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Document 52006SC1685

Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen - Zusammenfassung der Folgenabschätzung: Einbeziehung des Luftverkehrs in das EU-Handelssystem für Treibhausgasemissionsrechte (EU-ETS) {KOM(2006) 818 endgültig} {SEK(2006) 1684}

/* SEK/2006/1685 */

52006SC1685

Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen - Zusammenfassung der Folgenabschätzung: Einbeziehung des Luftverkehrs in das EU-Handelssystem für Treibhausgasemissionsrechte (EU-ETS) {KOM(2006) 818 endgültig} {SEK(2006) 1684} /* SEK/2006/1685 */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 20.12.2006

SEK(2006) 1685

ARBEITSDOKUMENT DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

Zusammenfassung der Folgenabschätzung: Einbeziehung des Luftverkehrs in das EU-Handelssystem für Treibhausgasemissionsrechte (EU-ETS)

{KOM(2006) 818 endgültig}{SEK(2006) 1684}

1. VERFAHREN UND KONSULTATION

Im Jahr 2005 hat die Kommission eine Mitteilung zum Thema " Verringerung der Klimaauswirkungen des Luftverkehrs "[1] angenommen, in der die zur Verfügung stehenden politischen Optionen erörtert wurden; der Mitteilung lag eine Folgenabschätzung bei. Da damit zu rechnen ist, dass Emissionen aus dem Luftverkehr in Zukunft noch zunehmen werden, kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind. Daher beschloss die Kommission, anstatt anderer finanzieller Maßnahmen wie etwa Steuern und Abgaben ein neues Marktinstrument auf EU-Ebene zu verfolgen, und schlussfolgerte " … dass der beste Weg … darin besteht, die Klimaauswirkungen des Luftverkehrs in das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) einzubeziehen ". Mit dem vorliegenden Vorschlag soll dieser Hauptpfeiler der Strategie umgesetzt werden, ohne dabei die anderen Mittel in Frage zu stellen, mit welchen auf den Klimawandel durch einen umfassenden Ansatz auf der Grundlage verbesserter Technologie und Gebrauch von Flugzeugen eingegangen werden kann (einschließlich Verbesserungen im Luftverkehrsmanagement, Forschung usw.)[2].

Der Rat der Umweltminister, der Europäische Rat und das Europäische Parlament begrüßten die Mitteilung und stimmten zu, dass der Emissionshandel der beste Weg nach vorne scheint und als Teil eines umfassenden Maßnahmenpakets von Bedeutung sein kann.

Die im Kyoto-Protokoll festgelegten Begrenzungs- und Reduktionsziele gelten auch für Emissionen aus dem Inlandsluftverkehr, aber nicht für Emissionen aus der internationalen Luftfahrt. Stattdessen verpflichtet das Kyoto-Protokoll die Parteien, " ihre Bemühungen um eine Begrenzung oder Reduktion der Emissionen von…Treibhausgasen aus dem Luftverkehr…im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO)…fortzusetzen ". Auf der sechsten Sitzung des ICAO-Ausschusses für Umweltschutz in der Luftfahrt im Jahr 2004 herrschte Einvernehmen darüber, dass ein luftfahrtspezifisches Emissionshandelssystem auf Basis eines neuen Rechtsinstruments und unter der Schirmherrschaft der ICAO "… nicht genügend Anreize bietet, um weiter in Betracht gezogen zu werden ". In der Entschließung 35-5 der ICAO-Versammlung wurde ein offener Emissionshandel jedoch befürwortet, mit der Forderung, dass unverbindliche Leitlinien erarbeitet werden sollten, die die Staaten gegebenenfalls anwenden könnten, um Emissionen aus der internationalen Luftfahrt in ihre Emissionshandelssysteme einzubeziehen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten unterstützen diese Initiative, deren Abschluss durch die ICAO für 2007 vorgesehen ist. Die ICAO-Generalversammlung wird diese Angelegenheit im September 2007 diskutieren. Es ist in jedem Fall nicht davon auszugehen, dass dieser Vorschlag vor diesem Zeitpunkt in Kraft tritt. Die endgültigen ICAO-Leitlinien werden gegebenenfalls im Zuge des Mitentscheidungsverfahrens berücksichtigt werden. Ziel dieses Vorschlags ist es, ein Modell für ein Emissionshandelssystem für den Luftverkehrssektor zu schaffen, das als Bezugspunkt für die Kontakte mit den wesentlichen internationalen Partnern dienen kann und das weltweit erweiterungsfähig und nachvollziehbar ist. Die Kommission unterstützt ebenso das Ziel eines globalen Abkommens, das effektiv auf eine Bekämpfung der Luftverkehrsemissionen auf globaler Ebene abzielt.

Der Vorschlag beruht auf einer umfassenden Befragung von Interessengruppen, auch in Form einer Internet-Konsultation und im Rahmen einer Arbeitsgruppe von Luftverkehrsexperten , die als Teil des Europäischen Programms zur Klimaänderung eingesetzt wurde.

2. PROBLEMDEFINITION

Der Luftverkehr ist aus der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts nicht mehr wegzudenken und fördert die europäische und globale Integration. Er trägt aber leider auch zur Klimaänderung bei. Die Luftfahrt macht zwar rund 0,6% der EU-Wertschöpfung[3] aus, ist allerdings auch für ca. 3% der gemeinschaftlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich , wobei der Großteil dieser Emissionen auf den internationalen Flugverkehr zurückzuführen ist, der nicht an die Ziele des Kyoto–Protokolls gebunden ist. Bisher brauchte der Luftfahrtsektor in keiner nennenswerten Form zur Eindämmung des Klimawandels beizutragen .

[pic]

Abb. 1: Entwicklung der THG-Emissionen der EU-25 aus dem internationalen Flugverkehr (Quelle: EWR)

Wie aus Abb. 1 hervorgeht, haben die THG-Emissionen der EU aus dem internationalen Flugverkehr zwischen 1990 und 2004 um 87% zugenommen . Gleichzeitig wurde durch politische Maßnahmen eine Verringerung der Gesamtemissionen aus anderen Sektoren erreicht. Es wird davon ausgegangen, dass sich der Luftverkehr zwischen 2005 und 2020 mehr als verdoppeln wird. Ohne eine neue politische Regelung werden die zunehmenden Luftverkehrsemissionen die Bemühungen anderer Sektoren untergraben.

3. ZIELSETZUNG

Hauptziel ist es, den immer stärker werdenden Klimaauswirkungen des Luftverkehrs entgegenzuwirken und sicherzustellen, dass der Sektor zur Verwirklichung des überragenden Gemeinschaftsziels, den Anstieg der globalen jährlichen Oberflächenmitteltemperatur auf maximal 2°C über den vorindustriellen Werten zu begrenzen, beiträgt. Operatives Ziel ist die Einbindung des Luftverkehrssektors in das EU-ETS.

4. POLITISCHE OPTIONEN

4.1. Einleitung

Bei der Ausarbeitung des Vorschlags muss unbedingt sichergestellt werden, dass Luftfahrtunternehmen ungeachtet ihrer Nationalität und in Einklang mit der Chicago-Konvention auch weiterhin gleich behandelt werden . Außerdem muss den bisherigen Erfahrungen mit dem bestehenden EU-ETS Rechnung getragen werden. Deshalb wurde eine weitere Harmonisierungsmaßnahme ins Auge gefasst.

4.2. Offenes oder geschlossenes System

In ihrer Mitteilung gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass der beste Weg nach vorne darin besteht, den Luftverkehr in das EU-EHS einzubeziehen. Alternativ könnte eine separate Regelung für die Luftfahrt ("geschlossenes" System) festgelegt werden. Die Analyse demonstriert die Auswirkungen eines geschlossenen Systems.

4.3. Geografischer Anwendungsbereich

Bei der Entscheidung über den geografischen Anwendungsbereich wurden die Umweltauswirkungen, das Spektrum der wirtschaftlichen Auswirkungen und die Eignung des Systems als Modell für die Ausweitung der Regelung geprüft. Folgende Optionen bieten sich an: a) nur EU-interne Flüge ; b) alle von EU-Flughäfen startenden Flüge ; c) alle Start- und Landeflüge . Alle drei Optionen wurden analysiert.

4.4. Nicht-CO 2 -Emissionen

Die Klimaauswirkungen des Luftverkehrssektors sind aufgrund verschiedener indirekter Effekte (in erster Linie NOx-Emissionen und die Begünstigung der Formation von Zirruswolken) stärker als die Wirkung der THG-Emissionen des Sektors allein. Es bieten sich zwei Optionen zur Minimierung dieser Wirkungen an: a) die Verpflichtung des Luftverkehrssektors zur Abgabe von Zertifikaten im Werte seiner CO2-Emissionen, multipliziert mit einem Vorsorgefaktor , der andere Wirkungen reflektiert, und b) ein Ansatz, wonach nur CO2 einbezogen wird und Instrumente wie die NO x -abhängige Flughafengebühren parallel angewandt werden.

4.5. Abgelegene und isolierte Regionen

Rat und Parlament haben die Kommission nachhaltig gebeten, die Effekte auf die in bestimmten Regionen der Gemeinschaft (einschließlich Inseln und Regionen in äußerster Randlage) vorherrschenden Situationsunterschiede zu analysieren. Drei Optionen wurden geprüft: a) keine Sonderregelung für bestimmte Arten von Regionen; b) eine Sonderregelung für Regionen in äußerster Randlage ; c) Identifizierung weiterer Arten von Regionen, für die eine Sonderregelung in Frage käme .

4.6. Projektgutschriften

In Einklang mit der gängigen Praxis innerhalb des EU-EHS sollten Luftfahrtunternehmen in der Lage sein, Projektgutschriften zu verwenden, die im Rahmen des Kyoto-Protokolls zur Einhaltung der Emissionsvorschriften generiert wurden. Um jede Diskriminierung zwischen Flugzeugbetreibern zu vermeiden, ist ein harmonisierter Ansatz erforderlich. Zwei Optionen wurden geprüft: Verwendung von Gutschriften bis zu einem dem durchschnittlichen Limit, das die Mitgliedstaaten im Rahmen des EU-ETS auferlegen , entsprechenden Grenzwert und unbegrenzter Zugang .

4.7. Gesamtmenge an Zertifikaten

Durch seine Einbindung ins EU-ETS erhält der Luftverkehrssektor eine erste Menge an Zertifikaten, die anschließend durch Zukäufe auf dem Markt aufgestockt werden kann. Im bestehenden EU-ETS soll mit den Emissionslimits für die beiden Handelsperioden 2005-2007 und 2008-2012 erreicht werden, dass die Emissionen sich auf dem Stand von 1990 stabilisieren, um anschließend darunter zu fallen. Es dem Luftfahrtsektor zur Auflage zu machen, seine Emissionen in nächster Zukunft auf oder unter dem Niveau von 1990 zu stabilisieren, scheint jedoch unrealistisch. Bei der Analyse wird daher ein Emissionslimit vorausgesetzt, das den Sektor verpflichtet, seine Emissionen auf dem Stand von 2005 zu stabilisieren.

4.8. Zuteilung von Zertifikaten

Die Zuteilung von Zertifikaten wirft zwei Fragen auf: Sollten Zertifikate kostenfrei gewährt werden, und wie werden kostenfrei gewährte Zertifikate verteilt? Die Verteilung nach dem sog. " Grandfathering "-Prinzip (d. h. Zuteilung kostenfreier Emissionsrechte auf Basis historischer Emissionswerte) belohnt den Verursacher, penalisiert frühzeitiges Handeln ( early action ) und kann davon abschrecken, Maßnahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen. Bei der Analyse wurde der Schwerpunkt daher auf die " Versteigerung " (Ausgabe von Zertifikaten gegen Zahlung) und das sogenannte " benchmarking " (kostenlose Zuteilung von Zertifikaten auf Basis eines Leistungsparameters) gelegt.

5. FOLGENABSCHÄTZUNG

5.1. Einleitung

Für die Folgenabschätzung wurden drei formale Modelle herangezogen – AERO, PRIMES und TREMOVE. Die Flugverkehrsanalyse wurde auch auf Basis von Daten der Europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt durchgeführt.

Der Preis eines Zertifikats im EU-ETS ist ein entscheidender Parameter für die Analyse und gleichzeitig ein PRIMES-Ergebnis. Daher wurden für die nicht auf Basis von PRIMES durchgeführte Analyse zwei Werte (€6 und €30) vom unteren und oberen Ende der PRIMES-Ergebnisreihe herangezogen.

5.2. Umweltauswirkungen

Die Umweltwirksamkeit eines Handelssystems hängt vom Emissionslimit ( cap ) ab, das der Zahl der ausgegebenen Zertifikate entspricht. Für ein gegebenes Limit richten sich die THG-Reduktionen nach den Annahmen im " business-as-usual (BaU) "-Szenario (d. h. Beibehaltung der gegenwärtigen Emissionspraxis). Das Basisszenario für die Zunahme von CO2-Emissionen wurde anhand des AERO-Modells auf Basis von Annahmen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) errechnet. Um Verbesserungen beim Luftverkehrsmanagement aufgrund von Gemeinschaftsinitiativen zu reflektieren, wird für 2013-2019 ein Extra-Punkt von 1% pro Jahr vorausgesetzt.

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die THG-Reduktionen bei unterschiedlichen geografischen Anwendungsbereichen, wobei BaU-Emissionen des Luftverkehrssektors mit einer Stabilisierung auf dem Niveau von 2005 verglichen werden.

Geografischer Anwendungsbereich | Reduktion bis 2015 | Reduktion bis 2020 |

% | Tonnen CO2 | % | Tonnen CO2 |

Innergemeinschaftliche Flüge | 36 % | 31 | 45 % | 44 |

Alle Startflüge | 36 % | 77 | 46 % | 115 |

Alle Start- und Landeflüge | 36 % | 122 | 46 % | 183 |

Tabelle 1: Absolute und prozentuale Reduktionswerte

5.3. Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen

5.3.1. Auswirkungen auf Fluggesellschaften, Flughäfen und Kunden

Die Analyseergebnisse zeigen, dass die Einbeziehung des Luftfahrtsektors ins EU-ETS die Rentabilität nicht wesentlich beeinflusst:

- Da jede Fluggesellschaft auf jeder unter das System fallenden Flugroute gleich behandelt würde, ist anzunehmen, dass Fluggesellschaften die Kosten der Teilnahme am Handelssystem weitgehend oder sogar vollständig auf ihre Kunden abwälzen. Ob Fluggesellschaften kostenfreie Zertifikate erhalten, dürfte bei dieser Entscheidung zur Kostenweitergabe keinen Unterschied machen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Fluggesellschaften kaum von beispielsweise Europäischen Stromerzeugern.

- Die vollständige Abwälzung der Kosten auf die Kunden würde bedeuten, dass der Ticketpreis für einen Hin- und Rückflug im Jahr 2020 je nach Dauer der Flugreise um €4,6 auf €39,6 ansteigen könnte. Dies setzt neben einem hohen Zertifikatpreis von €30 voraus, dass alle Startflüge und Landeflüge vom System erfasst werden. Die Wirkung auf das prognostizierte Nachfragewachstum wäre gering – von einem BaU-Niveau von 142% auf ein Minimum von 135%.

- Diese geringe Auswirkung auf das Wachstum zeigt, dass die Nachfrage beim Luftverkehr im Allgemeinen kaum preisabhängig ist. Dies ist nach Maßgabe von Daten über die sozioökonomische Verteilung von Luftverkehrsnutzern teilweise darauf zurückzuführen, dass Ticketpreiserhöhungen vorwiegend von den wohlhabenderen Bevölkerungsschichten getragen würden. Eine weitere Erklärung ist, dass davon ausgegangen wird, dass künftig sowohl BIP als auch Nettoeinkommen in Realwerten weiter ansteigen werden.

- Da alle Fluggesellschaften gleich behandelt würden, dürfte der Wettbewerb zwischen den Fluglinien kaum berührt werden . Der Hauptunterschied zwischen den Fluggesellschaften liegt in der Länge der Flugstrecke, dem Alter des Flugzeugs und der beförderten Nutzlast. Kurzstreckenlinien, die mit älteren Maschinen fliegen oder weniger Fluggäste oder Fracht befördern, wären stärker betroffen als treibstoffeffizientere Fluglinien. Die Wahl des geografischen Anwendungsbereichs dürfte an dieser Schlussfolgerung nichts ändern.

- Der Wettbewerb zwischen Flughäfen und Tourismus wäre kaum betroffen, da das prognostizierte Nachfragewachstum hoch bleibt; es wird stets einen wirtschaftlichen Rechtfertigungsgrund für die Bereitstellung von Lufttransportdienstleistungen durch EU-Flughäfen geben, und der Großteil des Tourismus in der EU geht auf EU-Bürger zurück. Die Wahl des geografischen Anwendungsbereichs dürfte an dieser Schlussfolgerung für Flughäfen nichts ändern. Ein etwaiges Risiko für den Tourismus ließe sich jedoch mit Wahrscheinlichkeit verringern, wenn alle Start- und Landeflüge erfasst würden .

5.3.2. Auswirkungen auf das EU-ETS

Geschlossenes System: Die Präferenz der Kommission für ein offenes System wird durch die Modell-Ergebnisse deutlich bestätigt: In einem geschlossenen System, das alle Startflüge erfasst, müssten Luftfahrtunternehmen bis 2020 mit einem Zertifikatpreis zwischen €114,1 und €325,8 rechnen.

Offene Systeme: Unter PRIMES-Wachstumsannahmen würde bei einem System, das alle Startflüge erfasst, jedoch keinen Zugang zu Projektgutschriften gewährt, die Einbeziehung des Luftverkehrssektors den Zertifikatpreis von €31,3 auf €34,6 hochtreiben. Unter ICAO-Wachstumsannahmen würde der Preis von €31,8 auf €40,6 ansteigen. Keines dieser Szenarien ist jedoch sehr realistisch, denn Luftfahrtunternehmen werden Zugang zu Projektgutschriften haben. Mit begrenztem Zugang zu Gutschriften würde sich die Luftfahrt nur unwesentlich auf die EU-ETS-Preise auswirken. Dagegen würde die Zahl der gekauften Projektgutschriften steigen.

5.3.3. Tourismus

Der Tourismus in der EU ist im Wesentlichen abhängig von der Nachfrage der EU-Bürger, auf die rund 80% aller Übernachtungen zurückgehen. Ungefähr 25% aller Freizeitreisen involvieren eine Luftbeförderung. Es kann folgender Schluss gezogen werden:

- Die Extrakosten würden ungefähr 2% der durchschnittlichen Kosten einer typischen Flugzeugferienreise in Europa ausmachen, wobei ein hoher Zertifikatpreis von €30 vorausgesetzt wird. Nur in Regionen, deren Einkünfte aus dem Tourismus nahezu ganz von Flügen in die Region abhängen, kann mit einer etwas größeren Wirkung gerechnet werden. Für fast alle Mitgliedstaaten dürfte die Wirkung auf das durchschnittliche Ferienbudget weniger als 2% betragen, und in allen Mitgliedstaaten wäre dies vergleichbar mit jährlichen Schwankungen infolge touristischer Trendentwicklungen .

- Die Erfahrung mit vergangenen Ölkrisen hat gezeigt, dass eine Zunahme, die sich in einem hohen Zertifikatpreis von €30 niederschlägt, keine nennenswerte Auswirkung auf die internationale Tourismusnachfrage haben dürfte . Trotz eines durchschnittlichen Anstiegs der Treibstoffkosten von 49% hat die ICAO im Jahr 2005 eine starke Zunahme der Passagierbewegungen registriert .

5.3.4. Auswirkungen auf abgelegene und isolierte Regionen

Die Ergebnisse für Regionen in äußerster Randlage (ultra-periphere Regionen, UPR) in Bezug auf die verschiedenen Optionen für den geografischen Anwendungsbereich, auf Zertifikatpreise von €6 und €30 und auf unterschiedliche Annahmen betreffend den Anteil versteigerter Zertifikate sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Geografischer Anwendungsbereich | CO2 | Zertifikatpreis €6 | Zertifikatpreis €30 |

Versteigerung | Versteigerung |

Mt | 10% | 20% | 40% | 10% | 20% | 40% |

Innergemeinschaftlich | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |

Alle Startflüge | 3,4 | 2 | 4 | 8 | 10 | 20 | 40 |

Alle Start- und Landeflüge | 6,7 | 4 | 8 | 16 | 20 | 40 | 80 |

Tabelle 2: Extrakosten für Dienstleistungen an UPR (in Millionen €). Schätzwert für 2005.

Fluggesellschaften, die UPR anfliegen, operieren jedoch in der Regel kommerzielle Flüge. Es liegt daher der Schluss nahe, dass die Kostenzunahme in diesem Falle weitgehend oder ganz auf die Kunden abgewälzt wird - mit begrenzter Auswirkung auf die Nachfrage.

Die Lage ist anders für andere benachteiligte Gebiete und einige UPR-Routen , auf denen Fluggesellschaften weniger kommerzielle Flüge operieren, sondern vielmehr von den Mitgliedstaaten subventioniert werden. Die potenziellen Extrakosten der Aufrechterhaltung bestehender Luftverkehrsdienstleistungen, die bekanntermaßen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen (GWV) unterliegen, wurden in der Annahme geschätzt, dass alle zusätzlichen Kosten von den Mitgliedstaaten getragen werden müssten. Außer im Falle Italiens, wo es vergleichsweise mehr GWV gibt, würden nur Länder mit UPR Gefahr laufen, über 1 Mio. € jährlich für die Neutralisierung der Auswirkungen auf GWV-Routen aufwenden zu müssen.

Zu guter Letzt wurden die potenziellen Auswirkungen auf Flüge bewertet, die Inselflughäfen anfliegen . In drei Mitgliedstaaten könnten die Extrakosten für diese Dienstleistungen beim kostengünstigsten Szenario bei knapp über €1 Mio. jährlich liegen und beim teuersten Szenario bei über €20 Mio./Jahr. Die Kosten sind wesentlich niedriger für alle anderen Mitgliedstaaten, deren Hoheitsgebiet Inseln umfasst.

6. GEGENÜBERSTELLUNG DER OPTIONEN

In Abschnitt 5 wurden die Wirkungen verschiedener Einzelparameter bewertet und verglichen. Auf Basis dieser Analyse wird in diesem Kapitel die bestmögliche Kombination der verschiedenen Parameter gegeben.

Die Bewertung bestätigt die Schlussfolgerung der Mitteilung, dass ein offenes System einem geschlossenen System vorzuziehen ist . Mit einer Sonderregelung für den Luftfahrtsektor ließen sich dieselben Umweltvorteile nur mit sehr viel höherem Kostenaufwand erzielen.

Die Bewertung bestätigt auch, dass ein möglichst weiter Anwendungsbereich, der alle Start- und Landeflüge umfasst , nicht nur die größten Umweltvorteile erbringen würde, sondern in Bezug auf die alternativen Anwendungsbereiche unter Wettbewerbsgesichtspunkten neutral und für dem Tourismus am geeignetsten wäre. Zum ersten Punkt: Diese Lösung würde die mit Langstreckenflügen einhergehenden höheren externen Kosten besser reflektieren. Zum zweiten Punkt: Der Wettbewerb zwischen Fluggesellschaften und Flughäfen dürfte von dem gewählten geografischen Anwendungsbereich kaum berührt werden. Auch wenn die Auswirkungen auf den Tourismus begrenzt sein dürften, wären sie beim weitesten Anwendungsbereich dennoch mit Wahrscheinlichkeit geringer. Daher gilt das System für alle Flüge, die von einem Flughafen in der Gemeinschaft starten oder an einem solchen landen, ab 2012. Der Vorschlag startet jedoch mit Flügen zwischen EU-Flughäfen im Jahr 2011, damit Flugzeugbetreiber praktische Erfahrungen mit dem System sammeln können, bevor sich der Anwendungsbereich ausweitet.

Was abgelegene und isolierte Gebiete anbelangt, so sind einzig Gebiete in äußerster Randlage definiert (Artikel 299 Absatz 2 EG-Vertrag). Da einige dieser Gebiete jedoch in relativer Nähe zum Europäischen Festland liegen, besteht die Gefahr, dass eine Sonderregelung zugunsten dieser Regionen zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber dem Festland führt. Alle anderen Gebiete, die potenziell förderfähig sind, werden auf Fallbasis ermittelt. Daher sollte jede Sonderbehandlung innerhalb der bestehenden Rahmenregelung für Beihilfen zum Lufttransport festgelegt werden .

In Bezug auf Nicht-CO 2 -Auswirkungen wird die Kommission bis Ende 2008 nach einer eingehenden Auswirkungsprüfung einen Vorschlag zu den Stickoxiden aus der Luftfahrt vorlegen, um Herstellern und Betreibern einen Anreiz zur Investition in Technologien zu bieten, die geringere NOx-Emissionen verursachen.

Bei der Konsultation von Interessengruppen hat sich der nachdrückliche Wunsch nach einer EU-weit einheitlichen Allokation bestätigt, was auch der Forderung nach Beibehaltung der Gleichbehandlung, ungeachtet der Nationalität, im Sinne der Chicago-Konvention entspricht.

Die Analyse zeigt, dass eine Versteigerung eines Teils der Zertifikate keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursachen würde, zum einen, weil davon ausgegangen werden kann, dass Fluggesellschaften die Kosten der Teilnahme am Handelssystem weitgehend oder sogar ganz auf ihre Kunden abwälzen, und zum anderen, weil es diese Entscheidung zur Kostenweitergabe nicht beeinflussen würde, ob Zertifikate kostenfrei oder gegen Zahlung ausgegeben werden. Eine Versteigerung eines Teils der Zertifikate würde auch die ursprüngliche Zuteilung effizienter machen. Daher wird für die Periode 2011-2012 der Versteigerungsanteil dem durchschnittlichen Prozentsatz in jenen Mitgliedsstaaten entsprechen, deren nationale Zuteilungspläne Versteigerungen beinhalten. Danach wird dieser Ansatz überprüft werden im Lichte der Ergebnisse der allgemeinen Überprüfung des Emissionshandelssystems. Und schließlich würden die Mitgliedstaaten die Einkünfte aus der Versteigerung dafür verwenden, THG-Emissionen einzudämmen, die Anpassung an die Klimaauswirkungen zu erleichtern, z. B. in Entwicklungsländern, Forschung und Entwicklung zu finanzieren und Verwaltungskosten zu decken.

Was kostenfrei zugeteilte Zertifikate anbelangt, so würde das Benchmarking im Gegensatz zum Grandfathering Flugzeugbetreiber, die frühzeitig tätig geworden sind ( early action ), ebenso wie saubere Flugzeugtechnologien und den effizienteren Einsatz von Flugzeugen belohnen. Ein auf Emissionen je Tonnenkilometer basierender Richtwert ( benchmark ) scheint der beste Weg nach vorne zu sein.

Die Menge der Zertifikate wäre der ausschlaggebende Faktor für den Umweltnutzen des Systems. Die Analyse hat gezeigt, dass, obgleich Emissionen im Luftfahrtsektor reduziert würden, der Großteil der Emissionsverringerung in anderen Sektoren stattfinden würde. Dies wird die Kosteneffizienz erhöhen. Sofern der Luftfahrtsektor einen gewissen Zugang zu Projektgutschriften hat, wäre die Stabilisierung der Emissionen in der Handelsperiode 2011-2022 auf das Niveau von 2005 realistisch und die EU-ETS-Zertifikatpreise würden nicht ungebührend belastet.

7. ÜBERWACHUNG UND BEWERTUNG

Da der Handel mit Emissionsrechten eine strikte Überwachung erfordert, sind fristgerechte Umsetzung und wirksame Durchsetzung die Hauptindikatoren für den Fortschritt .

[1] KOM(2005) 459 vom 27.9.2005. Für alle Verweise siehe http://ec.europa.eu/environment/climat/aviation_en.htm.

[2] Siehe insbesondere Abschnitt 5 in KOM(2005) 459.

[3] EUROSTAT: Statistics in focus, 37/2005.

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