52002DC0257

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Clearing und Abrechnung in der Europäischen Union - Die wichtigsten politischen Fragen und künftigen Herausforderungen /* KOM/2002/0257 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT - Clearing und Abrechnung in der Europäischen Union - Die wichtigsten politischen Fragen und künftigen Herausforderungen

Beim Clearing und bei der Abrechnung handelt es sich um diejenigen Prozesse, mittels deren die Wertpapiermarktgeschäfte abgewickelt werden und die für das Funktionieren des Finanzsystems unabdingbar sind. Im Zusammenhang mit der Vollendung des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen ist es von großer Bedeutung, über leistungsfähige (d.h. kostenwirksame, wettbewerbsfähige und sichere) Clearing- und Abrechnungssysteme für die gesamte EU zu verfügen. Im Hinblick auf inländische Wertpapiergeschäfte sind die bestehenden Clearing- und Abrechnungssysteme in der EU weitgehend leistungsfähig. Allerdings bestehen diese Systeme nur auf nationaler Basis und arbeiten nicht so zusammen, dass sie für eine leistungsfähige nachbörsliche Verarbeitung grenzübergreifender Transaktionen sorgten. Ohne ein effizientes grenzübergreifendes Clearing bzw. eine wirksame grenzübergreifende Abrechnung können die Vorteile des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen nicht voll genutzt werden.

Ein Großteil der Ineffizienz beim grenzübergreifenden Clearing bzw. der grenzübergreifenden Abrechnung in der EU rührt von der Fragmentierung der Systeme her, die wiederum ein Ergebnis der nationalen Unterschiede bei den technischen Anforderungen/ Marktpraktiken, den Steuerverfahren und den auf Wertpapiere anwendbaren Rechtsvorschriften ist. Da ein gemeinsamer Regulierungsansatzes auf dem Gebiet des Clearing und der Abrechnung fehlt, können Bedenken hinsichtlich der operationellen und aufsichtlichen Risiken ebenfalls sich als ein Hindernis für die Entwicklung einer grenzübergreifenden Tätigkeit auswirken. Die Schaffung eines integrierten Umfeldes für die Clearing- und Abrechnungstätigkeit ist folglich eine wichtige Vorbedingung für eine leistungsfähige nachbörsliche Abwicklung aller Wertpapiergeschäfte in der EU. Diesbezüglich hat die Kommission zwei wesentliche politische Ziele abgesteckt.

Das erste Ziel besteht darin, die Hindernisse für den Abschluss individueller grenzübergreifender Transaktionen zu beseitigen, die in Form nationaler Unterschiede bei den technischen Anforderungen/ Marktpraktiken, Steuerverfahren und für Wertpapiere geltenden Rechtsvorschriften bestehen können. Nach Auffassung der Kommission ist die Beseitigung der auf technischen Anforderungen beruhenden Hindernisse zunächst einmal eine Angelegenheit des Privatsektors. Dennoch können die nationalen Behörden und die EU-Einrichtungen in diesem Prozess eine Rolle spielen, indem sie zur Harmonisierung mittels der Entwicklung von Standards ermutigen. Die verbleibenden Hindernisse verlangen nach einem Einschreiten der öffentlichen Hand bedürfen, wie z.B. bei der Definition der Rechtsordnung, die für Wertpapiergeschäfte und Wertpapierbesitz in der EU anwendbar sein soll.

Da die Beseitigung der Hindernisse allein nicht unbedingt zu einem fairen und wettbewerbsfreundlichen Umfeld führt, besteht das zweite Ziel darin, Wettbewerbsverzerrungen oder die ungleiche Behandlung von Instituten auszuräumen, die ähnliche Clearing- und Abrechnungsdienstleistungen erbringen. Eine voll integrierte Clearing- und Abrechnungsinfrastruktur in der EU würde es erforderlich machen, dass die Zugangsrechte zu den Systemen umfassend, transparent, objektiv und vor allem leistungsfähig sind. Die Marktteilnehmer sollten nicht gezwungen sein, ihre Anlageentscheidungen aufgrund der Belegenheit der Gegenpartei, der Wertpapiere oder der Infrastruktur zu treffen. Vielmehr sollte es einen allgemeinen Zugang (d.h. aller Märkte, Infrastrukturbetreiber und Marktteilnehmer) zu allen erforderlichen Systemen geben. Ein erster Schritt hin zu diesem Ziel ist die vorgeschlagene Änderung der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie, die die Möglichkeit der Wahl der Systeme für die nachbörsliche Abwicklung festschreibt. Parallele Maßnahmen auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik können diese Vorgehensweise noch verstärken.

Integrierte und wettbewerbsfähige EU-Clearing- und Abrechnungssysteme müssen den hohen Standards für Marktintegrität und Finanzstabilität genügen. Zu diesem Zweck bedarf es einer gemeinsamen Auffassung über einen angemessenen Regulierungs- und Aufsichtsrahmen für die Erbringer von Clearing- und Abrechnungsdienstleistungen. Dies ist das Motiv, das hinter der ergänzenden Initiative seitens der Wertpapierregulierungsbehörden und der Zentralbanken steht, die darauf abzielt, gemeinsame Standards zu entwickeln. Mit der Umsetzung dieser Normen sollten allmählich die Bedenken der Regulierungsbehörden gegen Systeme in anderen Mitgliedstaaten abgebaut werden. Gemeinsame Standards können sich jedoch als unzureichend erweisen, wenn es um die Schaffung eines fairen und stabilen Rahmens für die grenzübergreifende Nutzung von Clearing- und Abrechnungssystemen geht. Sollte dies der Fall sein, so könnten einige richtungsweisende Grundsätze (wie z.B. die Definition der relevanten Aufgaben, die Zulassung von Systembetreibern und die Regelung ihrer laufenden Beaufsichtigung) auf EU-Ebene gesetzlich verankert werden. Auch könnten in diesem Zusammenhang Vorschriften in Bezug auf die Eigenkapitalregelung, die Gegenpartei-Ausfallregeln und/ oder die Risikomanagementtechniken für diese Institute angesprochen werden.

In dieser Mitteilung soll nicht auf die Vorzüge des unterschiedlichen Aufbaus und der unterschiedlichen Modelle erörtert werden, die Basis für die Erbringung europaweiter Clearing- und Abrechnungsdienstleistungen darstellen. Die Wahl eines bestimmten Aufbaus sollte vielmehr durch den Markt bestimmt werden, wobei allerdings legitime Beschränkungen des Allgemeininteresses zu beachten sind (z.B. fairer Wettbewerb, angemessener Anlegerschutz und möglichst gering gehaltene Systemrisiken). Wichtig ist es allerdings, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Marktkräfte auf einen Aufbau hinwirken können, der für eine leistungsfähige Clearing- und Abrechnungsinfrastruktur in der EU am besten geeignet ist.

Bei dieser Mitteilung handelt es sich um einen ersten Schritt auf dem Weg zur Entwicklung einer Politik für das Clearing und die Abrechnung in der EU. Alle interessierten Parteien werden gebeten, ihre Kommentare bis zum 31. August 2002 an die folgende Adresse zu übermitteln: Europäische Kommission, GD MARKT F2, B-1049 Brüssel. E-Mail-Anschrift: markt-clearing-settlement@cec.eu.int

I EINLEITUNG

Leistungsfähige und in ihrer Struktur solide Finanzmärkte sind für Emittenten und Anleger weltweit wettbewerbsfähiger und attraktiver [1]. Wenn der EU-Finanzmarkt auf globaler Ebene konkurrenzfähig sein will, muss er tief, liquide, leistungsfähig, sicher, transparent und kostenwirksam sein. Die Bewertung der Attraktivität eines Marktes wird nicht nur durch die direkten Kosten der Benutzung der Märkte und Systeme, sondern auch die Funktionstüchtigkeit, die bereit steht, beeinflusst werden sowie durch weniger direkte Überlegungen wie die effiziente Verwendung von Finanzsicherheiten. Wenn die Kosten für die Verwendung europäischer Clearing- und Abrechnungssysteme zu hoch liegen oder wenn die Infrastruktur die erwünschte Funktionstüchtigkeit nicht unterstützt, dann werden die Marktteilnehmer u.U. nicht in solche Märkte investieren bzw. auf andere, potenziell mit höheren Risiken behaftete Methoden zurückgreifen, um grenzüberschreitende Transaktionen abzuwickeln. Anleger benötigen eindeutig Zugang zu den Märkten, in die sie investieren wollen. So müssen sie z.B. in der Lage sein, von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Instituten ausgegebene Anteilspapiere zu vernünftigen Kursen zu erwerben und zu halten. Übermäßig hohe grenzüberschreitende Kosten müssen beseitigt werden, so wie auch erhöhte rechtliche oder sonstige Risiken, die sich aus einem ineffizienten Clearing- und Abrechnungsprozess ergeben, so gering wie möglich gehalten werden, um zu einem wahrhaft integrierten europäischen Wertpapiermarkt zu gelangen.

[1] Auf dem Europäischen Rat von Lissabon wurde die Bedeutung der Schaffung eines vollständig integrierten und effizienten Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen bis zum Jahr 2005 unterstrichen. Auch in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Stockholm wurde die ausschlaggebende Rolle betont, die den Finanzmärkten im Hinblick auf die gesamte europäische Wirtschaft zukommt.

Die Art der Probleme in diesem Bereich ist in jüngster Zeit klarer geworden. So wurde auf das Thema von Clearing und Abrechnung indirekt in den beiden Konsultationen der Kommission zur Aktualisierung der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie eingegangen. Auch im ersten Bericht der Giovannini-Gruppe [2] wird die derzeitige europäische "Landschaft" auf dem Gebiet des Clearing und der Abrechnung [3] beschrieben. Ein weiterer Bericht, in dem die möglichen Entwicklungen bei den Clearing- und Abrechnungssystemen analysiert werden sollen, soll zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2002 vorgelegt werden. Die G30 [4] arbeitet derzeit Empfehlungen zur Minimierung der Risiken und zur Maximierung der Leistungsfähigkeit beim Betrieb derartiger Systeme aus. Das Europäische Zentralbanksystem (EZBS) und der Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden ("Committee of European Securities Regulators"/CESR) haben eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingesetzt, um Themen von gemeinsamem Interesse im Bereich des Clearings und der Abrechnung zu erörtern. [5] Insbesondere erwägen sie die Annahme gemeinsamer Standards für Clearing- und Abrechnungseinrichtungen in Europa, die sich auf die CPSS-IOSCO [6]-Empfehlungen [7] und auf die Normen für das Risikomanagement stützen würden, die von der "European Association of Central Counterparty Clearing Houses" (EACH) aufgestellt wurden.

[2] Eine Gruppe von Sachverständigen, die die Kommission in Kapitalmarktfragen berät.

[3] Grenzübergreifende Clearing- und Abrechnungssysteme in der Europäischen Union, Zeitschrift "Europäische Wirtschaft" der Europäischen Kommission (Nr. 163 vom November 2001) (http://europa.eu.int/comm/economy_finance/giovannini/clearing_settlement_en.htm).

[4] Eine hochrangige beratende Gruppe auf dem Gebiet internationaler Wirtschafts- und Währungsfragen

[5] Die Kommission hat in der Arbeitsgruppe einen Beobachterstatus inne.

[6] "Committee on Payments and Settlements Systems" der G10-Zentralbanken und "International Organisation of Securities Commissions"

[7] "Recommendations for Securities Settlement Systems", Bericht der CPSS-IOSCO Task Force, November 2001. Die Empfehlungen wurden generell von den Zentralbanken und Wertpapiermarktregulierungsbehörden akzeptiert, da sie Mindestnormen für die beim Abschluss von Transaktionen involvierten Systeme darstellen.

Auf der Grundlage der durch die genannten Arbeiten verfügbaren Informationen wird dieses Konsultationsdokument die allgemeine Politik der Kommission auf diesem Gebiet und mögliche Ansätze für weitere Schritte erläutern. Kommentare werden erbeten vom Europäischen Parlament und vom Rat sowie von den nationalen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden, sonstigen Organisationen und Verbänden auf EU- und auf nationaler Ebene, den Marktteilnehmern, den institutionellen Anlegern und den Systembetreibern sowie allen sonstigen interessierten Parteien. Die Kommission hätte gern Stellungnahmen zum allgemeinen politischen Ansatz wie auch zu den spezifischen in diesem Text behandelten Fragen eingeholt.

II WAS IST CLEARING UND ABRECHNUNG & WARUM IST ES WICHTIG-

Beim Clearing und bei der Abrechnung handelt es sich um Prozesse, mittels deren Wertpapiergeschäfte oder Derivatetransaktionen zum Abschluss gebracht werden - d. h. der Käufer erhält das Finanzinstrument und der Verkäufer die entsprechende Zahlung [8]. Will man es in einem Bild ausdrücken, so laufen diese Prozesse im "Maschinenraum" der Finanzmärkte ab. Der Prozess besteht aus mehreren Komponenten, die aber nicht notwendigerweise für jede Transaktion gleich gelten:

[8] Der Einfachheit halber wird in dieser Mitteilung der Begriff "'Clearing und Abrechnung" als Oberbegriff verwendet, um das volle Spektrum der Tätigkeiten abzudecken, die beim Abschluss einer Transaktion involviert sein könnten.

- Bestätigung der Bedingungen des Abschlusses ;

- Berechnung der Verpflichtungen, die sich für jede der betroffenen Parteien ergeben - dabei handelt es sich um den Prozess der Berechnung ("Clearance"), der Netto- oder Bruttoverpflichtungen zum Ergebnis haben kann;

- Eine zentrale Gegenpartei kann sich zwischen die beiden Parteien eines Abschlusses stellen und somit zur Gegenpartei für die beiden Seiten der Transaktion werden;

- Lieferung ("delivery") der beim Abschluss involvierten Wertpapiere bei gleichzeitiger entsprechender Zahlung (" payment") ("delivery versus payment" /dvp) führt zur Abrechnung ("settlement");

- Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren im Depot ("custody");

- Ggf. Registrierung der Eigentumsverhältnisse an Wertpapieren in einem gesetzlichen Verzeichnis.

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Leistungsfähige nachbörsliche Prozesse sind von großer Bedeutung, will man es den Marktteilnehmern (d. h. Emittenten, Anlegern und Intermediären) gestatten, wirksam auf einem integrierten EU-Finanzmarkt zu agieren. Dementsprechend müssen parallel zur Umsetzung des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen Bemühungen unternommen werden, um die Clearing- und Abrechnungssysteme in der EU zu verbessern.

Darüber hinaus sind Clearing- und Abrechnungssysteme mit zentralen Gegenparteien für die Stabilität des Finanzsystems wichtig: Die Wertpapierabrechnungssysteme halten nämlich Vermögenswerte, die zur Sicherung der Zahlungen in Großbetragszahlungssystemen verwendet werden und als Sicherheiten bei geldpolitischen Transaktionen dienen. Die zentralen Gegenparteien sind dabei der einzige Risikokonzentrationspunkt auf den Märkten, denen sie dienen. Die Risikomanagementpraktiken und die umfassende Beaufsichtigung dieser Systeme sind folglich wichtig um zu gewährleisten, dass das Finanzsystem effizient, liquide, geordnet und solide ist.

III DERZEITIGE LAGE

Das Interesse an europaweiten Finanztätigkeiten hat zugenommen

Die Marktteilnehmer fordern Verbesserungen der Leistungsfähigkeit sowie Senkungen der Kosten der Abwicklung grenzüberschreitender Transaktionen. In diesem Zusammenhang äußern sie eine Reihe von Anliegen: So wollen Großbanken und Wertpapierfirmen, die auf einer Reihe von Märkten tätig sind, in der Lage sein, die von ihnen gehaltenen Wertpapiere in einem einzigen System zu zentralisieren, um die Sicherheiten bestmöglichst zu nutzen und die Kosten so gering wie möglich zu halten. Die institutionellen Anleger befürworten eine Kostensenkung, wenn es um die Anlage in unterschiedliche Wertpapierportfolios in der gesamten EU geht. Die Emittenten erwünschen sich einen Zugang zu tiefen und liquiden Märkten, auf denen sie leicht Kapital aufnehmen können. Die Kleinanleger wiederum möchten Zugang zu dem breitestmöglichen Spektrum an Wertpapieren haben, und zwar zu vernünftigen Kosten und ohne weitere Komplexität. Damit all diese Bedingungen erfuellt werden können, muss das gesamte Spektrum an vor- und nachbörslichen Systemen in Europa zu einem wirksamen und integrierten Netzwerk zusammengeführt werden.

Traditionell wurden auf den inländischen Märkten alle über eine Börse abgewickelten Wertpapiergeschäfte mittels des Systems oder der Systeme zum Abschluss gebracht, das bzw. die in dem gleichen Land belegen war/en wie die Börse selbst. Eine Reihe von Faktoren haben dazu geführt, dass diese frühere 1:1-Beziehung nicht mehr funktioniert. Bei den Börsenteilnehmern handelt es sich längst nicht mehr nur um inländische Teilnehmer. Überdies werden Wertpapiere heutzutage an mehr als nur einer Börse gehandelt bzw. auf sonstigen nicht-inländischen Plattformen, die internationale Mitglieder haben und in vielen Fällen in anderen Ländern niedergelassen sind als jenen, in denen die Wertpapiere gehandelt werden. Das traditionelle Modell, dem zufolge der Ort der Abrechnung vom Ort des Handels bestimmt wird, ist heutzutage nicht mehr für alle Marktteilnehmer unbedingt angemessen.

Die derzeitigen grenzüberschreitenden Clearing- und Abrechnungssysteme in der EU sind ineffizient

Die derzeitigen Systeme für die Abwicklung von Wertpapiergeschäften in der EU sind in der Regel auf nationaler Ebene leistungsfähig, aber für einen europaweiten Finanzbinnenmarkt zu komplex und kostspielig. Um dies zu veranschaulichen zeigt das nachfolgende Diagramm die Vielfalt der Mittel und Wege auf, die benutzt werden, um Zugang zu den Abrechnungssystemen in anderen Mitgliedstaaten zu erhalten.

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Ein Großteil der Komplexität kann der Fragmentierung zugeschrieben werden, wobei sich der Grad der Fragmentierung und folglich der Risiken und Kosten nach dem Typ des Wertpapiers, der Transaktion und den verschiedenen betroffenen Rechtsordnungen richtet. Es gibt zahlreiche Systeme mit unterschiedlichen Spezifizierungen und Merkmalen. Damit wird die Komplexität der Technologie, der Verbindungen, des Wissens und der Ausbildung erhöht, d. h. von Faktoren, die erforderlich sind, um Geschäfte in der EU grenzübergreifend abzuwickeln. Folglich müssen unterschiedliche Markt- und Systemvorschriften, unterschiedliche Mitgliedschaftsanforderungen und unterschiedliche Rechtsordnungen verstanden und eingehalten werden, will man die Sicherheit und die Endgültigkeit der Abrechnungen bei den Transaktionen gewährleisten.

Die Kosten für die Durchführung von Wertpapiergeschäften in der EU lassen sich nur schwer quantifizieren. Sie hängen vom jeweiligen Wertpapier, dem Typ der Transaktion, der Art der Gegenpartei, dem Umfang der Transaktion sowie den jeweiligen Rechtsordnungen und Systemen ab. Jüngste Studien bestätigen, dass die nachbörslichen Abwicklungskosten eines grenzüberschreitenden Wertpapiergeschäfts (zwischen den Systemen) in der EU um ein Vielfaches höher liegen als für ein entsprechendes Geschäft auf einem nationalen Markt. Zuweilen werden Vergleiche mit den Kosten der nachbörslichen Abwicklung in den USA angestellt, wo auf dem nationalen Markt auch niedrigere Kosten entstehen als bei den grenzübergreifenden Transaktionen in der EU. Diese höheren Kosten in der EU umfassen sowohl direkte Kosten, die sich aus der Mitgliedschaft in Systemen und aus Transaktionsgebühren ergeben, als auch andere, weniger einschätzbare Kosten; in beiden Fällen lassen sich diese Kosten aber auf die Existenz von Hindernissen zurückführen, die aufgrund der fragmentierten Infrastruktur der EU-Finanzmärkte bestehen. Der Giovannini-Bericht enthält eine Liste derartiger Hemmnisse.

Derzeitige EU-Gesetzgebung

Die Instrumente, die den EU-Rechtsrahmen auf dem Gebiet des Clearing und der Abrechnung ausmachen, gestatten es nicht, über einen umfassenden Rahmen zu verfügen, der das gesamte Spektrum der Tätigkeiten und Funktionen abdeckt, die mit der Abwicklung von Transaktionen einhergehen. Auch werden nicht sämtliche Kategorien von Instituten erfasst, die an derlei Tätigkeiten teilhaben. Es ist in der Tat festzustellen, dass Institute in letzter Zeit allmählich aus ihren traditionellen, klar definierten Aufgaben ,ausbrechen", was die Grenzen zwischen den Tätigkeiten, die von verschiedenen Instituten ausgeübt werden, verwischt. Diese Entwicklung hat wiederum den Ruf nach einem "funktionalen Ansatz" auf dem Gebiet der Regulierung laut werden lassen, dem zufolge sich der Regulierungsschwerpunkt für jede Tätigkeit eher nach den mit der Tätigkeit verbundenen Risiken und nicht nach der Kategorie des Instituts richtet, das diese Tätigkeit ausübt. Folglich unterlägen Institute, die die gleichen Funktionen/ Dienstleistungen wahrnehmen, auch den gleichen Rechten und Verpflichtungen. Bei den derzeit in der EU geltenden legislativen Instrumenten handelt es sich um die Richtlinie über die Wirksamkeit der Abrechnung in Zahlungssystemen ("Settlement Finality Directive"/ SFD), die Solvabilitätskoeffizienten-Bestimmungen der Bankrechtskoordinierungs-Richtlinie, die Kapitaladäquanz-Richtlinie ("Capital Adequacy Directive"/CAD) und teilweise die Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie ("Investment Services Directive"/ISD). Eine eingehendere Beschreibung des derzeit gültigen Rechtsrahmens ist Gegenstand von Anhang I.

Mit den Tätigkeiten des Clearing und der Abrechnung verbundene Risiken

Die Risiken, die mit den verschiedenen Arten der nachbörslichen Tätigkeiten einhergehen, müssen angemessen gehandhabt und überwacht werden. In einem grenzübergreifenden Kontext sind nicht nur die technische Kapazität und das Risikomanagement der Systeme als solche von großer Bedeutung, sondern auch die technischen Verbindungen zwischen diesen Systemen und die zwischen ihnen geltenden Rechtsbeziehungen [9]. Risiken beziehen sich sowohl auf den Dominoeffekt, den der Ausfall eines einzigen Teilnehmers auf die anderen Mitglieder oder auf das System als solches haben könnte, als auch auf die möglichen Auswirkungen des Ausfalls des gesamten Systems auf die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes. Die zuständigen öffentlichen Stellen messen folglich den Fragen der makroökonomischen Finanzstabilität, der Regulierung des Marktes und der Beaufsichtigung sowohl der zentralen Gegenpartei als auch der Clearing- und Abrechnungsinstitute selbst sowie ihren Mitgliedern größte Bedeutung bei. Im Falle eines voll integrierten Netzwerkes nachbörslicher Dienstleistungen in der EU zeichneten sich die aufsichtlichen und operationellen Risiken durch eine hohe Komplexität aus und würden ein sorgfältiges Management erforderlich machen, will man die allgemeine Integrität der Clearing- und Abrechnungsinfrastruktur und folglich des Finanzsystems als Ganzes erhalten.

[9] Anhang 4 der Empfehlungen der Gemeinsamen Task Force der CPSS-IOSCO beschreibt, wie die Abrechnung grenzübergreifender Transaktionen zu spezifischen Risiken führen kann: So kann die Involvierung zahlreicher Agenten und Rechtsprechungen die Risiken bei der Verwahrung und im Rechtsbereich erhöhen; überdies kann die Wesensart eines mit einem bestimmten Transfer einhergehenden Risikos beeinflusst werden, wenn die Abrechnung außerhalb des einschlägigen Zentralverwahrers erfolgt oder wenn eine Abrechnung zwischen den Systemen vorgenommen wird.

IV EU-ZIELSETZUNGEN

Zur Bewerkstelligung eines integrierten nachbörslichen Umfeldes in der EU bedarf es der Erfuellung zweier wesentlicher politischer Zielsetzungen. So müssen zum einen die Hindernisse für die Abwicklung individueller grenzüberschreitender Transaktionen beseitigt werden, um somit die Effizienz beim grenzüberschreitenden Clearing und bei der grenzüberschreitenden Abrechnung in der EU zu erhöhen.

Zum anderen sind die Verzerrungen und Zwänge im nachbörslichen Umfeld in der EU zu beseitigen, so dass verschiedene Marktteilnehmer miteinander konkurrieren können. Diejenigen, die die gleichen Aufgaben wahrnehmen, sollten gleichwertigen Regeln und Verpflichtungen unterworfen werden und die gleichwertige Rechte haben. Weder sollte die börsliche und nachbörsliche Infrastruktur die Tätigkeiten einschränken oder verzerren noch sollte es zusätzliche Beschränkungen in Bezug auf die Leistungsfähigkeit grenzüberschreitender Tätigkeiten (im Gegensatz zu inländischen Tätigkeiten) geben.

Die zuvor genannten strategischen Zielsetzungen sind dazu gedacht, die Bedingungen für einen marktgesteuerten Umstrukturierungsprozess im nachbörslichen Bereich zu schaffen. Diesen Zielen liegen eine Reihe von Grundsätzen zugrunde: Ausweitung der Auswahl für den Verbraucher, Ankurbelung des Wettbewerbs sowie Wahrung der Finanzstabilität und des Anlegerschutzes.

V ART UND WEISE DER BEWERKSTELLIGUNG DIESER ZIELSETZUNGEN

Die Ziele können erreicht werden, indem die nachfolgend genannten Maßnahmen miteinander verbunden werden.

1 Beseitigung der Hindernisse für die Abwicklung individueller grenzübergreifender Transaktionen

Das erste Ziel beinhaltet die Beseitigung jener Hindernisse, die die Kosten und Risiken für jene erhöhen, die grenzübergreifende Transaktionen vornehmen. Im Giovannini-Bericht wurden die Hemmnisse nach technischen bzw. an die Marktpraktiken gebundene Barrieren, durch Steuerverfahren bedingte Hindernisse und nach Rechtsbarrieren unterschieden.

Technische Hemmnisse & durch Marktpraktiken bedingte Barrieren

Einige dieser Hindernisse beziehen sich lediglich auf technische Anforderungen, andere aber auf Marktpraktiken. Die letztere Gruppe ist umso komplexer, als sie zuweilen in Rechtsvorschriften verankert, manchmal das Ergebnis von Börsenregeln und in einigen Fällen einfach Usus in dem betreffenden Mitgliedstaat ist.

In Anhang II werden die im Giovannini-Bericht genannten Marktpraktiken und technischen Hindernisse aufgelistet und eine Reihe möglicher Maßnahmen genannt, mit denen diese Kategorie von Hindernissen begegnet werden könnte. Die technologischen und systemimmanenten Aspekte sind weitgehend Angelegenheit des Privatsektors. So sollte der Markt darüber befinden, welche Kombination von Systemen, technologischen oder sonstigen Verbindungen seinen Bedürfnissen am Ehesten gerecht wird. Maßnahmen wie die Umsetzung von Kommunikationsstandards und die Harmonisierung der Systeme würden alle zur "Interoperabilität" beitragen, d.h. den Systemen würde gestattet werden, miteinander in Verbindung und in Wettbewerb zu treten bzw. sich zu integrieren.

Die Interoperabilität beinhaltet einen dreistufigen Prozess :

- Festlegung von Definitionen der verschiedenen Funktionen, die mit der Abwicklung von Transaktionen verbunden sind;

- Festlegung gemeinsamer Prozesse und Methoden für jede Phase in der Transaktionskette - Kriterien für eine Mitgliedschaft, Abrechnungsperioden und -zeitpläne, Aufrechnungsverfahren und Risikomanagement;

- Annahme harmonisierter Kommunikationsverbindungen und Standards für die Nachrichtenübermittlung.

Technisch ist es bereits möglich, die Interoperabilität der Systeme zu gewährleisten; allerdings wurden diesbezüglich in der EU bislang nur geringe Fortschritte erzielt. Dafür gibt es eine Reihe von Erklärungen: Zum einen hat die fortdauernde Unsicherheit über das endgültige Ergebnis des Integrationsprozesses zu einer Zurückhaltung bei Investitionen in den Wandel geführt. Zum anderen werden die weiterhin bestehenden Steuer- und Rechtshemmnisse als ein abschreckender Faktor genannt. Die mangelnden Fortschritte lassen sich allerdings auch auf eigenwillige Initiativen seitens der Systembetreiber, des Systemmanagements bzw. der Systemnutzer zurückführen. Entweder sind sie die Folge des Umstands, dass die involvierten Parteien in gewisser Weise vom derzeitigen fragmentierten Umfeld profitieren, oder der Tatsache, dass diejenigen, die die Kosten für die technischen Entwicklungen tragen würden, nicht diejenigen sind, die am meisten davon profitieren.

Die nationalen und die öffentlichen Behörden auf EU-Ebene sollten sich darum bemühen, Mittel und Wege zu finden, mit denen diese Mängel des Marktes beseitigt werden könnten; außerdem sollten sie zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Einige mögliche Vorgehensweisen werden in Anhang II erläutert. So könnten die nationalen Behörden beispielsweise die in ihren Rechtsvorschriften verankerten Hemmnisse ausräumen und die Verfahren für Emissionen und für Maßnahmen für Unternehmen ("corporate actions") vereinfachen. Die Arbeiten der Gemeinsamen Arbeitsgruppe der Europäischen Zentralbank und des Ausschusses der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden auf dem Gebiet der Entwicklung gemeinsamer Prinzipien und Normen werden ebenfalls dazu beitragen, die Unterschiede in den Marktpraktiken zu verringern.

In den Antworten auf den Giovannini-Fragebogen wurden die Beschränkungen in Bezug auf den Ort der Abrechnung, die zu einer (Zwangs-)Mitgliedschaft in multiplen Systemen führen, als zweitwichtigstes Hindernis angeführt. Die Kommission hat in ihren Vorschlägen zur Änderung der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie [10] eine Bestimmung aufgenommen, die die Marktteilnehmer in die Lage versetzen würde, den Ort ihrer Abrechnung zu wählen. Die geplanten Rechte würden es den Instituten gestatten, darüber zu befinden, wo sie ihre Transaktionen abrechnen wollen, und Wertpapiere zu halten, die ihren eigenen Geschäftserfordernissen entsprechen. So könnten sie sich folglich dafür entscheiden, ihren Wertpapierbesitz in einem einzigen oder mehreren Systemen zu zentralisieren, wobei die Wahl aufgrund von Kriterien wie Kosten, Effizienz, Zugang zu Finanzmitteln, Niveau der Dienstleistung oder anderen Erwägungen erfolgen könnte, die für sie wichtig sind. Dies würde die Komplexität verringern und ein effizienteres Management von Sicherheiten gestatten. Überdies sollte die Kommission mit ihren Arbeiten sicherstellen, dass der Rechtsrahmen für Wertpapiergeschäfte auch die grenzübergreifenden Transaktionen unterstützt.

[10] Eine Überarbeitung der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie ist für Ende 2002 geplant. Im März 2002 wurde eine zweite Konsultation zu diesem Vorschlag lanciert.

Handelt es sich bei der Kombination der in Anhang II genannten Maßnahmen um den besten Ansatz zur Beseitigung dieser Kategorie von Hindernissen- Welche Maßnahmen stellen Prioritäten dar-

Hindernisse aus steuerlichen Gründen

Unterschiede in den Verfahren, die auf den nationalen Märkten für die Beitreibung und die Erstattung von Steuern verwendet werden, beeinflussen unmittelbar die grenzüberschreitenden Finanztätigkeiten. Im Giovannini-Bericht werden vor allem zwei spezifische Steuerhemmnisse hervorgehoben, die mit dem Clearing und der Abrechnung in einem direkteren Zusammenhang stehen. Beide betreffen die Fähigkeit der Einrichtungen, Steuerdienstleistungen unabhängig vom Land ihrer Niederlassung zu erbringen. Einige - aber nicht alle - nationalen Behörden haben bereits die Beschränkungen für jene Kategorien von Instituten abgeschafft, die in der Lage sind, Dienstleistungen in ihrem Land zu erbringen.

Einige Hindernisse aus steuerlichen Gründen werfen weitergehendere, d.h. fundamentalere Fragen in Bezug auf die Funktionsweise der europäischen Finanzmärkte auf. Die Komplexität und die Verschiedenartigkeit der Verfahren, die insbesondere für die Beitreibung der Quellensteuer und der Kapitalgewinnsteuer gelten, führen zu höheren Kosten und dem Erfordernis, auf die Dienste von Intermediären zurückzugreifen, denen die lokalen Gegebenheiten vertraut sind. Der jüngste Richtlinienvorschlag der Kommission betreffend die Besteuerung der Sparerträge [11] basiert auf dem Grundsatz des Informationsaustausches zwischen den jeweiligen Mitgliedstaaten. Mit dieser Richtlinie sollen Mindestanforderungen für die Identifizierung der tatsächlichen Nutzer und ihres Wohnsitzes festgeschrieben werden, wobei die Feststellung der Identität von der entsprechenden Zahlstelle vorzunehmen ist. Diese Vorgehensweise dürfte sich positiv auf den Verwaltungsaufwand der betreffenden Institute auswirken.

[11] Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend die Besteuerung der Sparerträge in Form von Zinszahlungen.

Allgemeiner ist festzustellen, dass bestimmte Kategorien von Abschlüssen, wie gesicherte Darlehen, Swaps und Repos in den verschiedenen Ländern steuerlich unterschiedlich behandelt werden. Diese Widersprüche werfen zwar technische Hemmnisse auf, stehen aber in keinem direkten Zusammenhang mit den Clearing- und den Abrechnungssystemen, es sei denn, letztere werden zur Anwendung dieser Verfahren gebraucht.

Diesbezüglich bedarf es weiterer Arbeiten der Kommission, um zu gewährleisten, dass die durch die Steuerverfahren auf dem Gebiet der Wertpapiermärkte bedingten technischen Hindernisse die Fähigkeit der Marktteilnehmer nicht länger einschränken, einen optimalen Abschluss zu tätigen und optimale Anlageentscheidungen zu treffen. Die entsprechenden Arbeiten haben bereits begonnen: So listet die Kommission beispielsweise in einer Mitteilung an den Rat und an das Europäische Parlament [12] spezifische Steuerhemmnisse für grenzübergreifende wirtschaftliche Tätigkeiten im Binnenmarkt auf und schlägt eine Reihe gezielter Abhilfemaßnahmen vor. Zu den vielen im Dokument genannten Themen zählten auch die Doppelbesteuerungsabkommen, die als mögliche Quelle von Hindernissen und Verzerrungen gelten.

[12] "Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse", 23. Oktober 2001 (KOM (2001) 582 endgültig).

Rechtliche Hindernisse

Die Rechtsgrundlage für Clearing- und Abrechnungssysteme, für die Mitgliedschaft in solchen Systemen sowie für das Halten und den Transfer von Wertpapieren über diese Systeme sollte solide und transparent sein, d.h. sowohl im Normalfall als auch im Falle der Insolvenz oder des Forderungsausfalls. Dies ist vor allem auf EU-Ebene von großer Bedeutung, auf der es in zunehmenden Maße möglich ist, dass die Wertpapiere, die Gegenparteien eines Abschlusses, die Handelsplattform und die für den Abschluss einer Transaktion eingesetzten Systeme verschiedenen Rechtsordnungen unterliegen. Die im Giovannini-Bericht angesprochenen Hindernisse rühren von der Anwendung kollisionsrechtlicher Vorschriften (Internationales Privatrecht), unterschiedlichen Rechtsordnungen auf dem Gebiet der Wertpapiere und ihres Transfers sowie von der Behandlung der bilateralen Aufrechnung (Netting) her.

Kollisionsrechtliche Hindernisse

In der EU gibt es kein einheitliches Rechtssystem für Wertpapiergeschäfte. Grenzübergreifende Transaktionen werfen oftmals Unsicherheiten hinsichtlich des auf die Geschäfte anwendbaren Rechts auf, deren Clearing und Abrechnung verschiedenen Rechtsprechungen unterliegt. Die bestehenden EU-Rechtsvorschriften wurden lediglich dazu konzipiert, eine größere Rechtssicherheit hinsichtlich der Festlegung des anwendbaren Rechts zu schaffen, das das Recht eines der betroffenen Mitgliedstaaten sein konnte.

Die Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen ("Settlement Finality Directive" / SFD) und die vorgeschlagene Richtlinie über Sicherheiten ("Collateral Directive" / CD) enthalten beide Bestimmungen, die eine Entwicklung weg von dem Grundsatz darstellen, dem zufolge das anwendbare Recht das der Rechtsordnung sein sollte, in der ein Wertpapier (bzw. der Anspruch auf ein solches) belegen ist. Stattdessen ist das Wertpapier so zu behandeln [13], als wäre es in dem Land des Registers, des Kontos oder des Systems belegen, in bzw. auf dem es verzeichnet wurde. Bei diesem Grundsatz handelt es sich um das sogenannte PRIMA-Prinzip ("Place of the Relevant Intermediary Approach"/ Ansatz des Ortes des einschlägigen Intermediärs). Allerdings gelten die SFD- und die CD-Vorschriften nur in einigen wenigen Fällen: So gilt die SFD lediglich für Wertpapiere, die den Zentralbanken sowie den Zahlungs- und Abrechnungssystemen als Sicherheiten angeboten werden, und die CD gilt für Wertpapiere, die als (Finanz-)Sicherheiten angeboten werden. Der PRIMA-Grundsatz stellt auch die Basis für die vorgeschlagene Haager Konvention für indirekt gehaltene Wertpapiere dar, die im Laufe dieses Jahres zum Abschluss gebracht werden soll. Im Mittelpunkt dieser Konvention steht das auf die Eigentumsrechte an indirekt gehaltenen Wertpapieren anwendbare Recht; auch würde sie den Ansatz harmonisieren, der in allen diese Konvention übernehmenden Rechtsordnungen Anwendung fände. Die Kommission unterstützt die Beweggründe, die zur Ausarbeitung dieser Konvention geführt haben, und prüft derzeit die Vereinbarkeit des Konventionsentwurfs mit den EU-Rechtsvorschriften. Damit würde das Recht den tatsächlichen Marktverhältnissen in Europa angepasst werden, d.h. der Ort des Kontos, auf dem stückelose Wertpapiere geführt werden, wird in der Regel dann als der Ort angesehen, an dem das Wertpapier belegen ist.

[13] SFD Artikel 9 Absatz 2 und CD Entwurf Artikel 10.

Unterschiedlichkeit der Rechtssysteme für Wertpapiere und ihre Übertragung

In Anbetracht der sehr unterschiedlichen rechtlichen Behandlung von Wertpapieren in der EU [14] wurde vorgebracht, als optimale Lösung nicht nur Gewissheit in Bezug auf das anwendbare Recht anzustreben, sondern eine einheitliche rechtliche Behandlung von Wertpapieren in der EU zu erreichen. Dies würde die Schaffung einer speziellen rechtlichen Regelung für Wertpapiere implizieren, d.h. eines sogenannten "harmonisierten Wertpapierkodexes". Die Konzeption einer derartigen Regelung wäre sicherlich nicht einfach, vor allem nicht in Bezug auf Aktien, da diese in vielfacher Weise im Eigentums-, Gesellschafts-, Erbschafts- und Insolvenzrecht der Mitgliedstaaten verankert sind. Nach Auffassung der Kommission lässt sich eine Lösung auf diesem Gebiet sicherlich nicht kurzfristig herbeiführen.

[14] Sowie der "offenen" Natur der Kategorie von Instrumenten, die als Wertpapiere bezeichnet werden können.

Gibt es über die Annahme der Haager Konvention hinaus noch weitere Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Rechtskonflikte in der EU wirksam zu lösen-

Würde die Annahme dieser Maßnahmen ausreichen, um die grundlegendsten Rechtsunsicherheiten bei Wertpapiergeschäften in der EU auszuräumen-

Wenn nicht, ist dann ein "Wertpapier-Kodex" zwecks Einführung einer harmonisierten rechtlichen Behandlung von Wertpapieren in der EU erforderlich bzw. wünschenswert-

2 Beseitigung von Verzerrungen und Zwängen im nachbörslichen EU-Umfeld

Das zweite Ziel ist ebenfalls von großer Bedeutung, wenn es um die Schaffung eines Umfelds geht, das den Ausbau der grenzüberschreitenden Tätigkeit fördert. Eine solche Tätigkeit sollte frei von Zwängen sein und weder die Marktintegrität noch die Finanzstabilität gefährden. Folglich müssen die Verzerrungen bzw. die Ungleichheiten bei der Behandlung gleicher Tätigkeiten ausgeräumt werden. Sämtliche Märkte, Infrastrukturbetreiber und Marktteilnehmer sollten sodann in der Lage sein, den Zugang zu allen erforderlichen Systemen - unabhängig von ihrer Belegenheit - zu gewähren. Voll integrierte Märkte machen es erforderlich, dass die Rechte zu diesen Systemen umfassend, transparent, nichtdiskriminierend und vor allem effizient sind. Eine parallele Anwendung der Wettbewerbsregeln könnte bei der Verstärkung dieser Maßnahmen behilflich sein.

Gleiche Wettbewerbsbedingungen (,level playing field") für Institute, die auf dem Gebiet des Clearing und der Abrechnung tätig sind

Die in der EU derzeit angewandten Vorschriften entsprechen einem traditionellen institutionellen Regulierungsansatz und führen zu einer Ungleichbehandlung der Clearing- und Abrechnungstätigkeit. Abgesehen von den Bestimmungen der SFD fallen nur jene Clearing- und Abrechnungseinrichtungen unter das EU-Recht, die eine Zulassung als Banken oder Wertpapierfirmen erhalten haben. Wenn es darum geht, einen fairen Wettbewerb zwischen Instituten zu gewährleisten, die europaweit die gleichen Dienstleistungen erbringen, so ist es von großer Bedeutung, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

Eine der Fragen, die bei der Änderung der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie angesprochen wurde, war die Behandlung von Verwahrstellen, die eine Zulassung als Bank hatten, und der Zentralen Wertpapierverwahrstellen ("Central Securities Depositories"/ CSD), die nicht als Bank zugelassen waren. Die Verwahrung ist keine Haupttätigkeit im Sinne der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie. Folglich können Wertpapierfirmen (und Banken), die einen "Europäischen Pass" für die Erbringung der Hauptdienstleistungen besitzen, auch die Verwahrtätigkeit auf grenzübergreifender Basis wahrnehmen. Verwahrdienstleistungen wurden stets im weiteren Sinne ausgelegt, d.h. sie umfassen auch die Abrechnung von Wertpapieren zwischen Konten, die bei ein und derselben Verwahrstelle geführt werden. Dies führt letztendlich zu einem "Europäischen Pass" für Banken bzw. Wertpapierfirmen, die als Verwahrstellen zugelassen sind, dem zufolge sie der Tätigkeit der Abrechnung in der gesamten EU nachgehen können. Für jene CSD, die weder Banken noch Wertpapierfirmen sind, gibt es keine entsprechenden Rechte. Da jedoch die Verwahrstellen das Spektrum ihrer Tätigkeiten immer mehr ausdehnen, verschwimmt die Grenze zwischen den von den Verwahrstellen erbrachten Dienstleistungen und den von den Abrechnungssystemen erbrachten immer mehr, so dass die Mitglieder dieser Systeme in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen wie der "Vermögenswert-Bedienung" ("asset servicing") als Konkurrenten dieser Systeme selbst angesehen werden könnten. Die Konsultation zur Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie hat dieses regulatorische Ungleichgewicht an den Tag gebracht und zu Forderungen nach einem klaren Rechtsrahmen geführt, der die Tätigkeiten des Clearing und der Abrechnung mitabdeckt [15].

[15] In vielen Antworten auf den Fragebogen der Giovannini-Gruppe und im Rahmen der Konsultation zur Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie wurde die Auffassung vertreten, dass es gemeinsamer EU-Grundsätze für die Zulassung, die Überwachung und die Kapitaladäquanz der Clearingstellen bedarf. Mit diesen Grundsätzen soll gewährleistet werden, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen für Clearingstellen gelten und die Risiken einer regulatorischen Arbitrage zwischen den Marktteilnehmern so gering wie möglich gehalten werden.

Ein weiterer Bereich, in dem sich die Behandlung der Banken bzw. Wertpapierfirmen von der von Nichtbank-Verwahrstellen und Systembetreibern unterscheidet, ist der der Kapitaladäquanz. Derzeit könnten zwei Institute, die die gleiche Tätigkeit wahrnehmen, verschiedenen Bestimmungen unterworfen sein und folglich entweder im eigenen Land oder in der gesamten EU verschiedene Rechte und Pflichten haben. Um zu gleichen Wettbewerbsbedingungen zu gelangen, müssten die gleichen Tätigkeiten auch der gleichen Behandlung unterliegen. Auf EU-Ebene bestehen jedoch keine gemeinsamen Definitionen nachbörslicher Tätigkeiten, anhand deren man die Eigenkapitalanforderungen bzw. die Eigenkapitalbehandlung in Bezug auf Engagements gegenüber bestimmten Instituten festlegen könnte. Das Arbeitspapier des Baseler Ausschusses aus dem Jahr 1996 betreffend die Behandlung des multilateralen Netting im Rahmen der Baseler Eigenkapitalvereinbarung sieht "Mindestnormen" für Clearingstellen vor. In den europäischen Rechtsvorschriften gibt es indes keine vergleichbaren Normen, die einen gemeinsamen Standpunkt zu bestimmten ausgeübten Tätigkeiten und den damit verbundenen Risiken festschreiben.

Geht die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen (,level playing field") mit der Festlegung gemeinsamer funktioneller Definitionen für die Tätigkeiten des Clearing und der Abrechnung einher, die auf EU-Ebene zu entwickeln wären-

Welche nachbörslichen Tätigkeiten sollten derlei Definitionen abdecken-

Mit der SFD wird der Transfer von Sicherheiten in Form von Wertpapieren abgedeckt, der im Zusammenhang mit einem System erfolgt, das Transfers an zentrale Gegenparteien bzw. Clearingstellen vornimmt. Allerdings wird zuweilen die Auffassung vertreten, dass die Umsetzung dieser Richtlinie nicht zu der gewünschten einheitlichen Behandlung der Definition der Wirksamkeit/ Endgültigkeit von Abrechnungen in der EU bzw. der Definition des vollen Spektrums von Risiken geführt hat, die mit dem Betrieb der Systeme bzw. der Mitgliedschaft in ihnen verbunden sind. Die Kommission ist gehalten, dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vorzulegen. Zu diesem Zweck wurde eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse im Jahr 2003 vorliegen werden.

Rechte des Zugangs zu den Clearing- und Abrechnungsprozessen und deren Wahl

Bestehende Rechtsvorschriften

Die Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie gestattet es derzeit, dass Fernmitgliedern geregelter Märkte der Zugang zu den Clearing- und Abrechnungssystemen desselben Marktes gestattet wird. Clearingstellen mit zentralen Gegenparteien und Abrechnungssysteme können folglich Mitglieder in anderen Mitgliedstaaten akzeptieren - und tun dies auch. Die Mitgliedschaftskriterien sind für ein System ein Risikomanagement "an vorderster Front", d.h. Institute, die direkte Mitglieder im System werden wollen, müssen technisch, finanziell und rechtlich in der Lage sein, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die vom System herangezogenen Kriterien für eine Mitgliedschaft müssen indes vernünftig, objektiv und transparent sein und müssen einheitlich angewandt werden. Dies bedeutet insbesondere, dass es keinerlei Diskriminierung geben darf - auch nicht im Hinblick auf die angebotene Funktionsfähigkeit -, die mit der Kategorie bzw. der Belegenheit des Instituts gerechtfertigt würde, das die Mitgliedschaft im System beantragt.

Leitlinien für die Änderung der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie

Die Vorschläge vom März 2002 zum Clearing und zur Abrechnung im Rahmen der Konsultation zur Überarbeitung der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie würden sowohl für die Märkte als auch für die Wertpapierfirmen eine gewisse Wahl schaffen, wenn es um die Weiterleitung ("routing") von Abschlüssen zum Zwecke des Clearing und der Abrechnung geht. Die Marktteilnehmer könnten bei außerbörslichen Transaktionen auf Clearingstellen mit zentralen Gegenparteien in anderen Mitgliedstaaten zurückgreifen. Auch könnte ihnen das Recht eingeräumt werden, den Ort der Abrechnung ihrer Geschäfte frei zu wählen, sofern die erforderlichen Verbindungen für den Rückgriff auf das von ihnen gewählte System existieren. Die geregelten Märkte könnten das Recht haben, die Dienste von in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen zentralen Gegenparteien bei einigen oder sämtlichen Transaktionen in Anspruch zu nehmen, sofern die für die Marktaufsicht zuständige Behörde dazu ihre Zustimmung gegeben hat.

Begrenzungen der derzeitigen Vorschläge

Weder die bestehende Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie noch die Pläne für ihre Änderung enthalten wirklich umfassende Zugangs- und Wahlrechte. Sie gehen zwar auf einige der Beschränkungen ein, mit denen die Teilnehmer in Bezug auf den Ort der Abrechnung konfrontiert sind, bieten aber den zentralen Gegenparteien und den CSD kein entsprechendes Recht, Mitglieder anderer Clearing- und Abrechnungssysteme zu werden. Die EU-Rechtsvorschriften könnten dazu verwandt werden, Zugangsrechte und Wahlrechte für sämtliche Kategorien von Instituten zu schaffen, die am Clearing- und Abrechnungsprozess beteiligt sind (bzw. zwischen den Einrichtungen geltende Rechte). In diesem Zusammenhang sollte überlegt werden, ob es Argumente in Bezug auf die Leistungsfähigkeit bzw. das Risikomanagement gibt, die für die Aufrechterhaltung des "default routing" (Weiterleitung bei Ausfall) von Transaktionen an zentrale Gegenparteien sprechen.

Sollten EU-Rechtsvorschriften dazu benutzt werden, umfassende Zugangs- und Wahlrechte zwischen sämtlichen Ebenen der Handels- und Abrechnungskette zu schaffen-

Diese Zugangs- und Wahlrechte werden nicht zu mehr Integration oder Wettbewerb führen, wenn sie nicht wirksam ausgeübt werden können. Neben den bereits genannten technischen, operationellen und rechtlichen Fragen gibt es noch Bedenken im Hinblick auf die Maßnahmen nationaler Regulierungsbehörden, die Einwendungen erheben könnten, wenn die reibungslose Funktionsweise des Marktes negativ beeinträchtigt werden würde. Da gemeinsam vereinbarte Standards für die Zulassung, Kontrolle und Überwachung dieser Systeme fehlen, könnten die nationalen Behörden nämlich Bedenken in Bezug auf die Verwendung dieser Systeme in anderen Rechtsordnungen zum Zwecke der Abwicklung von Transaktionen auf ihren Märkten haben bzw. bei denen ihre Institute und Anleger involviert sind. Um willkürliche Beschränkung des Zugangs und der Wahl zu vermeiden bedürfen die Regulierungsbehörden gemeinsamer objektiver Kriterien, anhand derer die Risiken gemessen werden können, mit denen verschiedene Systeme und Verbindungen behaftet sind.

Welche Faktoren sollten die Marktregulierungsbehörden berücksichtigen müssen, wenn sie darüber entscheiden, ob ein System in einem anderen Mitgliedstaat benützt werden kann oder nicht-

Entwicklung eines gemeinsamen regulatorischen Standpunkts

Derzeit gibt es in der EU keinen gemeinsam vereinbarten Rechtsstatus für zentrale Gegenparteien, Abrechnungssysteme und Verwahrstellen. Wenn in Europa die Verknüpfung und Konsolidierung der Systeme weiter vorangetrieben werden soll, ist es von großer Bedeutung, bereits jetzt auf die Fragen einzugehen, die sich für die öffentlichen Behörden stellen werden, damit Unterschiede in der nationalen Regelungspraxis nicht die Fortentwicklung der Märkte bremst.

Derzeit wird die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Verständigung zwischen den Behörden mit Interesse an einem System oder seinen Mitgliedern direkt zwischen diesen Behörden geregelt, wenn es zu Fusionen oder Joint Ventures kommt. Da die grenzüberschreitenden Fusionen und Verbindungen an Zahl zunehmen, werden die Regulierungsbehörden mit einer erheblichen Mehrarbeit im Hinblick auf die effiziente Überwachung dieser Aufgaben rechnen müssen. Es wird immer wichtiger, sich Klarheit über die anwendbare Aufsichtsregelung zu verschaffen (d.h. Klärung der Frage, welche Behörde unter einer Vielzahl von Behörden, die beim grenzübergreifenden Clearing und bei der grenzübergreifenden Abrechnung involviert sind, für die Beaufsichtigung der entsprechenden grenzüberschreitenden Transaktion zuständig ist).

Die laufenden Arbeiten im Rahmen der Gemeinsamen EZB/ CESR-Arbeitsgruppe einen gemeinsamen Ansatz zu einem breiten Spektrum von Aspekten zu erstellen, die mit diesen Systemen in Verbindung stehen, kann nur dazu dienen, das Verständnis des derzeitigen Umfelds zu verbessern und größere Konvergenz bei Fragen von besonderem Regulierungsinteresse in Bezug auf die verschiedenen Systeme und Tätigkeiten zu erzielen. Die Gruppe hat auch eine Konsultation durchgeführt und wird sich bei der Ausarbeitung einer jeglichen europäischen Anpassung der CPSS/IOSCO-Empfehlungen auf die einschlägigen Antworten stützen.

Es ist allerdings möglich, dass gemeinsame Branchen- und/ oder Regulierungsnormen u.U. nicht ausreichen, wenn es um die Schaffung eines fairen und stabilen Rahmens für den grenzübergreifenden Rückgriff auf Clearing- und Abrechnungssysteme geht. Sie könnten nach wie vor Raum für Beschränkungen bei der Ausübung der Zugangs- und der Wahlrechte lassen. In diesem Falle könnten einige richtungsweisende, wesentliche Grundsätze in einem Rechtsrahmen auf EU-Ebene festgeschrieben werden. Sie könnten die Form einer Rahmenrichtlinie annehmen, die Aspekte wie die Zulassung, Überwachung, Risikomanagementtechniken, Ausfallvereinbarungen bzw. die Eigenkapitalbehandlung solcher Institute abdeckt.

Ist es erforderlich, für diese Aufgaben eine Rahmengesetzgebung auf EU-Ebene vorzusehen-

Wenn ja, welche besonderen Aspekte sollten derlei Vorschriften abdecken-

Wettbewerbspolitik

Die Hauptantriebsankraft für die Erleichterung des Wettbewerbs zwischen Unternehmen, die Clearing- und Abrechnungsdienstleistungen erbringen, wird anfänglich von Maßnahmen kommen, die einen offenen Zugang und die Interoperabilität der Netze gewährleisten. Die parallele Anwendung der Wettbewerbsregeln ist aber auch erforderlich.

Artikel 81, 82 und 86 des Vertrags (die "EU-Wettbewerbsregeln") gelten für Unternehmen in allen Wirtschaftszweigen, d.h. auch für das Clearing und die Abrechnung.

Artikel 81 untersagt Vereinbarungen zwischen Unternehmen, welche den Handel zwischen Unternehmen zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. Mit Ausnahme einiger grundlegender Verbote wie der Preisfestsetzung, Marktaufteilung und Beschränkung der Erzeugung können die Vereinbarungen nur dann gegen Artikel 81 verstoßen, wenn sie von Unternehmen mit einer ausreichenden marktbeherrschenden Stellung abgeschlossen werden und zu negativen Markteffekten führen. Bei Artikel 82 handelt es sich um eine Bestimmung, die Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung besonderen Verpflichtungen unterwirft. Ein effizient geführtes Unternehmen versucht dabei, seine Marktposition so auszubauen, dass es u.U. zu einer Marktbeherrschung gelangt. Eine marktbeherrschende Stellung innezuhaben ist nicht für sich schon unzulässig, wenn es das Ergebnis der eigenen Leistungsfähigkeit des Unternehmens ist. Nutzt ein Unternehmen aber seine marktbeherrschende Stellung aus, um den Wettbewerb im Keim zu ersticken, dann kommt es zu einer wettbewerbsverzerrenden Situation, die einen Missbrauch im Sinne von Artikel 82 des Vertrags darstellen kann.

Artikel 86 überträgt der Kommission die Verantwortung zu überprüfen, dass Mitgliedstaaten (sowie die betreffenden Unternehmen) die EU-Wettbewerbsregeln einhalten, wenn sie den Unternehmen besondere oder ausschließliche Rechte gewähren.

Die Kommissionsdienststellen sind dabei, eingehende Erkundigungen von Amts wegen über den Clearing- und Abrechnungssektor einzuholen. Angesprochen sind hier die Marktteilnehmer, einschließlich der Banken, Handelsplattformen sowie der Clearing- und Abrechnungssysteme. Mit diesen Recherchen soll ermittelt werden, ob die EU-Wettbewerbsregeln in diesem wichtigen Sektor angemessen eingehalten werden.

Die Kommission hat bereits eine Reihe möglicher zu klärender Wettbewerbsfragen im Bereich des Clearing und der Abrechnung ausgemacht:

- So haben zum einen einige Marktteilnehmer darauf verwiesen, dass bestimmte Abrechnungssysteme u.U. eine diskriminierende Tarifpolitik betreiben und gleichwertige Geschäfte unterschiedlichen Bedingungen unterwerfen.

- Zweitens könnten Exklusivvereinbarungen zwischen bestimmten Börsen und Clearing- und Abrechnungssystemen bestehen, die den Wettbewerb zwischen Clearing- und Abrechnungsdienstleistungen einschränken könnten.

- Drittens haben einige Marktteilnehmer auf das mögliche Risiko übermäßig hoher Tarife verwiesen, die für Clearing- und Abrechnungsdienstleistungen berechnet werden könnten, wenn (i) das Clearing- und/oder Abrechnungssystem von einer Handelsplattform kontrolliert wird und (ii) die Abwicklung auf dieser Plattform über dieses System das Clearing durchlaufen und/ oder abgerechnet werden müssen (sogenannte "vertikale Silos").

Das Verfahren von Amts wegen wird klären, ob diese möglichen Bedenken gerechtfertigt sind und wenn ja, ob sie im Rahmen der EU-Wettbewerbsregeln geklärt werden können.

VI WEITERE SCHRITTE

In dieser Mitteilung werden eine Reihe eng verbundener Fragen zusammen erörtert und werden die verschiedenen Aspekte der in Europa derzeit laufenden Arbeiten auf den Punkt gebracht. Darüber hinaus werden die Analysen der Kommission in diesem Bereich beleuchtet und Meinungen zur bestmöglichen weiteren Vorgehensweise eingeholt.

Stellungnahmen sowohl zu dem Arbeitspapier als Ganzes als auch zu spezifischen in diesem Text beleuchteten Fragen können bis zum 31. August 2002 abgegeben werden. Aus Gründen einer einfachen Bezugnahme werden die Fragen nachfolgend noch einmal aufgelistet.

Die Reaktionen auf diese Konsultation werden es der Kommission umso eher ermöglichen, zu überlegen, welche weitere(n) Maßnahme(n) in diesem Bereich angebracht sein könnte(n). Beispielsweise könnten weitere legislative Maßnahmen ergriffen werden, um die Rechtssicherheit für Wertpapiergeschäfte zu verbessern. Auch könnte ein Vorschlag einer Rahmenrichtlinie ausgearbeitet werden, in der die Aufgaben und die Bedingungen für die Tätigkeit der Clearing- und Abrechnungsinstitute definiert werden könnten.

Gleichzeitig werden eine Reihe weiterer Initiativen einen Beitrag zur Debatte leisten:

- So wird die Giovannini-Gruppe ihren zweiten Bericht veröffentlichen und ihre Stellungnahme dazu abgeben, wo prioritäre Maßnahmen in diesem Bereich angesiedelt sein sollten. Auch werden darin mögliche Modelle für die Zukunft geprüft werden.

- Die G30 wird ihre Empfehlungen zur Verbesserung des globalen Clearing- und Abrechnungsumfeldes abgeben.

- Die Gemeinsame Arbeitsgruppe der EZB/CESR wird ihre Arbeiten auf dem Gebiet der Harmonisierung der Aufsicht und der Kontrolle fortsetzen.

All diese Aspekte sowie die Antworten auf diese Mitteilung werden die Kommission in die Lage versetzen, über die nächsten einzuleitenden Schritte zu befinden. Gegen Ende des Jahres 2002 wird die Kommission ein Dokument vorlegen, in dem die Ergebnisse dieser grundlegenden Überprüfung sowie des Konsultationsprozesses dargelegt werden; dazu zählen auch die weiteren Maßnahmen, die die Kommission zu ergreifen gedenkt.

Fragen, auf die eine spezifische Antwort erwünscht wird

Handelt es sich bei der Kombination der in Anhang II genannten Maßnahmen um den besten Ansatz zur Beseitigung dieser Kategorie von Hindernissen- Welche Maßnahmen stellen Prioritäten dar-

Gibt es über die Annahme der Haager Konvention hinaus noch weitere Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Rechtskonflikte in der EU wirksam zu lösen- Würde die Annahme dieser Maßnahmen ausreichen, um die grundlegendsten Rechtsunsicherheiten bei Wertpapiergeschäften in der EU auszuräumen-

Wenn nicht, ist dann ein "Wertpapier-Kodex" zwecks Einführung einer harmonisierten rechtlichen Behandlung von Wertpapieren in der EU erforderlich bzw. Wünschenswert-

Geht die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen (,level playing field") mit der Festlegung gemeinsamer funktioneller Definitionen für die Tätigkeiten des Clearing und der Abrechnung einher, die auf EU-Ebene zu entwickeln wären- Welche nachbörslichen Tätigkeiten sollten derlei Definitionen abdecken-

Sollte EU-Gesetzgebung benützt werden, um für umfassende Zugangs- und Auswahlrechte quer durch und zwischen den verschiedenen Handels- und Abrechnungsstufen zu sorgen-

Welche Faktoren sollten die Marktregulierungsbehörden berücksichtigen müssen, wenn sie darüber entscheiden, ob auf ein System in einem anderen Mitgliedstaat zurückgegriffen werden kann oder nicht-

Ist es erforderlich, für diese Aufgaben eine Rahmengesetzgebung auf EU-Ebene vorzusehen- Wenn ja, welche besonderen Aspekte sollten derlei Vorschriften abdecken-

ANHANG I: DERZEITIGE EU-RECHTSVORSCHRIFTEN

Der Rechtsrahmen besteht hauptsächlich aus der Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen ("Settlement Finality Directive" /SFD), den Solvabilitätskoeffizienten-Bestimmungen der Bankrechtskoordinierungs-Richtlinie, der Kapitaladäquanz-Richtlinie ("Capital Adequacy Directive"/CAD) und indirekt der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie ("Investment Services Directive"/ ISD).

Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen ("Settlement Finality Directive"/ 98/26/EG). Ziel der SFD ist es, das systemimmanente Risiko zu reduzieren, das mit der Teilnahme an Zahlungs- und Wertpapierabrechnungssystemen einhergeht. Das gleiche gilt für das Risiko, das mit der Insolvenz eines Systemteilnehmers verbunden ist. In den Richtlinienbestimmungen ist Folgendes festgeschrieben: Endgültigkeit und Unwiderrufbarkeit der Transferaufträge und der Zahlungsverrechnung; Nichtrückwirksamkeit von Insolvenzverfahren; Insolvenzrecht, das auf Forderungen und Verpflichtungen in einem Zahlungs- bzw. Wertpapierabrechnungssystem anwendbar ist; Herausnahme von Sicherheiten aus den Insolvenzverfahren, die im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft in einem System gestellt werden; anwendbares Recht bei der grenzübergreifenden Stellung von Sicherheiten.

Bankrechtskoordinierungs-Richtlinie und Kapitaladäquanz-Richtlinie ("Banking Co-ordination Directive"/ "Capital Adequacy Directive" /93/6/EWG, 98/31/EG, 98/33/EG). Zwei Aspekte dieser Richtlinien und ihrer künftigen Überarbeitungen sind für die Clearing- und Abrechnungsinstitute relevant, und zwar zum einen die Behandlung der Engagements gegenüber zentralen Gegenparteien, Abrechnungssystemen und Verwahrstellen und zum anderen die Eigenkapitalanforderungen für die Institute als solche.

In Artikel 2 Absatz 9 der Richtlinie 93/6/EWG heißt es: "(Aktiva in Form von Forderungen und anderen Risikopositionen gegenüber Wertpapierfirmen oder anerkannten Wertpapierfirmen dritter Länder) sowie Risikopositionen gegenüber anerkannten Clearingstellen und Börsen wird jedoch das gleiche Gewicht wie in dem Fall gegeben, in dem die jeweilige Gegenpartei ein Kreditinstitut ist." Es gibt jedoch keine gemeinsame EU-Definition einer "anerkannten Clearingstelle". Richtlinie 98/33/EG verleiht den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten (bis zum 31. Dezember 2006) das Recht, OTC-Kontrakte von den Gegenparteiausfall-Risikoanforderungen auszunehmen, wenn auf eine Clearingstelle mit zentraler Gegenpartei zurückgegriffen wird und alle derzeitigen und künftigen Engagements auf Tagesbasis voll besichert werden. Es ist nicht klar, ob sich letztgenannte Ausnahme auch auf Institute aus einer anderen Rechtsprechung als jener bezieht, in der die zentrale Gegenpartei zugelassen wurde.

Für Institute, die die Dienstleistungen einer zentralen Gegenpartei erbringen, gibt es keine spezifischen Eigenkapitalanforderungen. Bei einigen zentralen Gegenparteien in Europa handelt es sich jedoch um Banken, die sehr wohl den Rechtsvorschriften unterliegen. Zentrale Gegenparteien in Europa verwenden eine Reihe unterschiedlicher Modelle um sicherzustellen, dass sie über angemessene Ressourcen verfügen, die liquide und von hoher Qualität sind, um die von ihnen eingegangenen Risiken zu unterlegen.

Direkte Forderungen gegenüber Abrechnungssystemen treten in der Regel nur dann auf, wenn das System selbst als eine Bank tätig ist. Diese direkten Forderungen würden also als eine Forderung gegenüber jedweder anderen Bank behandelt werden. Was die Eigenkapitalanforderungen für die Systeme als solche betrifft, so unterlägen nur jene, die Banken oder Wertpapierfirmen sind, den Eigenkapitalanforderungen. Wie oben bereits erwähnt, haben Nichtbanksysteme aber keine Engagements gegenüber ihren Mitgliedern und unterliegen folglich auch nicht dem Gegenpartei-Kreditrisiko.

Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie ("Investment Services Directive"/ 93/22/EWG) Die ISD verleiht zugelassenen Wertpapierfirmen (und Banken) das Recht in Form des "Europäischen Passes", einen direkten oder indirekten Zugang zu den Clearing- und Abrechnungssystemen zu haben, die den Mitgliedern geregelter Märkte in der gesamten EU zur Verfügung stehen.

Die vorgeschlagene Richtlinie über Finanzsicherheiten ("Directive on Financial Collateral Arrangements", KOM(2001)168 endg., [zu der der Rat am 13. Dezember 2001 eine Orientierungsvereinbarung erreichte,] versucht, die wesentlichen Probleme zu lösen, die mit der grenzübergreifenden Verwendung von Sicherheiten auf Firmenkundenfinanzmärkten einher gehen. Mit der Richtlinie wird eine wirksame und einfache EU-Regelung für die Einführung von Vereinbarungen über Sicherheiten geschaffen, die es den Marktteilnehmern ermöglicht, derartige Vereinbarungen in der gesamten EU auf die gleiche Art und Weise abzuschließen. Derzeit sieht die Richtlinie allerdings nur einen geringen Schutz vor den Auswirkungen bestimmter Insolvenzrechtsvorschriften vor. Allerdings schafft sie Rechtssicherheit für die grenzübergreifende Stellung von Sicherheiten in Form von stückelosen Wertpapieren, indem die gemäß der SFD bereits geltenden Grundsätze ausgedehnt werden, denen zufolge festzulegen ist, wo die Wertpapiere belegen sind. Schließlich wird die Vorschrift administrativer Formalitäten sowohl für die Festlegung als auch für die Durchsetzung von Vereinbarungen über Sicherheiten eingeschränkt. Dies wird auch der Effizienz der grenzübergreifenden Geschäfte von Zentralbanken sowie von Zahlungs- und Abrechnungssystemen zugute kommen, die von der SFD abgedeckt sind (die allerdings auf diese Fragen nicht eingeht).

ANHANG II: MÖGLICHE MASSNAHMEN ZUR BESEITIGUNG VON HINDERNISSEN, DIE SICH AUS MARKTPRAKTIKEN ERGEBEN, SOWIE VON TECHNISCHEN BARRIEREN

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