52004SC0577

Bericht der Kommission - Slowakei - Bericht nach Artikel 104 Absatz 3 EG-Vertrag /* SEK/2004/0577 endg. */


BERICHT DER KOMMISSION - Slowakei - Bericht nach Artikel 104 Absatz 3 EG-Vertrag

1. Einführung und Begründung des Berichts

Am 7. April 2004 veröffentlichte die Kommission ihre Frühjahrsprognose 2004. Nach dieser Prognose, die unter Berücksichtigung der im März 2004 von der Slowakei gemeldeten und von Eurostat bestätigten Daten erstellt wurde, erreichte das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit der Slowakei 2003 3,6% des BIP und lag damit über dem im EG-Vertrag vorgesehenen Referenzwert von 3 % des BIP.

Tabelle 1: Finanzierungssaldo und Schuldenstand des Gesamtstaats (% des BIP)

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Quelle: Eurostat und Frühjahrsprognose 2004 der Kommission.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt belegt das geschätzte Ergebnis für 2003, dass in der Slowakei ein übermäßiges Defizit im Sinne des EG-Vertrags und des Stabilitäts- und Wachstumspakts besteht. Die Kommission hat daher beschlossen, für die Slowakei das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit einzuleiten.

Das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit richtet sich nach Artikel 104 EG-Vertrag und der zum Stabilitäts- und Wachstumspakt gehörenden Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates "über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit".

Artikel 104 Absatz 3 EG-Vertrag lautet: ,Erfuellt ein Mitgliedstaat keines oder nur eines dieser Kriterien [1], so erstellt die Kommission einen Bericht. In diesem Bericht wird berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats. ..."

[1] Diese Kriterien sind: a) ob das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt den Referenzwert von 3% überschreitet, es sei denn, dass entweder das Verhältnis erheblich und laufend zurückgegangen ist und einen Wert in der Nähe des Referenzwerts erreicht hat; oder der Referenzwert nur ausnahmsweise und vorübergehend überschritten wird und das Verhältnis in der Nähe des Referenzwerts bleibt; b) ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum Bruttoinlandsprodukt den Referenzwert von 60 % überschreitet, es sei denn, dass das Verhältnis hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert.

Dieser von der Kommission nach Artikel 104 Absatz 3 erstellte Bericht bewertet die jüngste und die gegenwärtige Haushaltentwicklung in der Slowakei sowie die kurzfristigen Aussichten im Lichte der gesamtwirtschaftlichen Lage und der von der Regierung getroffenen Maßnahmen.

2. Jüngste makroökonomische Entwicklungen und Aussichten

Nach einer Phase kräftigen Wachstums ging das reale BIP-Wachstum 1999 auf 1,5 % zurück. Die finanzpolitische und monetäre Stabilisierung, die notwendig geworden war, nachdem die Slowakei hohe, die Tragfähigkeit in Frage stellende externe Ungleichgewichte aufgewiesen hatte, trug zu der Verlangsamung bei. Anschließend beschleunigte sich das Wachstum parallel zum Übergang zu marktorientierten Strukturreformen allmählich auf Raten von über 4 % in den Jahren 2002 und 2003. In der Frühjahrsprognose 2004 der Kommission wird damit gerechnet, dass sich das robuste Wachstum 2004 und 2005 in etwa mit derselben Rate fortsetzen wird. Das Pro-Kopf-Einkommen in Kaufkraftstandards ist seit 1998 gestiegen und hat inzwischen fast die Hälfte des EU-15-Durchschnitts erreicht.

Die Wachstumszusammensetzung unterlag beträchtlichen Veränderungen. 1999/2000 wurde der Außenbeitrag positiv und sicherte ein stetiges BIP-Wachstum trotz der gedämpften Inlandsnachfrage. 2001/2002 wurde die kräftige Inlandsnachfrage zur treibenden Wachstumskraft und trug zu einer konsuminduzierten Ausweitung des ,Aussenbilanz"-Defizits (auf fast 8 % des BIP 2002) bei. Im Jahr 2003 stiegen die Exporte dank neuer Exportkapazitäten aufgrund von ausländischen Direktinvestitionen steil an, und das ,Aussenbilanz"-Defizit schrumpfte in bemerkenswerter Weise auf unter 1 % des BIP. Trotz des negativen Wachstumsbeitrags inländischer Faktoren sorgte die Auslandsnachfrage für ein Wachstum von über 4 %. Nach der Kommissionsprognose wird die Inlandsnachfrage 2004 und 2005 wieder den wichtigsten Wachstumsmotor darstellen.

Tabelle 2: Makroökonomische Entwicklungen und Aussichten

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(a) Nettokreditaufnahme/-vergabe gegenüber dem Rest der Welt = Leistungsbilanz + Kapitalbilanz

Quelle: Eurostat und Frühjahrsprognose 2004 der Kommission.

Ab 1998 stieg die Arbeitslosenquote infolge der beschleunigten Unternehmensumstrukturierung an und erreichte 2001 einen Hoechststand von über 19 %. Seit 2002 hat die Regierung die tief verwurzelten Strukturprobleme am Arbeitsmarkt energischer in Angriff genommen. So hat sie insbesondere sowohl den Arbeitsanreiz als auch den Anreiz zur Schaffung von Arbeitsplätzen durch eine Reform der Sozialleistungs- und Rentensysteme sowie durch eine umfassende Steuerreform gestärkt. Die Arbeitslosenquote ist allmählich auf derzeit rund 17 % gesunken und wird bis 2005 voraussichtlich um einen weiteren Prozentpunkt zurückgehen. Die Inflationsentwicklung in der Slowakei wurde durch Erhöhungen der administrierten Preise geprägt. Nachdem diese sich ab 1998 beschleunigt hatten, stieg die Inflationsrate 1999 und 2000 rasant auf zweistellige Werte an. Im Wahljahr 2002 kam der Anstieg der administrierten Preise zum Stillstand, und die Inflation ging auf 3½ % zurück. Im Jahr 2003 kam es neben Anhebungen der indirekten Steuern erneut zu erheblichen Erhöhungen der administrierten Preise, die sich auch 2004 fortsetzen. Anschließend dürfte dieser Prozess zum Stillstand kommen, und die Inflation dürfte 2005 erheblich nachlassen, sofern Zweitrundeneffekte unter Kontrolle gehalten werden. Die Geldpolitik ist auf jährliche Inflationsziele ausgerichtet, kombiniert mit einem kontrolliert floatenden Wechselkurs gegenüber dem Euro. Die von den Effekten steigender indirekter Steuern und administrierter Preise unabhängige Kerninflation konnte auf 4 % bis 6 % beschränkt werden, selbst in den Jahren mit einer zweistelligen Headline-Inflation. Seit 2002 ist sie auf rund 2-3 % gesunken. Unterstützt wurde dies durch die feste Slowakische Krone, die von etwa 44 SKK je Euro vor dem Wahlen im September 2002 auf derzeit fast 40 SKK je Euro aufgewertet hat. Abgesehen von 2002 war das Reallohnwachstum moderat oder negativ und dürfte sich 2004 und 2005 ähnlich entwickeln.

3. Lage der Öffentlichen Finanzen

Vor dem Hintergrund eines stetigen robusten Wachstums ist das gesamtstaatliche Defizit gegenüber seinem Hoechststand von 2000 erheblich zurückgegangen. Mit 3,6 % des BIP lag es 2003 jedoch weiterhin über dem Referenzwert von 3 % des BIP. Nach Auffassung der Kommission und der nationalen Behörden wird es auch 2004-2005 über dem Referenzwert liegen. Der Schuldenstand im Verhältnis zum BIP bleibt unter dem Referenzwert von 60 % des BIP.

Die Analyse der Haushaltsentwicklung wird durch die noch bestehenden Datenlücken erschwert. Insbesondere liegt noch keine kohärente Reihe vollständig konsolidierter ESVG-95-Daten für die gesamtstaatlichen Einnahmen und Ausgaben der letzten Jahre vor, worin unter anderem Schwierigkeiten bei der Datenerhebung vor dem Hintergrund der finanzpolitischen Dezentralisierung zum Ausdruck kommen.

3.1. Haushaltsentwicklung bis 2002

Die Entwicklung des gesamtstaatlichen Defizits im Zeitverlauf wurde seit 1998 in hohem Maße durch die budgetären Auswirkungen der früheren Wirtschaftspolitik bestimmt, durch die insbesondere notleidende Kredite im Bankensektor und staatliche Garantien aufgelaufen waren. Um diese Altlasten zu bewältigen, hat die Regierung die drei größten, damals noch staatseigenen Banken 1999 und 2000 umstrukturiert, indem diese Kapitalspritzen erhielten und ihre notleidenden Kredit auf staatliche Konsolidierungsagenturen übertragen wurden. Ein Großteil dieser Kredite wurde anschließend aufgehoben, was sich in defiziterhöhenden Kapitaltransfers von rund 3½ % des BIP 1999 und rund 5½ % des BIP im Jahr 2000 niederschlug. Die Kapitaltransfers aufgrund von Schuldenübernahmen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme bzw. wahrscheinlichen Inanspruchnahme staatlicher Garantien fielen in diesen beiden Jahren mit rund 2½ % des BIP ebenfalls besonders hoch aus. Diese beiden Faktoren erklären den steilen Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits 1999/2000. In den beiden Folgejahren erreichten nur noch die Kapitaltransfers aufgrund von staatlichen Garantien - mit 1,2 % des BIP 2001 und 0,8 % des BIP 2002 - einen signifikanten Umfang, während 2003 keine weiteren Schuldenübernahmen im Zusammenhang mit Garantien gemeldet wurden. Die Vergabe neuer staatlicher Garantien wurde erheblich eingeschränkt.

Werden diese Ausnahmekomponenten aus dem Gesamtdefizit herausgerechnet, so wird deutlich, dass die finanzpolitischen Konsolidierungsanstrengungen 1999 im Zuge des erwähnten makroökonomischen Stabilisierungspakets verstärkt wurden, im Vorlauf zu den Wahlen 2002 jedoch wieder nachließen. Die finanzpolitischen Konsolidierungsanstrengungen bestanden in dieser Zeit vorwiegend aus Ad-hoc-Maßnahmen und fügten sich nicht hinreichend in einen mittelfristigen finanzpolitischen Rahmen ein. Die Regierung verfolgte eine Politik der ESt- und KSt-Senkungen und führte den Anteil dieser Steuern am BIP von 1998 bis 2002 um rund 2 Prozentpunkte zurück. Dies wurde nur teilweise durch einen höheren BIP-Anteil anderer Einnahmen kompensiert, so dass die konsolidierte Gesamteinnahmenquote in diesem Zeitraum um rund 1½ Prozentpunkt des BIP zurückging. [2] Die Ausgleichsmaßnahmen auf der Ausgabenseite waren begrenzt und weder strukturell noch nachhaltig angelegt. Im Gegenteil: Die Ausgabenansätze, namentlich für Sozialtransfers, wurden häufig überschritten und die Haushaltsziele wurden mitunter nur durch Kürzungen nach dem Rasenmäherprinzip oder Einschnitte bei den am wenigsten geschützten Ausgabenposten, unter anderem den Bruttoanlageinvestitionen, im Verlauf des Haushaltsjahres erreicht.

[2] Auf Basis des Government Finance Statistics Manual (GFS) 1986. In diesem Kontext bedeutet dies insbesondere, dass Steuer- und Einnahmenquote auf Kassenbasis berechnet und konsolidiert werden (Datenquelle: IMF Slovak Republic 2003 Article IV Consultation - Statistical Appendix, Table 14).

Das zeitliche Entwicklungsprofil des Primärdefizits spiegelt die Entwicklung der Nettokreditaufnahme wider, auch wenn der Anteil der Zinsaufwendungen von 2½ % des BIP 1998 auf rund 4 % des BIP 2000 und 2001 anstieg und anschließend wieder stetig zurückging (auf 2½ % des BIP 2003). Dieses Profil ergab sich vor allem aus der Schuldenstandsdynamik (siehe Abschnitt 3.4), spiegelte jedoch auch die Zinsentwicklung wider.

Das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit wurde in erster Linie durch die Nettokreditaufnahme des Zentralstaats bestimmt.

Tabelle 3: BIP-Wachstum und gesamtstaatlicher Finanzierungssaldo und Schuldenstand

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Quelle: Eurostat und Frühjahrsprognose 2004 der Kommission.

3.2. Haushaltsentwicklung 2003

Das seit 2002 unveränderte Ziel von 5,0 % des BIP für das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit wurde mit einem tatsächlichen Ergebnis von 3,6 % des BIP im Jahr 2003 erheblich unterschritten.

Die Haushaltsplanung für das Jahr 2003 erfolgte im Kontext des Wahljahres und des Regierungswechsels nach den Wahlen im September 2002. Die Haushaltsprojektionen wurden durch strukturelle Veränderungen erschwert, die 2003 als erste Schritte der umfassenden Reformagenda der neuen Regierung zum Tragen kamen. Die beim Haushaltsprozess zu Grunde gelegten zentralen makroökonomischen Annahmen stellten sich als eher konservativ heraus. So fiel insbesondere das BIP-Wachstum sowohl real als auch nominal rund ½ Prozentpunkt höher aus als erwartet.

Tabelle 4: Ziele für den gesamtstaatlichen Finanzierungssaldo 2003 und geschätztes Ergebnis

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Quelle: Kommissionsdienststellen.

Trotz dieses höheren Wachstums fielen die gesamtstaatlichen Einnahmen im Verhältnis zum BIP 2,4 Prozentpunkte des BIP geringer aus als geplant. [3] Insbesondere die Steuereinnahmen wurden beträchtlich überschätzt und blieben rund 7 % hinter den Haushaltsansätzen zurück. Ausschlaggebend waren vor allem Mindereinnahmen bei der MwSt, die aufgrund veränderter Steuersätze und Rückerstattungsbedingungen besonders schwer einzuschätzen war. Dass die für 2004 geplanten Verbrauchsteuererhöhungen auf August 2003 vorgezogen wurden, glich die niedrigeren MwSt-Einnahmen nur zum Teil aus. Auch die Sozialversicherungsbeiträge waren etwas überschätzt worden. Infolge dieser Entwicklungen (und des höheren BIP) blieb der BIP-Anteil der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge 2,9 Prozentpunkte hinter den Erwartungen zurück. Mehreinnahmen aus anderen Quellen als Steuern, namentlich die unerwartet hohen Zinseinkünfte aus den Einlagen des Staates bei der Slowakischen Nationalbank, minderten diesen Effekt, denn die nichtsteuerlichen Einnahmen waren im Verhältnis zum BIP 0,5 Prozentpunkte höher als erwartet.

[3] Schätzungsweise 37,4% des BIP in konsolidierter Betrachtung.

Die gesamtstaatlichen Ausgaben im Verhältnis zum BIP [4] fielen 3,8 Prozentpunkte geringer aus als erwartet. Die folgenden Ausgabenposten trugen etwa in gleichem Maße zu diesem Ergebnis bei, denn ihr BIP-Anteil war jeweils ½ bis 1 Prozentpunkt geringer als geplant: (1) die Sozialtransfers, bei denen - im klaren Gegensatz zur Vergangenheit - Ausgabenüberschreitungen vermieden wurden und mehrere Einzelposten besser abschnitten als erwartet. Insbesondere wirkten sich die strengeren Registrierungsbedingungen für Arbeitslose und das kräftigere BIP-Wachstum positiv auf die Aufwendungen für Arbeitslosengeld und Sozialhilfe aus, während die seit Mitte 2003 geltenden Zuzahlungen zu Gesundheitsleistungen offenbar maßgeblich zur Eindämmung der Gesundheitskosten beigetragen haben; (2) die Lohnsumme, durch geringere Lohnerhöhungen auf den dezentralen Staatsebenen; (3) die Zinsausgaben aufgrund unerwartet niedriger Zinssätze; (4) die Subventionen und (5) die Kapitalausgaben. Die Einsparungen bei Subventionen und Kapitalausgaben entstanden zum Teil durch den Aufschub von Ausgaben, unter anderem weil sich die Durchführung von EU-geförderten Projekten verzögerte.

[4] Schätzungsweise 41% des BIP in konsolidierter Betrachtung.

3.3. Aussichten für 2004

Der im Dezember 2003 vom Parlament verabschiedete Haushalt für 2004 sieht ein gesamtstaatliches Defizit von 4,0 % des BIP vor. Seinerzeit hätte dies im Vergleich zum erwarteten Defizit in 2003 einer Defizitverringerung um 1 Prozentpunkt entsprochen. Angesichts des günstigeren Ergebnisses für 2003 bedeutet dies nun aber eine Ausweitung des Defizits um 0,4 Prozentpunkte, die ausschließlich durch eine Erhöhung der geplanten Ausgaben im Verhältnis zum BIP bedingt ist. Vor dem Hintergrund der weit reichenden Reformen sowohl auf der Einnahmen-- als auch auf der Ausgabenseite rechnet die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2004 damit, dass die Regierung ihr Ziel - mit einem prognostizierten Defizit von 4,1 % des BIP - in etwa erreichen wird.

Auf der Einnahmenseite sieht der Haushalt eine umfassende Steuerreform vor, die ab Januar 2004 in Kraft gesetzt wurde. Sie sieht einen Steuertarif mit konstantem Steuersatz für die KSt und ESt sowie einen einheitlichen MwSt-Satz, in allen Fällen in Höhe von 19 %, vor. Zuvor hatte der KSt-Satz bei 25 %, der ESt-Satz zwischen 10 % und 38 % und der MwSt-Satz bei 14 % bzw. 20 % gelegen. Die Steuerreform sorgt für mehr Transparenz, führt zu einer Verlagerung von der direkten hin zur indirekten Besteuerung und dürfte die Anreize und das Wachstum stärken. Außerdem wurden die Beitragssätze zur Kranken- und Sozialversicherung gesenkt, wenn auch in geringerem Maße, d.h. auf ein immer noch vergleichsweise hohes Gesamtniveau von annähernd 48 % der Bruttolöhne. Vor allem infolge der letztgenannten Maßnahme soll der BIP-Anteil der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gegenüber dem Ergebnis von 2003 um rund 1 Prozentpunkt sinken. Dies wird in etwa durch die Entwicklung des BIP Anteils verschiedener anderer Einnahmen kompensiert. Demgemaess soll, in konsolidierter Betrachtung, die auf das BIP bezogene Einnahmenquote weitgehend unverändert bleiben.

Auf der Ausgabenseite hat die Regierung weitere anreizstärkende Strukturreformen bei den Sozialtransfers durchgeführt. Die wichtigsten Reformbereiche sind: die Renten nach dem Umlageverfahren (eine kapitalgedeckte Säule soll 2005 eingeführt werden), die Leistungen bei Krankheit, die Sozialhilfe und sonstigen Sozialleistungen (z.B. Kindergeld) sowie die Gesundheitsfürsorge. Im Ergebnis soll der BIP-Anteil der Sozialtransfers gegenüber dem Ergebnis von 2003 um fast 1 Prozentpunkt sinken. Allerdings wird dies durch die Entwicklung verschiedener anderer Ausgabenkategorien im Verhältnis zum BIP mehr als ausgeglichen. Alles in allem steigen die Ausgaben im Verhältnis zum BIP gegenüber dem Ergebnis für 2003 um 0,4 Prozentpunkte.

3.4. Jüngste Schuldenentwicklung und Aussichten

Der Schuldenstand im Verhältnis zum BIP bleibt unter dem im EG-Vertrag vorgesehenen Referenzwert von 60 % des BIP. Die Entwicklung der Schuldenquote im Zeitraum 1998 bis 2003 wurde vor allem durch zwei Faktoren bestimmt: erstens die Umstrukturierungen im Bankensektor und die Schuldenübernahmen im Zusammenhang mit staatlichen Garantien, die 1999 und 2000 zu einem steilen Anstieg der Schuldenquote von unter 30 % auf nahezu 50 % des BIP führten, und zweitens größere Privatisierungen, die den Anstieg der Schuldenquote bremsten und in den Jahren 2001 und 2002 zu ihrem Rückgang auf rund 43 % des BIP beitrugen. 2004 wird mit einem Anstieg der Schuldenquote um rund 2½ Prozentpunkte gerechnet, der vorwiegend durch ,stock-flow"-Anpassungen bedingt ist. Diese ergeben sich vor allem daraus, dass das nach dem Grundsatz der Periodenabgrenzung berechnete Defizit unter dem Kassendefizit liegt, was wiederum auf Verzögerungen bei der MwSt- und Verbrauchsteuererhebung bei Importen aus anderen EU-Mitgliedstaaten infolge der beitrittsbedingt veränderten Verwaltungsverfahren zurückzuführen ist.

Tabelle 5: Schuldendynamik

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Quelle: Eurostat und Frühjahrsprognose 2004 der Kommission.

4. Sonstige einschlägige Faktoren

4.1. Mittelfristige Aussichten

Nach dem im August 2003 von der Slowakei vorgelegten Vor-Beitritts-Wirtschaftsprogramm wollte die Regierung das gesamtstaatliche Defizit bis 2006 unter den im EG-Vertrag vorgesehenen Referenzwert von 3 % des BIP senken. Allerdings wurde bei dieser Zielsetzung noch nicht berücksichtigt, dass dem Gesamtstaat durch die Umlenkung von Rentenbeiträgen vom Umlagesystem hin zur neuen obligatorischen kapitalgedeckten Säule [5] Mindereinnahmen von schätzungsweise 0,7 % des BIP 2005 und 1 % des BIP 2006 und 2007 entstehen werden. Die Behörden haben zu verstehen gegeben, dass sie die Erreichung des im EG-Vertrag vorgesehenen Referenzwerts in Anbetracht der zu erwarteten zusätzlichen Finanzierungslücke um ein Jahr auf 2007 verschieben wollen. Die Einführung der kapitalgedeckten Säule trägt zur mittel- und langfristigen Tragfähigkeit des Rentensystems bei.

[5] Siehe Eurostat-Entscheidung über die Klassifizierung von Pensionssystemen im Kapitaldeckungsverfahren (Eurostat-Pressemitteilung 30/2004).

4.2. Investitionen

Nach Artikel 104 Absatz 3 EG-Vertrag wird in dem vorliegenden Kommissionsbericht ,auch berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft". Das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit der Slowakei lag seit 1999 durchgängig über den gesamtstaatlichen Bruttoanlageinvestitionen (siehe Tabelle 3), die sich um 3% des BIP bewegten.. Dies ist nur wenig mehr als der EU-15-Durchschnitt von 2,3 % des BIP im selben Zeitraum. Diese positive aber geringe Differenz muss vor dem Hintergrund des Investitionsbedarfs, der mit dem wirtschaftlichen Aufholprozess der Slowakei verbunden ist, und der anstehenden Kofinanzierungsverpflichtungen fuer EU-gefoerderte Projekte gesehen werden.

4.3. ,Aussenbilanz"

1998 erreichte das ,Aussenbilanz"-Defizit [6] 9 % des BIP und trug zu schweren Devisenmarktspannungen bei. Die slowakischen Behörden gaben die Wechselkursbindung auf und führten ein monetäres und finanzpolitisches Stabilisierungspaket ein, mit dem das ,Aussenbilanz-Defizit 1999 und 2000 um über die Hälfte reduziert wurde. Die negative Differenz von privater Ersparnis zu privaten Investitionen und das Haushaltsdefizit gingen mit einer zunehmend konsuminduzierte Ausweitung des ,Aussenbilanz"-Defizits auf rund 8 % des BIP 2001 und 2002 einher. Die Senkung des gesamtstaatlichen Defizits im Jahr 2003 schuf günstige Rahmenbedingungen für Zinssenkungen der Slowakischen Nationalbank, die implementiert wurden, um den Aufwertungsdruck und potenzielle Einbußen bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu verringern. Dies kam den Exporten zugute, die dank einer durch ausländische Direktinvestitionen induzierten Erweiterung der Exportkapazität real um etwa 22 % in die Höhe schnellten. Infolgedessen verengte sich das ,Aussenbilanz"-Defizit in bemerkenswerter Weise auf weniger als 1 % des BIP 2003. Im Vorausschätzungszeitraum der Kommissionsprognose vom Frühjahr, d.h. bis 2005, wird mit einem erneuten Anstieg des ,Aussenbilanz"-Defizits auf 3½ % des BIP gerechnet, da der inländische Verbrauch und die inländischen Investitionen zunehmen und die private Nettoersparnis entsprechend zurückgeht. In den Folgejahren ist aufgrund der weiteren Beschleunigung des inländischen Verbrauchs und der inländischen Investitionen nicht auszuschließen, dass sich der ,Aussenbilanz"-Defizit wieder in weniger tragfähige Regionen zurueckbewegt, was schon aus sich heraus dem Umfang des Haushaltsdefizits Grenzen setzen könnte.

[6] Nettokreditaufnahme/-vergabe gegenüber dem Rest der Welt = Leistungsbilanz + Kapitalbilanz. Nach dem gegenwärtigen System volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen entspricht dies dem in Artikel 121 Absatz 1 EG-Vertrag verwendeten Begriff der ,Leistungsbilanzen".

5. Fazit

Vor dem Hintergrund eines beständigen robusten Wachstums ging das gesamtstaatliche Defizit der Slowakei 2003 auf 3,6% des BIP zurück, ueber dem 3% Referenzwert. Außerdem ist die Überschreitung des Referenzwerts von 3 % des BIP für das gesamtstaatliche Defizit im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumspakts weder auf ein außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle der slowakischen Behörden entzogen hätte, noch auf einen schweren Wirtschaftsabschwung zurückzuführen.

Nach der Frühjahrsprognose 2004 der Kommission und nach den slowakischen Behörden wird das gesamtstaatliche Defizit 2004 mit rund 4 % des BIP deutlich über dem Referenzwert von 3 % des BIP liegen. Der Schuldenstand im Verhältnis zum BIP dürfte sich nach der Vorausschätzung um rund 2½ Prozentpunkte auf rund 45 % des BIP im Jahr 2004 erhöhen.