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Document 52006AE0584

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt KOM(2005) 429 endg. — 2005/0191 (COD)

OJ C 185, 8.8.2006, p. 17–19 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

8.8.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 185/17


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt“

KOM(2005) 429 endg. — 2005/0191 (COD)

(2006/C 185/03)

Der Rat beschloss am 16. November 2005 gemäß Artikel 80 Absatz 2 des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 24. März 2006 an. Berichterstatter war Herr McDONOGH.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 426. Plenartagung am 20./21. April 2006 (Sitzung vom 20. April) mit 134 gegen 2 Stimmen folgende Stellungnahme:

1.   Empfehlungen

1.1

Die Mitgliedstaaten sollten das Recht haben, aufgrund von Sicherheitsbewertungen strengere Maßnahmen als die in dieser Verordnung festzulegenden zu ergreifen unter der Bedingung, dass sie diese aus ihrem Haushalt finanzieren.

1.2

Jeder Mitgliedstaat sollte eine einzige Behörde benennen, die für die Koordinierung und Überwachung der Anwendung der Sicherheitsnormen zuständig ist.

1.3

Jeder Mitgliedstaat sollte ein nationales Sicherheitsprogramm für die Zivilluftfahrt ausarbeiten.

1.4

Zur Überwachung der Anwendung des neuen Rechtsaktes durch die Mitgliedstaaten und zur Aufdeckung von Schwachstellen in der Luftsicherheit sollte die Europäische Kommission — auch unangekündigte — Inspektionen durchführen.

1.5

Um zu ermöglichen, dass umsteigende Fluggäste und umgeladenes Gepäck bei Ankunft mit einem Flug aus einem Drittland von der Kontrolle ausgenommen werden (Konzept der einmaligen Sicherheitskontrolle — „one stop security“) und dass mit solchen Flügen angekommene Fluggäste mit sicherheitskontrollierten abfliegenden Fluggästen zusammenkommen können, sollten harmonisierte Abkommen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern gefördert werden, in denen festgehalten wird, dass die in dem betreffenden Drittland angewendeten Sicherheitsvorschriften denen der Gemeinschaft gleichwertig sind.

1.6

Der Ausschuss begrüßt die Initiative der Europäischen Kommission und unterstützt uneingeschränkt die wesentlichen Grundsätze dieses Vorschlags.

1.7

Der Ausschuss befürwortet außerdem der Einführung gemeinsamer Bestimmungen für die Flughafensicherheit. Da es innerhalb Europas sehr unterschiedliche Vorschriften gibt, ist es wichtig, diese zu harmonisieren.

1.8

Im Zusammenhang mit Kapitel 1, Ziffer 1.2, Punkt 5 und 11 des Anhangs und vor dem Hintergrund der Freizügigkeit in der Europäischen Union und der Verfügbarkeit von Arbeitskräften aus Drittstaaten kann die Europäische Kommission die nationalen Behörden, Flughäfen, Luftfahrtunternehmen usw. bei der Prüfung der persönlichen Informationen potenzieller Mitarbeiter unterstützen, um die Anforderungen für die Zuverlässigkeitsprüfungen zu erfüllen.

1.9

Die in Artikel 1 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags festgehaltenen Ziele sollten geändert werden, um klarzustellen, dass die Sicherheitsmaßnahmen dem Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen dienen, die eine Gefahr für die Sicherheit der Zivilluftfahrt darstellen, aber nicht dazu gedacht sind, andere Arten unrechtmäßiger Eingriffe wie Diebstahl und Schmuggel anzugehen.

1.10

Die Europäische Kommission sollte eine umfassende Politik zur Finanzierung der Sicherheitsmaßnahmen in der Zivilluftfahrt ausarbeiten und umsetzen. Diese Maßnahmen sind Teil der Verpflichtung der einzelnen Mitgliedstaaten zur Sicherstellung der nationalen Sicherheit zum Schutz ihrer Bürger vor Terrorgefahren.

1.11

In diesem Verordnungsvorschlag sollte ein Mechanismus zur Folgenabschätzung für jedweden weiteren Vorschlag für Sicherheitsmaßnahmen für die Industrie vorgesehen werden, um sicherzustellen, dass die Kosten und die Auswirkungen einer bestimmten Maßnahme im Vergleich zu ihrer Wirksamkeit nicht überproportional hoch ist.

2.   Einleitung

2.1

Die Europäische Kommission bezweckt mit ihrem Legislativvorschlag, den bestehenden Rechtsrahmen der Europäischen Union (Verordnung (EG) Nr. 2320/2002) klarer zu fassen, eine Grundlage für die gemeinsame Auslegung der von der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) festgelegten internationalen Anforderungen zu schaffen, sensible Informationen nicht öffentlich zugänglich zu machen und ein noch größeres Augenmerk auf die sich weiterentwickelnden Anforderungen für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt zu richten. Dies soll durch die Durchführung dieser Verordnung gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates zu dem Komitologieverfahren erfolgen, mit dem ein Beschlussfassungsverfahren eingerichtet wurde, in das Vertreter der EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission eingebunden sind.

2.2

Der Vorschlag soll die bestehende Verordnung ersetzen, um eine bessere Rechtsetzung nach folgenden vier Grundsätzen zu erreichen: Vereinfachung, Harmonisierung, Klarheit und höheres Sicherheitsniveau.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Mit diesem Vorschlag wird das Ziel verfolgt, die rechtlichen Anforderungen klarer zu fassen, zu vereinfachen und weiter zu harmonisieren, um die Sicherheit in der Zivilluftfahrt insgesamt zu verbessern.

3.2

Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Verordnung zu sehr ins Detail geht und vereinfacht werden muss.

3.3

Die Kommission stellt zwar den Grundsatz der Subsidiarität nicht in Frage, hält aber bei Sicherheitsmaßnahmen und -verfahren ein größeres Maß an Harmonisierung als bisher für wünschenswert.

3.4

Es sind 25 nationale Systeme entstanden, die Wettbewerbsverzerrungen zur Folge haben können, und es der Industrie unmöglich machen, von den Freiheiten des Binnenmarktes zu profitieren.

3.5

Eine stärkere Harmonisierung ist auch ein wesentliches Element im Konzept der einmaligen Sicherheitskontrolle („one-stop security“), nach dem umsteigende und weiter fliegende Fluggäste sowie Gepäck und Fracht nach dem Umladen bzw. auf dem Weiterflug nicht erneut kontrolliert werden müssen, wenn darauf vertraut werden kann, dass am Abgangs-Flughafen grundlegende Sicherheitsniveaus eingehalten wurden. Auch dieses Element ist von Vorteil für Akteure in einem stark wettbewerbsbestimmten Markt und für die Fluggäste.

3.6

Nach Auffassung der Kommission ist die Fähigkeit, rasch auf sich ständig verändernde Bedrohungen zu reagieren und zu handeln, für die Verbesserung des allgemeinen Sicherheitsniveaus von entscheidender Bedeutung.

3.7

Ihrer Meinung nach ist es jedoch nicht wünschenswert, dass detaillierte Sicherheitsmaßnahmen und -verfahren öffentlich zugänglich sind. Dieses Problem kann gelöst werden, indem betriebspezifische Einzelheiten in Durchführungsbestimmungen aufgenommen werden. Der Ausschuss verweist darauf, dass es von grundlegender Bedeutung ist, dass diese neuen gemeinsamen Bestimmungen den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit eingeschränkter Mobilität gemäß den in der vor kurzem verabschiedeten Ausschussstellungnahme zu diesem Thema festgehaltenen Empfehlungen Rechnung tragen. Sicherheitskontrollen und andere Sicherheitsmaßnahmen sind zwar zulässig und notwendig, könnten aber zum Aufbau weiterer Hürden für Menschen mit eingeschränkter Mobilität und zur Beschneidung ihrer Rechte führen, was den Bemühungen der Europäischen Kommission zuwiderliefe, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität im Luftverkehr die gleichen Möglichkeiten wie den übrigen Bürgern zu bieten.

3.8

Die Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates enthält gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt. Der vorliegende Vorschlag soll diesen Rechtsakt ersetzen.

3.9

Die Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 soll durch eine vereinfachte und klarer gefasste Verordnung ersetzt werden, in der allgemeine Grundsätze festgelegt werden.

3.10

Die einzige neue Zuständigkeit, die angestrebt wird, betrifft Vorschriften für Sicherheitsmaßnahmen während des Flugs, und zwar so verschiedene Bereiche wie den Zugang zum Cockpit, sich Anordnungen widersetzende Fluggäste und Begleitung der Flüge durch Sicherheitsbeamte (sog. „Sky Marshals“). Der Ausschuss spricht sich mit Ausnahme von außergewöhnlichen Umständen gegen den Einsatz derartiger Sicherheitsbeamter aus.

3.11

Die Forderung nach Sicherheitsprogrammen entspricht der derzeit bewährtesten Praxis im Luftfahrtsektor und stellt an sich keine besondere Belastung für die Wirtschaft oder die Verwaltungen dar. Für die Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft sollten diese von den einzelstaatlichen Behörden genehmigt und von den anderen Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt werden.

3.12

Nach Artikel 13 ist jeder Mitgliedstaat verpflichtet, im Rahmen eines nationalen Qualitätskontrollprogramms Maßnahmen zur Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften durchzuführen.

3.13

Laut Artikel 14 kann die Europäische Kommission Inspektionen unter anderem an Flughäfen der Gemeinschaft durchführen.

3.14

Artikel 17 ersetzt den bestehenden Artikel 10 über die Sicherheit von Flügen aus Drittländern. Er sieht Abkommen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern vor, die die Möglichkeit beinhalten, das Umsteigen und den Weiterflug von Fluggästen sowie die Umladung oder Weiterbeförderung von Gepäck und Fracht auf Flughäfen der Gemeinschaft ohne nochmalige Durchsuchung und/oder zusätzliche Sicherheitskontrollen abzuwickeln.

3.15

Dieses Ziel sollte sowohl durch die Festlegung gemeinsamer Vorschriften und Normen für die Luftsicherheit als auch durch Mechanismen für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften erreicht werden.

3.16

Der Inhalt der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 sollte im Lichte der gewonnenen Erfahrungen überprüft werden, und die Verordnung selbst sollte durch einen neuen Rechtsakt ersetzt werden, dessen Ziel die Vereinfachung, Harmonisierung und klarere Fassung der bestehenden Vorschriften sowie die Verbesserung des Sicherheitsniveaus ist.

3.17

Da bei der Verabschiedung von Sicherheitsmaßnahmen und -verfahren mehr Flexibilität notwendig ist, um auf sich verändernde Risikobewertungen zu reagieren und die Einführung neuer Technologien zu ermöglichen, sollten in der neuen Rechtsvorschrift die grundlegenden Prinzipien für Maßnahmen zum Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen festgelegt werden.

3.18

Mit diesem neuen Regelwerk sollen Sicherheitsmaßnahmen festlegt werden, die an Bord von Luftfahrzeugen oder während der Flüge von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft gelten.

4.   Besondere Bemerkungen

Folgende Aspekte sollten bei der Durchführung dieser Verordnung berücksichtigt werden:

4.1

Es müssen gemeinsame Vorschriften zu verbotenen Gegenständen erlassen werden, um Missverständnissen und Kontroversen bei der Sicherheitskontrolle vorzubeugen.

4.2

Im Anhang zu dem Verordnungsvorschlag wird auf „ständige stichprobenartige Durchsuchungen“ hingewiesen, ohne diesen Begriff jedoch näher zu erläutern. Es gilt, eine Begriffsbestimmung einzufügen, um eine einheitliche Auslegung dieses Grundsatzes in ganz Europa sicherzustellen, wenn er bei den Sicherheitskontrollen zur Anwendung kommt.

4.3

Strengere Maßnahmen sollten nur als Reaktion auf eine von der Behörde des Mitgliedstaates im Zuge einer Sicherheitsbewertung festgestellten Terrorgefahr eingeführt werden. Die Einführung strengerer Sicherheitsmaßnahmen widerspricht dem Ziel, die Sicherheitsmaßnahmen in der Zivilluftfahrt in der Europäischen Union zu harmonisieren und einen Raum der einmaligen Sicherheitskontrolle („one-stop security“) einzurichten. Jede weitere zu Abschreckens- oder Vorbeugungszwecken von einem Mitgliedstaat als erforderlich erachtete Sicherheitsmaßnahme muss daher in Absprache mit dem Flughafenbetreiber vereinbart werden, und der Mitgliedstaat muss die Kosten für diese zusätzliche Sicherheitsmaßnahme als Teil seiner Verpflichtung zur Sicherstellung der nationalen Sicherheit zum Schutz seiner Bürger vor Terrorgefahren tragen.

4.4

Bei einigen Fluggesellschaften ist Metallbesteck (z.B. Messer und Gabeln) an Bord untersagt, wohingegen andere derartige Verbote nicht kennen. Daher sollte eine Harmonisierung unter allen Fluggesellschaften gefördert werden.

4.5

Im Gegensatz zu Scheren, Nagelfeilen usw. dürfen Glasflaschen sehr wohl an Bord mitgeführt werden, obwohl es sich um gefährliche Waffen handelt, insbesondere wenn sie zerbrochen werden. Es wird vorgeschlagen, dass alle im zollfreien Verkauf erhältlichen Flaschen sowie alle Flaschen an Bord aus Plastik sind. Andernfalls sollten sie mit dem restlichen Gepäck im Laderaum befördert werden. Vor ihrer Einführung muss eine derartige Regelung allerdings auf internationaler Ebene abgesprochen werden.

4.6

Rettungsausrüstung wie Feuerlöscher und Sicherheitsäxte müssen in einem der Besatzung vorbehaltenen Schließschrank aufbewahrt werden, zu denen die Fluggäste keinen Zugang haben dürfen.

4.7

Die Luftfahrtunternehmen sollten nach Möglichkeit Gepäckcontainer mit verstärkten Wänden verwenden, um sich dem Beispiel der israelischen Fluggesellschaft El Al folgend vor Bombenexplosionen zu schützen.

4.8

Im Interesse der Sicherheit sollten die nationalen Behörden unter dem Blickwinkel auf Alkoholeinfluss zurückzuführender Zwischenfälle die Menge an alkoholischen Getränken, die an Bord ausgeschenkt werden darf, strikt überwachen.

4.9

Das Cockpit ist zwar durch eine verstärkte Tür geschützt, doch könnte sich ein Flugzeugentführer über die dünne Toilettenwand Zugang zum Cockpit verschaffen, befindet sich die Flugzeug-Toilette doch oftmals unmittelbar neben dem Cockpit. Daher müsste auch die Toilettenwand verstärkt werden.

4.10

Artikel 11 sollte auch die Mitarbeiter der Fluggesellschaften und die Handling-Agents erfassen, die oftmals Sicherheitsleistungen erbringen.

4.11

Im Zusammenhang mit Kapitel 11 des Anhangs ist anzumerken, dass alle Sicherheitsausbilder an anerkannten Ausbildungseinrichtungen, z.B. der Europäischen Bildungsanstalt für Luftfahrtsicherheit (EASTI), ausgebildet werden sollten, um die Präsentation der Sicherheitsschulungskurse der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) zu vereinheitlichen. Die nationalen Behörden sollten zur Einführung von nationalen Schulungsprogrammen mit EASTI-zertifizierten Ausbildern verpflichtet werden.

4.12

In Bezug auf Kapitel 4, Ziffer 4.3 des Anhangs sollten die nationalen Behörden (angesichts der steigenden Zahl an Rückführungen illegal aufhältiger Personen usw.) dazu verpflichtet werden, eine Mindestfrist für die Unterrichtung der Luftfahrtunternehmen, Flughafenbetreiber und Bordbesatzungen über die Beförderung eines potenziell gefährlichen Fluggastes festzulegen, damit diese die erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen treffen können, wenn es sich um einen gewöhnlichen Linienflug handelt.

Brüssel, den 20. April 2006

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


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