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Document 52006DC0853

Bericht der Kommission über die Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie 2003/88/EG für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen

/* KOM/2006/0853 endg. */

52006DC0853

Bericht der Kommission über die Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie 2003/88/EG für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen /* KOM/2006/0853 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 22.12.2006

KOM(2006) 853 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION

über die Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie 2003/88/EG für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen

BERICHT DER KOMMISSION

über die Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie 2003/88/EG für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen

1. EINLEITUNG

1.1. Rechtlicher Hintergrund

Vom Anwendungsbereich der Richtlinie 93/104/EG des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung[1] waren bestimmte Sektoren und Tätigkeiten wie Seefischerei und andere Tätigkeiten auf See ausgeschlossen. So betraf diese Richtlinie nicht Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen.

Im Jahr 2000 nahmen das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie 2000/34/EG[2] zur Änderung der Richtlinie 93/104/EG an, um die Sektoren und Tätigkeitsbereiche aufzunehmen, die zuvor ausgeschlossen waren. Seit dieser Änderung gelten die Gemeinschaftsvorschriften zur Arbeitszeitgestaltung auch für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen. Die Mitgliedstaaten mussten die Bestimmungen der Richtlinie 2000/34/EG bis spätestens 1. August 2003[3] in einzelstaatliches Recht umsetzen.

Im Jahr 2003 wurden die beiden Richtlinien kodifiziert und durch die Richtlinie 2003/88/EG[4] (nachstehend „die Richtlinie“) aufgehoben, die derzeit die einzige gültige Rechtsvorschrift bildet.

1.2. Geltende Bestimmungen

In Artikel 2 Absatz 8 der Richtlinie werden Tätigkeiten auf Offshore-Anlagen im Sinne der Richtlinie definiert als Tätigkeiten, die größtenteils auf oder von einer Offshore-Plattform (einschließlich Bohrplattformen) aus direkt oder indirekt im Zusammenhang mit der Exploration, Erschließung oder wirtschaftlichen Nutzung mineralischer Ressourcen einschließlich Kohlenwasserstoffe durchgeführt werden, sowie Tauchen im Zusammenhang mit derartigen Tätigkeiten, entweder von einer Offshore-Anlage oder von einem Schiff aus .

Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe a sieht vor, dass bei Tätigkeiten, die durch eine Entfernung zwischen dem Arbeitsplatz und dem Wohnsitz des Arbeitnehmers – einschließlich Tätigkeiten auf Offshore-Anlagen – oder durch eine Entfernung zwischen verschiedenen Arbeitsplätzen des Arbeitnehmers gekennzeichnet sind, Abweichungen von den Artikeln 3 (tägliche Ruhezeit), 4 (Ruhepause), 5 (wöchentliche Ruhezeit), 8 (Dauer der Nachtarbeit) und 16 (Bezugszeiträume) zulässig sind. Diese Abweichungen sind jedoch gemäß Absatz 2 dieses Artikels nur unter der Voraussetzung zulässig, dass die betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher gleichwertigen Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen angemessenen Schutz erhalten .

In Artikel 20 Absatz 2 heißt es weiter: Vorbehaltlich der Einhaltung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer und sofern die betreffenden Sozialpartner konsultiert wurden und Anstrengungen zur Förderung aller einschlägigen Formen des sozialen Dialogs – einschließlich der Konzertierung, falls die Parteien dies wünschen – unternommen wurden, können die Mitgliedstaaten aus objektiven, technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen den in Artikel 16 Buchstabe b) genannten Bezugszeitraum für Arbeitnehmer, die hauptsächlich Tätigkeiten auf Offshore-Anlagen ausüben, auf zwölf Monate ausdehnen.

Für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen gelten somit alle Bestimmungen der Richtlinie. Die Mitgliedstaaten haben jedoch bei diesen Arbeitnehmern die Möglichkeit, von den Artikeln 3, 4, 5, 8 und 16 abzuweichen und im Wege von Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Abweichung von Artikel 19 für die Berechnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit einen Bezugszeitraum von bis zu zwölf Monaten festzulegen.

Bestimmte in der Richtlinie festgelegte Tätigkeiten auf Offshore-Anlagen werden auf Schiffen oder Plattformen in internationalen Gewässern durchgeführt. In diesem Zusammenhang kann sich die Frage ergeben, welches Recht für diese Arbeitsverträge gilt.

Das Übereinkommen von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht[5] von 1980 sieht vor, dass bei Sachverhalten, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen, der Grundsatz der freien Rechtswahl der Parteien gilt. Gemäß Artikel 3 Absatz 1 des Übereinkommens unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Bei Arbeitsverträgen ist jedoch dieser Grundsatz der freien Rechtswahl der Parteien bestimmten Bedingungen unterworfen. Zunächst einmal darf die Rechtswahl der Parteien nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre (Artikel 6 Absatz 1). Darüber hinaus sieht das Übereinkommen mangels einer Rechtswahl der Parteien zusätzliche Regelungen vor. In Artikel 6 Absatz 2 heißt es, dass mangels einer Rechtswahl auf Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse anzuwenden sind: a) das Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrages gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt ist, oder b) das Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, sofern dieser seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet, es sei denn, dass sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweist; in diesem Fall ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.

1.3. Begründung des Berichts

In Artikel 20 Absatz 3 der Richtlinie heißt es: Die Kommission überprüft bis zum 1. August 2005 nach Konsultation der Mitgliedstaaten sowie der Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf europäischer Ebene die Durchführung der Bestimmungen für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen unter dem Gesichtspunkt der Gesundheit und Sicherheit, um, falls erforderlich, geeignete Änderungen vorzuschlagen.

Daher hat die Kommission einen für die Mitgliedstaaten bestimmten Fragebogen ausgearbeitet und die Sozialpartner auf Gemeinschaftsebene konsultiert. Dieser Bericht wurde erstellt, um der Verpflichtung von Artikel 20 Absatz 3 der Richtlinie nachzukommen.

2. OFFSHORE-TÄTIGKEITEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION

Die meisten Mitgliedstaaten üben keine Offshore-Tätigkeiten auf ihrem Hoheitsgebiet, einschließlich ihrer „Hoheitsgewässer“, aus. Dies gilt für Österreich, Belgien, Zypern, die Tschechische Republik, Dänemark, Griechenland, Estland, Finnland, Ungarn, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Portugal, die Slowakei, Slowenien und Schweden.

Alle Länder mit Ausnahme von Dänemark und Portugal erklären ferner, dass kein nationales Unternehmen Offshore-Tätigkeiten außerhalb ihrer Hoheitsgewässer durchführt.

Bei den Mitgliedstaaten mit Offshore-Tätigkeiten auf ihrem Hoheitsgebiet oder nationalen Unternehmen, die Offshore-Tätigkeiten außerhalb des Hoheitsgebiets durchführen, variiert die Situation und Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer beträchtlich. Das Vereinigte Königreich weist mit Abstand die meisten mit Tätigkeiten auf Offshore-Anlagen beschäftigten Arbeitnehmer auf. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Offshore-Tätigkeiten und die Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer.

Mitgliedstaat | Innerhalb der Hoheitsgewässer | Außerhalb der Hoheitsgewässer |

Beschreibung | Arb. | Beschreibung | Arb. |

DE | Erdölbohr- und -förderplattform in der Nordsee | ± 75 | entfällt | - |

DK | entfällt | 0 | - Maersk Oil and Gas AS - Dong Exploration and Production A/S - Amerada Hess ApS | ± 2 000 |

ES | Feste Offshore-Plattform Gaviota (Kantabrisches Meer, vor der Biskayaküste) | - | Feste Offshore-Plattform Casablanca (Mittelmeer, vor der Küste von Tarragona) und Poseidon (im Golf von Cádiz) | - |

IE | Marathon Oil Ireland Limited | ± 40 |

FR | Punktuelle Bohrtätigkeiten | ± 50 |

NL | ± 50 | ± 2 300 |

PL | ± 330 | ± 580 |

PT | Saipem Portugal betreibt 24 Schiffe und Plattformen | 9 |

UK | - Liverpool Bay Complex, Betreiber: BHP Billiton - Erdölplattform Beatrice im Moray Firth, Betreiber: Talisman | 86 | 85 Erdölplattformen, 18 schwimmende Anlagen und 167 Gasplattformen | 25 000 |

3. NUTZUNG DER AUSNAHMEREGELUNGEN

Wie bereits gesagt können die Mitgliedstaaten von den Artikeln 3, 4, 5, 8 und 16 der Richtlinie abweichen. Darüber hinaus können sie im Wege von Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Berechnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit einen Bezugszeitraum von bis zu zwölf Monaten festlegen.

Es ist daher zu untersuchen, in welchem Umfang die Mitgliedstaaten, auf deren Hoheitsgebiet Offshore-Tätigkeiten durchgeführt werden, von dieser Möglichkeit der Abweichung von den Bestimmungen der Richtlinie Gebrauch gemacht haben.

3.1. Deutschland

Die Arbeitszeit der Arbeitnehmer der einzigen vorhandenen Plattform unterliegt dem Arbeitszeitgesetz, einem Unternehmenstarifvertrag und einer Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit.

Die Arbeitsorganisation variiert je nach Arbeitnehmerkategorie, basiert jedoch im Allgemeinen auf einem Rhythmus von 14 Tagen auf der Plattform und 14 Ruhetagen an Land.

Für die Arbeitnehmer gelten Bestimmungen, die den Artikeln 3, 4, 5 und 8 der Richtlinie entsprechen. Als tägliche Ruhezeit sind elf zusammenhängende Stunden festgelegt, die Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine dreißigminütige Pause nach sechs Stunden Arbeit, ein Ruhetag pro Woche ist garantiert (in der Regel der Sonntag), und Nachtarbeit darf grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten.

Deutschland hat nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, für die Berechnung der 48 Stunden einen Bezugszeitraum von zwölf Monaten festzulegen. Der geltende Tarifvertrag sieht außerdem keinen längeren Bezugszeitraum als den normalen Zeitraum von vier Monaten vor.

In die deutschen Rechtsvorschriften wurde eine Bestimmung zur Umsetzung von Artikel 22 der Richtlinie aufgenommen (die vorherige Zustimmung per Tarifvertrag vorausgesetzt), die in der Branche jedoch nicht angewendet wird.

3.2. Dänemark

Dänemark hat Rechtsvorschriften über die Arbeitszeit von Arbeitnehmern auf Offshore-Anlagen[6] angenommen. Diese Vorschriften sehen eine tägliche Ruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum (entspricht Artikel 3 der Richtlinie), eine Ruhepause nach einer Arbeitszeit von sechs Stunden (entspricht Artikel 4 der Richtlinie) und drei zusammenhängende Ruhetage an Land nach zwei Wochen auf See (entspricht Artikel 5 der Richtlinie in Kombination mit Artikel 16 Buchstabe a) vor.

Die Vorschriften legen keine Beschränkung der Dauer der Nachtarbeit fest.

Die dänischen Vorschriften lassen die Verschiebung oder Verringerung der täglichen Ruhezeit per Tarifvertrag zu. Bei Arbeitnehmern, die keinem Tarifvertrag unterliegen, sehen die Vorschriften vor, dass in Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen von Einzelpersonen die tägliche Ruhezeit verschoben oder (auf ein Minimum von acht Stunden) verringert werden kann. Bei Abweichungen ist eine Ausgleichsruhezeit zu gewähren.

Der Bezugszeitraum für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen beträgt in Dänemark ein Jahr.

Dänemark macht keinen Gebrauch von der in Artikel 22 der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit (individuelle Ausnahmeregelungen).

3.3. Spanien

Für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen gelten die allgemeinen Bestimmungen des Estatuto de los Trabajadores. Es gibt also keine Sonderregelungen für diesen Sektor.

Von den gesetzlichen Mindestanforderungen kann per Tarifvertrag abgewichen werden.

Die Ausweitung des Bezugszeitraums auf ein Jahr ist ebenfalls nur per Tarifvertrag möglich.

Spanien macht keinen Gebrauch von der in Artikel 22 der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit (individuelle Ausnahmeregelungen).

3.4. Frankreich

In Frankreich werden nur punktuelle und kurzzeitige (ein bis zwei Monate dauernde) Bohrtätigkeiten durchgeführt. Es gibt daher keine speziellen Vorschriften für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen zur Umsetzung der von der Richtlinie erlaubten Abweichung.

3.5. Irland

Die Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen von Marathon, des einzigen in Irland tätigen Unternehmens, haben Anspruch auf eine tägliche Ruhezeit von zwölf Stunden und eine Ruhepause von 75 Minuten. Für Nachtarbeit bestehen keine Beschränkungen.

Der Arbeitsrhythmus basiert auf sieben Arbeitstagen auf See und sieben Ruhetagen an Land.

Der Bezugszeitraum für die Berechnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit beträgt zwölf Monate.

Irland macht keinen Gebrauch von der in Artikel 22 der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit (individuelle Ausnahmeregelungen).

3.6. Niederlande

Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen haben Anspruch auf eine tägliche Ruhezeit von 12 Stunden und eine einstündige Ruhepause. Die Arbeitszeit der Nachtarbeiter darf höchstens 11 Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum betragen und es dürfen höchstens 28 Nachtschichten pro 13-Wochen-Zeitraum abgeleistet werden.

Der Bezugszeitraum für die Berechnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit (auf 40 Stunden festgelegt) beträgt grundsätzlich 13 Wochen. Er wird auf 26 Wochen verlängert bei Arbeitnehmern, die keine festen und regelmäßigen Arbeitszeiten haben, und kann nur dann auf 52 Wochen verlängert werden, wenn die Ruhetage an Land durch Sicherheitsschulungen unterbrochen werden.

3.7. Polen

Die Arbeitszeit in diesem Sektor unterliegt den allgemeinen Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches. Sektorspezifische Ausnahmeregelungen sind nicht vorgesehen.

Polen macht keinen Gebrauch von der in Artikel 22 der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit (individuelle Ausnahmeregelungen).

3.8. Portugal

In Portugal betreibt das Unternehmen Saipem Portugal 24 Schiffe und Plattformen in verschiedenen Regionen (Australien, Indien, Russland, Fernost). Das Unternehmen beschäftigt nur neun Arbeitnehmer nach portugiesischem Recht, das keine sektorspezifischen Bestimmungen umfasst.

3.9. Vereinigtes Königreich

Das Vereinigte Königreich macht von der Möglichkeit Gebrauch, von den Artikeln 3, 4, 5 und 8 abzuweichen. Bei Abweichungen muss den Arbeitnehmern eine angemessene Ruhezeit gewährt werden.

Das Vereinigte Königreich hat außerdem per Rechtsvorschrift den Bezugszeitraum für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen auf ein Jahr festgelegt.

Es nimmt die in Artikel 22 (individuelle Ausnahmeregelung) vorgesehene Möglichkeit in Anspruch. Diese Ausnahmeregelung scheint bei Arbeitnehmern auf Offshore-Anlagen im Allgemeinen nicht sehr verbreitet zu sein; sie ist auf bestimmte Spezialgebiete beschränkt, wie Tauchtätigkeiten und Schiffbau.

4. TARIFVERTRÄGE

Die Arbeitszeit ist ein Bereich, der traditionell in Tarifverträgen – soweit vorhanden – geregelt wird. Da die Richtlinie Mindestvorschriften festlegt, enthalten die Tarifverträge im Allgemeinen günstigere Regelungen für die Arbeitnehmer, insbesondere, was die wöchentliche Höchstarbeitszeit anbelangt.

Tarifverträge können außerdem eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der in der Richtlinie vorgesehenen Abweichungen in puncto tägliche und wöchentliche Ruhezeiten, Ruhepausen, Nachtarbeit und Bezugszeiträume (falls der Mitgliedstaat nicht per Rechtsvorschrift den Bezugszeitraum auf ein Jahr festgelegt hat) spielen.

Der Abdeckungsgrad von Tarifverträgen ist im Bereich der Offshore-Tätigkeiten sehr unterschiedlich. So scheint es in Polen und Irland keinen Tarifvertrag zu geben. Im Vereinigten Königreich wurden ab 1999 Tarifverträge unterzeichnet, die aber nur für diejenigen Arbeitnehmer gelten, die Mitglieder der unterzeichnenden Gewerkschaften sind. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist jedoch ziemlich niedrig (ungefähr 4500 Arbeitnehmer). In den Niederlanden sind die Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen hauptsächlich bei einem Unternehmen beschäftigt, für das kein Tarifvertrag gilt. Die Tarifverträge in Dänemark und Spanien gelten dagegen für einen Großteil der Arbeitnehmer, da in beiden Ländern mehr als 80 % der Arbeitnehmer unter diese Verträge fallen. In Deutschland gilt für die regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer der einzigen Plattform ein Unternehmenstarifvertrag sowie eine Unternehmensvereinbarung, in der die Arbeitszeiten geregelt sind.

Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der auf dänischen Offshore-Anlagen beschäftigten Arbeitnehmer, die einem Tarifvertrag unterliegen, beträgt 33 Stunden (an Stelle der 48 Stunden, die in der Richtlinie vorgesehen sind). In Spanien sind im Tarifvertrag des Unternehmens Repsol günstigere Bestimmungen bei den (täglichen, wöchentlichen und jährlichen) Ruhezeiten festgelegt. In Deutschland sieht der Tarifvertrag eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 40 Stunden vor.

5. FAZIT

Offshore-Tätigkeiten gibt es nur in einer begrenzten Anzahl von Mitgliedstaaten; in diesem Sektor sind schätzungsweise ± 30 000 Arbeitnehmer beschäftigt. Die große Mehrheit der Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen (25 000) ist in einem einzigen Mitgliedstaat – dem Vereinigten Königreich – beschäftigt.

Nach den im Jahr 2000 eingeführten Änderungen erstreckt sich die Richtlinie auch auf Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen, jedoch lässt sie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, von mehreren Bestimmungen abzuweichen, sofern den betroffenen Arbeitnehmern gleichwertige Ausgleichsruhezeiten gewährt werden.

Dabei ist festzustellen, dass die meisten Mitgliedstaaten nicht von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben und die Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen somit hinsichtlich täglicher und wöchentlicher Ruhezeiten, Ruhepausen und Dauer der Nachtarbeit unter die nationalen Rechtsvorschriften fallen. Das Vereinigte Königreich ist der einzige Mitgliedstaat, der alle Möglichkeiten in puncto Ausnahmeregelungen für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen ausgeschöpft hat.

Ferner wird deutlich, dass Tarifverträge – sofern vorhanden – günstigere Regelungen als die Mindestanforderungen der Richtlinie vorsehen, insbesondere hinsichtlich der wöchentlichen Höchstarbeitszeit und des bezahlten Jahresurlaubs.

Die Flexibilität der Richtlinie bezüglich Arbeitnehmern auf Offshore-Anlagen erklärt wahrscheinlich, weshalb die Mitgliedstaaten die betreffenden Bestimmungen nahezu einstimmig als angemessen für den fraglichen Sektor betrachten und keinen Änderungsbedarf sehen. Die Sozialpartner haben sich im Zuge der von der Kommission durchgeführten Konsultation nicht geäußert.

In Anbetracht der Standpunkte der Mitgliedstaaten und des Schweigens der Sozialpartner ist die Kommission der Ansicht, dass eine Änderung der Arbeitszeitregelungen für Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen nicht erforderlich ist.

[1] Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, ABl. L 307 vom 13.12.1993, S. 18.

[2] Richtlinie 2000/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 2000 zur Änderung der Richtlinie 93/104/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in den Sektoren und Tätigkeitsbereichen, die von dieser Richtlinie ausgeschlossen sind, ABl. L 195 vom 1.8.2000, S. 41.

[3] Vgl. Artikel 2 der Richtlinie 2000/34/EG.

[4] Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, ABl. L 299 vom 18.11.2003, S. 9.

[5] Übereinkommen von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht von 1980 (konsolidierte Fassung), ABl. C 27 vom 26.1.1998, S. 34.

[6] Gesetz Nr. 630 vom 1. Juli 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitorganisation auf Offshore-Anlagen.

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