa.eu/fp7/euratom-fisshome.hmtl. [42] Artikel 101 Euratom-Vertrag. [43] Übereinkommen über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen (INFCIRC/335 vom 18. November 1986) und Übereinkommen über Hilfeleistung bei nuklearen Unfällen und radiologischen Notfällen (INFCIRC/336 vom 18. November 1986). [44] KOM(2011) 539 endg. vom 7. September 2011. [45] Das Aktionsprogramm des INSC 2011 umfasst auch Projektvorschläge für Armenien und die Ukraine.