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Document 52007DC0136

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Eine Politik zur Einschränkung von unerwünschten Beifängen und zur Abschaffung von Rückwürfen in der europäischen Fischerei {SEK(2007) 380} {SEK(2007) 381}

/* KOM/2007/0136 endg. */

52007DC0136

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Eine Politik zur Einschränkung von unerwünschten Beifängen und zur Abschaffung von Rückwürfen in der europäischen Fischerei {SEK(2007) 380} {SEK(2007) 381} /* KOM/2007/0136 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 28.3.2007

KOM(2007) 136 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Eine Politik zur Einschränkung von unerwünschten Beifängen und zur Abschaffung von Rückwürfen in der europäischen Fischerei

{SEK(2007) 380}{SEK(2007) 381}

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Eine Politik zur Einschränkung von unerwünschten Beifängen und zur Abschaffung von Rückwürfen in der europäischen Fischerei

1. DAS ENGAGEMENT DER GEMEINSCHAFT ZUR REDUZIERUNG DER RÜCKWÜRFE

Rückwürfe – das Über-Bord-Werfen toter, unerwünschter Fische, die zuvor als Beifänge ins Netz gegangen waren – sind für die europäische Fischerei ein ernsthaftes Problem, das nach Auffassung der Kommission dringend gelöst werden muss. Mit der vorliegenden Mitteilung soll eine Politik eingeleitet werden, die darauf ausgerichtet ist, in der europäischen Fischerei die unerwünschten Beifänge einzuschränken und die Rückwürfe stufenweise abzuschaffen.

Die neue „Rückwurfpolitik“ zielt darauf ab, die unerwünschten Beifänge durch Förderung von Verhaltensweisen und Technologien, die zur Vermeidung solcher Beifänge geeignet sind, zu reduzieren. Geeignete Instrumente sind die stufenweise Einführung eines Rückwurfverbots – sodass alle Fische und Krebstiere künftig anzulanden sind – und ergänzende Maßnahmen, etwa Fördermittel zur Verbesserung der Selektivität von Fanggeräten, Vorschriften zum Wechsel des Fanggebiets und Schließungen in Echtzeit.

Das grundlegende Umsetzungsprinzip besteht darin, vorzuschreiben, was überhaupt gefangen werden darf, und nicht, was angelandet werden darf. Diese Politik beruht auf dem Grundsatz, dass spezifische Ergebnisse – die höchstzulässigen Auswirkungen – im Mittelpunkt stehen und nicht etwa Vorschriften über spezifische technische Lösungen. Diese ergebnisorientierte Vorgehensweise wird es, wo immer dies möglich ist, dem Fischereisektor überlassen, zu bestimmen, welche technischen Lösungen wirtschaftlich und praktisch durchführbar sind und die gewünschten Ergebnisse herbeiführen. Dies zeugt von einer wichtigen Neuorientierung bei den Konzepten zur Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik.

Die Notwendigkeit, die Rückwürfe beim Fischfang einzuschränken, wurde von der Kommission schon 2002 in einer Mitteilung zu diesem Thema[1] als wichtiges Ziel für die künftige europäische Fischereipolitik herausgestellt. Daraufhin forderte der Rat die Kommission in seinen Schlussfolgerungen vom 3. April 2003 auf, verschiedene Möglichkeiten zur Lösung dieses Problems zu untersuchen und insbesondere in Zusammenarbeit mit der Fischwirtschaft die Durchführung von Pilotprojekten zur Einschränkung von Rückwürfen zu fördern. Obwohl einige Projekte mit guten Ergebnissen durchgeführt worden sind, bleiben die meisten Fischereien hiervon unberührt, und die Auswirkungen auf die Gesamtmenge der Beifänge sind verschwindend gering.

In der vorliegenden Mitteilung werden zunächst wichtige Punkte zur Diskussion gestellt. Es folgt eine Darlegung des Konzeptes zur Einschränkung der unerwünschten Beifänge und zur stufenweisen Abschaffung der Rückwürfe. Weitere Hintergrundinformationen finden sich in einem Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, das für die vorliegende Mitteilung von Bedeutung ist[2].

2. AUSWIRKUNGEN, URSACHEN UND UMFANG DER RÜCKWÜRFE

Nach der Definition der FAO sind Rückwürfe „jener Anteil am in der Fangmenge insgesamt vorhandenen organischen Material tierischen Ursprungs, der – aus welchem Grunde auch immer – weggeworfen oder im Meer versenkt wird. Nicht zu den Rückwürfen zählen pflanzliche Stoffe oder Verarbeitungsabfälle wie zum Beispiel Innereien. Die Rückwürfe können tot oder lebendig sein“[3]. Die Rückwürfe können sich aus Arten zusammensetzen, die kommerziell genutzt werden, die aber aufgrund von Markterwägungen, Quotenbeschränkungen oder Mindestanlandegrößen nicht angelandet werden. Zu den Rückwürfen zählen nach dieser Definition auch andere als Beifänge gefangene Tiere wie etwa Fische von Nicht-Zielarten, Krebs- und Weichtiere, Meeressäuger und Seevögel.

Das Fangen unerwünschter Beifänge und deren anschließender Rückwurf haben mehrere negative Folgen. Für die Gesellschaft ist das Fangen unerwünschter Beifänge mit der Verschwendung von Ressourcen gleichzusetzen. Das Fangen von Jungfischen der Zielarten führt zu einer Verringerung der künftigen Fangmöglichkeiten für diese Arten sowie der Biomasse des Laicherbestands, weil die gefangenen Jungtiere in den Folgejahren keine Biomasse mehr beisteuern können. Der Rückwurf erwachsener Tiere der Zielart ist Verschwendung und bewirkt die sofortige Reduzierung der Laicherbiomasse jenes Bestands. Das Fangen und Rückwerfen von Fischen, Krebstieren, Seevögeln oder Meeressäugern von Arten, die nicht gezielt befischt werden, hat unnötige negative Auswirkungen auf das Ökosystem und die Artenvielfalt, ohne mit einem gesellschaftlichen Nutzen verbunden zu sein. Bestimmte Meerestiere, darunter einige Hai- und Rochenarten, sind durch die Fischerei besonders gefährdet; ihre Bestände können folglich auch dann auf ein sehr niedriges Niveau reduziert werden, wenn sie ausschließlich als unerwünschte Beifänge gefangen werden. In solchen Fällen kann selbst das unbeabsichtigte Töten nur weniger Tiere aus der Sicht der Artenvielfalt fatale Folgen haben. Durch das Zurückwerfen der unerwünschten Beifänge ins Meer wird das Problem nicht gelöst, weil die Fische und Krebstiere der meisten Arten beim Rückwurf bereits tot sind oder aber, nachdem sie gefangen und zurückgeworfen wurden, nur geringe Überlebenschancen haben.

Gefangene Meerestiere werden aus wirtschaftlichen Erwägungen und/oder aufgrund geltender Vorschriften zurückgeworfen.

In vielen Fischereien gibt es erhebliche wirtschaftliche Anreize dafür, Fische zurückzuwerfen, um den Wert der Anlandungen zu optimieren („High-Grading“); dies gilt insbesondere dann, wenn sich mit Fischen unterschiedlicher Größen oder Qualitäten unterschiedliche Marktpreise erzielen lassen, oder wenn Fischarten mit äußerst unterschiedlichem Marktwert zusammen gefangen werden. Hinzu kommt, dass manche Arten einen geringen oder gar keinen Wert haben, weil es für sie keinen Markt gibt. Aber selbst wenn es einen Markt gibt, sind die Verarbeitung und die Verwendung von Lagerraum an Bord für alle vermarktungsfähigen Fänge kostspielig, wenn stattdessen den wertvolleren Arten Vorrang eingeräumt werden könnte; das Ergebnis wären erhebliche wirtschaftliche Verluste.

Einige der derzeitigen Regulierungsinstrumente führen zwangsläufig zu Rückwürfen. Der Einsatz der TAC als wichtigstes Bewirtschaftungsinstrument in gemischten Fischereien führt zu Rückwürfen, wenn nach Erschöpfung der Quote weitere Mengen der nicht mehr zulässigen Arten gefangen werden, während der Fang anderer Arten laut Quotenregelung weiterhin erlaubt ist. Die Verwendung von Mindestanlandegrößen führt ebenfalls zu Rückwürfen; dies gilt besonders für gemischte Fischereien, die Arten gemeinsam befischen, bei denen die ausgewachsenen Tiere von unterschiedlicher Größe sind.

Daten zu den Rückwürfen in den europäischen Fischereien werden gemäß der Datenerhebungsverordnung seit 2002 systematisch gesammelt. Der Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für Fischerei (STECF) hat anhand der Daten für 2003-2005 eine vorläufige Übersicht[4] über die Rückwurfraten erstellt. Bei verschiedenen typischen Fischereien auf demersale Arten liegen die Rückwurfraten bei 20 %-60 % (Anteil an den Fängen nach Gewicht). Schätzungen gehen davon aus, dass die Rückwurfrate bei der Dorschfischerei in der Ostsee niedrig ausfällt. Für die Nordsee wird geschätzt, dass die Rückwurfraten bei Baumschleppnetzen 40 %-60 % betragen und bei Grundschleppnetzen etwa 40 %. In den Gebieten westlich der Britischen Inseln belaufen sich die Rückwurfraten in der Grundschleppnetzfischerei auf etwa 20 %-40 %. In den südlicher gelegenen Gewässern der Atlantischen Gemeinschaft werden beim Fischfang mit Trammel- bzw. Kiemennetzen weniger als 20 % der Fänge zurückgeworfen; beim Fang mit Grundschleppnetzen sind es 30 %-60 %. Die vorliegenden Daten erstrecken sich nicht auf alle Fischereien und auch nicht auf alle Arten; einige der Daten sind nicht repräsentativ. Der STECF war folglich nicht in der Lage, eine Schätzung der Gesamtmenge der Rückwürfe der europäischen Fischerei in absoluten Zahlen vorzulegen. Auf früheren Studien[5] basierende Schätzungen für die Nordsee gehen für die 90er-Jahre von Rückwürfen im Umfang zwischen 500 000 und 880 000 Tonnen aus, wovon der größte Teil auf Seezunge befischende Baumkurrenkutter, auf Kaisergranat befischende Schleppnetzfischer sowie in bestimmten Jahren auf Maränentrawler entfiel.

3. MAßNAHMEN ZUR STUFENWEISEN EINFÜHRUNG EINES RÜCKWURFVERBOTS UND ZUR EINSCHRÄNKUNG VON UNERWÜNSCHTEN BEIFÄNGEN

Maßnahmen zur Einschränkung von unerwünschten Beifängen mit Hilfe eines Rückwurfverbots für Meerestiere kommerzieller Arten wurden unter anderem in einigen Fischereien in Norwegen, Island, Kanada und Neuseeland eingeführt. Die hierbei gesammelten Erfahrungen betreffen im Wesentlichen Fischereien, die in der Lage sind, zu einer bestimmten Zeit jeweils nur eine einzige Zielart zu befischen; sie erstrecken sich somit nicht auf gemischte Fischereien und die in diesen auftretenden Komplikationen. In der Gemeinschaft gibt es bestimmte Fischereien – etwa in der Fischerei auf pelagische Arten -, die in der Lage sind, gezielt eine einzige Art zu befischen, und auf die die auf internationaler Ebene gesammelten Erfahrungen somit angewandt werden können. In der Gemeinschaft gibt es aber auch viele Fischereien auf demersale Arten, die mehrere Arten zugleich befischen, und auf die diese Erfahrungen nicht ohne Weiteres übertragbar sind.

Zur Einschränkung von unerwünschten Beifängen und zur stufenweisen Abschaffung der Rückwürfe in der europäischen Fischerei bedarf es deshalb einer Verbindung von mehreren Instrumenten.

Mit Hilfe einer neuen Rückwurfpolitik soll dem Zurückwerfen der Fänge ein Ende bereitet werden. Dieses Ziel soll in den EU-Gewässern für jede einzelne Fischerei mit Hilfe maßgeschneiderter Pläne verwirklicht werden, die Rückwurfverbote und andere ergänzende Maßnahmen zur Reduzierung der Beifänge beinhalten können. Zugleich wird die Gemeinschaft in den regionalen Fischereiorganisationen Initiativen zur Abschaffung der Rückwürfe unterstützen.

Die Rückwurfverbote sollen für alle Fische und Krebstiere gelten. Ausnahmen können für bestimmte Arten in bestimmten Fischereien zugelassen werden, für die eindeutig nachgewiesen ist, dass die Tiere mit großer Wahrscheinlichkeit langfristig überleben werden.

Geltende Bewirtschaftungsmaßnahmen, die gegenwärtig das Zurückwerfen von Fängen in gemischten Fischereien begünstigen, sind zu überprüfen und zu ändern, damit bestehende Rückwurf-Anreize abgebaut werden. Der Einsatz von TAC in gemischten Fischereien ohne ergänzende Maßnahmen zur Kontrolle des Fischereiaufwands ermutigt die Fischer, diejenigen Arten, für die sie ihre Quote erschöpft haben, trotzdem weiter zu befischen, solange es in den Fischereien noch andere Arten gibt, für die sie ihre Quote noch nicht voll ausgeschöpft haben. Die TAC müssen deshalb mit Maßnahmen zur Beschränkung des Fischereiaufwands kombiniert werden, damit die Fangtätigkeit eingestellt wird, wenn gemäß der Quotenregelung nur noch wenige befischbare Arten übrig sind. Außerdem kann es sich in den gemischten Fischereien als notwendig erweisen, Mechanismen zur flexiblen Nutzung sowie zur Übertragung von Quoten zu entwickeln.

Gemäß den Vorschriften über Mindestanlandegrößen sind die Schiffe gegenwärtig verpflichtet, untermaßige Fische zurückzuwerfen. Die Einführung einer Verpflichtung zur Anlandung aller Fische würde Jungfische vor der gezielten Befischung schützen; durch Einführung von Mindestvermarktungsgrößen für Fische, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, würde nicht mehr die Anlandung, sondern die Vermarktung solcher Fische untersagt.

Weitere bestehende GFP-Instrumente und ergänzende Maßnahmen können eingesetzt werden, um die unerwünschten Beifänge einzuschränken und die Rückwürfe abzuschaffen. Hierzu zählen Maßnahmen, um die Fischer zum Einsatz von selektivem Fanggerät zu ermutigen, Schließungen von Fanggebieten in Echtzeit, die Verpflichtung zum Wechsel des Fanggebiets, Flexibilität bei den Quoten, auf unerwünschte Beifänge zu erhebende Gebühren sowie die Beschlagnahmung solcher Beifänge.

Die wirksamste Maßnahme, um den Fischereisektor zur Einschränkung von unerwünschten Beifängen zu motivieren, ist ein Rückwurfverbot. Durch ein Rückwurfverbot würde das An-Bord-Nehmen unerwünschter Beifänge zum Kostenfaktor; somit würden Anreize geschaffen, um Technologien und Praktiken zu entwickeln, mit deren Hilfe künftig weniger unerwünschte Fische gefangen würden. Durch die Verbindung eines Rückwurfverbots mit ergänzenden Maßnahmen, etwa Echtzeit-Schließungen und Verpflichtungen zum Wechsel des Fanggebiets, würden erhebliche Anreize zur Beifangvermeidung geschaffen; diese würden ergänzt durch beratende Hinweise zur Beifangvermeidung.

Das neue Konzept basiert nicht etwa auf der Einführung einer Vielzahl von technischen Vorschriften, sondern es orientiert sich an den höchstzulässigen Auswirkungen der Fischereitätigkeiten. Im konkreten Fall geht es darum, mit Hilfe der neuen Politik die negativen Auswirkungen der Fischerei – das unnötige Töten von Meerestieren im Rahmen von Fischereitätigkeiten – zu begrenzen. Vorgaben für die höchstzulässige Menge an nicht vermarktbaren, jungen oder über die Quoten hinaus fischbaren Beifängen sollen somit für jede Fischerei einzeln festgelegt werden. Diese Vorgaben sollen zunächst auf einer Reduzierung gegenüber der derzeitigen Situation basieren und stufenweise weiter zurückgeschraubt werden, um technische Neuerungen und Anpassungen der Fangpraktiken, die zur Vermeidung solcher Beifänge beitragen, zu fördern.

Bei dieser Initiative geht es also vor allem darum, das Ziel der stufenweisen Abschaffung der Rückwürfe sowie der erheblichen Einschränkung der unerwünschten Beifänge mit Hilfe von Managementinstrumenten zu verwirklichen, die nicht die Vorgehensweise vorschreiben, sondern das angestrebte Ergebnis. Für das europäische Fischereimanagement wäre dies ein erheblicher Kurswechsel. Umfangreiche Vorschriften zum Fanggerät und zu den Fangpraktiken (Mikromanagement) sollen durch Vorgaben für spezifische Ergebnisse (höchstzulässige Beifänge) ersetzt werden. Anschließend soll es dem Fischereisektor überlassen bleiben, sich für diejenigen Lösungen zu entscheiden, die der Praxis und der wirtschaftlichen Realität dieses Sektors am besten entsprechen. Das Konzept stützt sich somit weitgehend auf Initiativen des Fischereisektors zur Erarbeitung technischer Lösungen und zur Klärung umsetzungsrelevanter Fragen. Die Verpflichtung zur Anlandung aller Fische bedeutet, dass gelegentlich Fische angelandet werden, die über die Quote hinaus gefangen wurden, oder die die Mindestvermarktungsgröße noch nicht erreicht haben. Deshalb ist zu erwägen, ob diese angelandeten Beifänge auf die Quoten anzurechnen sind, und ob das Quotensystem dahingehend anzupassen ist, dass künftig auch die Beifänge Berücksichtigung finden. Die weitere Verwendung dieser Beifänge ist ebenfalls zu erörtern: Sollen sie über die üblichen Absatzwege verkauft werden und (sofern sie die Mindestvermarktungsgrößen erreicht haben), dem menschlichen Verzehr dienen, sollen sie zu Fischmehl oder Fischöl oder anderweitig verarbeitet werden? Es ist zu entscheiden, ob und wie ein Teil des Erlöses solcher Verkäufe verwendet werden kann um die durch die Einführung von Ma(nahmen zur Beifangvermeidung entstehenden Mehrkosten abzudecken, seien sie bei Behörden oder bei den Fischern selbst angefallen.

4. ÜBERWACHUNG UND KONTROLLE

In Anbetracht der starken wirtschaftlichen Anreize zum Rückwurf von Fängen ist bei Einführung von Beifangreduzierungsmaßnahmen einschließlich eines Rückwurfverbots damit zu rechnen, dass es dort, wo der Vollzug zu wünschen übrig lässt oder die rechtlichen Folgen nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit den Rückwürfen verbundenen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen stehen, weiterhin zu Rückwürfen kommt. Für die Kommission ist die wirksame Durchsetzung deshalb ein vorrangiges Anliegen bei der Einführung der Ma(nahmen. Die Kommission wird Überwachungssysteme für die Beifang-bezogenen Verwaltungsma(nahmen vorschlagen, welche praktikabel und kosteneffizient sind. Das Zurückwerfen von Fängen ist während es stattfindet nur schwer zu beobachten und anschließend nur schwer zu dokumentieren. Deshalb könnte man argumentieren, es werde niemals möglich sein, ein Rückwurfverbot voll umzusetzen und dafür zu sorgen, dass keine unrechtmäßigen Rückwürfe mehr stattfinden. Trotzdem kann ein positives Ergebnis erreicht werden, wenn genug Fischer ihre Arbeitspraxis ändern (indem sie selektiveres Fanggerät einsetzen und in Gebieten mit zu hohen Beifängen nicht mehr fischen), weil diese Fischer das Rückwurfverbot respektieren und/oder Fischer, die dagegen verstoßen, angemessen bestraft werden.

Beobachterregelungen werden bei der Durchsetzung eine wichtige Rolle spielen. Sie allein sind aber noch keine Lösung, weil sie – vor allem, wenn eine große Zahl von Fischereifahrzeugen kleiner oder mittlerer Größe zu überwachen ist - mit einem hohen Kostenaufwand verbunden sind. Die in Ländern, die ein Rückwurfverbot eingeführt haben, gesammelten Erfahrungen haben gezeigt, dass die Tätigkeit der Beobachter in eine übergreifende Regelung zur Umsetzung der Maßnahmen integriert werden muss, die wenigstens Folgendes beinhaltet:

- gründliche Kontrolle der Anlandungen der einzelnen Schiffe in Verbindung mit einer systematischen Analyse der ausführlichen Fang- und Anlandedaten, die mit den Daten von Beobachtern an Bord abgeglichen werden, wenn es nicht möglich ist, an Bord eines jeden Fischereifahrzeugs einen Beobachter zu haben;

- elektronische Logbücher und Berichterstattung zur Zusammensetzung der Fänge fast in Echtzeit, vor allem wenn Echtzeit-Schließungen bestimmter Fanggebiete erwägt werden;

- Überwachung und Kontrolle der Fanggeräte;

- Einbeziehung und Mitarbeit der Wirtschaftsbeteiligten.

Fänge, die angelandet werden müssen, obwohl sie unverkäuflich sind (z. B. untermaßige Fische, in Überschreitung der Fangquote erzielte Fänge) sind ebenfalls gründlich zu überwachen, um sicherzustellen, dass bestehende, legale Märkte durch sie nicht gestört werden und die Fischereifahrzeuge mit ihnen keine unrechtmäßigen Gewinne erwirtschaften.

Die Überwachung und Analyse der Beifänge zwecks Sperrung von Fanggebieten in Echtzeit setzt voraus, dass die Daten aller beteiligten Fangflotten laufend gesammelt und ausgewertet werden und ein Instrument eingeführt wird, durch das sich die zuständige Gemeinschaftseinrichtung mit dem zuständigen Mitgliedstaat über die erforderlichen Sperrmaßnahmen austauschen kann.

Wenn beim Einsatz von Quoten als Managementinstrumenten eine gewisse Flexibilität eingeführt wird, müssen auch Verfahren eingesetzt werden, die gewährleisten, dass diese Flexibilität gemeinschaftsweit einheitlich genutzt wird.

Die Verwirklichung der Ziele dieser Maßnahmen muss kontrolliert werden. In erster Linie geht es darum, die unerwünschte Sterblichkeit von Meerestieren zu reduzieren. Deshalb müssen wissenschaftliche Programme eingesetzt werden, deren Aufgabe darin besteht, die Entwicklung der Sterblichkeitsraten der betroffenen Populationen zu beobachten.

5. GESELLSCHAFTLICHE AUSWIRKUNGEN EINER POLITIK ZUR EINSCHRÄNKUNG DER UNERWÜNSCHTEN BEIFÄNGE SOWIE REFORMANREIZE

Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der neuen Politik werden je nach den strukturellen Eigenheiten und der wirtschaftlichen Lage der einzelnen Fischereien und der von ihnen abhängigen Küstengemeinden äußerst unterschiedlich ausfallen. Deshalb sollen Bewertungen der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der für die einzelnen Fischereien geplanten Vorschriften erstellt werden.

Allgemein betrachtet könnte die stufenweise Einführung von Maßnahmen zur Abschaffung von Rückwürfen kurzfristig zu einem Anstieg der Netto-Kosten und zu Einkommensverlusten führen. Die Verarbeitung und Lagerung der weniger wertvollen Beifänge hat ihren Preis und der beim Verkauf der angelandeten Fänge zu erzielende Erlös wird geringer ausfallen. Die Sperrung bestimmter Fanggebiete und die Verpflichtung, das Fanggebiet zu wechseln, können bewirken, dass die Fischereifahrzeuge größere Entfernungen zurücklegen müssen, bevor sie ihre Fanggebiete erreichen, was mit längeren Fahrzeiten und höherem Kraftstoffverbrauch verbunden ist. Durch die obligatorische Verwendung von selektivem Fanggerät könnte die kurzfristige Rendite ebenfalls sinken. Weitere Auswirkungen sind auf den nachgelagerten Ebenen der Vermarktungs- und Vertriebskette zu erwarten, wenn Fische, die zuvor ins Meer zurückgeworfen worden wären, angelandet und verarbeitet werden sollen.

Längerfristig ist ein wirtschaftlicher Nutzen zu erwarten, weil die Reduzierung der Beifänge von Jungfischen und von Meerestieren, die über die Quote hinaus gefangen wurden, bewirkt, dass die Bestände größer und gesünder sein werden, sodass es mehr Fangmöglichkeiten geben wird. Außerdem könnten für Erzeugnisse aus Meerestieren, die bisher ins Meer zurückgeworfen worden wären, neue Märkte geschaffen werden.

Die Durchsetzung der Maßnahmen sollte durch Förderungen zur Vermeidung von unerwünschten Beifängen und Rückwürfen ergänzt werden.

Eine mögliche Förderung wäre die Einführung eines privilegierten Status, etwa des privilegierten Zugangs zu bestimmten Fanggebieten, für Fischereifahrzeuge, die bisher nachweislich nur geringe Beifänge gehabt haben.

Es ist zu prüfen, ob die Entwicklung der notwendigen technischen Innovationen und innovativen Praktiken durch den EFF gefördert werden kann. Es könnten auch Fördermittel bereitgestellt werden, um alternative Verwendungsmöglichkeiten für Fische, die bisher ins Meer zurückgeworfen worden wären, zu entwickeln. Dies gilt besonders für unvermeidliche Beifänge von Arten, die keinen oder nur einen geringen Handelswert haben. Ebenfalls zu erwägen wäre die Förderung der Entwicklung fortschrittlicher Fischereitaktiken: Gestützt auf entsprechende Informationssysteme würden die Flotten darüber informiert, in welchen Gebieten die Gefahr, nicht akzeptable Mengen von Beifängen zu erzielen, besonders groß ist.

6. WEITERES VORGEHEN

Auf der Grundlage des vorliegenden Papiers sollen im Jahr 2007 die Grundsätze der Umsetzung einer Politik zur stufenweisen Einschränkung von unerwünschten Beifängen und zur Abschaffung von Rückwürfen in der europäischen Fischerei mit den Mitgliedstaaten und Wirtschaftsbeteiligten diskutiert werden. Ein Ablaufplan mit Vorschlägen für die Umsetzung der Maßnahmen für die einzelnen Fischereien soll festgelegt werden. Gestützt auf diesen Plan sollen ab 2008 entsprechende Verordnungen ausgearbeitet und vorgeschlagen werden.

Die stufenweise Ausarbeitung von Verordnungen für alle Fischereien der Gemeinschaft ist als Langzeitprojekt anzusehen.

[1] KOM(2002) 656. Weitere Mitteilungen, die die Rückwurfproblematik aus der Sicht des Umweltschutzes behandeln, sind KOM(2002) 186 und KOM(2004) 438.

[2] Technischer Hintergrund zur Kommissionsmitteilung „Eine Politik zur Einschränkung von unerwünschten Beifängen und zur Abschaffung von Rückwürfen in der europäischen Fischerei“ - Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen SEK(2007) 380.

[3] FAO Fisheries Technical Paper 339 (1994); FAO Fisheries Report 547 (1996); FAO Fisheries Technical Paper 470 (2005).

[4] Rückwürfe der EU-Flotte. Bericht des Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für Fischerei - Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellenhttp://ec.europa.eu/fisheries/legislation/reports_en.htm.

[5] Gemäß der Zusammenfassung im FAO Fisheries Technical Paper 470 (2005).

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