52001DC0175

Arbeitsdokument der Kommission zu dem künftigen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste - Entwurf von Leitlinien zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach Artikel 14 des Vorschlags für eine Richtlinie über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste /* KOM/2001/0175 endg. */


ARBEITSDOKUMENT DER KOMMISSION zu dem künftigen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste - Entwurf von Leitlinien zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach Artikel 14 des Vorschlags für eine Richtlinie über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste

INHALT

1. Einleitung

1.1. Tragweite und Zweck der Leitlinien

1.2. Sektorspezifische Maßnahmen: Grundsätze und politische Ziele

1.3. Beziehung zum Gemeinschaftsrecht

2. Marktdefinition

2.1. Einleitung

2.2. Hauptkriterien für die Definition des relevanten Marktes

2.2.1. Der relevante Produkt-/Dienstmarkt

2.2.1.1. Austauschbarkeit auf der Nachfrageseite

2.2.1.2. Angebotsumstellungsflexibilität

2.2.2. Räumlicher Markt

2.2.3. Andere Fragen der Marktdefinition

2.2.3.1. Die Entscheidungspraxis der Kommission

3. Berechnung der beträchtlichen Marktmacht

3.1. Kriterien zur Ermittlung beträchtlicher Marktmacht

3.1.1. Die Übertragung von Marktmacht auf Nachbarmärkte

3.1.2. Gemeinsame beherrschende Stellung

3.1.3. Die Rechtsprechung des EuGeI und des EuGH

3.1.3.1. Die Entscheidungspraxis der Kommission

3.1.3.2. Der Begriff der gemeinsamen Marktbeherrschung im Telekommunikationssektor

4. Auferlegung, Änderung und Aufhebung von Verpflichtungen im Sinne von Artikel 14 der Rechtsrahmen-Richtlinie

4.1. Feststellung, dass ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen

4.2. Vorabverpflichtungen

4.3. Länderübergreifende Märkte: gemeinsame Analyse durch die NRB

4.4. Vorabverpflichtungen und WTO-Verpflichtungen

5. Untersuchungsbefugnisse und Verfahren der Zusammenarbeit

5.1. Überblick über die Verfahren

5.2. Marktanalyse und Untersuchungsbefugnisse

5.3. Verfahren der Zusammenarbeit

6. Konsultationsverfahren und Veröffentlichung der NRB-Entscheidungsvorschläge

1.1. Konsultationsverfahren

6.1. Erlass einer endgültigen Entscheidung

ANHANG DER EINSCHLAEGIGEN BESTIMMUNGEN

Entwurf von Leitlinien zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach Artikel 14 des Vorschlags für eine Richtlinie über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste [1]

[1] Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, KOM(2000) 393 (ABl. C 365 E vom 19.12.2000, S.198).

Hinweis: Der vorliegende Text stützt sich auf den Wortlaut der von der Kommission vorgeschlagenen Richtlinie. Er wird angepasst, falls Änderungen des EP und des Rats am Kommissionsvorschlag Rechnung getragen werden muss.

1. Einleitung

1.1. Tragweite und Zweck der Leitlinien

1. In den Leitlinien werden die Grundsätze beschrieben, nach denen die nationalen Regulierungsbehörden (NRB) echten Wettbewerb nach Artikel 14 des Richtlinienvorschlags für einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronsiche Kommunikationsnetze und -dienste analysieren sollen. Sie gelten in den Fällen, wo die NRB feststellen müssen, ob ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht im Sinne des Artikels 13 der Richtline verfügen. Unternehmen, die nachweislich über beträchtliche Marktmacht verfügen, können Verpflichtungen aufgrund anderer Richtlinien des Regelwerks [2] auferlegt werden.

[2] Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung, KOM(200) 384 (ABl. C 365E vom 19.12.2000, S. 215).

2. In den Leitlinien werden folgende Themen behandelt: a) Marktdefinition, b) Würdigung beträchtlicher Marktmacht (BMM), c) Feststellung von BMM und d) Verfahrensfragen.

3. Die NRB werden die Leitlinien in den Märkten befolgen, die die Kommission in ihrer Entscheidung nach Artikel 14 der Richtlinie [Rechtsrahmen] als relevante Produkt- und Dienstmärkte bezeichnen wird und deren Merkmale aufgrund der einschlägigen Richtlinien die Auferlegung von Vorabverpflichtungen rechtfertigen können, und in den Märkten, die die NRB mit Einwilligung der Kommission aufgrund von Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie [Rechtsrahmen] festgelegt haben.

4. Mit den Leitlinien soll vor allem eine übereinstimmende Anwendung bestimmter (in der Anlage wiedergegebener) Richtlinienvorschriften durch die NRB gewährleistet werden, insbesondere bei Feststellung der Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht.

5. Die Leitlinien sollen von den NRB angewandt werden:

- Zur Feststellung der räumlichen Tragweite der von der Kommission in ihrer Entscheidung nach Artikel 14 der Richtlinie [Rechtsrahmen] ermittelten Produkt- und Dienstmärkte. Die NRB werden nicht die räumliche Tragweite transnationaler Märkte bestimmen, da die Kommission in ihrer Entscheidung nach Artikel 14 Absatz 1 die transnationalen Märkte bestimmen wird.

- Zur Feststellung der von der Kommissionsentscheidung nicht erfassten anderen relevanten Produkt- und Dienstmärkte, wozu die Einwilligung der Kommission erforderlich ist.

- Zur Untersuchung der Wettbewerbsmerkmale in den in der Kommissionsentscheidung und von den NRB festgestellten Märkten nach der in Abschnitt 2 der Leitlinien dargelegten Methode.

- Zur Feststellung der Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht in einem relevanten Markt und zur Auferlegung von Vorabverpflichtungen in Übereinstimmung mit den Vorschriften der einschlägigen Richtlinien [Rechtsrahmen, Zugang und Zusammenschaltung, Universaldienst und Nutzerrechte] gemäß Abschnitt 3 und 4 der Leitlinien.

- Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten und der NRB bei der Anwendung des Artikels 11 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie [ ] über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste [3] und des Artikels 5 Absatz 1 der Richtlinie [Rechtsrahmen], damit die Unternehmen ihrer Verpflichtung nachkommen, den NRB alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die diese benötigen, um relevante Märkte und beträchtliche Marktmacht feststellen zu können.

[3] Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsmittel und -dienste, KOM(2000)386 (ABl. C 365E vom 19.12.2000, S. 230).

- Zur Unterstützung der NRB beim Umgang mit vertraulichen Informationen von:

* Unternehmen aufgrund von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe f) der Genehmigungs-Richtlinie

* Nationalen Wettbewerbsbehörden (NWB) im Rahmen der in Artikel 3 Absatz 5 der Rechtsrahmen-Richtlinie und in diesen Leitlinien vorgesehenen Zusammenarbeit und

* der Kommission im Rahmen der in Artikel 5 Absatz 2 der Rechtsrahmen-Richtlinie und in diesen Leitlinien vorgesehenen Zusammenarbeit,

* Zur Empfehlung von Verfahren der Zusammenarbeit mit NWB, anderen NRB und der Kommission.

6. Die Leitlinien sind wie folgt gegliedert:

In Abschnitt 2 wird die Methode für die Definition der Märkte beschrieben. In Abschnitt 3 werden die Kriterien zur Würdigung von BMM in einem relevanten Markt dargelegt. In Abschnitt 4 werden die Ergebnisse, zu denen die NRB im Rahmen ihrer Würdigung gelangen können, und die Maßnahmen genannt, die diese Ergebnisse nach sich ziehen könnten. Abschnitt 5 nennt die Untersuchungsbefugnisse der NRB, empfiehlt Verfahren für die Koordinierung unter den NRB sowie den NRB und NWB und behandelt die Verfahren der Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den NRB und der Kommission. Abschnitt 6 befasst sich mit den öffentlichen Anhörungsverfahren und der Veröffentlichung der Entscheidungsvorschläge der NRB.

7. Außerdem werden allen interessierten Kreisen und auf dem Markt für elektronische Kommunikation tätigen Unternehmen in diesen Leitlinien erklärt, wie die NRB beträchtliche Marktmacht (BMM) aufgrund der Richtlinie [Rechtsrahmen] würdigen werden. Auf diese Weise sollen Transparenz und Rechtssicherheit bei der Anwendung der sektorspezifischen Rechtsvorschriften, die durch die Leitlinien ergänzt werden, optimiert werden. Die Kommission wird die Leitlinien im Bedarfsfalle unter Berücksichtigung des Erfahrungsschatzes der NRB und besonderer Entwicklungen, z.B. infolge der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz und des Gerichtshofs in Wettbewerbsfällen, ändern.

8. Die NRB sollten aufgrund von Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie [Rechtsrahmen] bei ihren Marktanalysen und der Ermittlung von BMM die Leitlinien befolgen. Dies wird ein entscheidender Faktor bei der Beurteilung von Entscheidungsvorschlägen der NRB durch die Kommission aufgrund von Artikel 6 der Richtlinie [Rechtsrahmen] sein. Die Rechte des Einzelnen bzw. der Unternehmen aufgrund des Gemeinschaftsrechts werden durch diese Leitlinien in keiner Weise eingeschränkt. Ebenso wenig berühren die Leitlinien die Anwendung der Wettbewerbsregeln des Vertrages durch die Kommission und deren Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof und das Gericht erster Instanz.

1.2. Sektorspezifische Maßnahmen: Grundsätze und politische Ziele

9. Bei Fehlen eines echten Wettbewerbs in den in der Kommissionsentscheidung festgestellten relevanten Märkten bzw. in den von den NRB in Anwendung der in Abschnitt 2 beschriebenen Methode festgestellten Märkten für elektronische Kommunikation werden die NRB die Unternehmen mit BMM ermitteln und diesen gegebenenfalls besondere Verpflichtungen auferlegen. Die NRB müssen entscheiden, welche besondere Verpflichtung sie als Ersatz für echten Wettbewerb auferlegen (Artikel 14 Absatz 5 der Rechtsrahmen-Richtlinie).

10. Bei der Beurteilung der Frage, ob einem oder mehreren Unternehmen, bei denen BMM festgestellt wurde, zweckmäßigerweise besondere Vorabverpflichtungen auferlegt werden sollten, tragen die NRB den in Artikel 7 Absätze 2, 3 und 4 der Richtlinie [Rechtsrahmen] genannten politischen Zielen Rechnung. Diese Ziele sind:

- Förderung eines offenen und wettbewerbsfähigen Marktes für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste sowie zugehörige Einrichtungen

- Entwicklung des Binnenmarkts und

- Förderung der Interessen der europäischen Bürger.

11. Bei Fehlen eines echten Wettbewerbs haben die NRB also eine dreifache Aufgabe. Sie müssen beurteilen, welche Wirkung die auferlegten Maßnahmen auf die Wettbewerbsbedingungen, die Entwicklung des Binnenmarkts und die Interessen der europäischen Bürger haben werden.

12. Erlassen die NRB in Anwendung der Leitlinien Entscheidungen, berühren diese automatisch die Entwicklung des Binnenmarkts. Die Entscheidungen dürfen nicht das Funktionieren des Binnenmarkts gefährden. Deswegen müssen die NRB dafür sorgen, dass sie die Vorschriften, auf die die vorliegenden Leitlinien anwendbar sind, in gleicher Weise anwenden. Eine solche Übereinstimmung ist nur durch eine enge Koordinierung und Zusammenarbeit mit den anderen NRB, den nationalen Wettbewerbsbehörden (NWB) und der Kommission möglich, wie in der Richtlinie [Rechtsrahmen] und in Abschnitt 5.3 der Leitlinien vorgesehen ist.

13. Die NRB sollen nur auf Vorabverpflichtungen zurückgreifen, wenn kein wirksamer Wettbewerb vorhanden ist, es sei denn, spezifische Zielsetzungen des öffentlichen Interesses liegen vor. Bei der Durchführung der Marktanalyse nach Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie [Rechtsrahmen] werden sie die relevanten Märkte vorausschauend und strukturell evaluieren.

14. Der kürzeste aussagekräftige Zeitraum für eine derartige Würdigung dürfte 12 Monate betragen. Deswegen sollten die NRB wahrscheinlichen oder einigermaßen voraussehbaren Marktentwicklungen über einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten und manchmal über längere Zeiträume je nach den Besonderheiten des relevanten Marktes Rechnung tragen.

15. Die NRB werden feststellen, ob in den in der Kommissionsentscheidung genannten Märkten echter Wettbewerb besteht; sie werden in diesen Märkten die Betreiber mit BMM ermitteln und den betreffenden Unternehmen zweckmäßige sektorspezifische Verpflichtungen auferlegen. Die Verfahren zur diesbezüglichen Koordinierung mit anderen NRB werden in Abschnitt 5 beschrieben.

16. Gelangen die NRB zu dem Schluss, dass in einem anderen als dem in der Kommissionsentscheidung festgestellten Markt kein echter Wettbewerb besteht, und reichen wettbewerbsrechtliche Abhilfen nicht aus, um die festgestellten Probleme aus dem Wege zu räumen, müssen die NRB aufgrund von Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie [Rechtsrahmen] die Einwilligung der Kommission einholen, bevor sie die Unternehmen mit BMM ermitteln und den betreffenden Betreibern besondere Verpflichtungen auferlegen.

17. Indem Unternehmen mit BMM Verpflichtungen auferlegt werden, soll gewährleistet werden, dass die Unternehmen ihre Marktmacht nicht dazu verwenden, den Wettbewerb auf dem relevanten Markt einzuschränken oder zu verzerren, und dass Marktmacht dieser Art nicht auf Nachbarmärkte übertragen werden kann. Die NRB werden eine oder mehrere Verpflichtungen in Übereinstimmung mit den einschlägigen Richtlinien und wie in Abschnitt 4 weiter ausgeführt auferlegen und dürfen Verpflichtungen für den Zugang und die Zusammenschaltung, die über die in der Richtlinie [Zugang] vorgesehenen Maßnahmen hinausgehen, nur mit der vorherigen Einwilligung der Kommission, im Einklang mit den Bestimmungen des Artikel 8 der Zugangs-Richtlinie auferlegen.

1.3. Beziehung zum Gemeinschaftsrecht

18. Um übereinstimmende Ansätze zu gewährleisten, beruhen die vorliegenden Leitlinien auf (1) der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz und des Gerichtshofs, was die Marktdefinition und den Begriff der beherrschenden Stellung im Sinne des Artikels 82 EG-Vertrag betrifft, und auf (2) den "Leitlinien für die Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln im Telekommunikationssektor" [4], der "Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft" [5] und der "Mitteilung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsbereich" [6].

[4] Leitlinien für die Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln im Telekommunikationssektor, ABl. C 233 vom 6.9.1991, S. 2.

[5] Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft, ABl. C 372 vom 9.12.1997, S. 5 (nachstehend Bekanntmachung über die Marktdefinition).

[6] Mitteilung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsbereich, ABl. C 265 vom 22.8.1998, S. 2 (nachstehend Mitteilung über den Zugang).

19. Die Marktdefinitionen der Kommission und der NWB in Wettbewerbsfällen brauchen sich jedoch nicht mit denjenigen in der Kommissionsentscheidung und denjenigen der NRB aufgrund des Abschnitts 2 zu decken. Die Marktdefinitionen der NRB lassen die von den NWB und der Kommission in Ausübung ihrer Befugnisse verwendeten Marktdefinitionen unberührt.

20. In der Praxis ist es durchaus möglich, dass es bei verschiedenen Fragen auf bestimmten Märkten zu parallelen Verfahren der ex ante Regulierung und des Wettbewerbsrechts kommt. Daher können NWB einen Markt und ein Marktverhalten untersuchen und zweckmäßige wettbewerbsrechtliche Abhilfen verlangen, die mit sektorspezifischen Maßnahmen von NRB einhergehen. Dennoch ist festzuhalten, dass eine derartige parallele Anwendung von Rechtsfolgen durch unterschiedliche Behörden auf solchen Märkten unterschiedliche Fragen betreffen würden. Hier gilt der vorerwähnte Grundsatz, nämlich autonome Regelungsmaßnahmen in Ausübung der Regelungsbefugnisse, die jeder Behörde zustehen.

21. Die NRB werden aufgrund ihrer Befugnisse nach Artikel 14 der Richtlinie [Rechtsrahmen] feststellen, ob Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen. Sie verfügen wegen der komplizierten ineinandergreifenden Faktoren wirtschaftlicher, sachlicher und rechtlicher Art, die auf den relevanten Märkten gewürdigt werden müssen, bei der Ausübung ihrer Befugnisse über einen weitreichenden Ermessensspielraum, unter Beachtung des Konsultations- und Transparenzverfahrens gemäss Artikel 6 der Rahmenrichtlinie (s.u. Abschnitt 6).

22. Die vorliegenden Leitlinien sollen die NRB in ihrer Arbeit unterstützen, damit sie in jedem Mitgliedstaat und zusammen mit anderen Mitgliedstaaten zu schlüssigen und übereinstimmenden Ergebnissen gelangen. Da jede NRB über ein weitreichendes Ermessen verfügt, sind für ein ausgewogenes System zum einen Verfahren und zum anderen eine ungehinderte Zusammenarbeit unter den Behörden äußerst wichtig, um Logik und Kohärenz umfassend zu gewährleisten (spezifische Kooperationsverfahren sind in Abschnitt 5.3 beschrieben).

23. Die neuen Richtlinien betreffen elektronische Kommunikationsnetze und -dienste im Allgemeinen und nicht nur herkömmliche Telekommunikation: Die Vorabverpflichtungen beschränken sich allerdings auf diejenigen Märkte, in denen kein echter Wettbewerb besteht, insbesondere auf die in der Kommissionsentscheidung bzw. von den NRB aufgrund von Artikel 14 der Richtlinie [Rechtsrahmen] ermittelten Märkte.

2. Marktdefinition

2.1. Einleitung

24. In den 1991 veröffentlichten Leitlinien [7] wies die Kommission wegen des raschen technologischen Wandels in einem Bereich wie dem Telekommunikationssektor auf die Schwierigkeiten bei der Definition des relevanten Marktes hin. Diese Feststellung gilt, was den Sektor der elektronischen Kommunikation betrifft, auch heute noch; allerdings hat die Kommission seit der Veröffentlichung der Leitlinien im Jahre 1991 beachtliche Erfahrungen bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln in dem von ständiger technischer Veränderung und von Innovation gekennzeichneten dynamischen Telekommunikationssektor gesammelt, da sie die Aufgabe hatte, in diesem Sektor den Übergang von monopolistischen zu wettbewerblichen Verhältnissen zu überwachen. In den vorliegenden Leitlinien soll jedoch nicht die Anwendung der Wettbewerbsregeln im Telekommunikationssektor generell erklärt, sondern sollen vielmehr einzelne Fragen im Zusammenhang mit (i) der Marktdefinition und (ii) der Ermittlung beträchtlicher Marktmacht im Sinne des Artikels 13 der Rechtsrahmen-Richtlinie (nachstehend "BMM") behandelt werden.

[7] Leitlinien für die Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln im Telekommunikationssektor, ABl. C 233 vom 6.9.1991, S. 2.

25. Bei der Feststellung, ob ein Unternehmen über BMM verfügt, ob es also "entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine wirtschaftlich starke Stellung einnimmt, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Mitbewerbern, Kunden und letztlich Verbrauchern zu verhalten" (Artikel 13 Absatz 2 der Rechtsrahmen-Richtlinie), ist die Definition des relevanten Marktes von grundlegender Bedeutung, da echter Wettbewerb nur unter Bezugnahme auf einen solchen relevanten Markt gewürdigt werden kann [8]. Der Begriff des "relevanten Marktes" setzt die Beschreibung der Produkte bzw. Dienste voraus, die diesen Markt ausmachen, sowie die Abgrenzung der räumlichen Tragweite dieses Marktes (die Begriffe "Produkte" und "Dienste" sind in diesem Text austauschbar.) Hier ist daran zu erinnern, dass die aufgrund des früheren Rechtsrahmens ermittelten relevanten Märkte nicht gleichbedeutend mit den für wettbewerbsrechtliche Zwecke ermittelten Märkte waren, da bei ersteren bestimmte Aspekte der lückenlosen Kommunikation und nicht die in wettbewerbsrechtlichen Untersuchungen verwendeten Kriterien des Angebots und der Nachfrage ausschlaggebend waren [9].

[8] Rechtssache C-209/98, Entreprenørforeningens Affalds [2000] Slg. I-3743, Rn. 57 und Rechtssache C-242/95 GT-Link [1997] Slg. I-4449, Rn. 36. Die Marktdefinition ist kein Selbstzweck, sondern Teil eines Vorgangs, der darauf abzielt, die Marktmacht eines Unternehmens zu bemessen.

[9] Siehe Richtlinie 97/33/EC des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsäzte für einen offenen Netzzugang (ONP), ABl. L 199 vom 26.7.1997, S. 32 (die "Zusammenschaltungs-Richtlinie"); Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs, ABl. L 192 vom 24.7.1990, S. 1 (die "ONP-Rechtsrahmen-Richtlinie"); Richtlinie 92/44/EWG des Rates vom 5. Juni 1992 zur Einführung des offenen Netzzugangs bei Mietleitungen, ABl. L 165 vom 19.6.1992, S. 27 (die "Mietleitungen-Richtlinie"); Richtlinie 95/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1995 zur Einführung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst, ABl. L 321 vom 30.12.1995, S. 6, ersetzt durch die Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld, ABl. L 101 vom 1.4.1998, S. 24 (die "ONP-Sprachtelefondienst-Richtlinie").

26. Einen Markt zu definieren, ist kein automatischer oder abstrakter Vorgang; um einen Markt zu definieren, müssen alle Beweise bisherigen Marktverhaltens untersucht und die Mechanismen in einem bestimmten Sektor generell begriffen werden. Für eine vorausschauende Marktanalyse ist ein dynamischer, kein statischer Ansatz erforderlich [10]. Insofern werden alle bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln im Telekommunikationssektor von den NRB oder NWB gemachten Erfahrungen für die Anwendung des Artikels 13 der Rechtsrahmen-Richtlinie sicherlich besonders wertvoll sein. Alle Informationen und Feststellungen sowie Untersuchungen oder Berichte, die von den NRB bei der Untersuchung der Wettbewerbsbedingungen in den Telekommunikationsmärkten in Auftrag gegeben oder herangezogen wurden, sollten (vorausgesetzt natürlich, dass sich die Marktbedingungen seither nicht geändert haben) Ausgangspunkt für die Anwendung des Artikels 13 der Rechtsrahmen-Richtlinie sein [11].

[10] Verbundene Rechtssachen C-68/94 und C-30/95, Frankreich und andere gegen Kommission [1998] Slg. I-1375. Siehe auch Bekanntmachung über die Marktdefinition, Rn. 12.

[11] Da der Sektor elektronische Kommunikation technologie- und innovationsorientiert ist, kann eine bestimmte Marktdefinition zu einem späteren Zeitpunkt überholt sein.

27. Die wichtigsten Produkt- und Dienstmärkte, in denen zu Recht Vorabverpflichtungen auferlegt werden könnten, werden in der "Entscheidung über relevante Produkt- und Dienstmärkte" ermittelt, die die Kommission aufgrund von Artikel 14 der Rechtsrahmen-Richtlinie annehmen muss [12]. Normalerweise wird die Aufgabe der NRB lediglich darin bestehen, die geographische Tragweite der relevanten Märkte zu bestimmen, auch wenn sie aufgrund der Rechtsrahmen-Richtlinie die Möglichkeit haben werden, mit Einwilligung der Kommission andere Märkte als die in der vorerwähnten Entscheidung zu definieren.

[12] Artikel 14 Absatz 1 der Rechtsrahmen-Richtlinie.

28. Obwohl eine vorausschauende Analyse der Marktbedingungen in manchen Fällen zu einer anderen Marktdefinition als derjenigen führen kann, die aus einer Marktanalyse unter Zugrundelegung des bisherigen Verhaltens resultiert [13], sollten sich die NRB nach Möglichkeit um Übereinstimmung zwischen der zum Zwecke der Auferlegung von Vorabverpflichtungen und der zum Zwecke der nachträglichen Anwendung der Wettbewerbsregeln erarbeiteten Marktdefinition bemühen.

[13] Bekanntmachung über die Marktdefinition, S.5.

2.2. Hauptkriterien für die Definition des relevanten Marktes

29. Inwieweit das Angebot eines Produkts oder die Bereitstellung eines Dienstes in einem bestimmten geographischen Gebiet den relevanten Markt darstellt, hängt von den Wettbewerbskräften ab, die das Preisverhalten der jeweiligen Hersteller oder Dienstleistungserbringer beeinflussen können. Bei der Beurteilung des Marktverhaltens von Unternehmen sind zwei wesentliche Wettbewerbskräfte zu berücksichtigen: i) die Austauschbarkeit auf der Nachfrageseite und ii) die Angebotsumstellungsflexibilität. Eine dritte Wettbewerbskraft, die das Verhalten eines Betreibers beeinflussen kann, ist potentieller Wettbewerb. Die Frage, ob potentieller Wettbewerb besteht, wird jedoch gewöhnlich untersucht, um festzustellen, ob in einem Markt echter Wettbewerb im Sinne der Rechtsrahmen-Richtlinie besteht, ob also Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht vorhanden sind [14].

[14] Bekanntmachung über die Marktdefinition, Rn. 20.

30. Die Austauschbarkeit auf der Nachfrageseite ist ein Faktor, anhand dessen festgestellt wird, in wie weit die Verbraucher bereit sind, das fragliche Produkt oder den fraglichen Dienst durch andere Produkte oder Dienste zu ersetzen, während die Angebotsumstellungsflexibilität besagt, ob andere Anbieter als die des fraglichen Produkts oder Dienstes ihre Produktion umstellen bzw. die relevanten Produkte oder Dienste anbieten würden, ohne dass erhebliche Zusatzkosten für sie entstehen.

31. Ob Austauschbarkeit auf der Nachfrageseite oder Angebotsumstellungsflexibilität besteht, kann anhand des "hypothetischen Monopoltests" festgestellt werden" [15]. Bei diesem Test sollte sich die NRB die Frage stellen, was geschähe, wenn sich eine kleine, aber signifikante und anhaltende Preiserhöhung bei einem bestimmten Produkt oder Dienst ereignen würde und die Preise sämtlicher anderen Produkte und Dienste konstant blieben (nachstehend "relative Preiserhöhung"). Ob eine Preiserhöhung signifikant ist, wird von jedem Einzelfall abhängen. In der Praxis sollten die NRB generell von den Auswirkungen einer Preiserhöhung von 5 bis 10 % ausgehen. Die wahrscheinliche Reaktion der Verbraucher wird erkennen lassen, ob substituierbare Produkte bestehen, und wenn ja, wie der relevante Produktmarkt abgegrenzt werden sollte [16].

[15] Siehe auch Mitteilung über den Zugang, Rn. 46. Dieser Test ist auch bekannt unter der Abkürzung "SSNIP" (small but significant non transitory increase in price - kleine, aber signifikante und anhaltende Preiserhöhung).

[16] Mit anderen Worten kann bei einer großen Kreuzelastiziät der Nachfrage zwischen zwei Erzeugnissen darauf geschlossen werden, dass die Verbraucher diese Erzeugnisse als verwandte Substitute ansehen.

32. Zunächst sollten die NRB diesen Test auf einen in einem bestimmten geographischen Gebiet angebotenen elektronischen Kommunikationsdienst oder ein Kommunikationsprodukt anwenden, deren Merkmale die Auferlegung von Verpflichtungen rechtfertigen könnten; anschließend sollten weitere Produkte oder Gebiete in den Test einbezogen werden, je nachdem, ob von diesen Produkten oder Gebieten ein Wettbewerb ausgeht, der sich auf den Preis des anfangs untersuchten Produkts oder Dienstes auswirkt.

33. Der "hypothetische Monopoltest" hat grundsätzlich nur bei Produkten oder Diensten einen Sinn, bei denen die Preise nicht reglementiert, sondern frei festgesetzt werden. Es wird also davon ausgegangen, dass die aktuellen Preise dem Wettbewerb Rechnung tragen. Wird jedoch ein Dienst oder ein Produkt zu einem reglementierten, kostenabhängigen Preis angeboten, wird, sofern keine gegenteiligen Anzeichen vorliegen, angenommen, dass dieser Preis der unter normalen Wettbewerbsbedingungen praktizierte Preis wäre, von dem also bei der Anwendung des "hypothetischen Monopoltests" ausgegangen werden sollte. Ist die Nachfrageelastizität bei einem bestimmten Produkt oder Dienst sogar bei relativ konkurrenzfähigen Preisen beträchtlich, so verfügt das fragliche Unternehmen theoretisch über keine Marktmacht. Ist jedoch die Elastizität sogar bei den aktuellen Marktpreisen hoch, bedeutet dies lediglich, dass das fragliche Unternehmen seine Marktmacht bereis soweit ausgenutzt hat, dass weitere Preiserhöhungen nicht mehr gewinnbringend sind. Wird in diesem Falle der "hypothetische Monopoltest" angewandt, so kann dies zu einer anderen Marktdefinition führen, als wenn von Wettbewerbspreisen ausgegangen würde.

34. Der "hypothetische Monopoltest" sollte bis zu dem Punkt angewandt werden, wo nachgewiesen werden kann, dass eine relative Preiserhöhung innerhalb der räumlich und sachlich relevanten Märkte die Verbraucher nicht dazu bewegen wird, auf andere schnell verfügbare Produkte oder Dienste überzuwechseln oder sich an Anbieter in anderen geographischen Gebieten zu wenden.

2.2.1. Der relevante Produkt-/Dienstmarkt

35. Der ständigen Rechtsprechung zufolge gehören zu dem relevanten Produkt-/Dienstmarkt sämtliche Produkte oder Dienste, die hinreichend austausch- bzw. substituierbar sind, und zwar nicht nur wegen ihrer objektiven Merkmale, derentwegen sie anhaltenden Konsumbedürfnissen gerecht werden, sondern auch wegen der Wettbewerbsbedingungen und/oder der Struktur von Angebot und Nachfrage auf dem betreffenden Markt [17]. Produkte oder Dienste, die nur in geringem Maße oder relativ austauschbar sind, gehören nicht demselben Markt an [18]. Die NRB sollten also mit der Definition des relevanten Produkt- oder Dienstmarkts beginnen, indem sie alle Produkte oder Dienste zusammenfassen, die von den Verbrauchern für denselben Zweck (Endzweck) verwendet werden.

[17] Rechtssache 31/80 L'Oréal [1980] Slg. 3775, Rn.. 25, Rechtssache 322/81 Michelin gegen Kommission [1983] Slg. 3461, Rn. 37, Rechtssache C-62/86 AkzoChemie gegen Kommission [1991] Slg. I-3359, Rechtssache T-504/93 Tiercé Ladbroke gegen Kommission [1997] Slg. II-923, Rn.. 81, Rechtssache T-65/96, Kish Glass gegen Kommission [2000] Slg. II-0000, Rn..62.

[18] Rechtssache 66/86, Ahmed Saeed [1989] Slg. 803, Rdnrn. 39 und 40, Rechtssache United Brands gegen Kommission [1978] Slg. 207, Rdnrn. 22, 29 und 12; Rechtssache T-229/94, Deutsche Bahn gegen Kommission [1997] Slg. II-1689, Rn. 54.

36. Auch wenn der Endzweck eines Produkts oder Diensts unmittelbar von physischen Merkmalen abhängt, können doch unterschiedliche Arten von Produkten oder Diensten für denselben Zweck verwendet werden. Z. B. kann unterschiedliche Infrastruktur wie Kabel- und Satellitenverbindungen für denselben Zweck verwendet werden, insbesondere für den Zugang zum Internet. Hier können also beide Übertragungswege (Kabel und Satellit) demselben Produktmarkt zugerechnet werden. Funkruf- und Sprachtelefondienste, die anscheinend denselben Dienst erbringen können, nämlich den Austausch von Kurznachrichten, können hingegen wegen der unterschiedlichen Verbrauchervorstellungen von Leistung und Endzweck unterschiedlichen Produktmärkten zugeordnet werden.

37. Unterschiedliche Preisgestaltungsmodelle und Angebote für ein bestimmtes Produkt oder einen bestimmten Dienst lassen außerdem auf unterschiedliche Verbrauchergruppen schließen. Die NRB können daher bei der Untersuchung der Preise für eigentlich denselben Dienst gesonderte Märkte für Geschäfts- und für Privatkunden ermitteln. Die Möglichkeit der Anbieter internationaler elektronischer Kommunikationsdienste an Endverbraucher, gegenüber Privat- und Geschäftskunden unterschiedliche Preise und Rabatte anzuwenden, hat z. B. die Kommission zu der Feststellung veranlasst, dass diese beiden Gruppen separate Märkte bilden (siehe weiter unten).

38. Im Übrigen werden aufgrund der technologischen Konvergenz verschiedene elektronische Kommunikationsdienste in zunehmendem Maße austauschbar sein. Die Verwendung von Digitalsystemen hat zur Folge, dass sich die Leistungsfähigkeit und die Merkmale der mit unterschiedlichen Technologien operierenden Netzdienste immer stärker ähneln. Ein paketvermitteltes Netz wie Internet kann z. B. in Konkurrenz zu den herkömmlichen Sprachtelefondiensten zur Übertragung digitaler Sprachsignale verwendet werden [19].

[19] Mitteilung der Kommission -- Status der Sprachübermittlung im Internet nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts und insbesondere der Richtlinie 90/388/EWG -- Ergänzung zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über den Stand der Umsetzung der Richtlinie 90/388/EWG über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste, ABl. Nr. C 369, 22,12,2000, S. 3.

39. Zur Abrundung der Marktanalyse sollte die NRB daher im Rahmen des hypothetischen Monopoltests abgesehen von den Produkten oder Diensten, die aufgrund objektiver Merkmale, der Preise und des Verwendungszwecks hinreichend austauschbar sind, auch gegebenenfalls die Voraussetzungen für Nachfrage- und Angebotssubstituierbarkeit untersuchen.

2.2.1.1. Austauschbarkeit auf der Nachfrageseite

40. Die NRB können anhand der Nachfragesubstituierbarkeit feststellen, welche Produkte oder Produktreihen, auf die die Verbraucher ohne weiteres bei relativen Preiserhöhungen überwechseln könnten, austauschbar sind. Bei der Feststellung, ob Nachfragesubstituierbarkeit besteht, sollten sich die NRB auf alle Beweise aufgrund früheren Verbraucherverhaltens stützen. Sind Daten verfügbar, sollten die NRB die Preisschwankungen bei potenziellen Konkurrenzerzeugnissen, alle Preisbewegungen und wichtigen Tarifinformationen untersuchen. Ist nachgewiesen, dass die Verbraucher bei früheren Preisveränderungen schnell zu anderen Produkten oder Diensten übergegangen sind, so sollte diese Tatsache gebührend berücksichtigt werden.

41. Die Möglichkeit für den Verbraucher, ein Produkt oder einen Dienst wegen einer kleinen, aber signifikanten und anhaltenden Preiserhöhung durch eine Alternative zu ersetzen, kann jedoch durch erhebliche Kosten beeinträchtigt werden. Verbraucher, die in Technologie investiert oder andere notwendige Investitionen vorgenommen haben, um einen Dienst beziehen oder ein Produkt benutzen zu können, sind vielleicht nicht bereit, die beim Wechsel zu einem austauschbaren Dienst oder Produkt anfallenden zusätzlichen Kosten auf sich zu nehmen. Außerdem können Kunden durch langfristige Verträge oder prohibitiv hohe Kosten beim Wechsel von Endgeräten die Hände gebunden sein. In einer Situation also, wo für den Endnutzer erhebliche Kosten entstehen, will er das Produkt A durch das Produkt B zu ersetzten, sollten diese beiden Produkte nicht in denselben relevanten Markt einbezogen werden.

42. Die Nachfragesubstituierbarkeit kreist um den austauschbaren Charakter von Produkten oder Diensten aus Sicht des Käufers. Für eine saubere Abgrenzung des Produktmarkts kann es allerdings erforderlich sein, auch die potenzielle Angebotsumstellungsflexibilität zu untersuchen.

2.2.1.2. Angebotsumstellungsflexibilität

43. Bei der Würdigung der Angebotsumstellungsflexibilität kann die NRB auch mit der Wahrscheinlichkeit rechnen, dass bisher in dem relevanten Produktmarkt noch nicht tätige Unternehmen innerhalb eines angemessenen Zeitraums [20] infolge einer relativen Preiserhöhung, d. h. einer kleinen, aber signifikanten und anhaltenden Preiserhöhung, in den Markt eintreten wollen. Sind die Gesamtkosten für die Umstellung der Produktion auf das fragliche Produkt nicht besonders hoch, dann kann dieses Produkt in die Produktmarktdefinition einbezogen werden. Die NRB müssen feststellen, ob ein bestimmter Anbieter tatsächlich seine Produktionsmittel für die Herstellung des relevanten Produkts oder die Erbringung des relevanten Diensts verwenden oder umstellen würde (ob seine Kapazität z. B. aufgrund langfristiger Liefervereinbarungen ausgelastet ist usw.). Eine rein hypothetische Angebotsumstellungsflexibilität reicht für die Marktdefinition nicht aus.

[20] Der Zeitraum, um die wahrscheinliche Reaktion anderer Anbieter bei einer relativen Preiserhöhung zu untersuchen, hängt unweigerlich von den Merkmalen jedes Marktes ab und sollte je nach Fall festgelegt werden. Angesichts der nicht abreißenden technologischen Entwicklung auf den Telekommunikationsmärkten sollten die NRB die wahrscheinliche Reaktion von Anbietern innerhalb eines Zeitraums von weniger als einem Jahr bewerten.

44. Außerdem sollten alle Anforderungen, die sich aus Rechts- und Verwaltungsvorschriften ergeben, berücksichtigt werden, da diese einen rechtzeitigen Eintritt in den relevanten Markt verhindern und folglich die Umstellungsbereitschaft beeinträchtigen könnten. Verzögerungen und Hindernisse beim Abschluss von Zusammenschaltungs- oder Kollokationsvereinbarungen, bei der Aushandlung anderer Formen des Netzzugangs oder beim Erhalt von Wegerechten für eine Netzerweiterung können z. B. der Erbringung neuer Dienste und der Errichtung neuer Netze durch potenzielle Wettbewerber zunächst einmal im Wege stehen.

45. Hieraus ergibt sich, dass die Angebotsumstellungsflexibilität nicht nur dazu dient, den relevanten Markt zu definieren, sondern auch die Zahl der Marktteilnehmer zu ermitteln.

2.2.2. Räumlicher Markt

46. Im Anschluss an die Definition des relevanten Produktmarktes geht es darum, den räumlichen Markt abzugrenzen. Erst wenn die räumliche Dimension des Produkt- oder Dienstmarkts bekannt ist, können die NRB die Bedingungen für einen echten Wettbewerb auf dem betreffenden Markt ordnungsgemäß würdigen.

47. Nach ständiger Rechtsprechung umfasst der räumlich relevante Markt ein Gebiet, in dem die Unternehmen bei den relevanten Produkten oder Diensten an Angebot und Nachfrage beteiligt sind und die Wettbewerbsbedingungen einander gleichen oder hinreichend homogen sind und von Nachbargebieten unterschieden werden können, in denen erheblich andere Wettbewerbsbedingungen bestehen [21]. Für die Definition des geographischen Marktes ist es nicht erforderlich, dass die Wettbewerbsbedingungen zwischen Anbietern und Händlern vollkommen homogen sind. Es reicht aus, dass diese Bedingungen einander gleichen oder hinreichend homogen sind. Somit können nur Gebiete, in denen die objektiven Wettbewerbsbedingungen "heterogen" sind, nicht als einheitlicher Markt angesehen werden [22].

[21] United Brands, ebda., Rn. 44, Michelin, ebda., Rn. 26, Rs. 247/86 Alsatel gegen Novasam [1988] Slg. 5987, Rn. 15; Tiercé Ladbroke gegen Kommission, ebda., Rn. 102.

[22] Deutsche Bahn gegen Kommission, ebda., Rn. 92.

48. Die Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes erfolgt in derselben Weise wie die Würdigung der Nachfrage- und Angebotssubstituierbarkeit als Reaktion auf eine relative Preiserhöhung.

49. Was daher die Nachfragesubstituierbarkeit betrifft, so sollten die NRB vor allem die Präferenzen der Verbraucher sowie deren geographische Kaufgewohnheiten untersuchen. Denn es können insbesondere sprachliche Gründe sein, wenn bestimmte Dienste nicht in verschiedenen Sprachgebieten verfügbar sind oder vermarktet werden. Was die Angebotsumstellungsflexibilität betrifft, so sollte die Marktdefinition, wenn Betreiber, die gegenwärtig auf dem relevanten Markt noch nicht tätig oder präsent sind, nachweislich aber bei einer relativen Preiserhöhung schnell in diesen Markt eintreten werden, auf diese "Outsider" ausgedehnt werden.

50. Im Telekommunikationssektor ist der räumlich relevante Markt bisher aufgrund von zwei wesentlichen Kriterien bestimmt worden [23]:

[23] Z. B. Sache Nr. IV/ML.1025, Mannesmann/Olivetti/Infostrada, Rn. 17, Sache Nr. COMP/JV.23 - Telefonica Portugal Telecom/Médi Telecom.

* (a) das von einem Netz erfasste Gebiet [24] und

[24] Dieses Gebiet entspricht normalerweise dem Gebiet, in dem ein Betreiber tätig sein darf. In der Sache Nr. COMP/M.1650 - ACEA/Telefonica stellte die Kommission fest, dass der räumliche Markt ein lokaler Markt war, da das angemeldete Gemeinschaftsunternehmen über eine Lizenz verfügen würde, die sich auf das Gebiet von Rom beschränkt; Rn. 16.

* (b) die bestehenden Rechts- und anderen Verwaltungsinstrumente [25].

[25] Die Tatsache, dass Mobilfunkbetreiber nur in den Gebieten Dienste anbieten können, für die sie über eine Lizenz verfügen, und die Tatsache, dass eine Netzarchitektur die geografische Tragweite der Mobilfunklizenzen widerspiegelt, erklärt, warum Mobilfunkmärkte als nationale Märkte angesehen werden. Die zusätzlichen Verbindungs- und Kommunikationskosten, die die Verbraucher bei Auslandsgesprächen tragen müssen, gekoppelt mit dem Verlust bestimmter zusätzlicher Leistungen (z.B. keine Voice-Mail) untermauern noch diese Definition; siehe Sache Nr. IV/M.1430 - Vodafone/Airtouch, Rn. 13-17, Sache Nr. COMP/JV.17 - Mannesmann/Bell Atlantic/Omnitel, Rn. 15.

51. Anhand dieser beiden wesentlichen Kriterien [26] können die Märkte als lokal, regional, national oder länderübergreifend für Gebiete, die sich auf zwei oder mehrere Länder erstrecken, bezeichnet werden (paneuropäische, europaweite oder globale Märkte).

[26] Zusammenschaltungsvereinbarungen können auch bei der räumlichen Abgrenzung des Marktes berücksichtigt werden. Sache Nr. IV/M.570 - TBT/BT/TeleDanmark/Telenor, Rn. 35.

52. In bestimmten Fällen kann der räumlich relevante Markt nach Strecken abgegrenzt werden. Bei der Untersuchung der räumlichen Dimension von Märkten für internationale elektronische Kommunikationsdienste an Endverbraucher oder Diensteanbieter kann es ratsam sein, Länder- oder Städtepaare als gesonderte Märkte zu behandeln. Von der Nachfrageseite her betrachtet, ist die Zustellung eines Anrufs in einem Land selbstverständlich kein Substitut für die Zustellung desselben Anrufs in einem anderen Land. Die Frage, ob indirekte Übertragungsdienste, also die Um- oder Durchleitung desselben Anrufs über ein Drittland, wirkliche Angebotssubstitute sind, hängt allerdings von den Besonderheiten des Marktes ab und sollte je nach Fall entschieden werden [27].

[27] Z.B. der Markt für Backhaul-Kapazitäten auf internationalen Strecken (eine Kabelstation im Land A bedient Land E), wo ein Substitutionspotenzial zwischen Kabelstationen besteht, die für mehrere Länder tätig sind (z.B. Kabelstationen, die Land A mit Land B, A mit C und A mit D verbinden), und wo ein Anbieter von Backhaul-Kapazitäten für die Strecke A nach E aufgrund der Möglichkeit der Verbraucher, eine der anderen "Routen" zu wählen, auf der ebenfalls Verkehr von oder nach dem Land E möglich ist, eingeengt wird oder würde.

2.2.3. Andere Fragen der Marktdefinition

53. In ihrer Bekanntmachung über die Marktdefinition machte die Kommission auf bestimmte Fälle aufmerksam, in denen die Grenzen des relevanten Marktes soweit gesteckt werden können, dass Produkte oder geographische Gebiete erfasst werden, die zwar nicht unmittelbar austauschbar sind, aber wegen der sogenannten "Substitutionsketten" [28] in die Marktdefinition einbezogen werden sollten. Substitutionsketten liegen vor, wenn nachgewiesen werden kann, dass zwar die Produkte A und C nicht unmittelbar austauschbar sind, das Produkt B aber ein Substitut sowohl für das Produkt A als auch für das Produkt C ist und folglich die Produkte A und C demselben Produktmarkt zugeordnet werden können, da der Preis dieser Produkte durch die Substitutionsmöglichkeit aufgrund des Produkts B beeinflusst werden könnte. Die selben Überlegungen gelten für die Definition des räumlich relevanten Marktes. Wegen der Gefahr einer zu großen Ausdehnung des relevanten Marktes sollte die Existenz von Substitutionsketten allerdings hinreichend nachgewiesen werden [29].

[28] Siehe Bekanntmachung über die Marktdefinition, Rn. 57 und 58.

[29] Eine klare gegenseitige Preisabhängigkeit an den beiden Endpunkten der Kette und das Ausmaß der Substituierbarkeit zwischen den relevanten Produkten oder geografischen Gebieten müssen eindeutig nachgewiesen werden.

2.2.3.1. Die Entscheidungspraxis der Kommission

54. Die Kommission hat eine Reihe von Entscheidungen auf der Grundlage der Verordnungen Nr. 17 und Nr. 4064/89 [30] erlassen, die das Telekommunikationswesen zum Gegenstand haben. In diesen Entscheidungen hat die Kommission mehrere relevante Märkte identifiziert, die auch für die Anwendung von Artikel 13 der Rechtsrahmen-Richtlinie durch die NRB relevant sein dürften. Wie schon erwähnt, muss jedoch bei einem durch ständige Innovation und rapide technologische Konvergenz charakterisierten Wirtschaftszweig stets berücksichtigt werden, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffene Marktdefinitionen schon in kurzer Zeit ungenau oder irrelevant werden können [31].

[30] Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997, ABl. L 180 vom 9.7.1997, S. 1 (nachstehend "Fusionskontrollverordnung").

[31] Siehe verbundene Rechtssachen T-125/97 und T-127/97 The Coca-Cola Company u. a./Kommission, Slg. [2000], II-0000, Rn. 81 und 82.

55. Wie die Kommission in der Mitteilung über den Zugang ausführte, sind im Telekommunikationsbereich mindestens zwei relevante Märkte zu betrachten: der Markt für eine Dienstleistung, die für Endbenutzer erbracht wird (Dienstleistungsmarkt) und der Markt für den Zugang zu den Einrichtungen, die zur Erbringung dieser Dienstleistung erforderlich sind (Zugangsmarkt) [32]. Innerhalb dieser groben Untergliederung sind aufgrund von Nachfrage- und Angebotsmustern weitere Unterscheidungen zu treffen.

[32] Mitteilung über den Zugang, Rn. 45.

56. Bei den Festnetz-Dienstleistungen hat die Kommission die relevanten Produktmärkte in Märkte für Fernsprechdienstleistungen (die sowohl von Privat- als auch von Geschäftskunden in Anspruch genommen werden) und Datendienste (die vornehmlich von Unternehmen genutzt werden) unterteilt und dabei wiederum zwischen Inlands- und internationalen Diensten unterschieden [33]. Auf dem Markt für festnetzgestützte Telefondienste an Endabnehmer hat die Kommission zwischen den Dienstleistungen Anschlussgebühr, monatliche Miete, Ortsgespräche, Regionalgespräche und Ferngespräche unterschieden [34]. Diese Dienstleistungen werden zwei unterschiedlichen Gruppen von Endabnehmern angeboten, nämlich privaten und beruflichen Nutzern, wobei letztere Klein- oder Großunternehmen sind. Bei den festen Telefondienstleistungen für Privatkunden deuten die Nachfragemuster darauf hin, dass zur Zeit im Wesentlichen zwei Dienstleistungen angeboten werden, nämlich die herkömmlichen festen Telefondienste (Sprach- und Schmalband-Datenübertragungen) und schnelle Telekommunikationsdienste (derzeit vor allem in Form von xDSL-Diensten) [35].

[33] Entscheidung der Kommission vom 20. Mai 1999 in der Sache Cégétel + 4 (ABl. L 218 vom 18.8.1999), Rn. 22. Zum aufstrebenden Markt der weltweiten Breitband-Datenkommunikationsdienstleistungen hat die Kommission festgestellt, dass diese im Wesentlichen über drei Netzarchitekturen erbracht werden: a) terrestrische Kabelsysteme, b) terrestrische drahtlose Systeme und c) satellitengestützte Systeme, und dass satellitengestzützte Systeme aus Nachfragesicht als separater Markt angesehen werden können, s. Sache Nr. COMP/M.1564 - Astrolink, Rn. 20-23.

[34] Richtlinie 96/19/EG, Erwägungsgrund 20, ABl. L 74 vom 22.3.1996, S. 13. Siehe auch Mitteilung der Kommission: Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss: wettbewerbsorientierte Bereitstellung einer vollständigen Palette von elektronischen Kommunikationsdiensten einschließlich multimedialer Breitband- und schneller Internetdienste, ABl. C 272 vom 23.9.2000, S. 55. Dort heißt es unter Rn. 3.2: "Die Dienstekategorien sind vor allem angesichts des raschen technologischen Wandels aufmerksam zu überwachen und regelmäßig von Fall zu Fall neu zu bewerten. Allerdings sind diese Dienste derzeit in der Regel nicht austauschbar und daher als unterschiedliche Märkte zu betrachten".

[35] Ebda. Rn. 3.2.

57. Beim Mobilfunk hat die Kommission aus Nachfragesicht Mobilfunk-Dienstleistungen und festnetzgestützte Dienstleistungen als separate Märkte eingestuft [36]. Innerhalb des Mobilfunkmarktes hat die Kommission Beweise gefunden, dass der Markt für Mobilfunkdienste sowohl die GSM 900 und GSM 1800-Dienste als auch mögliche analoge Plattformen einschließt [37].

[36] Man könnte auch anführen, dass die Einwahl ins Internet über 2G-Mobiltelefone gegenüber dem Internetzugang über das öffentliche Telekommunikationsnetz einen eigenständigen Markt darstellt. Nach Auffassung der Kommission ist es unwahrscheinlich, dass der Internetzugang über mobile Telefone die bestehenden Internetzugangsmethoden über den PC substituieren wird, was vor allem an der unterschiedlichen Bildschirmgröße und dem Format der übertragbaren Daten liegt; siehe Sache Nr. COMP/M.1982 - Telia/Oracle/Drutt, Rn. 15 und Sache Nr. COMP/JV.48 Vodafone/Vivendi/Canal+.

[37] Sache Nr. IV/M.1430 - Vodafone/Airtouch, Sache Nr. IV/M.1669, Deutsche Telecom/One2One, Rn. 7. Ob dieser Markt weiter in einen Träger-(Netzbetreiber-)Markt und einen nachgelagerten Dienstleistungsmarkt unterteilt werden kann, ist von Fall zu Fall zu entscheiden; siehe Sache Nr. IN/1760, Mannesmann/Orange, Rn. .8-10 und Sache Nr. COMP/M.2053 - Telenor/BellSouth/Sonofon, Rn. 9-10.

58. Die Kommission hat in ihren Entscheidungen folgende wesentliche Märkte festgestellt:

* internationale Sprachtelefon-Dienstleistungen [38]

[38] Sache Nr. IV/M.856 - BT/MCI (II), ABl. L vom 8.12.1997. Diese Dienstleistungen werden mittels bereits vorhandener internationaler Übertragungsanlagen zwischen den betroffenen Ländern oder über internationale Mietleitungen erbracht. In dieser Entscheidung war die Kommission zu dem Ergebnis gekommen, dass internationale Sprachdienstleistungen auf dem erforderlichen Niveau nicht durch über Kabel- oder Satellitennetze erbrachte Leistungen substituierbar sind, Rn. 13.

* fortschrittliche Telekommunikationsdienstleistungen für Unternehmenskunden [39]

[39] Sache Nr. IV/35.337, Atlas (ABl. L 239 vom 19.9.1996) Rn. 5-7, Sache Nr. IV/35617, Phoenix/Global One (ABl. L 239 vom 19.9.1996), Rn. 6, Sache IV/34.857, BT-MCI (ABl. L 223 vom 27.8.1994), Sache Nr. IV/M.802 - Telecom Eireann, Rn. 22.

* Paketangebot standardisierter einfacher Datenkommunikationsdienstleistungen

* Wiederverkauf internationaler Übertragungskapazitäten [40]

[40] Sache Nr. IV/M.975 - Albacom/BT/ENI, Rn. 24.

* Audiokonferenzen [41]

[41] Ebda., Rn. 17; aus der Sicht der Endnutzer stellten Audiokonferenzen einen gesonderten Produktmarkt dar, da Nachfragesubstitute wie Videokonferenzen deutlich teurer waren und die Verbraucher bei einer kleinen, aber signifikanten und anhaltenden Preiserhöhung nicht auf diese teureren Dienstleistungen umsteigen würden ("hypothetischer Monopoltest").

* satellitengestützte Dienstleistungen [42]

[42] Sache IV/350518 - Iridium, ABl. L 16 vom 18.1.1997.

* hochwertige weltweite Telekommunikationsdienstleistungen [43]

[43] Sache Nr. IV/M.570 - TBT/BT/TeleDanmark/Telenor, Sache Nr. IV/M.900 - BT/TELE DK/SBB/Migros/UBS, Rn. 25.

* Telefonauskunft [44]

[44] Sache Nr. COMP/M.1957 - VIAG Interkom/Telenor Media, Rn. 8.

* Internetzugang für Endnutzer [45]

[45] Aus Nachfragesicht kann der Zugang zum Internet über verschiedene Systeme ermöglicht werden, z. B. über Schmalbanddienstleistungen (Einwähldienst), die normalerweise Privatkunden bevorzugen, bis zu Breitbanddiensten (nur für das Internet bestimmte Hochgeschwindigkeitsverbindungen) für Geschäftskunden. S. Sache Nr. IV/M.1439 - Telia/Telenor, Sache Nr. COMP/JV.46 - Blackstone/CDPQ/Kabel Nordrhein-Westfalen, Rn. 26, Sache Nr. COMP/M.1838 - BT/Esat, Rn. 7. Im letzteren Fall ließ die Kommission offen, ob der Markt des Zugangs über Schmalbandverbindungen weiter in einen Markt für Privat- und Unternehmenskunden (KMU) zu unterteilen ist, da für Geschäftskunden normalerweise fortschrittlichere Verbindungsmechanismen zur Verfügung gestellt werden.

* datenlose europaweite Mobilfunkdienstleistungen für international tätige Mobilfunkkunden [46]

[46] Sache Nr. COMP/M.1975 - Vodafone Airtouch/Mannesmann, Sache Nr. COMP/M.2016 - France Telecom/Orange, Rn. 15.

59. Zum Zugangsmarkt zählt die Kommission jede Infrastruktur, die für eine bestimmte Dienstleistung verwendet werden kann [47]. Ob der Markt für Netzinfrastruktur in genau so viele gesonderte Teilmärkte unterteilt werden kann, wie es Netzinfrastruktur-Kategorien gibt, hängt eindeutig vom Ausmaß der Substituierbarkeit zwischen diesen (alternativen) Netzen ab und ist daher im Einzelfall zu entscheiden [48]. Dabei sollte die Marktdefinition die verschiedenen Nutzergruppen berücksichtigen, für die der Netzzugang angeboten wird. Unterschieden werden sollte beispielsweise zwischen dem Angebot von Infrastruktur an Betreiber (Großhandelsebene) und an Endnutzer (Einzelhandelsebene). Auf Einzelhandelsebene kann ferner zwischen Geschäfts- und Privatkunden unterschieden werden [49].

[47] In der Sache British Interactive Broadcasting/Open stellte die Kommission z. B. fest, dass der Infrastrukturmarkt für die Erbringung von Sprachtelefon-Dienstleistungen für Endverbraucher nicht nur das traditionelle Kupferkabelnetz der BT umfasst, sondern auch die Kabelnetze der Kabelbetreiber, deren Verwendung für Sprachtelefondienste technisch möglich ist, sowie voraussichtlich auch die drahtlosen Festnetze (Sache Nr. IV/36.359, ABl. L 312 vom 6.12.1999, Rn. 33-38). In der Sache Nr. IV/M.1113 - Nortel/Norweb hatte die Kommission anerkannt, dass Stromnetze, die die "Digital Power Line"-Technik verwendeten, eine Alternative zu bestehenden herkömmlichen Ortsnetzen bieten konnten (Rn. 28-29).

[48] Bei der Beurteilung der Wettbewerbsbedingungen auf dem irischen Netzemarkt nach Abschluss der Liberalisierung berücksichtigte die Kommission auch damalige potenzielle Anbieter alternativer Infrastrukturen im Bereich der Kabelfernseh- und Elektrizitätsnetze (Sache Telecom Eireann, ebda., Rn. 30). Die Kommission ließ die Frage offen, ob eine auf dem Meeresboden verlegte Netzinfrastruktur gegenüber terrestrischen oder satellitengestützten Übertragungsnetzen als ein gesonderter Markt anzusehen war (Sache Nr. COMP/M.1926 - Telefonica/Tyco/JV, Rn. 8).

[49] Bei der Anwendung dieser Kriterien hat die Kommission festgestellt, dass die Vermietung von Übertragungskapazitäten und die Erbringung zugehöriger Dienstleistungen an andere Betreiber im Bereich der Festnetz-Infrastruktur auf Großhandelsebene stattfindet (der Markt der Trägerdienste für Träger, s. Sache Nr. IV/M.683 - GTS-HERMES Inc./HIT Rail BV, Rn. 14, Sache M.1069 - WorldCom/MCI, ABl. L 116 vom 4.5.1999, S. 1, Sache Unisource, ABl. L 318 von 1997, S. 1, Sache Phoenix/Global One, ABl. L 239 von 1996, S. 57, Sache JV.2, Enel/FT/DT.

60. Wird der Dienst lediglich für an ein bestimmtes Netz abonnierte Endnutzer erbracht, kann der Zugang zu den Abschlusspunkten dieses Netzes den relevanten Produktmarkt darstellen. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn festgestellt wird, dass die gleichen Leistungen für die gleiche Endnutzer-Kategorie über alternative, leicht zugängliche konkurrierende Netze angeboten wird. In ihrer Mitteilung über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss [50] stellt die Kommission fest, dass Alternativen zum öffentlichen Telefonnetz für Hochgeschwindigkeits-Dienstleistungen an Privatkunden zwar existieren (Glasfasernetze, drahtlose Teilnehmeranschlüsse oder aufgerüstete Kabelfernsehnetze), aber keinen Ersatz für das Ortsanschlussnetz bieten [51]. Innovationen und technische Veränderungen können jedoch in Zukunft zu anderen Schlussfolgerungen führen [52].

[50] Siehe Fußnote 33.

[51] Glasfasernetze sind derzeit nur auf vorgeschalteten Übertragungsstrecken wettbewerbsfähig, wohingegen drahtlose Teilnehmeranschlüsse, die noch zu verlegen sind, kurz- bis mittelfristig vor allem zur Deckung des Bedarfs professioneller Kunden und einzelner Endnutzer mit bestimmten Bedürfnissen geeignet sein werden. Mit Ausnahme bestimmter nationaler Märkte erfordern Kabelnetze kostspielige Aufrüstungen für die Bereitstellung bidirektionaler Breitband-Telekommunikationsdienste, und im Vergleich zu Hochgeschwindigkeitstechnologien (DSL-Technologie) kann die Bandbreite nicht garantiert werden, da die Kunden den Kabelkanal miteinander teilen.

[52] Siehe auch Sache Nr. IV/JV.11 - @Home Benelux B.V.

61. Aus Nachfragesicht kann auch der Zugang zu Mobilfunknetzen in zwei möglicherweise gesonderte Märkte unterteilt werden, einen Markt für den Gesprächsursprung und einen Markt für den Gesprächsabschluss. Die Frage, ob der Markt für den Zugang zur Mobilfunkinfrastruktur den Zugang zu einem individuellen Mobilfunknetz oder zu sämtlichen Mobilfunknetzen einschließt, sollte von Fall zu Fall entschieden werden [53].

[53] Wenn ein Unternehmen Gespräche an die Abonnenten eines bestimmten Netzes vermitteln will, hat es grundsätzlich keine andere Wahl, als das Netz, bei dem der Gesprächsteilnehmer abonniert ist, anzurufen oder seine Infrastruktur mit diesem Netz zusammenzuschalten. Hier sollte erwähnt werden, dass eine NRB bereits einen indirekten Zugangsmarkt für den Gesprächsursprung in individuellen Mobilfunknetzen definiert hat.

3. Berechnung der beträchtlichen Marktmacht

62. Gemäß Artikel 13 der Rechtsrahmen-Richtlinie "verfügt ein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht, wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine wirtschaftlich starke Stellung einnimmt, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Mitbewerbern, Kunden und letztlich Verbrauchern zu verhalten". Mit diesen Worten hat der Gerichtshof den Begriff der beherrschenden Stellung gemäß Artikel 82 des EG-Vertrags beschrieben [54]. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat beschlossen, die Definition der beträchtlichen Marktmacht an die vom Gerichtshof vorgegebene Definition der beherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 82 EGV anzulehnen [55]. Bei der Anwendung der neuen Definition der beträchtlichen Marktmacht werden die NRB folglich gewährleisten müssen, dass ihre Entscheidungen mit der Fallpraxis der Kommission und der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz übereinstimmen. Bevor diese neue Definition ex-Ante angewendet werden kann, ist jedoch die Methode zur Ermittlung der Marktmacht anzupassen. Bei der ex-Ante-Beurteilung, ob Unternehmen alleine oder gemeinsam auf dem relevanten Markt eine beherrschende Stellung einnehmen, sind die NRB grundsätzlich auf andere Hypothesen und Annahmen angewiesen als eine Wettbewerbsbehörde bei der ex-Post-Anwendung von Artikel 82. Da Beweise für oder Aufzeichnungen über vergangenes Verhalten oftmals fehlen dürften, muss sich die Marktanalyse ausschließlich auf Prognosen stützen. Die Genauigkeit der Marktanalyse durch die NRB hängt daher entscheidend von den Informationen und Daten ab, die zum Zeitpunkt der einschlägigen Entscheidung zur Verfügung stehen.

[54] Rechtssache 27/76 United Brands/Kommission, Slg. [1978] 207.

[55] Siehe auch Erwägungsgrund 20 der Richtlinie.

63. Der Umstand, dass sich die ursprüngliche Marktprognose der NRB in einem gegebenen Fall nicht bestätigt, bedeutet nicht notwendigerweise, dass ihre Entscheidung mit der Richtlinie unvereinbar war. Bei der Vorabanwendung des Marktmachtkonzepts müssen den NRB weitgehende Ermessensbefugnisse zugestanden werden, die dem komplexen Charakter der wirtschaftlichen, sachlichen und rechtlichen Lage Rechnung tragen, die es zu beurteilen gilt. Nach den Bestimmungen der Richtlinie müssen die NRB ihre Marktanalysen regelmäßig, d. h. normalerweise jährlich, durchführen. Damit haben die NRB die Möglichkeit, auf die Marktentwicklung regelmäßig zu reagieren und erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

3.1. Kriterien zur Ermittlung beträchtlicher Marktmacht

64. Wie der Gerichtshof betont hat, schließt eine marktbeherrschende Stellung einen gewissen Wettbewerb auf dem relevanten Markt nicht aus. Sie versetzt lediglich das Unternehmen in die Lage, die Bedingungen, unter denen sich dieser Wettbewerb entwickeln kann, zu bestimmen oder wenigstens merklich zu beeinflussen und auf jeden Fall in seinem Verhalten solange keine Rücksicht nehmen zu müssen, wie ihm dies nicht zum Schaden gereicht [56].

[56] Rechtssache 85/76 Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. [1979] 461, Rn. 39.

65. In einer ex-Post-Analyse kann sich die Wettbewerbsbehörde u. U. auf unterschiedliche Beispiele von Marktverhalten stützen, die jedes für sich auf Marktmacht im Sinne von Artikel 82 hindeuten. Bei einer ex-Ante-Beurteilung ist jedoch häufig die Frage entscheidend, inwieweit das betroffene Unternehmen durch Einschränkung seiner Produktion oder Leistungen die Preise erhöhen kann, ohne nennenswerte Umsatz- oder Einnahmeverluste befürchten zu müssen.

66. Die Marktmacht eines Unternehmens kann durch das Vorhandensein potenzieller Wettbewerber eingeschränkt werden [57]. Die NRB sollten daher berücksichtigen, ob der mittelfristige Marktzutritt von Unternehmen, die auf dem sachlich relevanten Markt noch nicht tätig sind, infolge einer kleinen, aber signifikanten und anhaltenden Preiserhöhung wahrscheinlich ist. Unternehmen, die bei einer derartigen Preiserhöhung in der Lage wären, ihre Produkt- oder Dienstleistungspalette umzustellen oder zu erweitern, um auf dem relevanten Markt tätig zu werden, sollten von den NRB als potenzielle Marktteilnehmer behandelt werden, auch wenn sie zum Zeitpunkt der Würdigung das fragliche Produkt noch nicht herstellen bzw. die fragliche Dienstleistung noch nicht anbieten.

[57] Ist eine Dienstleistung oder ein Produkt nicht substituierbar, kann dies zur Feststellung einer wirtschaftlichen Abhängigkeit führen, die für das Vorhandensein einer beherrschenden Stellung charakteristisch ist; siehe die Entscheidungen der Kommission in den Sachen Decca Navigator System, ABl. L 65 von 1987 und Magill TV Guide:ITP, BBC, RTE, ABl. L 78 von 1989, S. 43, sowie Rechtssache 22/78 Hugin/Kommission, Slg. [1979] 1869 sowie Rechtssache 226/84, British Leyland/Kommission, Slg. [1986] 3263.

67. Bei der Berechnung der Marktmacht sollten auch andere Kriterien verwendet werden. Marktanteile werden oftmals als Marktmachtindikator verwendet. Bei Marktanteilen von nicht mehr als 25 % ist davon auszugehen, dass die betreffenden Unternehmen auf dem relevanten Markt keine beherrschende Stellung haben [58]. In ihrer Fallpraxis hat die Kommission die Schwelle für eine beherrschende Stellung in der Regel erst ab einem Marktanteil von über 40 % angesetzt [59]. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs liefern besonders hohe Marktanteile - über 50 % - ohne weiteres - von außergewöhnlichen Umständen abgesehen - den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung [60]. Ein Unternehmen mit einem hohen Marktanteil kann jedoch nur dann beträchtliche Marktmacht unterstellt werden, wenn dieser Marktanteil über längere Zeit stabil geblieben ist [61]. Der Umstand, dass ein mächtiges Unternehmen allmählich Marktanteile verliert, kann durchaus auf zunehmenden Wettbewerb auf diesem Markt hindeuten, schließt aber die Feststellung einer beträchtlichen Marktmacht nicht aus. Längerfristig schwankende Marktanteile können jedoch wiederum ein Anzeichen für fehlende Macht auf dem relevanten Markt sein.

[58] Siehe auch Erwägungsgrund 15 der Verordnung Nr. 4064/89.

[59] United Brands/Kommission, s.o.; je größer der Unterschied zwischen dem Marktanteil des betroffenen Unternehmens und dem seiner Konkurrenten, um so wahrscheinlicher eine beherrschende Stellung des betroffenen Unternehmens.

[60] Rechtssache C-62/86 AKZO/Kommission, Slg. [1991] I-3359, Rn. 60; RechtssacheT-228/97, Irish Sugar/Kommission, Slg. [1999] II-2969, Rn. 70. Große Marktanteile sind jedoch nur dann als genauer Gradmesser für Marktmacht anzusehen, wenn die Konkurrenten ihre Produktion oder ihre Leistungen nicht in ausreichendem Umfang erhöhen könnten, um den durch die Preiserhöhung des Konkurrenten bedingten Nachfrageumschwungs zu decken.

[61] Rechtssache Hoffmann-La Roche/Kommission, s.o., Rn. 41, Rechtssache C-62/86, Akzo/Kommission, Slg. [1991] I-3359, Rn. 56 u. 59. Bei dynamischen Märkten, die einem raschen technischen Wandel unterliegen, dürfte jeder Zeitraum von weniger als drei Jahren zu kurz sein, um das Vorhandensein einer beherrschenden Stellung zu beurteilen. Sache Nr. IV/M.1027 - Deutsche Telekom/BetaResearch, ABl. L 53 vom 27.2.1999, Rn. 28 f.

68. Bei der Berechnung der Marktgröße und der Marktanteile ist sowohl der mengen- als auch der wertmäßig berechnete Umsatz eine nützliche Information [62]. Bei Massenprodukten sind Mengenangaben zu bevorzugen, bei differenzierten Produkten (z. B. Markenprodukten) sollte der wertmäßige Umsatz und der damit verbundene Marktanteil herangezogen werden, da er die relative Marktstellung und -macht der einzelnen Anbieter besser widerspiegelt.

[62] Bekanntmachung über die Marktdefinition, S. 5.

69. Die Kriterien zur Berechnung des Marktanteils des oder der betroffenen Unternehmen hängen von den Merkmalen des relevanten Marktes ab. Ihre Festlegung ist Sache der NRB. Mögliche Kriterien zur Berechnung der relativen Marktmacht eines Unternehmens z. B. auf dem Markt für Mietleitungen sind Mieteinnahmen, die vermieteten Kapazitäten oder die Zahl der Netzabschlusspunkte von Mietleitungen. Wie schon angedeutet, wird bei der bloßen Zahl der Netzabschlusspunkte von Mietleitungen nicht die Unterschiedlichkeit der auf dem Markt erhältlichen Mietleitungen berücksichtigt, die von analogen Fernsprechleitungen hin zu Hochgeschwindigkeitsleitungen bzw. von Kurzstreckenverbindungen bis zu Fernleitungen reichen können. Von diesen beiden Kriterien dürften die Einnahmen aus Mietleitungen transparenter und leichter zu messen sein. Ebenso können Einnahmen auf Einzelhandelsebene, Nutzungszeiten oder Zahl der Festleitungen oder Abonnenten von öffentlichen Netzbetreibern Kriterien für die Berechnung der Marktanteile sein [63]. Auf dem Zusammenschaltungsmarkt hingegen wären die Einnahmen aus der Durchstellung zum Gesprächsteilnehmer bei Fest- oder Mobilfunknetzen ein realistischerer Parameter. Im Gegensatz etwa zur reinen Sprechzeit berücksichtigen die Einnahmen auch den Umstand, dass die Sprechzeiten unterschiedliche Preise haben können (z. B. für Orts- oder Ferngespräche und Auslandsgespräche), und sind Ausdruck einer Marktpräsenz, die sowohl die Zahl der Kunden als auch den Abdeckungsgrad des Netzes widerspiegelt [64]. Aus den gleichen Gründen dürfte sich die Marktmacht der Mobilfunkbetreiber am besten anhand der Einnahmen aus der Durchstellung von Gesprächen an die Mobilfunkteilnehmer ermessen lassen [65].

[63] S.: Determination of Organizations with Significant Power (SMP) for the implementation of the ONP Directive, DG XIII, 1. März 1999, auf der Website http://europa.eu.int/ISPO/infosoc/telecompolicy/en/SMPdeter.pdf, Ziff. 3.2..

[64] Ebda., Ziff. 5.2.

[65] Auf dem Zusammenschaltungsmarkt sind sowohl beim Fest- als auch beim Mobilfunknetz zum einen die Gespräche innerhalb des unternehmenseigenen Netzes und zum anderen die eingehenden Gespräche aus sämtlichen anderen Fest- und Mobilfunknetzen im In- und Ausland zu berücksichtigen.

70. Auch wenn Marktanteile ein wesentlicher Indikator für Marktmacht sind, können andere Kriterien zu ihrer Ermittlung verwendet werden:

* Gesamtgröße des Unternehmens

* Kontrolle über nicht leicht ersetzbare Infrastruktur

* technologische Vorteile oder Überlegenheit

* Fehlen einer ausgleichenden Nachfragemacht

* leichter oder privilegierter Zugang zu Kapitalmärkten/finanziellen Ressourcen

* Diversifizierung von Produkten/Dienstleistungen (z. B. Bündelung von Produkten und Dienstleistungen)

* Skaleneinsparungen

* Größenvorteile

* vertikale Integration

* hochentwickeltes Vertriebs- und Verkaufsnetz

* Fehlen von potenziellem Wettbewerb

71. Eine beherrschende Stellung kann aus einer Kombination der oben genannten Kriterien abgeleitet werden, die für sich alleine genommen nicht notwendigerweise entscheidend sind.

72. Die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung hängt auch davon ab, wie leicht der Marktzugang ist. Fehlende Marktzutrittsschranken halten z. B. ein Unternehmen mit einem beträchtlichen Marktanteil davon ab, sich unabhängig vom Markt wettbewerbswidrig zu verhalten. Im Telekommunikationssektor sind die Marktzutrittsschranken wegen rechtlicher oder sonstiger Anforderungen, die die Zahl der verfügbaren Lizenzen oder Dienstleistungen (z. B. Mobilfunkleistungen der zweiten oder dritten Generation) einschränken können, oftmals hoch. Ferner können die Notwendigkeit umfangreicher Investitionen oder die Verplanung von Kapazitäten über lange Zeiträume aus Rentabilitätsgründen Marktzutrittsschranken darstellen [66].

[66] Hoffmann-La Roche/Kommission, Rn. 48.

73. Der Begriff der "Essential Facilities", für den es bisher keine Rechtsprechung mit Bezug auf den Sektor der elektronischen Kommunikation gibt, ist nur im Zusammenhang mit der Nachprüfung eines Missbrauchs einer beherrschenden Stellung gemäß Artikel 82 EGV von Bedeutung, nicht aber für die ex-Ante-Ermittlung einer beträchtlichen Marktmacht im Sinne von Artikel 13 der Richtlinie.

3.1.1. Die Übertragung von Marktmacht auf Nachbarmärkte

74. In Artikel 13 Absatz 3 heißt es: "Verfügt ein Unternehmen auf einem bestimmten Markt über beträchtliche Marktmacht, so kann davon ausgegangen werden, dass es auch auf einem benachbarten Markt beträchtliche Marktmacht besitzt, wenn die Verbindungen zwischen beiden Märkten es gestatten, diese von dem einen auf den anderen Markt zu übertragen und damit die gesamte Marktmacht des Unternehmens zu verstärken".

75. Diese Bestimmung dient der Erfassung einer Marktlage wie jener, die zu dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Tetra Pak II geführt hat [67]. Der Gerichtshof hatte festgestellt, dass ein Unternehmen, das auf einem Markt über eine beherrschende Stellung verfügte und auf einem anderen, aber eng mit dem ersten verbundenen Markt führend war, in eine Lage geriet, die der einer beherrschenden Stellung auf den fraglichen Märkten in ihrer Gesamtheit gleich kam. Dank seiner beherrschenden Stellung auf dem ersten Markt und seiner Präsenz auf dem mit diesem verbundenen Nebenmarkt kann ein Unternehmen die Marktmacht, die es auf dem ersten Markt genießt, auf den zweiten übertragen und sich dort unabhängig von seinen Abnehmern verhalten. Eine enge Interdependenz der Märkte im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt oftmals bei vertikal integrierten Märkten vor.

[67] Rechtssache C-333/94 P, Tetra Pak/Kommission, Slg. [1996] I-5951.

76. Dies ist im Telekommunikationssektor vielfach der Fall, wo die Betreiber oftmals auf dem Infrastrukturmarkt über eine beherrschende Stellung verfügen und auf dem nachgelagerten Dienstleistungsmarkt stark vertreten sind [68]. Unter diesen Umständen können die NRB zu der Feststellung gelangen, dass der Betreiber auf beiden Märkten in ihrer Gesamtheit über eine beträchtliche Marktmacht verfügt [69].

[68] Siehe Mitteilung über den Zugang, Rn. 65.

[69] Vertikale Integration ist z.B. in den Märkten des digitalen Pay-TV, wo Inhalteanbieter gewöhnlich auch die digitale Plattfrom kontollieren, von besonderer Bedeutung.

3.1.2. Gemeinsame beherrschende Stellung

77. Gemäß Artikel 82 EGV kann eine beherrschende Stellung von einem oder mehreren Unternehmen ausgeübt werden ("gemeinsame beherrschende Stellung"). Auch gemäß Artikel 13 Absatz 2 der Richtlinie kann ein Unternehmen sowohl allein als auch gemeinsam mit anderen über beträchtliche Marktmacht und damit über eine beherrschende Stellung verfügen.

78. In ihrer Mitteilung über den Zugang hat die Kommission erklärt, wenngleich sich die EG-Rechtsprechung und die Entscheidungspraxis der Kommission damals noch in der Entwicklung befanden, dass sich zwei oder mehr Unternehmen in einer gemeinsamen beherrschenden Stellung befinden, wenn sie im Wesentlichen dieselbe Stellung gegenüber ihren Kunden und Wettbewerbern haben wie ein einzelnes Unternehmen in marktbeherrschender Stellung, sofern kein tatsächlicher Wettbewerb zwischen ihnen besteht,. Der fehlende Wettbewerb könnte in der Praxis dadurch begründet sein, dass zwischen den Unternehmen bestimmte Verbindungen bestehen. Solche Verbindungen waren jedoch keine rechtliche Voraussetzung für das Vorliegen einer gemeinsamen beherrschenden Stellung [70].

[70] Mitteilung über den Zugang, Rn. 79.

79. Seit Veröffentlichung der Mitteilung über den Zugang wurde das Konzept der gemeinsamen Marktbeherrschung von der Kommission in einer Reihe von Entscheidungen auf der Grundlage der Verordnung Nr. 17 und der Verordnung Nr. 4064/89 angewendet. Außerdem haben das Gericht erster Instanz und der Gerichtshof mit einschlägigen Urteilen zu einer weiteren Klärung der genauen Abgrenzung dieses Begriffs beigetragen.

3.1.3. Die Rechtsprechung des EuGeI und des EuGH

80. Der Begriff "ein oder mehrere Unternehmen" in Artikel 82 des Vertrags bedeutet, dass zwei oder mehrere rechtlich und wirtschaftlich von einander unabhängige wirtschaftliche Einheiten eine beherrschende Stellung einnehmen können [71].

[71] Verbundene Rechtssachen C-395/96 P und C-396/96 P, Compagnie maritime Belge u. a. /Kommission, Slg. [2000] I-1365.

81. Bis zum Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Compagnie Maritime Belge [72] und dem Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache Gencor [73] (s. u.) hätte argumentiert werden können, dass die Feststellung einer gemeinsamen beherrschenden Stellung wirtschaftliche Verbindungen oder andere Faktoren, die Anlass zu einer Verbindung zwischen den betreffenden Unternehmen geben könnten, vorausgesetzt hätte [74]. In der Rechtssache Gencor wurde erstmals die Frage aufgeworfen, ob der Begriff einer beherrschenden Stellung auch auf einen oligopolistischen Markt, d. h. einen Markt mit wenigen Anbietern, Anwendung finden könnte, wenn zwischen den dort präsenten Unternehmen keinerlei Verbindungen bestuenden. Das Verfahren betraf die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung gemäß Verordnung Nr. 4064/89, in der die Kommission das angemeldete Vorhaben mit der Begründung verboten hatte, dass es zu einem Duopol mit einer marktbeherrschenden Stellung führen würde [75]. Vor dem EuGeI machten die Parteien geltend, dass die Kommission nicht die Existenz von "Verbindungen" zwischen den Mitgliedern des Duopols im Sinne der bestehenden Rechtsprechung nachgewiesen hatte.

[72] Ebda. Rn. 39.

[73] Rechtssache T102/96, Gencor/Kommission, Slg. [1996] II-753.

[74] Siehe verbundene Rechtssache T-68/89, T-77/89 und T-78/89, SIV u. a./Kommission, Slg. [1992] II-1403, Rn. 358, Rechtssache C-393/92 Almelo, Slg. [1994] I-1477, Rn. 43, Rechtssache C-96/94, Centro Servizi Spediporto, Slg. [1995] I-2883, Rn. 33, verbundene Rechtssache C-140/94, 141/94 und C-142/94, DIP, Slg. [1995] I-3257, Rn. 62, Rechtssache C-70/95, Sodemare, Slg. [1997] I-3395, Rn. 46 und verbundene Rechtssache C-68/94 und C-30/95 France u. a./Kommission Slg. [1998] I-1375, Rn. 221.

[75] Sache Nr. IV/M.619, Gencor Lonhro (ABl. L 11 v. 1997, S. 30).

82. Das EuGeI wies diesen Einwand u. a. mit der Ausführung zurück, dass es für die Beschränkung des Begriffs der wirtschaftlichen Verbindungen auf strukturelle Verbindungen zwischen den betroffenen Unternehmen keinerlei Präzedenzfälle gebe: "Außerdem besteht rechtlich oder wirtschaftlich gesehen kein Grund, in den Begriff der wirtschaftlichen Verbindung nicht auch die Wechselbeziehung zwischen den Mitgliedern eines beschränkten Oligopols mit einzubeziehen, in dessen Rahmen diese auf einem Markt mit den entsprechenden Merkmalen insbesondere im Hinblick auf Marktkonzentration, Transparenz und Homogenität des Erzeugnisses in der Lage sind, ihre jeweiligen Verhaltensweisen vorherzusehen, und daher unter einem starken Druck stehen, ihr Marktverhalten einander anzupassen, um insbesondere ihren gemeinsamen Gewinn durch eine auf Preiserhöhung abzielende Produktionsbeschränkung zu maximieren. In einem solchen Kontext weiß nämlich jeder Marktbeteiligte, dass jede auf Vergrößerung seines Marktanteils gerichtete, stark wettbewerbsorientierte Maßnahme (z. B. eine Preissenkung) seinerseits die gleiche Maßnahme seitens der anderen auslösen würde, so dass er keinerlei Vorteil aus seiner Initiative ziehen könnte. Folglich hätten alle Marktbeteiligten die Absenkung des Preisniveaus hinzunehmen" [76]. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang insbesondere auf Marktbedingungen, "bei denen jeder Marktteilnehmer die gemeinsamen Interessen wahrnehmen und insbesondere die Preise erhöhen kann, ohne zuvor eine Vereinbarung treffen oder auf eine abgestimmte Verhaltensweise zurückgreifen zu müssen" [77].

[76] Gencor/Kommission, ebda., Rn. 276.

[77] Ebda., Rn. 277.

83. Das Urteil des EuGeI in der Rechtssache Gencor wurde später durch die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Compagnie Maritime Belge bestätigt, in der der Gerichtshof die Deutung des Begriffs der gemeinsamen Marktbeherrschung und die Voraussetzungen für ihr Vorliegen weiter präzisierte. Zur Feststellung, ob zwei oder mehrere Unternehmen eine kollektive beherrschende Stellung einnehmen, ist demnach zu prüfen, ob die betreffenden Unternehmen zusammen gegenüber ihren Konkurrenten, ihren Geschäftspartnern und den Verbrauchern auf einem bestimmten Markt eine kollektive Einheit darstellen [78]. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn a) zwischen den betreffenden Unternehmen kein wirksamer Wettbewerb stattfinden würde und b) die Unternehmen ein einheitliches Verhalten hätten oder eine gemeinsame Geschäftspolitik auf dem relevanten Markt ausüben würden [79]. Erst wenn dies bejaht wird, ist zu prüfen, ob diese kollektive Einheit tatsächlich eine beherrschende Stellung einnimmt [80]. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob zwischen den betreffenden Unternehmen wirtschaftliche Bindungen bestehen, die es ihnen erlauben, gemeinsam unabhängig von ihren Konkurrenten, ihren Abnehmern und den Verbrauchern zu handeln. Insofern kann die Durchführung einer Vereinbarung, eines Beschlusses oder einer abgestimmten Verhaltensweise (unabhängig von einer Freistellung nach Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages) zweifelsohne zu einer derartigen Bindung unter den beteiligten Unternehmen führen, dass sie durch ihr Verhalten auf einem bestimmten Markt gegenüber ihren Konkurrenten, ihren Geschäftspartnern und den Verbrauchern den Eindruck einer kollektiven Einheit vermitteln [81].

[78] Compagnie Maritime Belgeu. a., ebda., Rn. 39.

[79] U. a. Frankreich u. a./Kommission, ebda., Rn. 221.

[80] Compagnie Maritime Belge u. a., ebda., Rn. 39.

[81] Ebda., Rn. 44.

84. Der bloße Umstand, dass zwei oder mehrere Unternehmen durch eine Vereinbarung, einen Beschluss von Unternehmensvereinigungen oder eine abgestimmte Verhaltensweise im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 des Vertrages miteinander verbunden sind, kann für sich genommen keine ausreichende Grundlage für eine solche Feststellung sein. "Die Feststellung einer gemeinsamen beherrschenden Stellung kann sich aus anderen verbindenden Faktoren ergeben und hängt von einer wirtschaftlichen Beurteilung und insbesondere einer Beurteilung der Struktur des fraglichen Marktes ab" [82].

[82] Ebda., Rn. 45.

85. Aus den Urteilen in den Rechtssachen Gencor und Compagnie Maritime Belge folgt, dass sich die Feststellung einer gemeinsamen Marktbeherrschung zwar auf das Vorhandensein struktureller Verbindungen stützen kann, jedoch auch im Zusammenhang mit einem oligopolistischen Markt oder einem Markt mit einem hohen Konzentrationsgrad getroffen werden kann, dessen Struktur den dort vertretenen Unternehmen Anreize für eine Koordinierung ihres Verhaltens gibt [83].

[83] Der hier verwendete Begriff der "Koordinierung" unterscheidet sich nicht von dem des "wettbewerbswidrigen Parallelverhaltens", der ebenfalls in Entscheidungen der Kommission vorkommt, in denen der Begriff der kollektiven "oligopolistischen" Marktbeherrschung verwendet wird.

3.1.3.1. Die Entscheidungspraxis der Kommission

86. Die Kommission hat den Begriff der gemeinsamen Marktbeherrschung in mehreren Entscheidungen auf der Grundlage der Fusionskontrollverordnung [84] im Zusammenhang mit oligopolistischen Märkten angewendet, deren Struktur ihrer Auffassung nach Anreize für eine Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens auf dem relevanten Markt bot. Dabei hat sich die Kommission auf folgende Kriterien gestützt:

[84] U. a. Sache Nr. COMP/M. 1882 - Pirelli/BICC, Sache Nr. IV/M.1527 - OTTO Versand/Freemans, Sache Nr. IV/M1225 - Enso/Stora (ABl. L 254 vom 29.9.1999, S. 9), Sache Nr. IV/M.1524 - Airtours/First Choice (ABl. L 93 vom 13.4.2000, S. 1), Sache Nr. IV/M.1517, Rhodia/Donau Chemie/Albright & Wilson, Sache Nr. IV/M1016 - Price Waterhouse/Coopers & Lybrand ( ABl. L 50 vom 26.2.1999, S. 27), Sache Nr. IV/M.619 - Gencor/Lonrho, ebda., Sache Nr. IV/M.308, Kali + Salz/MdK/Treuhand (ABl. L 186 vom 21.7.1994, S. 38) und Sache Nr. IV/M.190 - Nestlé/Perrier (ABl. L 356 vom 5.12.1992, S. 1).

* wenige Marktteilnehmer [85]

[85] Wie die Kommission in der Sache Price Waterhouse/Coopers & Lybrand feststellte, ist eine gemeinsame Marktbeherrschung durch mehr als drei oder vier Anbieter zu kompliziert und unstabil, um über einen längeren Zeitraum bestehen zu können (Rn. 103 und 113). Die Kommission schloss in dieser Entscheidung die Möglichkeit aus, dass die sogenannten sechs großen Rechnungslegungsfirmen gemeinsam eine beherrschende Stellung innehatten. Eine solche Feststellung hängt jedoch stets von den besonderen Merkmalen der einzelnen Märkte ab; auch Märkte mit mehr als drei Anbietern können unter Umständen Merkmale aufweisen, die zu einer oligopolistischen Marktbeherrschung führen können.

* reifer Markt

* stagnierendes oder mäßiges Nachfragewachstum [86]

[86] Enso/Stora, ebda., Rn. 67.

* geringe Nachfrageelastizität

* große Produkthomogenität

* ähnliche Kostenstrukturen [87]

[87] Ebda.

* ähnliche Marktanteile [88]

[88] Siehe u. a. Frankreich u. a./KCommission, ebda., Rn. 226. Sehr unterschiedliche Marktanteile der betroffenen Unternehmen können das Vorhandensein oder die Begründung einer gemeinsamen beherrschenden Stellung höchst unwahrscheinlich werden lassen; siehe Rhodia/Donau Chemie/Albright & Wilson, Rn. 73. Siehe auch OTTO Versand/Freemans, ebda., Rn. 31, sowie Pirelli/BICC, ebda., Rn. 83. Ungleiche Marktanteile der Mitglieder eines Oligopols sind jedoch nicht immer ein Hinderungsgrund, um festzustellen, dass eine beherrschende Stellung vorliegt; siehe auch Sache Nr. IV/M.1313 - Danish Crown/Vestjyske Slagterier, ABl. L 20 vom 25.1.2000, S. 1.

* transparente Marktbedingungen [89]

[89] Siehe auch Sache Nr. IV/M.942 - VEBA/Degussa, ABl. L 201 vom 17.7.1998, S. 102, Rn. 44 (nicht transparente Marktbedingungen). Im Enso/Stora-Fall berücksichtigte die Kommission auch die fehlende Markttransparenz bei Schlüsselfaktoren wie Angebot und Preisen sowie die Existenz geheimer Rabatte (Rn. 68). In der Sache Pirelli/BICC führte die Kommission aus, dass wegen des Fehlens aussagekräftiger Preislisten und unterschiedlicher auf die Kunden zugeschnittener Spezifizierungen die Preistransparenz für LV- und MV-Produkte eher gering war. Dadurch wurden Strategien für abgestimmte Verhaltensweisen zusätzlich erschwert (Rn. 91).

* keine technische Innovation, ausgereifte Technologie

* keine Überschusskapazitäten [90]

[90] Eine gemeinsame Marktbeherrschung kann ausgeschlossen werden, falls festgestellt wird, dass Überkapazitäten vorhanden sind und sich in einer Weise auf die betroffenen Unternehmen verteilen, dass wettbewerbswidriges Parallelverhalten zunichte gemacht werden könnte (siehe Rhodia/Donau Chemie/Albright & Wilson, Rn. 71).

* hohe Marktzutrittsschranken [91]

[91] Siehe Enso/Stora, Rn. 75-77.

* keine Gegenmacht der Nachfrageseite [92]

[92] Siehe Sache Nr. IV/M.1313 - Danish Crown/Vestjyske Slagterier, ABl. L 20 vom 25.1.2000, S. 1, Rn. 171 bis 174.

* kein potenzieller Wettbewerb [93]

[93] Ebda., Rn. 174.

* zahlreiche informelle oder sonstige Verbindungen zwischen den betroffenen Unternehmen [94]

[94] In der Sache Price Waterhouse/Coopers & Lybrand berücksichtigte die Kommission auch den Umstand, dass die betroffenen Unternehmen (Rechnungslegungsfirmen) in zahlreichen für Fragen der Selbstregulierung zuständigen Branchenverbänden und Einrichtungen mitwirkten und ihre Vertreter regelmäßig zusammenkamen, um für ihren Wirtschaftszweig wesentliche Fragen zu diskutieren.

* Sanktionsmöglichkeiten

* kein oder nur geringer Raum für Preiswettbewerb [95]

[95] Danish Crown/Vestjyske Slagterier, Rn. 176.

87. Weder ist diese Liste erschöpfend, noch müssen sämtliche Kriterien gleichzeitig erfuellt sein. Sie soll vielmehr veranschaulichen, auf welchen Beweisen sich Behauptungen einer gemeinsamen (oligopolistischen) Marktbeherrschung stützen könnten. Strukturelle Verbindungen zwischen den betroffenen Unternehmen sind wie gesagt keine unerlässliche Voraussetzung für die Feststellung einer gemeinsamen beherrschenden Stellung. Sind solche Verbindungen jedoch vorhanden, können sie zusammen mit einem oder mehreren der oben genannten Kriterien erklären, warum auf einem bestimmten oligopolistischen Markt ein koordiniertes Verhalten wahrscheinlich ist.

88. In einem oligopolistischen Markt, auf dem die meisten, wenn nicht sogar alle der oben genannten Kriterien erfuellt sind, muss nachgewiesen werden, dass starke Anreize für die Marktteilnehmer bestehen, zu einer Koordinierung des Marktgeschehens beizutragen und auf wettbewerbliches Verhalten zu verzichten. Dies ist der Fall, wenn die langfristigen Vorteile eines wettbewerbswidrigen Verhaltens die kurzfristigen durch Wettbewerb erzielbaren Gewinne bei weitem überwiegen. Auf engen oligopolistischen Märkten entspricht die Sanktionsmöglichkeit dem Bewusstsein des Unternehmens in Bezug auf die langfristigen negativen Konsequenzen der Nichtbefolgung des koordinierten Wettbewerbsverhaltens [96].

[96] Während bei Kartellen die Einhaltung einer Vereinbarung durch Sanktionen erzwungen werden kann, kann die Sanktion in Fällen oligopolistischer Marktbeherrschung z. B. in der Rückkehr zum Marktgleichgewicht vor der Preiserhöhung bestehen.

3.1.3.2. Der Begriff der gemeinsamen Marktbeherrschung im Telekommunikationssektor

89. Bei der Anwendung des Begriffs der gemeinsamen Marktbeherrschung können die NRB auch auf die den Telekommunikationssektor betreffenden Entscheidungen aufgrund der Verordnung Nr. 4064/89 zurückgreifen, in denen die Kommission geprüft hat, ob ein angemeldetes Vorhaben zu einer gemeinsamen oder oligopolistischen Marktbeherrschung führen konnte.

90. In der Sache BT/Esat [97] hat die Kommission u. a. geprüft, ob die Bedingungen auf dem irischen Markt für Internetanschlüsse über das Telefonnetz zwangsläufig zur Entstehung eines Duopols des ehemaligen staatlichen Betreibers Eircom und des fusionierten Unternehmens führen würden. Dies konnte sie jedoch aus mehreren Gründen ausschließen. Erstens waren die Marktanteile nicht konstant, zweitens verdoppelte sich die Nachfrage alle sechs Monate; drittens galten Internet-Zugangsprodukte nicht als homogen, und schließlich waren technische Neuerungen eines der Hauptmerkmale des Marktes [98].

[97] Sache Nr. COMP/M.1838 - BT/Esat.

[98] Ebda., Rn. 10 bis 14.

91. In der Sache Vodafone/Airtouch [99] stellte die Kommission fest, dass das fusionierte Unternehmen die gemeinsame Kontrolle über zwei der vier Mobilfunkbetreiber auf dem deutschen Mobilfunkmarkt (nämlich D2 und E-Plus; die anderen beiden waren T-Mobil und VIAG Interkom) ausüben würde. Da der Marktzutritt in hohem Maße durch die frequenzbedingt begrenzte Zahl von Lizenzen reguliert war und die Marktbedingungen transparent waren, konnten die Entstehung eines Duopols und folglich eine Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens nicht ausgeschlossen werden [100].

[99] Sache Nr. IV/M.1430 - Vodafone/Airtouch.

[100] Ebda., Rn. 28. Die Wahrscheinlichkeit eines duopolistischen Marktes betraf lediglich die drei größten Mobilfunkbetreiber, nämlich D2 und E-Plus einerseits und T-Mobil andererseits, da der Marktanteil von VIAG Interkom unter 5 % lag. Die Wettbewerbsbedenken der Kommission wurden mit der Zusage der Parteien ausgeräumt, die gesamte Beteiligung von Vodafone an E-Plus zu veräußern.

92. In der Sache France Telecom/Orange stellte die Kommission fest, dass vor dem Eintritt von Orange in den belgischen Mobilfunkmarkt die beiden Anbieter Proximus und Mobistar in der Lage waren, eine gemeinsame Marktbeherrschung auszuüben. In den vier Jahren vor dem Marktzutritt von Orange praktizierten beide Betreiber fast die selben und transparente Preise, die genau den gleichen Trends folgten [101]. In dieser Entscheidung wies die Kommission Einwände von Dritten zurück, dass auf dem Markt der europaweiten Mobilfunkdienste für internationale Mobilfunkkunden eine kollektive beherrschende Stellung von Vodafone und France Telecom gedroht hätte. Ausschlaggebend hierfür war neben den sehr unterschiedlichen Marktanteilen der beiden Betreiber der Umstand, dass es sich um einen aufstrebenden Markt mit hohem Nachfragewachstum und zahlreichen unterschiedlichen Angeboten und Preisen handelte [102].

[101] Sache Nr. COMP/M.2016 - France Telecom/Orange, Rn. 26.

[102] Ebda., Rn. 39 f.

93. Schließlich hat die Kommission im Rahmen der kürzlichen Untersuchung des Roaming-Sektors [103] auch die Möglichkeit untersucht, dass Mobilfunkbetreiber in bestimmten Mitgliedstaaten gemeinsam auf dem Markt für das Roaming im Auftrag ausländischer Betreiber eine beherrschende Stellung einnehmen könnten.

[103] In ihrer Arbeitsunterlage "On the initial findings of the sector inquiry into mobile roaming charges" verwies die Kommission auf a) mehrere wirtschaftliche Bindungen zwischen den Mobilfunkbetreibern, u. a. ihre Zusammenschaltungsverträge, ihre Mitgliedschaft in der Mobilfunkvereinigung, dem WAP- und dem UMTS-Forum und die hohe Standardisierung der Konditionen für Roaming-Verträge sowie b) die hohen Marktzutrittsschranken. Die Kommission betonte auch den Umstand, dass die Technologielastigkeit des Mobilfunkmarktes die Wettbewerbsbedingungen auf dem internationalen Markt für das Roaming zwischen Mobilfunkbetreibern anscheinend nicht beeinträchtigt hat; siehe http://europa.eu.int/comm/competition/antitrust/others/sector_inquiries/roaming/, S. 24 und 25.

4. Auferlegung, Änderung und Aufhebung von Verpflichtungen im Sinne von Artikel 14 der Rechtsrahmen-Richtlinie

94. Abschnitt 3 der Leitlinien handelt von der Analyse der tatsächlichen Wettbewerbslage, die die NRB gemäß Artikel 14 Absätze 2 und 3 der Rechtsrahmen-Richtlinie vornehmen müssen. In diesem Abschnitt werden Leitlinien zu den Maßnahmen formuliert, die die NRB auf der Grundlage ihrer Analyse ergreifen können; dabei geht es um die Auferlegung, Beibehaltung, Änderung und Aufhebung von bereichsspezifischen Verpflichtungen.

95. Zunächst wird beschrieben, wie die NRB feststellen, ob ein Betreiber über beträchtliche Marktmacht verfügt. Anschließend wird dargelegt, nach welchen Verfahren die NRB über die Auferlegung, Beibehaltung, Änderung oder Aufhebung sektorspezifischer Verpflichtungen entscheiden sollen.

4.1. Feststellung, dass ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen

96. In Artikel 14 der Richtlinie [Rechtsrahmen] wird erklärt, wie die NRB mit bereichsspezifischen Verpflichtungen verfahren. Diese Verpflichtungen beziehen sich auf: Transparenz, Gleichbehandlung, getrennte Buchführung, Zugang zu bestimmten Netzeinrichtungen und deren Nutzung, Preiskontrolle und Kostenrechnung (Artikel 9 bis 13 der Zugangsrichtlinie); Regulierung der Endkundentarife, Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl sowie Verfügbarkeit von Mietleitungen (Artikel 16, 25 und 27 der Universaldienst- und Nutzerrechterichtlinie).

97. Die NRB können Verpflichtungen nach Artikel 8 der Zugangsrichtlinie und Artikel 16, 25 und 27 der Universaldienst- und Nutzerrechterichtlinie nur Betreibern mit beträchtlicher Marktmacht auferlegen. Gegenüber anderen Unternehmen besteht diese Befugnis lediglich in einem einzigen, auf Artikel 8 Absatz 2 der Zugangsrichtlinie gestützten Ausnahmefall, nämlich um internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft nachzukommen. Diese Ausnahme wird in Rn. 103 dieses Abschnitts behandelt.

98. Gemäß Artikel 14 Absätze 4 und 5 können die NRB Verpflichtungen nur gegenüber Betreibern in Märkten beibehalten oder auferlegen, in denen kein echter Wettbewerb herrscht. Die Feststellung, dass echter Wettbewerb herrscht, ist gleichbedeutend mit der Feststellung, dass keine individuelle oder gemeinsame beherrschende Stellung auf diesem Markt existiert.

4.2. Vorabverpflichtungen

99. Stellt eine NRB fest, dass auf einem Markt im Sinne der Entscheidung gemäß Artikel 14 Absatz 1 in einem bestimmten geographischen Gebiet innerhalb ihres Hoheitsgebiets echter Wettbewerb herrscht, wird sie nicht feststellen, dass ein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt. Unterliegt ein Unternehmen in diesem Gebiet bestimmten Vorabverpflichtungen [104], muss die NRB diese Verpflichtungen aufheben und darf diesem Unternehmen keine neue Verpflichtung auferlegen. Die Aufhebung solcher Verpflichtungen muss den betroffenen Parteien innerhalb einer angemessenen Frist vorher mitgeteilt werden. Welche Frist als angemessen anzusehen ist, wird von der jeweiligen Verpflichtung abhängen; eine solche Frist sollte aber nicht weniger als zwei Monate betragen und kann erheblich länger sein.

[104] Verpflichtungen, die vorübergehend fehlenden Wettbewerb auf einem relevanten Markt ausgleichen sollen.

100. Stellt eine NRB fest, dass auf einem Produktmarkt im Sinne der Entscheidung gemäß Artikel 14 Absatz 1 in einem bestimmten geographischen Gebiet innerhalb ihres Hoheitsgebiets kein echter Wettbewerb herrscht, wird sie höchstwahrscheinlich feststellen, dass ein oder mehrere Unternehmen über eine beträchtliche Marktmacht verfügen, und diesen Unternehmen angemessene Vorabverpflichtungen auferlegen. Haben die betroffenen Unternehmen bereits aufgrund des bisherigen Rechtsrahmens Verpflichtungen zu erfuellen, muss die NRB prüfen, ob diese Verpflichtungen auch unter dem neuen Rechtsrahmen angemessen sind. Die NRB können diese Verpflichtungen nach eigenem Ermessen beibehalten, ändern oder aufheben. Sie können dem Unternehmen neue oder zusätzliche Verpflichtungen auferlegen. Die NRB müssen einem Unternehmen, bei dem sie beträchtliche Marktmacht festgestellt haben, mindestens eine Verpflichtung auferlegen. Die Feststellung, dass ein Unternehmen über eine beträchtliche Marktmacht verfügt, ist unerlässliche Voraussetzung für die Auferlegung von Verpflichtungen. Die NRB sollten also auch nicht feststellen, dass ein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt, ohne entsprechende Verpflichtungen aufzuerlegen.

4.3. Länderübergreifende Märkte: gemeinsame Analyse durch die NRB

101. Gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie [Rechtsrahmen] ist vorgesehen, dass die Kommission eine Entscheidung über die relevanten Produkt- und Dienstmärkte annimmt, um die länderübergreifenden Märkte zu ermitteln, die sich auf die gesamte Gemeinschaft oder einen wesentlichen Teil davon erstrecken. Gemäß Absatz 1 der Richtlinie [Rechtsrahmen] führen die NRB die Marktanalyse gemeinsam durch. An einer solchen Analyse werden zwangsläufig die meisten, wenn nicht alle NRB beteiligt sein. Voraussichtlich wird sie innerhalb der Hochrangigen Kommunikationsgruppe vorgenommen werden [105]. Im Übrigen wird bei der Analyse so verfahren, als würde sie von einer einzigen NRB vorgenommen.

[105] Siehe Artikel 21 der Rechtsrahmen-Richtlinie.

4.4. Verhältnis zu WTO-Verpflichtungen

102. Die EG ist im Rahmen der WTO Verpflichtungen in Bezug auf Unternehmen eingegangen, die bedeutende Anbieter von grundlegenden Telekommunikationsdiensten sind [106]. Unternehmen, die auf dem Markt, auf dem diese Dienstleistungen in der Europäischen Gemeinschaft angeboten werden, über beträchtliche Marktmacht verfügen, fallen unter diesen Begriff des bedeutenden Anbieters im Sinne der WTO-Verpflichtungen der Gemeinschaft. Diese Unternehmen unterliegen daher allen WTO-Verpflichtungen für grundlegende Telekommunikationsdienste . Die NRB wenden diese Verpflichtungen auf die betroffenen Unternehmen mit den EU-Zusagen im Rahmen der WTO an.

[106] Die GATS-Verpflichtungen der EG im Telekommunikationssektor können auf folgender Internet-Seite abgerufen werden: http://gats-info.eu.int.

103. Bei allen anderen Reglungsfragen sind die NRB nach Artikel 7 der Richtlinie und dem allgemeinen Gemeinschaftsrecht bei Maßnahmen gemäß Artikel 14 zur Verhältnismäßigkeit verpflichtet. Bei der Würdigung der von den NRB nach dem Verfahren gemäß Artikel 6 der Richtlinie [Rechtsrahmen] vorgeschlagenen Maßnahmen wird die Kommission dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit einen hohen Stellenwert einräumen. Der Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit ist ein seit langem bestehendes Kriterium für die Legitimität von Regelungsmaßnahmen im Rahmen des Gemeinschaftsrechts. Wenn zwischen der Regelungsmaßnahme und den Zielsetzungen insoweit eine vernünftige Beziehung besteht, als die Maßnahme nicht über das für die Erreichung des Ziels notwendige Maß hinausgeht, so gilt die besondere Maßnahme als verhältnismäßig.

104. Die Kommission wird sich außerdem vergewissern, dass die Maßnahmen der NRB mit dem Rechtsrahmen generell vereinbar sind. Ferner wird sie die Folgen der Maßnahmen für den Binnenmarkt prüfen.

5. Marktanalyse, Untersuchungsbefugnisse und Verfahren der Zusammenarbeit

5.1. Überblick

105. Bei der Untersuchung, ob echter Wettbewerb besteht, und der Auferlegung bereichsspezifischer Verpflichtungen gehen die NRB in drei Schritten vor: In einem ersten Schritt analysieren die NRB den Markt, untersuchen, ob echter Wettbewerb herrscht oder Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen, und schlagen vor festzustellen, dass die betreffenden Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen, und ihnen bestimmte Verpflichtungen (entweder neue, beibehaltene oder geänderte) aufzuerlegen. Anschließend führen die NRB ein öffentliches Konsultationsverfahren durch. In einem dritten Schritt schließlich erlassen sie ihre endgültige Entscheidung.

106. Dieser Abschnitt der Leitlinien befasst sich mit den Verfahren, die anwendbar sind, damit die NRB die zur Durchführung einer Marktanalyse erforderlichen Informationen erlangen. Gemäß Artikel 5 Absatz 1 sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze und -dienste anbieten, den nationalen Regulierungsbehörden alle Informationen zur Verfügung stellen, die sie benötigen, um die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Gemäß Artikel 11 der Richtlinie [Genehmigung] verlangen die Mitgliedstaaten von den Unternehmen im Rahmen der Allgemeingenehmigung jene Informationen, die für die Marktanalyse durch die NRB im Sinne von Artikel 14 Absatz 2 erforderlich sind.

107. Aufgrund dieser Bestimmungen können die NRB von Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze oder -dienste anbieten, sämtliche Angaben einschließlich vertraulicher Informationen wie unter Punkt 108. Beschrieben verlangen, die sie benötigen, um den Wettbewerb zu bewerten, angemessene Verpflichtungen aufzuerlegen und damit die Einhaltung der Rechtsrahmen- und einschlägigen Richtlinien zu gewährleisten.

108. Ferner werden in diesem Abschnitt der Leitlinien Maßnahmen behandelt, die eine wirksame Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden (NRB, NWB und Kommission) gewährleisten sollen. Gemäß Artikel 3 Absatz 5 sind die nationalen Regulierungs- und Wettbewerbsbehörden zum Informationsaustausch berechtigt. Ferner hat die nationale Regulierungsbehörde dieselben Rechte und Pflichten hinsichtlich der Vertraulichkeit der ausgetauschten Informationen wie eine "zuständige Behörde" im Sinne der Verordnung Nr. 17/62. Um die in Artikel 3 Absatz 5 vorgesehene Zusammenarbeit zu erleichtern, werden in diesem Abschnitt der Leitlinien Verfahren des Informationsaustauschs zwischen den Behörden beschrieben.

109. Zahlreiche elektronische Kommunikationsmärkte sind in einem raschen Wandel begriffen, und ihre Strukturen verändern sich schnell. Die NRB sollten dafür Sorge tragen, dass die Prüfung der Wettbewerbslage, die öffentliche Konsultation und die Feststellung, ob bestimmte Betreiber über beträchtliche Marktmacht verfügen, innerhalb eines angemessenen Zeitraums ausgeführt werden. Unnötige Verzögerungen könnten die Entwicklung des relevanten Marktes behindern und die Investitionsanreize sowie die Interessen der Verbraucher beeinträchtigen.

5.2. Marktanalyse und Untersuchungsbefugnisse

110. Gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie erstellen die NRB die Analyse der in der Kommissionsentscheidung aufgeführten Produkt- und Dienstmärkte innerhalb von zwei Monaten ab dem Erlass der Entscheidung oder deren Aktualisierung. Damit gewährleistet die Richtlinie, dass die NRB die inhaltliche Analyse der in dieser Entscheidung genannten relevanten Märkte unverzüglich beginnen; sie schreibt jedoch nicht vor, dass diese Analyse innerhalb der Zweimonatsfrist fertig zu stellen ist, obwohl die NRB alles unternehmen sollten, um bis zu diesem Zeitpunkt das endgültige Ergebnis zu erzielen. Jede Analyse der relevanten Märkte und jeder Maßnahmenvorschlag ist zu veröffentlichen und in dem in Abschnitt 6 beschriebenen Konsultationsverfahren zu behandeln.

111. Artikel 14 Absatz 2 schreibt ferner vor, dass die NRB ihre Analyse entsprechend den Leitlinien vornehmen und die nationalen Wettbewerbsbehörden in vollem Umfang daran beteiligen. Die NWB stellen die in ihrem Besitz befindlichen einschlägigen Informationen einschließlich vertraulicher Angaben zur Verfügung. Die NRB sollten den Rat der NWB einholen, wann immer sie dies als nützlich ansehen. Da die NRB ihre Marktanalyse nach wettbewerbsrechtlichen Methoden vornehmen, sind die Erfahrungen der NWB bei der Bewertung der Wettbewerbslage von großer Bedeutung.

112. Zur Vorbereitung der Marktanalyse werden die NRB sämtliche erforderlichen Informationen einholen und dabei möglichst viele Quellen konsultieren. Von Unternehmen, die eine Allgemeingenehmigung gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Genehmigungsrichtlinie erhalten haben, können die NRB jegliche Information erhalten, die sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßigsind, soweit diese Befugnis zu den Bedingungen gehört, die der Allgemeingenehmigung in dem entsprechenden Mitgliedstaat beigefügt waren.

113. Verlangen die NRB eine Auskunft gemäß Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe f) der Genehmigungsrichtlinie, begründen sie ihr Ersuchen und setzen dem Unternehmen eine Frist für die Übermittlung der Angaben. Die NRB unterliegen den gleichen Pflichten wie die NWB im Hinblick auf die Behandlung vertraulicher Angaben (siehe Artikel 3 Absatz 5 der Richtlinie [Rechtsrahmen]).

114. Gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie [Rechtsrahmen] veröffentlichen die NRB sämtliche Informationen, die zu einem offenen, wettbewerbsorientierten Markt beitragen, wobei die Rechtsvorschriften über die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen einzuhalten sind. Gemäß Absatz 4 veröffentlichen sie außerdem die Bedingungen für den öffentlichen Informationszugang einschließlich der Verfahren für dessen Gewährung. Die Verweigerung des Zugangs zu Informationen ist zu begründen und zugänglich zu machen. Im Einklang mit Randnummer 131 gewährleisten die NRB, dass aktuelle Informationen über Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht öffentlich erhältlich sind.

115. Die NRB geben keine Informationen weiter, die sie in Ausübung ihrer Befugnisse erhalten haben, sofern diese Informationen nicht öffentlich zugänglich sind oder das öffentliche Interesse eine solche Weitergabe rechtfertigt. Insbesondere dürfen sie keine vertraulichen Angaben wie Geschäftsgeheimnisse oder Informationen über Geschäftsbeziehungen oder Kostenstrukturen weitergeben. Von anderen Behörden vertraulich übermittelte Informationen sind auch von den NRB als vertraulich zu behandeln (siehe Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie [Rechtsrahmen].

5.3. Verfahren der Zusammenarbeit

Zusammenarbeit von NRB und NWB

116. In der Regel sollten NRB zu sämtlichen im Besitz der NWB befindlichen Informationen Zugang erhalten, die aufgrund der Untersuchungs- und Vollstreckungsbefugnisse der NWB erhalten wurden, einschließlich der vertraulichen Informationen, da auch die NRB den Vorschriften der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen unterliegen (Artikel 3 Absatz 5 der Richtlinie [Rechtsrahmen]).

Zusammenarbeit zwischen Kommission und NRB

117. Gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie [Rechtsrahmen] übermitteln die NRB der Kommission sämtliche Informationen, die diese zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß dem EG-Vertrag benötigt. Dazu zählen auch Angaben über den Rechtsrahmen (um die Vereinbarkeit der NRB-Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht zu prüfen) und Informationen, die die Kommission z.B. zwecks Einhaltung der WTO-Verpflichtungen anfordert. Auch bei den Auskunftsverlangen der Kommission ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

118. Ferner fungiert die Kommission als Verbindungsstelle für den Informationsaustausch zwischen den NRB. In der Richtlinie [Rechtsrahmen] ist ein direkter Informationsaustausch zwischen den NRB nicht vorgesehen (siehe Artikel 5 Absatz 2). Die Kommission entspricht dem Ersuchen einer NRB um Zugang zu Informationen, die sich im Besitz der NRB in einem anderen Mitgliedstaat befinden, soweit sie diesen Austausch für angemessen hält.

119. Die Kommission und die NRB behandeln die übermittelten Informationen vertraulich.

6. Konsultationsverfahren und Veröffentlichung der NRB-Entscheidungsvorschläge

1.1. Konsultationsverfahren

120. Nach Fertigstellung ihrer Marktanalyse gemäß den Abschnitten 2 und 3 veröffentlichen die NRB ihre Ergebnisse zusammen mit den Maßnahmen, die sie zur Annahme vorschlagen. Zu veröffentlichen sind u. a. folgende Ergebnisse:

* verwendete Marktdefinition und Begründung der Marktabgrenzung

* Bewertung des Wettbewerbs auf dem relevanten Markt

* Beweise für die Existenz beträchtlicher Marktmacht

* Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht

* bereichsspezifische Verpflichtungen für diese Unternehmen, deren Auferlegung, Beibehaltung, Änderung oder Aufhebung die NRB vorschlägt

* politische Ziele, die diese Verpflichtungen gegenüber den genannten Unternehmen rechtfertigen sowie

* Begründung der Verhältnismäßigkeit der genannten Maßnahmen.

121. Gleichzeitig übermitteln die NRB der Kommission und den nationalen Regulierungsbehörden der übrigen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 6 der Richtlinie [Rechtsrahmen] den Entwurf der Maßnahme zusammen mit einer Begründung.

122. Für die Konsultation ist ein angemessener Zeitraum vorzusehen. Allerdings sollten die Entscheidungen der NRB nicht übermäßig verzögert werden, da dies die Entwicklung des Marktes behindern könnte. Aus Gründen, die mit der Ausübung beträchtlicher Marktmacht durch ein Unternehmen und der entsprechenden Feststellung im Zusammenhang stehen, hält die Kommission einen Zeitraum von nicht mehr als zwei Monaten für die öffentliche Konsultation für angemessen. Nach Ende der Konsultationsfrist wird die NRB die vorgeschlagenen Maßnahmen gegebenenfalls anpassen und der Kommission unverzüglich den entsprechenden Maßnahmenentwurf übermitteln.

123. Gemäß Artikel 6 Absatz 4 der Richtlinie werden die Maßnahmen einen Monat nach dem Datum der Mitteilung an die Kommission wirksam, es sei denn, die Kommission teilt der nationalen Regulierungsbehörde mit, dass sie ernsthafte Zweifel hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit der Rechtsrahmen- und den einschlägigen Richtlinien, insbesondere mit den politischen Zielen in Artikel 7, hegt.

124. In diesem Fall warten die NRB zwei weitere Monate bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung. Falls die Kommission erhebliche Bedenken geltend macht, kann sie von der betreffenden NRB zusätzliche Angaben einschließlich vertraulicher Informationen verlangen, soweit diese zur Prüfung der Vereinbarkeit der vorgeschlagenen Entscheidung mit den Rechtsrahmen- und den einschlägigen Richtlinien erforderlich sind und in einem Verhältnis stehen.

125. Während dieser zweimonatigen Zusatzfrist erlässt die Kommission eine endgültige Entscheidung über die Vereinbarkeit der Entscheidung mit der Rechtsrahmen- und den einschlägigen Richtlinien. Sie kann die betreffende nationale Regulierungsbehörde auffordern, den Maßnahmenentwurf zu ändern oder zurückzuziehen. Hat die Kommission nach Ablauf dieser Frist keine Entscheidung erlassen, so kann die NRB die Maßnahme in Kraft setzen.

126. Unter außergewöhnlichen Umständen ermächtigt Artikel 6 Absatz 5 die NRB zu Dringlichkeitsmaßnahmen, um den Wettbewerb zu erhalten und die Nutzerinteressen zu schützen. Die NRB können somit in Ausnahmefällen Entscheidungen erlassen und den betreffenden Unternehmen besondere Verpflichtungen auferlegen, ohne die Betroffenen, die NRB in den übrigen Mitgliedstaaten oder die Kommission konsultiert zu haben. Hat eine NRB solche dringlichen Maßnahmen ergriffen, muss sie diese unverzüglich der Kommission und den übrigen nationalen Regulierungsbehörden mit einer vollständigen Begründung mitteilen. Die Kommission prüft die Vereinbarkeit dieser Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere ihre Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Artikel 7 der Rechtsrahmen-Richtlinie. Stellt die Kommission fest, dass die Entscheidung der NRB und die bestimmten Unternehmen auferlegten Verpflichtungen nicht als mit der Rechtsrahmen-Richtlinie und den einschlägigen Richtlinien vereinbar angesehen werden können, fordert sie die betreffende NRB auf, auf ihre Entscheidung zu ändern. Sie kann die nationale Regulierungsbehörde anweisen, die bestimmten Unternehmen auferlegten Verpflichtungen aufzuheben oder zu ändern.

6.1. Erlass einer endgültigen Entscheidung

127. Sobald die Entscheidung einer NRB endgültig erlassen wurde, teilt die NRB der Kommission die Namen der Unternehmen mit, die nach ihrer Feststellung über beträchtliche Marktmacht verfügen, sowie die Verpflichtungen, die ihnen gemäß Artikel 32 der Universaldienst- und Nutzerrechterichtlinie und Artikel 16 der Zugangs- und Zusammenschaltungsrichtlinie auferlegt wurden. Die Kommission macht diese Information in schnell abrufbarer Form verfügbar und leitet sie gegebenenfalls an den Kommunikationsausschuss und die Hochrangige Kommunikationsgruppe weiter.

128. Auch die NRB veröffentlichen die Namen der Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht und die ihnen auferlegten Verpflichtungen. Sie gewährleisten die öffentliche Verfügbarkeit aktueller Informationen in einer Weise, die sämtlichen Interessenten leichten Zugang garantiert.

ANHANG DER EINSCHLAEGIGEN BESTIMMUNGEN

Die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinien [Rechtsrahmen, Zugang und Zusammenschaltung sowie Universaldienst und Nutzerrechte], deren Auslegung diese Leitlinien dienen sollen, werden nachstehend aufgeführt:

Artikel 3 der Richtlinie [...] über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste

Nationale Regulierungsbehörden

1. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß alle den nationalen Regulierungsbehörden mit dieser Richtlinie und den spezifischen Maßnahmen übertragenen Aufgaben von einer zuständigen Stelle wahrgenommen werden.

2. Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden, indem sie dafür sorgen, daß sie rechtlich und funktional von allen Unternehmen unabhängig sind, die elektronische Kommunikationsnetze, -geräte oder -dienste anbieten. Wenn Mitgliedstaaten weiterhin an Unternehmen beteiligt sind, die elektronische Kommunikationsnetze und/oder -dienste bereitstellen oder diese kontrollieren, müssen sie eine vollständige und wirksame strukturelle Trennung der hoheitlichen Funktion von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum oder der Kontrolle sicherstellen.

3. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß die nationalen Regulierungsbehörden ihre Befugnisse unparteiisch und transparent ausüben.

4. Die Mitgliedstaaten veröffentlichen die von den nationalen Regulierungsbehörden wahrzunehmenden Aufgaben in leicht zugänglicher Form, insbesondere wenn diese Aufgaben mehr als einer Stelle übertragen werden. Die Mitgliedstaaten veröffentlichen darüber hinaus die Verfahren zur Konsultation und Zusammenarbeit zwischen diesen Behörden sowie zwischen diesen und den für die Anwendung des Wettbewerbs- und des Verbraucherschutzrechts zuständigen nationalen Behörden in Fragen von gemeinsamem Interesse. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß sich die Aufgaben dieser Behörden nicht überschneiden.

5. Die nationalen Regulierungs- und Wettbewerbsbehörden sind berechtigt, Informationen auszutauschen. Um die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zu erleichtern, hat die nationale Regulierungsbehörde dieselben Rechte und Pflichten hinsichtlich der Vertraulichkeit der ausgetauschten Informationen wie eine "zuständige Behörde" für Zwecke der Verordnung Nr. 17.

6. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission unter Angabe der jeweiligen Zuständigkeiten alle Aufgaben mit, die den nationalen Regulierungsbehörden aufgrund dieser Richtlinie und der spezifischen Maßnahmen übertragen werden.

Artikel 5 der Richtlinie [...] über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste

Bereitstellung von Informationen an nationale Regulierungsbehörden und die Kommission

1. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze und -dienste anbieten, den nationalen Regulierungsbehörden alle Informationen zur Verfügung stellen, die sie benötigen, um die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Die von der nationalen Regulierungsbehörde angeforderten Informationen müssen in angemessenem Verhältnis zur Wahrnehmung dieser Aufgabe stehen. Die nationale Regulierungsbehörde muß ihr Ersuchen um Informationen begründen.

2. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß die nationalen Regulierungsbehörden der Kommission auf Anforderung die Informationen zur Verfügung stellen, die sie benötigt, um ihre Aufgaben aufgrund des EG-Vertrags wahrzunehmen. Die von der Kommission angeforderten Informationen müssen in angemessenem Verhältnis zur Wahrnehmung dieser Aufgaben stehen. Die Kommission stellt gegebenenfalls die einer nationalen Regulierungsbehörde übermittelten Informationen einer anderen Behörde desselben oder eines anderen Mitgliedstaats zur Verfügung. Wurden die Informationen vertraulich übermittelt, so werden sie von der Kommission und den nationalen Regulierungsbehörden vertraulich behandelt.

3. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß die nationalen Regulierungsbehörden Informationen, die zu einem offenen, wettbewerbsorientierten Markt beitragen, unter Einhaltung der nationalen Vorschriften über den Informationszugang sowie der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen veröffentlichen.

4. Die nationalen Regulierungsbehörden veröffentlichen die Bedingungen für den öffentlichen Informationszugang gemäß Absatz 3 einschließlich detaillierter Leitlinien und Verfahren für dessen Gewährung. Beschlüsse über die Verweigerung des Informationszugangs sind zu begründen und zu veröffentlichen.

Artikel 6 der Richtlinie [...] über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste

Konsultations- und Transparenzverfahren

1. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß die nationalen Regulierungsbehörden interessierten Parteien innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu Maßnahmen geben, die sie gemäß dieser Richtlinie oder den spezifischen Maßnahmen zu treffen gedenken. Die nationalen Regulierungsbehörden veröffentlichen ihre jeweiligen Anhörungsverfahren.

2. Beabsichtigt eine nationale Regulierungsbehörde, Maßnahmen gemäß Artikel 8 oder Artikel 14 Absatz 4 und 5 dieser Richtlinie oder nach Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie .../.../EG [über den Zugang zu elektronische Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung] zu ergreifen, so übermittelt sie der Kommission und den nationalen Regulierungsbehörden anderer Mitgliedstaaten den Entwurf der Maßnahme zusammen mit einer Begründung. Die nationalen Regulierungsbehörden können innerhalb der gemäß Absatz 1 festgelegten Anhörungsfrist Stellungnahmen an die betreffende nationale Regulierungsbehörde richten.

3. Die betreffende nationale Regulierungsbehörde trägt den Stellungnahmen anderer nationaler Regulierungsbehörden weitestgehend Rechnung und leitet den überarbeiteten Maßnahmenentwurf unverzüglich der Kommission zu.

4. Die Maßnahme wird einen Monat nach dem Datum der Mitteilung an die Kommission wirksam, es sei denn, die Kommission teilt der betreffenden nationalen Regulierungsbehörde mit, daß sie ernsthafte Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere den Bestimmungen in Artikel 7, hegt. In diesem Fall wird die Maßnahme weitere zwei Monate nicht wirksam. Während dieses Zeitraums erlässt die Kommission eine endgültige Entscheidung und fordert bei Bedarf die betreffende nationale Regulierungsbehörde auf, den Maßnahmenentwurf zu ändern oder zurückzuziehen. Hat die Kommission nach Ablauf dieser Frist keine Entscheidung erlassen, so kann die nationale Regulierungsbehörde die Maßnahme erlassen.

5. Ist eine nationale Regulierungsbehörde unter aussergewöhnlichen Umständen der Ansicht, daß dringend gehandelt werden muß, ohne das Verfahren gemäß Absatz 1 bis 4 einzuhalten, um den Wettbewerb zu erhalten und die Nutzerinteressen zu schützen, so kann sie umgehend Maßnahmen erlassen. Sie teilt diese der Kommission und den übrigen nationalen Regulierungsbehörden unverzüglich mit einer vollständigen Begründung mit. Die Kommission prüft diese Maßnahmen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere mit Artikel 7. Gegebenenfalls fordert sie die betreffende nationale Regulierungsbehörde auf, die Maßnahmen zu ändern oder aufzuheben.

6. Unterlässt die Kommission ein Vorgehen gemäß Absatz 4 und 5, so berührt dies in keiner Weise ihre Rechte gemäß Artikel 226 EG-Vertrag in bezug auf Entscheidungen oder Maßnahmen einer nationalen Regulierungsbehörde

Artikel 13 der Richtlinie [...] über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste

Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht

1. Wenn die nationalen Regulierungsbehörden aufgrund der spezifischen Maßnahmen feststellen müssen, ob Betreiber über beträchtliche Marktmacht verfügen, gelten die Bestimmungen in Absatz 2 und 3.

2. Ein Unternehmen verfügt über beträchtliche Marktmacht, wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine wirtschaftlich starke Stellung einnimmt, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Mitbewerbern, Kunden und letztlich Verbrauchern zu verhalten

3. Verfügt ein Unternehmen auf einem bestimmten Markt über beträchtliche Marktmacht, so kann davon ausgegangen werden, daß es auch auf einem benachbarten Markt beträchtliche Marktmacht besitzt, wenn die Verbindungen zwischen beiden Märkten es gestatten, diese von dem einen auf den anderen Markt zu übertragen und damit die gesamte Marktmacht des Unternehmens zu verstärken.

Artikel 14 der Richtlinie [...] über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste

Marktanalyseverfahren

1. Nach Abstimmung mit den nationalen Regulierungsbehörden über die Hochrangige Kommunikationsgruppe erlässt die Kommission eine Entscheidung über relevante Produkt- und Dienstmärkte (nachstehend "die Entscheidung" genannt), die an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. Darin werden diejenigen Märkte für elektronische Kommunikationsprodukte und -dienste aufgeführt, deren Merkmale die Auferlegung von Verpflichtungen nach den spezifischen Maßnahmen rechtfertigen können, unbeschadet der Märkte, die in bestimmten Fällen nach dem Wettbewerbsrecht definiert werden können. Ferner veröffentlicht die Kommission Leitlinien zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht (nachstehend "die Leitlinien" genannt).

Die Kommission kann in der Entscheidung angeben, welche Märkte eine internationale Dimension aufweisen. Auf diesen Märkten sind die Marktanalysen von den nationalen Regulierungsbehörden gemeinsam durchzuführen und Beschlüsse über die Auferlegung von Verpflichtungen nach den Absätzen 2 bis 5 in abgestimmter Form zu fassen. Auf diesen Märkten sind die Marktanalysen von den nationalen Regulierungsbehörden gemeinsam durchzuführen und Beschlüsse über die Auferlegung von Verpflichtungen nach den Absätzen 2 bis 5 in abgestimmter Form zu fassen.

Die nationalen Regulierungsbehörden holen die Einwilligung der Kommission ein, bevor sie Marktdefinitionen verwenden, die von denen der Entscheidung abweichen, oder bereichsspezifische Verpflichtungen auf anderen als den in der Entscheidung aufgeführten Märkten auferlegen. Die Entscheidung wird regelmässig von der Kommission überprüft.

Die Entscheidung wird regelmässig von der Kommission überprüft.

2. Innerhalb von zwei Monaten ab dem Erlaß der Entscheidung oder deren Aktualisierung erstellen die nationalen Regulierungsbehörden den Leitlinien entsprechend eine Analyse der darin aufgeführten Produkt- und Dienstmärkte. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß die nationalen Wettbewerbsbehörden in vollem Umfang an dieser Analyse beteiligt werden. Die Analyse der einzelnen Märkte durch die nationalen Regulierungsbehörden ist zu veröffentlichen.

3. Wenn die nationalen Regulierungsbehörden gemäß Artikel 16, 25 oder 27 der Richtlinie .../.../EG [über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten] oder nach Artikel 7 oder 8 der Richtlinie .../.../EG [über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung] feststellen müssen, ob Verpflichtungen für Unternehmen aufzuerlegen, beizubehalten oder aufzuheben sind, ermitteln sie anhand der Marktanalyse gemäß Absatz 2, ob auf einem in der Entscheidung aufgeführten Markt in einem bestimmten geografischen Gebiet ein echter Wettbewerb im Sinne der Leitlinien herrscht.

4. Kommt eine nationale Regulierungsbehörde zu dem Schluß, daß dies der Fall ist, so erlegt sie weder bereichsspezifische Verpflichtungen nach den spezifischen Maßnahmen auf noch behält sie diese bei. Wenn bereits bereichsspezifische Verpflichtungen bestehen, werden sie für Unternehmen auf diesem speziellen Markt aufgehoben. Den betroffenen Parteien ist die Aufhebung der Verpflichtungen innerhalb einer angemessenen Frist im voraus anzukündigen.

5. Stellt eine nationale Regulierungsbehörde fest, daß auf einem in der Entscheidung aufgeführten Markt in einem bestimmten geografischen Gebiet kein echter Wettbewerb im Sinne der Leitlinien herrscht, so erlegt sie bereichsspezifische Verpflichtungen nach den spezifischen Maßnahmen auf bzw. behält diese bei, wenn sie bereits bestehen.

6. Maßnahmen, die gemäß den Absätzen 4 und 5 getroffen werden, unterliegen dem Verfahren in Artikel 6.

Artikel 8 der Richtlinie [...] über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung

Auferlegung, Änderung oder Aufhebung von Verpflichtungen

1. Legt eine Marktanalyse nach Artikel 14 der Richtlinie [über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste] den Schluß nahe, daß ein Betreiber auf einem bestimmten Markt über beträchtliche Marktmacht verfügt, erlegt die nationale Regulierungsbehörde diesem im erforderlichen Umfang eine oder mehrere der in Artikel 9 bis 13 der vorliegenden Richtlinie genannten Verpflichtungen auf, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Die auferlegten Verpflichtungen müssen jeweils der Art des ermittelten Problems entsprechen.

2. Die nationalen Regulierungsbehörden können unbeschadet der Bestimmungen in Artikel 6 Unternehmen - einschließlich derer, die nicht über beträchtliche Marktmacht verfügen - die in Artikel 9 bis 13 genannten Zusammenschaltungsverpflichtungen auferlegen, um internationalen Verpflichtungen nach zu kommen.

In Ausnahmefällen können die nationalen Regulierungsbehörden mit vorheriger Zustimmung der Kommission Betreibern mit beträchtlicher Marktmacht Verpflichtungen in bezug auf Zugang und Zusammenschaltung auferlegen, die über diejenigen nach Artikel 9 bis 13 hinausgehen, sofern all diese Verpflichtungen angesichts der in Artikel 1 der vorliegenden Richtlinie und Artikel 7 der Richtlinie .../.../EG [über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste] festgelegten Ziele gerechtfertigt und dem angestrebten Ziel angemessen sind.

3. Im Zusammenhang mit Absatz 2 Unterabsatz 1 informieren die nationalen Regulierungsbehörden die Kommission gemäß Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 der Richtlinie .../.../EG [über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste] über ihre Entscheidung, Marktteilnehmern Verpflichtungen aufzuerlegen, diese zu ändern oder aufzuheben.

Artikel 9 der Richtlinie [...] über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung

Transparenzverpflichtung

1. Die nationalen Regulierungsbehörden können Betreibern gemäß Artikel 8 Verpflichtungen zur Transparenz in bezug auf die Zusammenschaltung und/oder den Netzzugang auferlegen, wonach diese bestimmte Informationen, z.B. technische Spezifikationen, Netzmerkmale, Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen sowie Tarife, öffentlich verfügbar machen.

2. Die nationalen Regulierungsbehörden können insbesondere von Betreibern mit Gleichbehandlungsverpflichtungen die Veröffentlichung eines hinreichend detaillierten Standardangebots verlangen, in dem die betreffenden Dienstangebote dem Marktbedarf entsprechend in einzelne Komponenten aufgeschlüsselt und die entsprechenden Bedingungen einschließlich der Tarife angegeben werden.

3. Die nationalen Regulierungsbehörden können genau festlegen, welche Informationen mit welchen Einzelheiten in welcher Form zur Verfügung zu stellen sind.

Artikel 10 der Richtlinie [...] über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung

Gleichbehandlungsverpflichtung

1. Eine nationale Regulierungsbehörde kann gemäß Artikel 8 Gleichbehandlungsverpflichtungen in bezug auf die Zusammenschaltung und/oder den Netzzugang auferlegen.

2. Die Gleichbehandlungsverpflichtungen stellen insbesondere sicher, daß der betreffende Betreiber anderen Unternehmen, die ähnliche Dienste erbringen, unter vergleichbaren Umständen gleichwertige Bedingungen bietet und Dienste und Informationen für Dritte zu den gleichen Bedingungen und mit der gleichen Qualität bereitstellt wie für seine eigenen Produkte oder die seiner Tochter- oder Partnerunternehmen.

Artikel 11 der Richtlinie [...] über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung

Verpflichtung zur getrennten Buchführung

1. Die nationalen Regulierungsbehörden können gemäß Artikel 8 für bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Zusammenschaltung und/oder dem Netzzugang eine getrennte Buchführung vorschreiben.

Die nationalen Regulierungsbehörden können insbesondere von einem vertikal integrierten Unternehmen verlangen, seine Vorleistungspreise und internen Kostentransfers transparent zu gestalten, falls eine Marktanalyse vermuten lässt, daß der betreffende Betreiber Einrichtungen bereitstellt, die von wesentlicher Bedeutung für andere Diensteanbieter sind, mit denen er auf dem nachgelagerten Markt in Wettbewerb steht.

2. Um leichter überprüfen zu können, ob die Transparenzverpflichtung eingehalten wird, können nationale Regulierungsbehörden verlangen, daß die Buchungsunterlagen einschließlich Daten über die von Dritten erhaltenen Beträge auf Anforderung vorgelegt werden. Die nationalen Regulierungsbehörden können diese Informationen veröffentlichen, soweit dies zu einem offenen, wettbewerbsorientierten Markt beiträgt. Dabei sind die Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen einzuhalten.

Artikel 12 der Richtlinie [...] über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung

Verpflichtungen in bezug auf den Zugang zu bestimmten Netzeinrichtungen und deren Nutzung

1. Die nationalen Regulierungsbehörden können gemäß Artikel 8 Betreiber dazu verpflichten, Zugang zu bestimmten Einrichtungen und zugehörigen Diensten zu gewähren und deren Nutzung zu gestatten, u.a. wenn die nationale Regulierungsbehörde der Auffassung ist, daß die Verweigerung des Zugangs die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes auf Endverbraucherebene behindern oder den Interessen der Endnutzer zuwiderlaufen würde.

Betreibern darf unter anderem folgendes auferlegt werden:

a) die Verpflichtung, Dritten Zugang zu bestimmten Netzkomponenten und/oder Einrichtungen zu gewähren;

b) die Verpflichtung, den bereits gewährten Zugang zu Einrichtungen nicht nachträglich zu verweigern;

c) die Verpflichtung zum Wiederverkauf bestimmter Dienste;

d) die Verpflichtung, offenen Zugang zu technischen Schnittstellen, Protokollen oder anderen Schlüsseltechnologien zu gewähren, die für die Interoperabilität von Diensten unverzichtbar sind;

e) die Verpflichtung, Kolokation oder andere Formen der gemeinsamen Nutzung von Einrichtungen wie Gebäuden, Leitungen und Masten zu ermöglichen;

f) die Verpflichtung, bestimmte für die Interoperabilität durchgehender Nutzerdienste notwendige Voraussetzungen zu schaffen, einschließlich der Bereitstellung von Einrichtungen für intelligente Netzdienste oder Roaming in Mobilfunknetzen;

g) die Verpflichtung, Zugang zu Systemen für die Betriebsunterstützung oder ähnlichen Softwaresystemen zu gewähren, die zur Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs bei der Bereitstellung von Diensten notwendig sind;

h) die Verpflichtung zur Zusammenschaltung von Netzen oder Netzeinrichtungen.

Die nationalen Regulierungsbehörden können diese Verpflichtungen mit Bedingungen in bezug auf Fairneß, Billigkeit, Rechtzeitigkeit, Transparenz und/oder Gleichbehandlung verknüpfen.

2. Bei der Auferlegung von Verpflichtungen gemäß Absatz 1 tragen die nationalen Regulierungsbehörden insbesondere folgenden Faktoren Rechnung:

a) technische und wirtschaftliche Tragfähigkeit der Nutzung oder Installation konkurrierender Einrichtungen angesichts des Tempos der Marktentwicklung;

b) Möglichkeit der Gewährung des vorgeschlagenen Zugangs angesichts der verfügbaren Kapazität;

c) Anfangsinvestition des Eigentümers der Einrichtung unter Berücksichtigung der Investitionsrisiken;

d) Notwendigkeit zur langfristigen Sicherung des Wettbewerbs;

e) gegebenenfalls gewerbliche Schutzrechte oder Rechte an geistigem Eigentum.

Artikel 13 der Richtlinie [...] über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung

Verpflichtung zur Preiskontrolle und Kostenrechnung

1. Weist eine Marktanalyse darauf hin, daß ein Mangel an wirksamem Wettbewerb es einem Betreiber ermöglichen könnte, seine Preise zum Nachteil der Endnutzer auf einem übermässig hohen Niveau zu halten oder Preisdiskrepanzen zu praktizieren, so kann die nationale Regulierungsbehörde den betreffenden Betreiber gemäß Artikel 8 hinsichtlich bestimmter Arten von Zusammenschaltung und/oder Netzzugang zur Preiskontrolle einschließlich kostenorientierter Preise verpflichten und ihm bestimmte Auflagen in bezug auf Kostenrechnungssysteme erteilen. Dabei sind die Investitionen des Betreibers und die damit verbundenen Risiken zu berücksichtigen.

2. Die nationalen Regulierungsbehörden stellen sicher, daß alle vorgeschriebenen Tarifsysteme die wirtschaftliche Effizienz und einen nachhaltigen Wettbewerb fördern und für die Verbraucher möglichst vorteilhaft sind.

3. Wurde ein Unternehmen dazu verpflichtet, seine Preise an den Kosten zu orientieren, so obliegt es dem betreffenden Unternehmen, gegebenenfalls nachzuweisen, daß die Preise sich aus den Kosten sowie einer angemessenen Ertragsrate errechnen. Die nationalen Regulierungsbehörden können von einem Unternehmen die umfassende Rechtfertigung seiner Preise und gegebenenfalls deren Anpassung verlangen.

4. Falls im Interesse der Preiskontrolle eine Kostenrechnungsmethode vorgeschrieben wird, stellen die nationalen Regulierungsbehörden sicher, daß eine Beschreibung der Kostenrechnungsmethode öffentlich verfügbar gemacht wird, in der zumindest die wichtigsten Kostenarten und die Regeln der Kostenzuweisung aufgeführt werden. Die Anwendung der Kostenrechnungsmethode wird von einer qualifizierten unabhängigen Stelle überprüft. Eine diesbezügliche Erklärung wird jährlich veröffentlicht.

Artikel 16 der Richtlinie [...] über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten

Regulierung der Endkundentarife

1. Die Mitgliedstaaten halten alle Verpflichtungen zu Endkundentarifen für die Bereitstellung des Zugangs zum öffentlichen Telefonnetz und dessen Nutzung an festen Standorten, die vor Inkrafttreten dieser Richtlinie nach Artikel 17 der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [ABl. L 101 vom 1.4.1998, S. 24.] in Kraft waren, aufrecht, bis diese einer Überprüfung unterzogen wurden und eine Feststellung gemäß Absatz 2 dieses Artikels getroffen wurde.

2. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, daß die nationalen Regulierungsbehörden bei Inkrafttreten dieser Richtlinie und regelmässig danach eine Marktanalyse gemäß dem Verfahren des Artikels 14 Absatz 3 der Richtlinie .../.../EG [über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste] durchführen, um festzustellen, ob die in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Verpflichtungen beizubehalten, zu ändern oder aufzuheben sind. Alle getroffenen Maßnahmen unter liegen dem Verfahren des Artikels 6 Absätze 2 bis 5 der Richtlinie .../.../EG [über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste].

3. Stellen die nationalen Regulierungsbehörden als Ergebnis einer nach Artikel 14 Absatz 3 der Richtlinie .../.../EG [über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste] durchgeführten Marktanalyse fest, daß auf einem Markt kein wirksamer Wettbewerb herrscht, stellen sie sicher, daß Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf diesem Markt ihre Tarife an den Kosten orientieren, damit sie keine überhöhten Preise berechnen, den Markteintritt nicht behindern, keine Niedrigpreise zur Ausschaltung des Wettbewerbs anwenden, bestimmte Nutzer nicht unangemessen bevorzugen oder Dienste ungerechtfertigt bündeln. Nationale Regulierungsbehörden können solchen Unternehmen geeignete Maßnahmen zur Einhaltung von Obergrenzen bei Endkundenpreisen auferlegen, um die Nutzer- und Verbraucherinteressen zu schützen und einen wirksamen Wettbewerb zu fördern.

4. Nationale Regulierungsbehörden teilen der Kommission die Namen der Unternehmen mit, die einer Kontrolle ihrer Endkundentarife unterliegen, und übermitteln auf Antrag Informationen über die angewendeten Kontrollen der Endkundentarife und das von den betreffenden Unternehmen verwendete Kostenrechnungssystem.

5. Ist ein Unternehmen verpflichtet, seine Endkundentarife der Regulierung zu unterwerfen, gewährleisten die Mitgliedstaaten, daß erforderliche und geeignete Kostenrechnungssysteme eingesetzt werden und die Eignung dieser Systeme durch eine sachverständige Stelle überprüft wird, die von dem Unternehmen unabhängig ist. Die nationalen Regulierungsbehörden gewährleisten, daß jährlich eine Erklärung zur Übereinstimmung mit diesen Vorschriften veröffentlicht wird.

6. Unbeschadet Artikel 9 Absatz 1 über besondere Optionen für erschwingliche Tarife und Artikel 10 über besondere Hilfestellungen bei der Kontrolle der Nutzerausgaben wenden die nationalen Regulierungsbehörden keine Verfahren zur Kontrolle der Endkundentarife nach Absatz 1 dieses Artikels in geographischen Märkten oder Nutzermärkten an, auf denen sie einen wirksamen Wettbewerb festgestellt haben.

Artikel 25 der Richtlinie [...] über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten

Nummernübertragbarkeit, Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl

1. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, daß Teilnehmer öffentlich zugänglicher Telefondienste, einschließlich mobiler Dienste, die dies beantragen, ihre Nummer(n) unabhängig von dem Unternehmen, das den Dienst anbietet, wie folgt beibehalten können:

a) im Fall geographisch gebundener Nummern an einem bestimmten Standort und

b) im Fall geographisch nicht gebundener Nummern an jedem Standort.

2. Die nationale Regulierungsbehörden verpflichten Unternehmen, denen mitgeteilt wurde, daß sie über eine beträchtliche Marktmacht bei der Bereitstellung des Anschlusses an das öffentliche Telefonnetz und dessen Nutzung an festen Standorten verfügen, ihren Teilnehmern den Zugang zu den Diensten jedes zusammen geschalteten Anbieters öffentlich zugänglicher Telefondienste zu ermöglichen, sowohl

a) von Fall zu Fall durch Wählen einer kurzen Vorwahl als auch

b) durch Vorauswahl, mit der Möglichkeit, jede getroffene Vorauswahl von Fall zu Fall durch Wählen einer kurzen Vorwahl zu umgehen.

Anforderungen der Nutzer hinsichtlich der Bereitstellung dieser Einrichtungen in anderen Netzen oder hinsichtlich einer andersartigen Bereitstellung werden gemäß dem Verfahren zur Marktanalyse nach Artikel 14 der Richtlinie .../.../EG [über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste] bewertet.

3. Die nationalen Regulierungsbehörden gewährleisten, daß die Preise für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Ermöglichung der Nummern übertragbarkeit nach Absatz 1 und der Nutzung der Einrichtung nach Absatz 2 kostenorientiert sind.

4. Die nationalen Regulierungsbehörden schreiben Tarife für die Nummernübertragung nicht auf eine Weise vor, die den Wettbewerb verfälscht, etwa durch Auferlegung eines einheitlichen Tarifs für alle Unternehmen.

Artikel 27 der Richtlinie [...] über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten

Verfügbarkeit von Mietleitungen

1. Die Mitgliedstaaten halten alle Verpflichtungen von Unternehmen aufrecht, die gemäß der Artikel 3, 4, 6, 7, 8 und 10 der Richtlinie 92/44/EWG vor Inkrafttreten dieser Richtlinie in Kraft waren, bis diese Verpflichtungen einer Überprüfung unterzogen werden und eine Feststellung gemäß Absatz 2 dieses Artikels getroffen wird.

2. Innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Richtlinie und danach alle zwei Jahre führen die nationalen Regulierungsbehörden eine Marktanalyse gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Richtlinie .../.../EG [über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste] durch, um zu ermitteln, ob die Bereitstellung eines Teils oder des gesamten Mindestsatzes von Mietleitungsdiensten in ihrem Hoheitsgebiet einem wirksamen Wettbewerb ausgesetzt ist, und um festzustellen, ob die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Verpflichtungen beizubehalten, zu ändern oder aufzuheben sind. Alle getroffenen Maßnahmen unterliegen dem Verfahren des Artikels 6 Absätze 2 bis 5 der Richtlinie .../.../EG [über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste].

3. Die technischen Normen für den Mindestsatz an Mietleitungen mit vereinheitlichten Merkmalen werden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften als Bestandteil der in Artikel 15 der Richtlinie .../.../EG [über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste] genannten Liste von Normen veröffentlicht. Die Kommission kann erforderliche Änderungen zur Anpassung des Mindestsatzes an Mietleitungen an technische Entwicklungen und Veränderungen der Marktnachfrage, einschließlich der möglichen Streichung bestimmter Arten von Mietleitungen aus dem Mindestsatz, gemäß dem in Artikel 33 Absatz 2 genannten Verfahren vornehmen.