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Document 52008DC0666

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Sichere, innovative und erschwingliche Arzneimittel: eine neue Vision für die Arzneimittelindustrie

/* KOM/2008/0666 endg. */

52008DC0666

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Sichere, innovative und erschwingliche Arzneimittel: eine neue Vision für die Arzneimittelindustrie /* KOM/2008/0666 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 10.12.2008

KOM(2008) 666 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Sichere, innovative und erschwingliche Arzneimittel: eine neue Vision für die Arzneimittelindustrie

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Sichere, innovative und erschwingliche Arzneimittel: eine neue Vision für die Arzneimittelindustrie

INHALTSVERZEICHNIS

1. Die Entwicklung eines dauerhaften Binnenmarktes für Arzneimittel vorantreiben 5

1.1. Besserer Zugang zu Arzneimitteln für europäische Patienten 5

1.2. Bessere Rechtsetzung für eine wettbewerbsfähigere Industrie 8

1.3. Sicherere Arzneimittel für besser informierte Bürger 9

2. Nutzung der Chancen der Globalisierung und Annahme ihrer Herausforderungen 11

2.1. Umgang mit weltweiten gesundheitspolitischen Problemen 11

2.2. Zu einer globalen Zusammenarbeit und Harmonisierung 13

2.3. Für einen globalen und fairen Wettbewerb 15

3. Die Wissenschaft in den Dienst der europäischen Patienten stellen 15

3.1. Förderung der pharmazeutischen Forschung 15

3.2. Schritt halten: neue Entwicklungen in der Medizin 16

4. Fazit 17

Einleitung

Die Arzneimittelindustrie leistet einen wichtigen Beitrag zum Wohl der Menschen in Europa und der ganzen Welt, indem sie Arzneimittel herstellt, für Wirtschaftswachstum sorgt und sichere Arbeitsplätze schafft. Sie war und ist ein strategisch wichtiger Industriezweig für Europa. Sie beschäftigt mehr als 634 000 Arbeitnehmer, und auf sie entfallen mehr als 17 % der EU-Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE). Besonders hervorzuheben ist jedoch, dass innovative Humanarzneimittel heute Therapien ermöglichen, die vor einigen Jahrzehnten noch als unvorstellbar galten. Der demografische Wandel, also die Alterung der Bevölkerung, ist ein globales Phänomen, von dem die westlichen Länder ebenso betroffen sind wie etwa die großen Schwellenländer China und Russland. Daher stellen Gesundheitsdienstleistungen und -produkte weltweit Wachstumsmärkte dar und bergen beträchtliches Potenzial für die etablierte europäische Arzneimittelindustrie.

Seit 1965 verfolgen die Gemeinschaftsmaßnahmen in dem Bereich stets ein doppeltes Ziel: den Schutz der öffentlichen Gesundheit durch die Bereitstellung sicherer und wirksamer Arzneimittel in Europa bei gleichzeitiger Schaffung eines Unternehmensumfelds, das die Forschung anregt, wertvolle Innovationen fördert und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärkt. In vierzig Jahren wurde viel erreicht. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts steht Europa jedoch vor großen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Herausforderungen.[1]

- Die Stellung Europas bei der pharmazeutischen Innovation wird schwächer. Der neue Schwerpunkt der Forschung hat sich in die USA und nach Asien verlagert. Neue internationale Konkurrenten treten auf den Plan. In den 1990er Jahren waren die Ausgaben für die pharmazeutische Forschung und Entwicklung in Europa höher als in den USA (7,766 Mrd. EUR gegenüber 5,342 Mrd. EUR). Im Jahr 2006 sah dies allerdings ganz anders aus (22,500 Mrd. EUR in der EU gegenüber 27,053 Mrd. EUR in den USA). In der Forschung ist eine ähnliche Entwicklung festzustellen. Zwischen 2001 und 2006 wurden 18 Forschungsstätten von 22 internationalen Pharmaunternehmen in Europa geschlossen (nur zwei wurden eröffnet), während diese Unternehmen im gleichen Zeitraum in Asien 14 Forschungsstätten (eine wurde geschlossen) und sechs in den USA eröffneten (fünf wurden geschlossen). Die Zahl der neuen pharmazeutischen Substanzen ist weltweit zurückgegangen, der Rückgang war in der EU aber deutlich stärker als in den USA und anderen Ländern.

- Die Verfügbarkeit von Arzneimitteln lässt zu wünschen übrig. 2008 leiden Patienten in Europa nach wie vor darunter, dass Arzneimittel nicht für alle gleichermaßen erhältlich und erschwinglich sind. Die letzte legislative Überprüfung[2] und die Einrichtung des High Level Pharmaceutical Forum (hochrangig besetztes Arzneimittelforum[3]) sind wichtige Fortschritte, aber einige wesentliche Fragen sind immer noch offen. Künftige Vorschläge der Kommission werden auch den Ergebnissen der laufenden Untersuchung der Arzneimittelindustrie Rechnung tragen müssen.

- Die Globalisierung schreitet immer weiter fort. Die Globalisierung bringt neue Möglichkeiten und eröffnet neue Märkte. Der Absatz des Industriezweigs außerhalb der traditionellen Märkte, d. h. der Industrieregionen wie USA, Europa und Japan, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig führen die weltweite Zusammenarbeit und der internationale Handel zu einer globalen Arbeitsteilung. Ein neues Arzneimittel ist daher häufig das Ergebnis von Forschung und Entwicklung in Europa, von klinischen Prüfungen in Indien und von in China hergestellten Wirkstoffen, bevor es schließlich in der EU hergestellt, verpackt und verkauft wird. Diese globale Neuorganisation schafft neue Möglichkeiten, aber auch neue Probleme. Insbesondere nehmen die Arzneimittelfälschungen zu.

- Wissenschaftliche Durchbrüche revolutionieren die Entwicklungs- und Verschreibungspraxis von Arzneimitteln. Die Behandlungen werden stärker personalisiert. Mit der Alterung der Bevölkerung und der aktiven Mitwirkung der Patienten wandeln sich die Ansprüche der Gesellschaft. Zugleich muss der bestehende Bedarf an medizinischen Leistungen gedeckt werden, etwa zur Behandlung ansteckender Krankheiten (wie Tuberkulose und HIV/AIDS) und seltener Krankheiten, die nicht nur in der EU, sondern weltweit ein Problem sind.

In dieser Mitteilung, die als Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen anzusehen ist, werden die Vorstellungen der Kommission von der Zukunft des Sektors skizziert, und es wird versucht, einen Prozess in Gang zu bringen, der zukunftsweisend ist. Es werden konkrete Ziele vorgeschlagen, die auf folgenden drei Säulen ruhen:

1. Die Entwicklung eines dauerhaften Binnenmarktes für Arzneimittel soll weiter vorangetrieben werden .

2. Die Chancen der Globalisierung sollen genutzt und ihre Herausforderungen angenommen werden .

3. Die Wissenschaft soll in den Dienst der europäischen Patienten gestellt werden , und die EU soll ihre Stellung als klassischer Standort pharmazeutischer Innovation wiedererlangen.

Nach Vorstellung der Kommission soll gewährleistet werden, dass die europäischen Bürger in zunehmendem Maße von einer wettbewerbsfähigen Industrie profitieren können, die sichere, innovative und erschwingliche Arzneimittel herstellt. Diesbezüglich wurde zahlreiche Initiativen unternommen. Zuletzt wurden die elektronischen Gesundheitsdienste in die Leitmarktinitiative der Kommission einbezogen, mit der Hindernisse für eine beschleunigte Marktentwicklung beseitigt werden sollen.[4] Die fünf damit einhergehenden Vorschläge für Rechtsvorschriften (über Fälschungen, Patienteninformation und Pharmakovigilanz[5]) sind weitere wichtige Schritte hin zur Verwirklichung dieser Vision; andere konkrete Ziele sind im Anhang aufgeführt.

1. DIE ENTWICKLUNG EINES DAUERHAFTEN BINNENMARKTES FÜR ARZNEIMITTEL VORANTREIBEN

In den letzten Jahren wurden bedeutende Fortschritte erzielt. Rechtsetzungsinitiativen der Kommission führten zu verbesserten Zulassungsverfahren, zur EU-weiten Harmonisierung des Datenschutzes, zur besseren Verfügbarkeit von Arzneimitteln für Kinder und zu einem neuen Rechtsrahmen für neuartige Therapien wie der Gewebezüchtung. Weitere wichtige Schritte in diese Richtung sind die vom Arzneimittelforum erarbeiteten Grundsätze für Preisfestsetzung und Erstattung. Dennoch werden weiterhin die Zersplitterung des Marktes aufgrund unterschiedlicher nationaler Preisfestsetzungs- und Erstattungssysteme, unnötiger Verwaltungsaufwand infolge unterschiedlicher Umsetzung des Gemeinschaftsrechts und mangelndes wirtschaftliches Interesse an weniger attraktiven nationalen Märkten beklagt.

Diese Situation kann dazu führen, dass die Patienten in sehr unterschiedlichem Maße Zugang zu Arzneimitteln haben und die EU-Industrie ihr Wachstumspotenzial nicht ausschöpfen kann.

Die Vollendung des Binnenmarkts für Arzneimittel ist nach wie vor ein wichtiges Ziel.

1.1. Besserer Zugang zu Arzneimitteln für europäische Patienten

1.1.1. Gewährleistung des raschen und erschwinglichen Zugangs zu den neuesten Therapien

Der Mangel an wichtigen Arzneimitteln, insbesondere wegen Geldmangels, ist ein Thema, für das sich inzwischen auch höchste politische Kreise interessieren, was beispielsweise im Falle von HIV/AIDS die „Bremer Erklärung“[6] belegt, in der sich die Gesundheitsminister zur Zusammenarbeit verpflichtet haben, um den Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln sicherzustellen, da in mehreren Mitgliedstaaten Patienten Schwierigkeiten haben, an dringend benötigte Arzneimittel zu gelangen.

Auf den Mangel an verfügbaren Arzneimitteln haben auch die Leiter der Zulassungsbehörden für Arzneimittel in einem neueren Bericht[7] sowie das Arzneimittel-Forum[8] hingewiesen. Das Problem ist in den Mitgliedstaaten besonders ausgeprägt, die einen kleinen nationalen Markt haben und in denen die erwarteten Erträge aus Unternehmensinvestitionen gering sind.

Das hat in einigen Mitgliedstaaten erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit, wenn sich auch nach der letzten Überarbeitung des EU-Arzneimittelrechts einiges gebessert hat. Kurzfristig können kleinere Änderungen am Rechtsrahmen vorgenommen werden (z. B. über Sprachenregelung und Kennzeichnung), um die Situation zu verbessern. Eine gründlichere Überprüfung der Sachlage ist jedoch erforderlich, um die Problematik insgesamt anzugehen. Über regulatorische Aspekte hinaus muss auch die Rolle der Vollsortimentsgroßhändler und der öffentlichen Großhändler[9] bei der Versorgung kleiner Arzneimittelmärkte eingehender untersucht werden.

Ganz allgemein muss die Funktionsweise des Netzes der EU-Arzneimittelbehörden neu überdacht werden, um es effizienter zu machen, die von ihm verursachten Verwaltungslasten zu minimieren und dadurch die Marktzulassung von Arzneimitteln zu beschleunigen.

Ziel Nr. 1: In enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten sollen bis 2010 Optionen für die Verbesserung des Zugangs bedürftiger Patienten zu Arzneimitteln entwickelt werden, wobei den Belangen kleiner Märkte besonders Rechnung zu tragen ist.

Ziel Nr. 2: Bis 2010 soll auf der Grundlage einer Bewertung durch die Europäische Arzneimittelagentur EMEA festgestellt werden, wie das Funktionieren des Netzes der EU-Arzneimittelzulassungsbehörden verbessert werden kann.

Die Zersplitterung des EU-Marktes hängt in erster Linie mit der unterschiedlichen nationalen Preisgestaltung und Erstattung zusammen. Über die Vergütung von Gesundheitsfürsorge und Arzneimitteln entscheiden die Mitgliedstaaten, sie müssen sich dabei aber an die Bestimmungen der Richtlinie 89/105/EWG und des EG-Vertrags halten, wonach Entscheidungen über Preisgestaltung und Erstattung insbesondere rasch und transparent zu erfolgen haben.

Damit die Gesundheitsfürsorgesysteme langfristig existenzfähig sind, müssen die Mittel für die wirksamsten Arzneimittel verwendet und die für einen Preiswettbewerb notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Unterschiedliche Systeme führen zu Unterschieden in der Preisgestaltung, der Zeitspanne bis zur Marktzulassung und den Zugangsmöglichkeiten. Die Mitgliedstaaten können im Einklang mit der Transparenz-Richtlinie unter Berücksichtigung der Wirksamkeit und Preiswürdigkeit neuartiger Arzneimittel und der Haushaltslage politisch entscheiden, welche Arzneimittel erstattet werden.

Erhältlichkeit und Erschwinglichkeit von Arzneimitteln haben aber eine europäische Dimension. Durch unterschiedliche nationale Preisfestsetzungs- und Erstattungssysteme entsteht in der EU ein komplexes Gefüge, während die Mitgliedstaaten vor der gemeinsamen Herausforderung stehen, drei übergeordnete Ziele in Einklang zu bringen: Optimale Nutzung der Ressourcen, um die Finanzierung der Gesundheitsfürsorge für eine alternde europäische Bevölkerung dauerhaft zu sichern, Zugang zu Arzneimitteln für EU-Patienten und Belohnung erfolgreicher Innovationen. Das Arzneimittel-Forum hat gemeinsame Grundsätze[10] verabschiedet, um zukünftige nationale Preisfestsetzungs- und Erstattungspolitiken zu unterstützen. Aufgrund positiver Erfahrungen sollten der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit den Betroffenen auf EU-Ebene verstärkt werden.

Ähnliche Preisniveaus können, abhängig von der wirtschaftlichen Lage in den einzelnen Mitgliedstaaten, zu einem anderen Erschwinglichkeitsniveau führen. Wirksamere Marktmechanismen und insbesondere ein Preiswettbewerb für nicht erstattungsfähige Arzneimittel würden dazu führen, dass mehr Patienten mehr Auswahl zu erschwinglicheren Preisen hätten. Die Mitgliedstaaten sollten daher Preiskontrollen bei den Herstellern abschaffen, die bei zugelassenen Arzneimitteln, die vom Staat weder erworben noch erstattet werden, freien Wettbewerb verhindern.

Die Weiterentwicklung der Methoden zur Bewertung von Gesundheitstechnologien wird den nationalen Behörden ebenfalls helfen, einerseits die Ausgaben für Arzneimittel zu begrenzen und anderseits wertvolle Innovationen angemessen zu belohnen und die besten verfügbaren Arzneimittel zugänglich zu machen. Ein solcher Interessenausgleich erfordert Zusammenarbeit zwischen den Behörden und den Dialog mit den Betroffenen. Entsprechend der Einigung im Arzneimittelforum sollte der Austausch von Daten über die relative Wirksamkeit zwischen den Mitgliedstaaten gefördert werden.

Ziel Nr. 3: Durch verstärkte Anwendung der Transparenz-Richtlinie sollen rasche und transparente Entscheidungen über Preisgestaltung und Erstattung ermöglicht werden.

Ziel Nr. 4: Auf der Grundlage der Arbeiten im Arzneimittelforum sollen der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit der Betroffenen in Fragen der Preisgestaltung und Erstattung verbessert werden.

Ziel Nr. 5: Entsprechend der Einigung im Arzneimittelforum sollte der Austausch von Daten über die relative Wirksamkeit zwischen den Mitgliedstaaten gefördert werden, damit die Markteinführung neuartiger Therapien nicht unnötig verzögert wird.

1.1.2. Verbesserung des Wettbewerbs und des Marktzugangs

Der Wettbewerb ist ein wirksames Mittel, wertvolle Innovation zu fördern und Arzneimittel erschwinglicher zu machen. Im Januar 2008 leitete die Kommission eine Branchenuntersuchung in der Arzneimittelindustrie auf der Grundlage von Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003[11] ein. Diese Untersuchung betrifft „die Markteinführung innovativer und generischer Humanarzneimittel.“ [12] Sie wurde durch Umstände veranlasst, die auf eine Beschränkung oder Verzerrung des Wettbewerbs auf dem europäischen Arzneimittelmarkt hindeuten wie abnehmende Innovationstätigkeit, was sich in einer sinkenden Zahl der auf den Markt kommenden neuartigen Arzneimittel äußert, und Fälle verzögerten Marktzutritts von Generikaanbietern. Im Mittelpunkt steht dabei das wirtschaftliche Verhalten der Marktteilnehmer, das sich auf den Marktzutritt von konkurrierenden neuartigen oder generischen Arzneimitteln auswirkt. Die ersten Ergebnisse werden in einem Bericht vorgestellt, der am 28. November 2008 veröffentlicht werden soll. Der endgültige Bericht soll im Frühjahr 2009 vorliegen.

Darüber hinaus plant die Kommission, das Funktionieren der Arzneimittelmärkte gründlich zu überwachen. Diese Maßnahme ist Teil des Follow-up zur Überprüfung des Binnenmarkts vom November 2007, das auf eine bessere Steuerung des Binnenmarkts durch eine systematische und umfassende Überwachung der Schlüsselmärkte abzielt.

Die Kommission wird die Ergebnisse der in der Arzneimittelindustrie laufenden Untersuchung und der Arbeiten zur Marktüberwachung berücksichtigen, wenn sie neue Rechtsvorschriften vorschlägt.

Viele Mitgliedstaaten erkennen, dass Generika ihnen helfen, ihre Ausgaben für Erstattung und Verschreibung im Gesundheitswesen zu begrenzen. Die Konkurrenz patentfreier Arzneimittel macht es möglich, dauerhaft mehr Patienten zu geringeren Kosten zu behandeln. Die eingesparten Gelder können für innovative Arzneimittel verwendet werden. Alle Akteure sollten deshalb sicherstellen, dass Generika nach Ablauf des Patents und der Datenausschließlichkeitsfrist auf den Markt gebracht werden und tatsächlich konkurrieren können.

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, weil sie sowohl wirtschaftliche als auch soziale Vorteile bieten. Sie ermöglichen den Patienten die Selbstmedikation, d. h. die Behandlung oder Prävention akuter oder chronischer Erkrankungen, deretwegen sie keinen Arzt aufsuchen wollen, oder die Selbstbehandlung nach einer Diagnose durch den Arzt. Deshalb ist besonders auf die Zugänglichkeit und Verfügbarkeit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu achten.

Ziel Nr. 6: Bis 2011 soll geprüft werden, wie die Verfügbarkeit und der Marktzutritt von Generika und nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gewährleistet werden können.

Ziel Nr. 7: Das Funktionieren des Arzneimittelmarktes soll gründlich untersucht werden.

Auch die Erwartungen der Patienten an die Gesundheitsfürsorgesysteme und die Qualität der Versorgung im grenzüberschreitenden Rahmen erfordern besser koordinierte EU-Maßnahmen. In dem Richtlinienvorschlag über grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung[13] werden gemeinsame Grundsätze zur Gewährleistung der Sicherheit und Qualität der Versorgung, ein spezifischer Rahmen für die grenzüberschreitende Gesundheitsfürsorge und Bestimmungen für die Zusammenarbeit zwischen einzelstaatlichen Systemen festgelegt. In dem Vorschlag ist auch die grenzüberschreitende Anerkennung ärztlicher Verschreibungen vorgesehen.

1.2. Bessere Rechtsetzung für eine wettbewerbsfähigere Industrie

Vorschriften, die eine hohe administrative Belastung, aber keine eindeutigen Vorteile für die öffentliche Gesundheit mit sich bringen, wirken sich sehr nachteilig auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie aus. Das hat vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wirtschaftliche Nachteile. So verursachen in manchen Mitgliedstaaten redundante Meldevorschriften zur Pharmakovigilanz unnötige Kosten. Solche Hemmnisse können für KMU der entscheidende Grund dafür sein, außerhalb ihres eigenen Landes keine Zulassung zu beantragen.

Da nationale Regulierungsbehörden an der Gesetzgebung beteiligt und für die Umsetzung zuständig sind, wird von allen Akteuren ein hohes Maß an gemeinsamem Engagement verlangt, damit Arzneimittelvorschriften klarer, einfacher und flexibler gestaltet werden können, ohne dass die öffentliche Gesundheit gefährdet wird.

1.2.1. Ein besserer Rahmen für „Zulassungsänderungen“

Die Kommission erkennt an, welchen Aufwand die derzeitigen Regeln für Änderungen der Bedingungen von Arzneimittelzulassungen („Zulassungsänderungen“) mit sich bringen. Dieser komplexe Rahmen behindert die Einführung von Änderungen, die den Patienten zugute kommen, und verzögert den Zugang zu besseren Therapien.

1.2.2. Verbesserung des Rahmens für klinische Prüfungen

Eine Reihe von Betroffenen sind besorgt über die Anwendung der Richtlinie über die Durchführung von klinischen Prüfungen[14] durch die Mitgliedstaaten (z. B. abweichende Auslegung der einschlägigen Rechtsakte und belastende Verfahren für multizentrische klinische Prüfungen in verschiedenen Mitgliedstaaten) und ihre Auswirkungen auf die akademische und nichtakademische Forschung. Auf der jüngsten Konferenz[15] der EMEA und der Kommission wurde auf Mängel bei der Umsetzung der Richtlinie hingewiesen. Jetzt sollten eine umfassende Prüfung der Fragen und Empfehlungen für Verbesserungen in Angriff genommen werden.

Ziel Nr. 8: Die Kommission soll bis 2010 eine Untersuchung der Anwendung der Richtlinie für klinische Prüfungen und gegebenenfalls neue Legislativvorschläge vorlegen, wobei die globale Dimension solcher Prüfungen zu berücksichtigen ist.

1.3. Sicherere Arzneimittel für besser informierte Bürger

1.3.1. Verbesserung der Sicherheit

Jüngste Fälle von unerwarteten Nebenwirkungen zeigen, dass die Arzneimittelsicherheit ein wichtiges gesundheitspolitisches Thema bleibt. Die Kommission hat hierzu einen Legislativvorschlag[16] vorgelegt, mit dem der EU-Rahmen für die Sicherheitsüberwachung („Pharmakovigilanz“) effizienter gestaltet und gestärkt werden soll.

Ziel Nr. 9: Der Vorschlag zur Straffung und Stärkung des Gemeinschaftsrahmens für die Pharmakovigilanz soll so rasch wie möglich angenommen werden.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die gestiegene Zahl der Medikationsfehler, die zu schweren Erkrankungen bei den Patienten geführt haben, beispielsweise Verwechslungen der Arzneimittelnamen und Verschreibungs-, Abgabe- oder Verabreichungsfehler. Die Kommission hat im oben erwähnten Vorschlag neue Strategien entwickelt, um das Ausmaß der Medikationsfehler zu verringern und Qualitätskriterien für Websites zum Gesundheitswesen festzulegen[17]. Die Kommission hat ferner bestätigt, dass die Patientensicherheit 2008 ein Schwerpunkt ihrer Politik sein wird, und plant einen Vorschlag zu systembedingten Fragen der Patientensicherheit und für konkrete Maßnahmen zur Vorbeugung unerwünschter Ereignisse im Gesundheitswesen wie Medikationsfehler und zur Vorbeugung und Kontrolle von aufgrund von medizinischen Behandlungen erworbenen Infektionen[18].

1.3.2. Befähigung der Patienten zu fundierten Entscheidungen

Wie im Weißbuch „Gemeinsam für die Gesundheit“[19] der Kommission dargelegt, werden die Patienten stärker in die ihre Gesundheit betreffenden Entscheidungsprozesse einbezogen. Sie haben Anspruch auf bessere Informationen über verfügbare Arzneimittel, die Grundlagen für ihre Zulassung und ihre Überwachung.

Öffentliche Verwaltungen und Angehörige von Gesundheitsberufen spielen eine entscheidende Rolle bei der interessenneutralen Patienteninformation. Das Arzneimittel-Forum befürwortete Empfehlungen zur Verbesserung der Aufbereitung, der Zugänglichkeit und der Verbreitung von hochwertigen Informationen über Krankheiten und Therapien. Die Anwendung von Qualitätsgrundsätzen und die verstärkte Zusammenarbeit aller Partner bei der Aufbereitung von Patienteninformationen sollte zu greifbaren Verbesserungen für die Bürger führen.

Die von den öffentlichen Verwaltungen bereitgestellten Informationen sind jedoch derzeit sehr unterschiedlich, und die über Medien wie das Internet verbreiteten Informationen sind nicht immer zuverlässig oder verständlich. Das wird aus einem neueren Bericht deutlich, den die Kommission nach Aufforderung durch das Europäische Parlament und den Rat[20] erstellte. Die Kommission vertritt deshalb die Auffassung, dass die Rolle der Industrie bei der Patienteninformation geklärt werden sollte, und legt einen Legislativvorschlag zur Verbesserung der Verfügbarkeit und der Qualität von Patienteninformation in der EU[21] für verschreibungspflichtige Arzneimittel vor. Der Industrie sollte unter strengen Voraussetzungen gestattet werden, Patienten auch Fachinformation zur Verfügung zu stellen. Dabei sollten alle Beteiligten und vor allem die Industrie und die Mitgliedstaaten den besonderen sprachlichen Bedürfnissen von Patienten Rechnung tragen, die Minderheiten angehören oder einen Migrationshintergrund haben.

Ziel Nr. 10: Die Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Arzneimittelforums zur Patienteninformation über Krankheiten und Therapien sollen umgesetzt werden.

Ziel Nr. 11: Durch entsprechende Maßnahmen soll sicher gestellt werden, dass die von der Industrie auf Anfrage zur Verfügung gestellte Information zuverlässig und objektiv ist.

1.3.3. Die Auswirkungen auf die Umwelt

Die Verschmutzung von Wasser und Böden mit Arzneimittelrückständen ist ein zunehmendes ökologisches Problem und wird auch zur Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Als Reaktion auf diese Bedenken hat die Kommission mehrere Forschungsprojekte finanziert, um mögliche Auswirkungen von Arzneimitteln auf die Umwelt und die Gesundheit zu prüfen. Jetzt sind vorrangig Maßnahmen erforderlich, die geeignet sind, die potenziell schädlichen Auswirkungen von Arzneimitteln auf die Umwelt und die öffentliche Gesundheit zu verringern. Weitere Aktionen umfassen unter anderem die Bewertung der von der Europäischen Arzneimittel-Agentur und nationalen Gesundheitsbehörden erfassten Umweltinformationen zu Arzneimitteln im Hinblick auf die Einbeziehung dieser Informationen in den aktuellen EU-Rechtsrahmen.

Ziel Nr. 12: Es sollen Maßnahmen vorgeschlagen werden, die geeignet sind, mögliche schädliche Auswirkungen von Arzneimitteln auf die Umwelt und die öffentliche Gesundheit zu mindern.

2. NUTZUNG DER CHANCEN DER GLOBALISIERUNG UND ANNAHME IHRER HERAUSFORDERUNGEN

Die EU-Arzneimittelindustrie operiert in einer globalen Wirtschaft. Die Globalisierung bringt bedeutende Vorteile wie die Öffnung ausländischer Märkte und die Erhöhung der Kaufkraft, insbesondere in den Schwellenländern. Forschungsorientierte Hersteller und Hersteller von Generika sehen wachsende Marktchancen durch öffentliche Finanzierungsprogramme und eine steigende Zahl von Patienten, die sich die beste in den Schwellenländern verfügbare Behandlung leisten können. Die in der EU ansässige Industrie reagiert auf verschiedene Weise auf das sich ändernde Umfeld. Einerseits erschließen innovative Unternehmen und Hersteller von Generika vermehrt die Märkte der Schwellenländer, während sie andererseits ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auslagern und international ausrichten. Überdies setzen sie vermehrt aus Asien eingeführte Wirkstoffe als Ausgangsstoffe für ihre Produkte ein und sichern damit ihre Herstellungskapazität in der EU.

Durch die Globalisierung entstehen aber auch neue Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Diesen Herausforderungen zu begegnen, um die europäischen Bürger zu schützen, ist ein Schwerpunkt der Arzneimittelpolitik der EU. Die Kommission hat sich auch verpflichtet, die Verfügbarkeit von Arzneimitteln, ihre Erschwinglichkeit und den weltweiten Zugang im Interesse der globalen Gesundheit zu verbessern.

2.1. Umgang mit weltweiten gesundheitspolitischen Problemen

2.1.1. Illegale Arzneimittel

Die Kommission hat vor kurzem eine Mitteilung über eine europäische Strategie für gewerbliche Schutzrechte veröffentlicht, und ein Kernpunkt dieser Strategie ist die wirksame Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum. Illegale Arzneimittel gibt es in unterschiedlicher Form, darunter Arzneimittelfälschungen. Sicherheit ist eine Voraussetzung für den Handel mit Arzneimitteln. Eine 2006 von der Kommission in Auftrag gegebene Studie über den Vertrieb von Arzneimitteln ergab, dass Arzneimittel in der EU in zunehmendem Maße gefälscht werden.

Aus dem „Report on community customs activities on counterfeit and piracy for 2007“ (Bericht über die gemeinschaftlichen Zollaktivitäten zur Bekämpfung von Produktfälschungen und Produktpiraterie 2007)“[22] geht hervor, dass die Zahl der von den Zollbehörden beschlagnahmten Arzneimittel in nur zwei Jahren (2005-2007) um 628 % stieg. Gefälscht werden nicht nur „Lifestyle“-Produkte, sondern auch Arzneimittel zur Behandlung von lebensgefährlichen Krankheiten. Bestehende Kontakte mit Drittländern zur Zusammenarbeit in Regulierungsfragen sollten ausgebaut werden, um den Handel mit illegalen Arzneimitteln zu bekämpfen.

Aufgrund dieser Befunde legt die Kommission einen Legislativvorschlag[23] vor, der die europäischen Bürger wirksam vor dieser großen gesundheitlichen Gefahr schützen und sicherzustellen soll, dass auf legalem Wege erworbene Arzneimittel uneingeschränkt zuverlässig sind. Es werden verschiedene Mittel vorgeschlagen, die von produktbezogenen Maßnahmen (beispielsweise obligatorischen Sicherheitsmerkmalen zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit) bis zu verschärften Auflagen für den Großhandel reichen. Der Vorschlag wendet sich auch an alle übrigen Akteure der Lieferkette und stellt ihre Zuständigkeiten klar.

Die Bekämpfung von Fälschungen erfordert gemeinsame internationale Anstrengungen. Die bilaterale Zusammenarbeit mit ausgewählten Drittländern muss weiterentwickelt werden. Neue Mechanismen für den Austausch von Informationen über illegale Vertriebskanäle und Fälschungen sollten eingerichtet werden.

Die Kommission arbeitet gemeinsam mit europäischen und internationalen Partnern intensiv an diesem Thema. Sie ist aktives Mitglied der International Medical Products Anti-Counterfeiting Task Force (IMPACT)[24] der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Grundsätze der Gesetzgebung gegen Arzneimittelfälschungen erarbeitet hat, sowie der Group of Specialists on Counterfeit Pharmaceutical Products (PC-S-CP) des Europarates.

Ziel Nr. 13: Der Legislativvorschlag, mit dem verhindert werden soll, dass illegale Arzneimittel in die legale Vertriebskette gelangen, soll rasch angenommen werden.

Ziel Nr. 14: Ein Vorschlag für einen verstärkten Informationsaustausch über illegale Vertriebskanäle für gefälschte Arzneimittel soll bis 2012 vorgelegt werden.

Ziel Nr. 15: Im Rahmen von IMPACT sollen Drittländer , die Gesetze gegen Arzneimittelfälschungen entwickeln und anwenden, von der Kommission unterstützt werden.

2.1.2. Bekämpfung von Epidemien

Die steigende Zahl der Vogelgrippefälle hat gezeigt, dass eine umfassende Strategie zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten, insbesondere von Epidemien, erforderlich ist.

In diesem Bereich wurde bereits viel erreicht. So ist die Zulassung von Impfstoffen gegen Epidemien einfacher geworden. Die Bereitschaftsplanung der EU ist gut aufgestellt[25], und es wurde ein spezieller Rechtsrahmen geschaffen, nach dessen Bestimmungen bereits mehrere Produkte gegen Influenzaepidemien zugelassen wurden.

Die internationale Dimension der Influenzastrategie der EU, die die UNO (WHO, FAO, UNICEF usw.) und das Internationale Tierseuchenamt (OIE) einbezieht, muss aber verstärkt werden, damit die EU-Bürger nach Ausbruch einer Epidemie unverzüglich mit wirksamen Impfstoffen versorgt werden können. Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen der EU und Drittländern in Regelungsfragen sollte eine Plattform für die gemeinsame Nutzung von Informationen über Arzneimittel gegen Epidemien eingerichtet und es sollten Maßstäbe für die Bereitschaftsplanung im Falle von Epidemien gesetzt, Influenzastämme gemeinsam genutzt und der Zugang zu Impfstoffen und anderen Mitteln verbessert werden.

Ziel Nr. 16: Zur Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit in der Bekämpfung von Epidemien sollen die bestehenden bilateralen und multilateralen Beziehungen zu Drittländern ausgebaut werden.

2.2. Zu einer globalen Zusammenarbeit und Harmonisierung

2.2.1. Ausbau der internationalen Zusammenarbeit

Das Vorgehen gegen weltweite gesundheitliche Bedrohungen ist an sich schon ein ausreichender Grund zur Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit. Die weltweite Krankheitsbelastung steigt unter anderem auch für armutsbedingte und vernachlässigte Krankheiten, die die Entwicklungsländer unverhältnismäßig stark betreffen. Aus diesen Gründen spielte die EU vor kurzem eine konstruktive Rolle bei der Entwicklung der neuen Global Strategy on Public Health, Innovation and Intellectual Property der WHO, die auf eine bessere Verfügbarkeit innovativer, auf die Probleme der öffentliche Gesundheit in diesen Ländern abgestimmter Produkte abzielt. Die Kommission hat bereits begonnen, die Forschung für und mit Afrika zu Therapien für vernachlässigte Krankheiten zu fördern. Die EU ist ferner tätig geworden, um es internationalen Unternehmen zu ermöglichen, den Entwicklungsländern Arzneimittel mit deutlichen Preisnachlässen zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass diese Vorzugspreise nicht etwa durch Re-Importe zu negativen Auswirkungen auf den EU-Markt führen. Die EU unterstützt ferner den „Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria“ in den Entwicklungsländern. Die bedeutenden finanziellen Beiträge aus öffentlichen und privaten Quellen wie Wohltätigkeitsorganisationen ermöglichen es dem Globalen Fonds, Prävention, Behandlung und Pflege zu fördern und so die dringend erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Krankheiten zu beschleunigen.

Weitere Gründe sprechen eindeutig für eine verstärkte internationale Zusammenarbeit im Zuge der Globalisierung.

Erstens werden Arzneimittel heute immer öfter international und an mehreren Orten zugleich entwickelt. Klinische Prüfungen werden oft außerhalb Europas durchgeführt, auch durch die Partnerschaft zwischen Europa und den Entwicklungsländern im Bereich klinischer Versuche (EDCTP). Wirkstoffe und Fertigerzeugnisse werden mehr und mehr über internationale Vertriebswege bezogen. Das erschwert die Aufgabe der Behörden (Bewertung von Prüfungen, Inspektion von Anlagen usw.) und macht sie aufwändiger.

Zweitens sind die Unternehmen zunehmend weltweit tätig. In aller Welt festgestellte Nebenwirkungen können auch für europäische Patienten von Bedeutung sein. Daher ist es wichtig, dass die EU Zugriff auf solche Informationen hat. Globale Überwachung erfordert globale Zusammenarbeit. Die Kommission hat sich verpflichtet, diesen Herausforderungen aktiv zu begegnen. Die internationale Zusammenarbeit der EU wurde seit 2005 erheblich verstärkt. Geheimhaltungsvereinbarungen mit den USA, Japan und Kanada wurden geschlossen. Die bilaterale Zusammenarbeit muss jedoch noch weiter ausgebaut werden, um die gemeinsame Nutzung von Informationen zur Arzneimittelsicherheit zu verbessern und Maßnahmen zu koordinieren. Darüber hinaus sollten Inspektionsverfahren einvernehmlich festgelegt werden, um Doppelarbeit zu vermeiden.

Die Zusammenarbeit mit anderen wichtigen Drittländern (z. B. Russland, Indien und China) muss intensiviert werden; dort werden immer mehr klinische Prüfungen durchgeführt und immer mehr Wirkstoffe hergestellt. Die ethischen Grundsätze der Erklärung von Helsinki[26] müssen für alle in Drittländern durchgeführten klinischen Prüfungen gelten. Erste Schritte wurden bereits gemacht, insbesondere mit Indien. Konkrete Initiativen, wie beispielsweise die Ausbildung der Mitarbeiter von Aufsichtsbehörden, die Verfahren zur gemeinsamen Nutzung von Informationen und Arbeiten im Hinblick auf die Erstellung gemeinsamer Normen, sollten eingeleitet werden, um das gegenseitige Verständnis und Vertrauen zu verbessern.

Ziel Nr. 17: Die Zusammenarbeit mit den USA, Japan und Kanada in Regelungsfragen soll innerhalb der bestehenden Geheimhaltungsvereinbarungen mit Schwerpunkt auf der Sicherheitsüberwachung intensiviert werden.

Ziel Nr. 18: Den genannten Ländern sollen bis 2010 beiderseitig zu vereinbarende Verfahren für Inspektionen in Drittländern vorgeschlagen werden.

Ziel Nr. 19: Die bilaterale Zusammenarbeit , auch in der Forschung, mit Russland, Indien und China , soll mit Schwerpunkt auf klinischen Prüfungen und der Herstellung von Arzneimittelwirkstoffen gestärkt werden.

Ziel Nr. 20: Verfahren zur Nutzung von Schulungsmaterial und Information aus der EU durch diese Länder sollen entwickelt werden.

2.2.2. Förderung der weltweiten Harmonisierung

Die Festlegung und Durchsetzung internationaler Normen für die öffentliche Gesundheit spielt eine wesentliche Rolle, wenn es darum geht, die Gefahr, dass unsichere Produkte auf den EU-Markt gelangen, möglichst gering zu halten. Die mit den USA und Japan auf der Internationalen Harmonisierungskonferenz (ICH) durchgeführten Arbeiten sind von enormer Bedeutung und müssen ausgeweitet werden. ICH-Normen sollten gefördert werden, damit sie weltweit akzeptiert werden.

Die internationale Zusammenarbeit bietet auch die Möglichkeit, durch Maßnahmen zugunsten europäischer Unternehmen die Position der EU zu stärken. Insbesondere der Transatlantische Wirtschaftsrat EU-USA (TEC)[27] bietet eine einzigartige Gelegenheit zur Annäherung der beiden größten Arzneimittelmärkte der Welt und zur Senkung der Kosten durch den Abbau ungerechtfertigter Abweichungen im Bereich der Regelungen. Wichtige Vereinfachungsmaßnahmen wie der Aktionsplan, der nach dem Transatlantic Workshop on Administrative Simplification [28] angenommen wurde, wurden bereits eingeleitet. Gemeinsame Initiativen für einen bereits im Vorfeld aufzunehmenden Dialog über Regulierungsfragen mit anderen Drittländen sind erfolgversprechend und sollten weiterentwickelt werden.

Ziel Nr. 21: Die internationale Harmonisierung im Rahmen der ICH und die Anwendung internationaler Normen durch andere Drittländer als die USA und Japan sollen weiter vorangetrieben werden.

Ziel Nr. 22: Die Nutzung der TEC-Bereiche für Vereinfachung und Konvergenz der Regelungen in den USA und in der EU und der Dialog über Regulierungsfragen im Vorfeld größerer Legislativvorhaben sollen vorangetrieben werden.

2.3. Für einen globalen und fairen Wettbewerb

Auf neue Märkte (China, Indien, Brasilien, Russland, Indonesien, Mexiko und Türkei) dürfte bis zum Jahr 2020 ein Fünftel des weltweiten Absatzes entfallen. Die Globalisierung und die Öffnung dieser Märkte wird den EU-Unternehmen deshalb erhebliche neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen. Gleichzeitig entsteht neue Konkurrenz in Indien, China und anderen asiatischen Ländern. Diese Länder haben sich bereits zu Zentren für die Herstellung von pharmazeutischen Wirkstoffen und zu den wichtigsten Quellen dieser Stoffe für Europa entwickelt.

Europa ist für den weltweiten Wettbewerb gut gerüstet, sofern er fair ist und u. a. auf internationalen Regeln beruht. Es ist jedoch unbestritten, dass nichttarifäre Handelshemmnisse europäischen Anbietern den Marktzugang oft erschweren, während Nicht-EU-Unternehmen gleichzeitig den vollen Zugang zu den offenen europäischen Märkten nutzen. Die Kommission hat deshalb die Zusammenarbeit mit aufstrebenden Handelspartnern in verschiedenen, für Arzneimittel relevanten Bereichen aufgenommen, um auf diese Weise sicherzustellen, dass EU-Unternehmen unter gleichen Bedingungen auf ausländischen Märkten konkurrieren können und ihre Konkurrenten insbesondere die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) einhalten.

Ziel Nr. 23: Die EU soll in ihren bilateralen und multilateralen Beziehungen, u. a. in bilateralen Freihandelsabkommen, auf die Umsetzung und den Vollzug des WTO-Übereinkommens , insbesondere der Bestimmungen zum Schutz geistigen Eigentums, hinarbeiten.

3. DIE WISSENSCHAFT IN DEN DIENST DER EUROPÄISCHEN PATIENTEN STELLEN

3.1. Förderung der pharmazeutischen Forschung

Forschung und Entwicklung in den Humanwissenschaften sind für die pharmazeutische Innovation von entscheidender Bedeutung. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung sind jedoch nach und nach von Europa in die Vereinigten Staaten und nach Asien verlagert worden. Manche Gründe dafür sind branchenspezifisch, andere dagegen allgemeiner Art und in der Steuerpolitik, den Arbeitskosten oder der Bildung und Ausbildung zu suchen.

Die Kommission erkennt die wesentliche Rolle der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung an. Sie führt derzeit verschiedene branchenspezifische Maßnahmen zur Förderung der Innovation in diesem Bereich durch. 2006 wurden das 7. Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung (RP7[29]) und das Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP[30]) verabschiedet, um nicht nur die Entwicklung neuer Technologien zu fördern, sondern auch dafür zu sorgen, dass die Forschungsergebnisse in Produkte umgesetzt werden und diese zügig auf den Markt kommen.

Die Kommission wird in ihrer für Ende 2008 geplanten Mitteilung über seltene Krankheiten auch prüfen, wie sie die Forschung und Entwicklung zu Arzneimitteln für seltene Krankheiten verstärken kann.

Die „Initiative Innovative Arzneimittel“ (Innovative Medicines Initiative – IMI[31]) trägt entscheidend zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas in der biopharmazeutischen Forschung und Entwicklung bei. Dieses neue Instrument zielt als öffentlich-private Partnerschaft von Industrie und Kommission darauf ab, die Arzneimittelentwicklung zu verbessern und zu beschleunigen und dadurch den Patienten neue Therapien früher zur Verfügung zu stellen.

3.2. Schritt halten: neue Entwicklungen in der Medizin

Neue Technologien und Therapien wie Tissue Engineering oder Nano-Arzneimittel werden entwickelt und im Gesundheitswesen setzen sich innovative Instrumente der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bzw. elektronische Gesundheitsdienste immer mehr durch. Sie liegen oft an der Grenze zwischen unterschiedlichen Gebieten (Arzneimittel, Medizinprodukte, Transplantation, IKT). Ihre Entstehung macht deutlich, welche Bedeutung der Verhältnismäßigkeit und der Flexibilität des Rechtsrahmens zukommen.

Die Kommission hat sich verpflichtet, bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse und die aus ihnen hervorgehenden marktfähigen Produkte wie künstlich gezüchtetes Körpergewebe und Gentherapeutika in den Arzneimittelrechtsrahmen der EU für das 21. Jahrhundert aufzunehmen. Dies gilt vor allem für Bereiche, in denen noch Therapiebedarf besteht, etwa im Fall von Infektionskrankheiten (wie Tuberkulose, HIV/AIDS) und seltenen Krankheiten, die nicht nur Europa vor Probleme stellen, sondern auch die Entwicklungsländer und insbesondere die afrikanischen Länder südlich der Sahara. Alle neuen Technologien müssen jedoch eingehend evaluiert werden. Von besonderer Bedeutung ist, dass der ethische Pluralismus und der Grundsatz der Subsidiarität in vollem Umfang respektiert werden.

3.2.1. Die Möglichkeiten der regenerativen Medizin nutzen

Die regenerative Medizin, d. h. die Verwendung von Genen, Zellen und Gewebe zur Behandlung von Funktionsstörungen oder zur Regeneration von Teilen des menschlichen Körpers, birgt ein enormes Potenzial insbesondere für die Bekämpfung von Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson, die bei einer alternden Bevölkerung häufig auftreten. Die neue EU-Verordnung über neuartige Therapien[32] dürfte die Entwicklung dieser Arzneimittel vorantreiben und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie fördern, wobei die Vorrechte der Mitgliedstaaten in ethischen Fragen respektiert werden.

Ziel Nr. 24: Bis 2012 sollen die Auswirkungen der Verordnung über neuartige Therapien beurteilt und die Verordnung überarbeitet werden.

3.2.2. Hin zu stärker personalisierten Arzneimitteln

Mit dem Entstehen neuer Technologien wie der Pharmakogenomik und patientenspezifischen Modellen und Krankheitssimulatoren rückt die personalisierte Medizin jetzt näher. Langfristig sind die Ärzte vielleicht in der Lage, anhand der genetischen Informationen die richtigen Arzneimittel in der richtigen Dosierung zum richtigen Zeitpunkt zu ermitteln. Diese Entwicklung wirkt sich bereits auf die Geschäftsstrategien der Unternehmen, die Planung klinischer Versuche und die Art der Verschreibung von Arzneimitteln aus. Wenn sich derzeit auch noch nicht voraussagen lässt, ob die „-omik“-Technologien die Medizin tatsächlich verändern werden, beobachtet die Kommission den Bereich genau und beschäftigt sich mit Möglichkeiten zur Forderung seiner Weiterentwicklung.

Außerdem ist davon auszugehen, dass die hohen Kosten dieser neuen Therapien die öffentlichen Gesundheitshaushalte belasten werden. Die Beratungen im Arzneimittel-Forum über Fragen der Preisgestaltung und Erstattung bilden die Grundlage für die Auseinandersetzung mit diesen Themen.

Ziel Nr. 25: Ein Bericht über den Einsatz der „omik“-Technologien in der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung soll bis 2010 vorgelegt werden, und gemeinsam mit den Interessengruppen soll geprüft werden, ob neue Gemeinschaftsinstrumente zu ihrer Förderung notwendig sind.

4. FAZIT

Die Kommission glaubt fest daran, dass Europa in der globalisierten Welt und bei der heutigen Sicherheitslage eine dynamische und wettbewerbsfähige Arzneimittelindustrie braucht. Die EU hat gute Voraussetzungen, dieses Ziel zu erreichen: Sie verfügt über eine leistungsfähige Forschung, ein renommiertes Bildungssystem, qualifizierte Arbeitskräfte und eine etablierte und innovative Industrie.

Die Zukunft des Industriezweigs wird durch strukturelle Faktoren geprägt, die zum Teil nicht nur die Arzneimittelindustrie betreffen. Die Kommission hebt dennoch die wesentliche Rolle hervor, die die EU-Politik in diesem Bereich spielen kann. Die Herausforderungen, denen alle Mitgliedstaaten gegenüberstehen, lassen sich am besten auf Gemeinschaftsebene bewältigen. Vom Engagement aller an der Umsetzung dieser Mitteilung beteiligten Akteure wird es entscheidend abhängen, ob das angestrebte Ziel erreicht werden kann und eine wettbewerbsfähige Industrie entsteht, die sichere, innovative und zugängliche Arzneimittel erzeugt.

Daher fordert die Kommission die anderen Institutionen auf, auf der Grundlage der in der Mitteilung dargelegten Ziele einen konstruktiven Dialog über das weitere Vorgehen aufzunehmen.

[1] Ähnliche Herausforderungen bestehen in der Tiermedizin, sind aber nicht Gegenstand dieser Mitteilung.

[2] ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1-33; ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 34-57; ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 58-84.

[3] http://ec.europa.eu/enterprise/phabiocom/comp_pf_en.htm.

[4] Mitteilung „Eine Leitmarktinitiative Europa“ – KOM(2007) 860 vom 21.12.2007. Die Mitteilung und alle relevanten Unterlagen sind auf der offiziellen Webseite der Kommission zur Leitmarktinitiative abrufbar unter: http://ec.europa.eu/enterprise/leadmarket/leadmarket.htm.

[5] KOM(2008) 668, KOM(2008) 662, KOM(2008) 663, KOM(2008) 664, KOM(2008) 665.

[6] http://www.eu2007.de/en/News/download_docs/Maerz/0312-BSGV/070Bremen.pdf.

[7] Availability of Medicinal Products, HMA, 5.11.2007.

[8] http://ec.europa.eu/enterprise/phabiocom/comp_pf_en.htm.

[9] http://ec.europa.eu/enterprise/phabiocom/comp_pf_en.htm.

[10] http://ec.europa.eu/enterprise/pharmaforum

[11] ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1.

[12] Näheres hierzu unter http://ec.europa.eu/comm/competition/sectors/pharmaceuticals/inquiry/index.html.

[13] KOM(2008) 414.

[14] ABl. L 121 vom 1.5.2001, S. 34.

[15] http://ec.europa.eu/enterprise/pharmaceuticals/pharmacos/archives_en.htm, 30.11.2007.

[16] KOM(2008) 665, KOM(2008) 664.

[17] KOM(2002) 667.

[18] http://ec.europa.eu/atwork/programmes/docs/clwp2008_de.pdf.

[19] KOM(2007) 630.

[20] KOM(2007) 862.

[21] KOM(2008) 662, KOM(2008) 663.

[22] http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/customs/customs_controls/ counterfeit_piracy/statistics2007.pdf.

[23] KOM(2008) 668.

[24] http://www.who.int/medicines/services/counterfeit/en/.

[25] http://ec.europa.eu/health/ph_threats/com/Influenza/influenza_level_de.htm.

[26] http://www.wma.net/e/policy/b3.htm.

[27] http://ec.europa.eu/enterprise/enterprise_policy/inter_rel/tec/index_en.htm.

[28] http://ec.europa.eu/enterprise/pharmaceuticals/pharmacos/archives_en.htm, 30.11.2007.

[29] http://cordis.europa.eu/fp7/home_de.html.

[30] http://ec.europa.eu/cip/index_de.htm.

[31] http://www.imi-europe.org.

[32] ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121.

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