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Document 32008G1004(01)

Entschliessung des Rates vom 25. September 2008 über einen europäischen Gesamtplan zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie

OJ C 253, 4.10.2008, p. 1–2 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

4.10.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 253/1


ENTSCHLIESSUNG DES RATES

vom 25. September 2008

über einen europäischen Gesamtplan zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie

(2008/C 253/01)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

1.

EINGEDENK des Strategieberichts der Kommission (1) und des vom Europäischen Rat am 14. März 2008 eingeleiteten neuen Programmzyklus (2008-2010) der erneuerten Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung.

2.

UNTER HINWEIS DARAUF, dass die Europäische Union in diesem Zusammenhang dazu aufgerufen worden ist, ihre Anstrengungen zur Verbesserung der Effizienz des Systems für den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums im Hinblick auf eine bessere Bekämpfung von Nachahmungen fortzusetzen.

3.

UNTER HERVORHEBUNG der Notwendigkeit, die Grundfreiheiten des Binnenmarktes zu achten und dessen Funktionieren zu verbessern.

4.

UNTER HINWEIS AUF den Nutzen, den die Harmonisierung der Rechte des geistigen Eigentums bei der Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie insbesondere an den Grenzen der Europäischen Union in den Fällen, in denen dies zweckmäßig ist, bietet, und auf die Bedeutung, die den bestehenden nationalen und gemeinschaftlichen Titeln für den gewerblichen Rechtsschutz zukommt.

5.

IN ANBETRACHT der gemeinschaftlichen Instrumente zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie, insbesondere der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum sowie der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen.

6.

IN ANBETRACHT ferner des geänderten Vorschlags für eine Richtlinie über strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums.

7.

UNTER HINWEIS AUF die Initiativen zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie, die in multilateralen Gremien entwickelt wurden, namentlich in der Welthandelsorganisation (WTO), der Weltzollorganisation (WCO), der Welthandelsorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der G8 (Prozess von Heiligendamm).

8.

UNTER HINWEIS AUF die Strategie für die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum in Drittländern (2).

9.

UNTER HINWEIS AUF den Bericht der OECD über die wirtschaftlichen Auswirkungen von Nachahmungen und Piraterie, insbesondere auf die darin enthaltenen Schätzungen betreffend den internationalen Handel mit Nachahmungen und Piraterieprodukten, dessen Volumen auf Grundlage von Zollbeschlagnahmungen in den OECD-Ländern auf rund 200 Mrd. USD veranschlagt wird, was darauf hindeutet, dass der Gesamtwert des Handels mit Nachahmungen und Piraterieprodukten diesen Betrag um mehrere hundert Millionen USD überschreiten könnte; unter Berücksichtigung der Empfehlungen dieses Berichts, die Zusammenarbeit zwischen den Behörden und der Industrie zu verstärken.

10.

EINGEDENK des Ausmaßes und der beunruhigenden Entwicklung des Phänomens der Nachahmung und der Piraterie, insbesondere in einer globalisierten Wirtschaft, für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäische Union, die Unternehmen in der Union, ihre Designer und Verbraucher; eingedenk des Umfangs dieses Phänomens auch im Internet; eingedenk der Risiken, die mit der Nachahmung von Produkten verbunden sind, die eine Gefährdung der Gesundheit und Sicherheit der Bürger darstellt —

11.

UNTERSTREICHT die Bedeutung, die dem Schutz der Rechte des geistigen Eigentums als wesentlichem Element zur Förderung von Kultur und Vielfalt und zur Valorisierung der Forschung, der Innovation und der Gründung von europäischen Unternehmen — insbesondere von KMU — im Hinblick auf die Förderung des Beschäftigungswachstums in der Europäischen Union und die Entwicklung der externen Dimension der Wettbewerbsfähigkeit Europas zukommt.

12.

IST SICH in diesem Zusammenhang BEWUSST, dass innovationsorientierten Unternehmen die Mittel an die Hand gegeben werden müssen, die es ihnen erlauben, ihre Erfindungen besser zu schützen und daraus mehr Nutzen zu ziehen; weist darauf hin, dass es zweckmäßig ist, über ein Gemeinschaftspatent und eine Patentgerichtsbarkeit zu verfügen, um den Nutzern die Mittel zu geben, die sie in die Lage versetzen, ihre Rechte am geistigen Eigentum in der gesamten Union durchzusetzen.

13.

UNTERSTREICHT, dass alle betroffenen Akteure mobilisiert werden müssen, um die Wirksamkeit des Instrumentariums zum Schutz des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie im Binnenmarkt und auf internationaler Ebene zu verbessern; erinnert daran, dass diese Maßnahmen mit der Achtung der Grundrechte und allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts wie dem Schutz personenbezogener Daten und dem Schutz des Eigentumsrechts im Einklang stehen.

14.

BEGRÜSST die Mitteilung der Kommission vom 16. Juli 2008, die darauf abzielt, mit folgenden Maßnahmen eine europäische Strategie für gewerbliche Schutzrechte umzusetzen und dabei den Schwerpunkt auf die Fragen zu legen, die die Wahrung der gewerblichen Schutzrechte sowie des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte betreffen:

Initiativen der Zollbehörden zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie an den Grenzen der Europäischen Union und in Drittländern,

Maßnahmen in Ergänzung zu Rechtsetzungsnormen, die auf Folgendes abstellen: Förderung einer geänderten Wahrnehmung des Phänomens der Nachahmung und Piraterie in der Öffentlichkeit, Fortschritte bei der präzisen Erfassung dieses Phänomens, Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten in den Mitgliedstaaten, Schaffung eines effizienten Netzes für die administrative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, damit europaweite Aktionen durchgeführt werden können, sowie Förderung von Partnerschaftsvereinbarungen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor und des Abschlusses von Vereinbarungen zwischen Fachleuten auf europäischer Ebene, um die Piraterie und den Vertrieb von rechtsverletzenden Gütern über das Internet zu verringern,

Prüfung der Möglichkeiten zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Vollstreckung von Urteilen,

Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums in Drittländern mittels folgender Maßnahmen: regelmäßige Untersuchungen, Förderung eines wirksamen Schutzes der Rechte in bilateralen Handelsabkommen sowie Verstärkung der Zusammenarbeit im Rahmen regelmäßiger Dialoge mit Drittländern, und zwar vor allem mit den Ländern, in denen Nachahmung und Piraterie stark verbreitet sind,

Erarbeitung eines plurilateralen Handelsabkommens zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie.

15.

FORDERT die Kommission auf, diese Leitlinien im Wege folgender Maßnahmen umzusetzen:

Einrichtung einer europäischen Beobachtungsstelle für Nachahmungen und Piraterie und genaue Festlegung ihrer Arbeitsweise und der Modalitäten — einschließlich der finanziellen Modalitäten — für ihre Einrichtung; die Beobachtungsstelle, die auf den bestehenden Strukturen der Kommission aufzubauen ist, muss eine regelmäßige Evaluierung des Ausmaßes von Nachahmung und Piraterie sowie eine eingehendere Untersuchung dieser Phänomene anhand von Daten ermöglichen, die der öffentliche und der private Sektor zu übermitteln wünschen,

Verbreitung — vor allem über das Internet — von Informationen über das Phänomen der Nachahmung und Piraterie für die an der Bekämpfung dieser Phänomene beteiligten Akteure,

Entwicklung von Sensibilisierungs- und Kommunikationsmaßnahmen für die an der Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie beteiligten Akteure und für die Verbraucher — auch für Kinder und Jugendliche —, wozu auch Maßnahmen im Rahmen eines europaweiten Aufklärungstages über die Gefahren von Nachahmungen und die Erstellung praktischer Leitfäden gehören.

16.

FORDERT die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten alle geeigneten Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie zu treffen und dabei insbesondere:

einen Plan für die zollbehördliche Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie für den Zeitraum 2009 bis 2012 vorzulegen, der vorrangig auf den Austausch von Informationen unter umfassender Nutzung elektronischer Systeme und den Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Behörden — insbesondere an den Grenzen und in erster Linie zwischen den Zollbehörden — sowie mit den Rechteinhabern abstellt; ferner sind eine Bestandsaufnahme des geltenden Zollrechts vorzunehmen und die erforderlichen Verbesserungen des Rechtsrahmens zu evaluieren, damit Nachahmungen, die für die Verbraucher gefährlich sind, besser bekämpft werden und die Gefahren dieses Phänomens ins Bewusstsein gerückt werden können,

ein Netz für den schnellen Austausch von Informationen über rechtsverletzende Waren und Dienstleistungen einzurichten, vor allem durch die Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen unter Nutzung nationaler Kontaktstellen und moderner Instrumente für den Informationsaustausch,

die Koordinierung zwischen den an der Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie beteiligten Einrichtungen zu fördern und dabei dem Austausch bewährter Verfahrensweisen zwischen den nationalen Verwaltungen besondere Aufmerksamkeit zu widmen,

die Wirksamkeit des Rechtsrahmens im Hinblick auf die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums zu prüfen,

geeignete Vorschläge zu unterbreiten, die Folgendes zum Gegenstand haben: Förderung von Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie, Empfehlungen für bewährte Verfahrensweisen, die insbesondere den Vertrieb über das Internet betreffen, sowie Förderung der Zusammenarbeit zwischen Fachleuten,

den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums auf internationaler Ebene wie folgt zu verbessern: Förderung der Aufnahme von diese Rechte betreffenden Maßnahmen in bilaterale und multilaterale Übereinkünfte, die von der Europäischen Union geschlossen werden, unter Wahrung des gemeinschaftlichen Besitzstands sowie Mitwirkung an der Durchsetzung dieser Maßnahmen; aktive Beteiligung an den Verhandlungen über ein plurilaterales Handelsabkommen zur Bekämpfung von Nachahmungen, indem insbesondere zu gegebener Zeit auf die Einrichtung einer Task Force hingewirkt wird, die mit der Prüfung der Umsetzung des Abkommens beauftragt wird; Förderung dieses Themas im Rahmen des Dialogs zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten sowie im Rahmen der Kooperationsmaßnahmen mit Drittstaaten.


(1)  Mitteilung der Kommission an den Europäischen Rat: „Strategiebericht zur erneuerten Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung: Eintritt in den neuen Programmzyklus (2008-2010). Das Tempo der Reformen beibehalten“ KOM(2007) 803 endg.

(2)  ABl. C 129 vom 26.5.2005, S. 3.


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