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Document 32002G0709(01)

Entschließung des Rates vom 27. Juni 2002 zum lebensbegleitenden Lernen

OJ C 163, 9.7.2002, p. 1–3 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Legal status of the document In force

32002G0709(01)

Entschließung des Rates vom 27. Juni 2002 zum lebensbegleitenden Lernen

Amtsblatt Nr. C 163 vom 09/07/2002 S. 0001 - 0003


Entschließung des Rates

vom 27. Juni 2002

zum lebensbegleitenden Lernen

(2002/C 163/01)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Allgemeine und berufliche Bildung sind unentbehrlich für die Förderung des sozialen Zusammenhalts, ein aktives Staatsbürgertum, ein erfuelltes Privat- und Berufsleben sowie für die Anpassungs- und Beschäftigungsfähigkeit. Lebensbegleitendes Lernen erleichtert die uneingeschränkte Mobilität der europäischen Bürger und ermöglicht die Verwirklichung der Ziele und Vorstellungen der Länder der Europäischen Union, nämlich wohlhabender, wettbewerbsfähiger, toleranter und demokratischer zu werden. Jeder sollte die Möglichkeit erhalten, sich durch lebensbegleitendes Lernen die Kenntnisse anzueignen, die er benötigt, um als aktiver Staatsbürger an der Wissensgesellschaft und am Arbeitsleben teilnehmen zu können.

(2) Mit der in dieser Entschließung dargelegten Aktion wird der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere Artikel 14, Rechnung getragen, wonach jede Person das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung hat.

(3) Der Rat hat am Ende des Europäischen Jahres des lebensbegleitenden Lernens (1996) Schlussfolgerungen zu einer Strategie für lebensbegleitendes Lernen angenommen, in denen eine Reihe wesentlicher Grundsätze für eine Strategie des lebensbegleitenden Lernens genannt werden(1).

(4) Auf der außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates in Luxemburg im November 1997 wurden größere Beschäftigungsfähigkeit und größere Anpassungsfähigkeit durch Ausbildung als vorrangige Themen in die beschäftigungspolitischen Leitlinien aufgenommen; lebensbegleitendes Lernen ist seither zu einem Querschnittsziel der Europäischen Beschäftigungsstrategie geworden.

(5) Auf der Tagung des Europäischen Rates in Lissabon im März 2000 wurde für die Europäische Union das strategische Ziel aufgestellt, zum dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu werden, wobei als eine der wesentlichen Grundlagen hierfür der Ausbau der Möglichkeiten für alle, sich während des gesamten Lebens weiterzubilden, genannt wurde.

(6) Auf der Tagung des Europäischen Rates im Juni 2000 in Feira wurden die Mitgliedstaaten, der Rat und die Kommission aufgefordert, kohärente Strategien und praktische Maßnahmen zu erarbeiten, um das lebensbegleitende Lernen zu fördern und allen Menschen Zugang zu ihm zu verschaffen. Dies wurde auf der Tagung des Europäischen Rates im März 2001 in Stockholm bestätigt. Zugleich erinnerte der Europäische Rat in Feira daran, dass die Einbeziehung der Sozialpartner gefördert und sämtliche Möglichkeiten öffentlicher und privater Finanzierung ausgeschöpft werden müssen.

(7) Der Rat (Bildung) hat auf seiner Tagung vom 29. November 2001 zum Beschäftigungspaket Stellung genommen und hierbei hervorgehoben, dass dem lebensbegleitenden Lernen in den einzelstaatlichen Beschäftigungspolitiken eindeutig Vorrang zukommt.

(8) Auf der Tagung der Bildungsminister der Union und der Bewerberländer im Juni 2001 in Riga wurde ein Bericht über lebensbegleitendes Lernen unterbreitet. Auf dieser Tagung haben die Minister einen weiteren Bericht mit dem Titel "Qualitätsindikatoren für lebensbegleitendes Lernen" angefordert, der auf der Tagung der Bildungsminister im Juni 2002 in Bratislawa vorgelegt werden soll.

(9) Die Annahme des Berichts des Rates über die "Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung" im Februar 2001 sowie die Annahme des Arbeitsprogramms für das laufende Jahrzehnt zur Umsetzung dieses Berichts im Februar 2002 stellen einen wichtigen Schritt zur Erfuellung der Verpflichtung dar, die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in den Mitgliedstaaten zu modernisieren und ihre Qualität zu verbessern.

(10) Der Rat (Bildung und Jugend) hat in seinen Schlussfolgerungen(2) vom 14. Februar 2002 die Vorschläge begrüßt, die die Kommission in ihrem Weißbuch "Neuer Schwung für die Jugend Europas" mit Blick auf eine stärkere Berücksichtigung spezifischer Jugendaspekte in anderen Bereichen der Gemeinschaftspolitik, wie dem lebensbegleitendes Lernen, unterbreitet hat.

(11) In der Überzeugung, dass das lebensbegleitende Lernen einen vorrangigen Bereich der Lissabonner Strategie darstellt, hat der Europäische Rat auf seiner Tagung im März 2002 in Barcelona darum ersucht, dass vor der Tagung des Europäischen Rates in Sevilla eine Entschließung über das lebensbegleitende Lernen angenommen wird, die der Europäischen Beschäftigungsstrategie Rechnung trägt -

STELLT FEST, dass Europa zwar in vielen Bereichen eine Bezugsgröße darstellt und seine Fähigkeit unter Beweis gestellt hat, Ideen in innovative Produkte und Dienstleistungen umzusetzen, der Zugang zu lebensbegleitendem Lernen aber weiterhin für viele Bürger noch keine Realität ist;

WEIST DARAUF HIN, dass lebensbegleitendes Lernen im Vorschulalter beginnen und bis ins Rentenalter reichen und das gesamte Spektrum formalen, nicht formalen und informellen Lernens umfassen muss. Zudem ist unter lebensbegleitendem Lernen alles Lernen während des gesamten Lebens zu verstehen, das der Verbesserung von Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, staatsbürgerlichen, sozialen und/oder beschäftigungsbezogenen Perspektive erfolgt. Das Ganze sollte schließlich auf den Grundsätzen beruhen, dass der Einzelne im Mittelpunkt des Lernens steht, wobei für echte Chancengleichheit gesorgt und auf die Qualität des Lernens geachtet werden muss;

WEIST DARAUF HIN, dass der Jugendbereich bei der Festlegung umfassender und kohärenter Strategien für das lebensbegleitende Lernen miteinbezogen werden sollte, indem der Wert des nicht formalen und informellen Lernens im Jugendbereich hervorgehoben und in diesem Zusammenhang die Prioritäten für das lebensbegleitende Lernen festgelegt werden.

BEGRÜSST die Mitteilung der Kommission vom November 2001 mit dem Titel "Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen", die auf dem Memorandum vom November 2000 über lebensbegleitendes Lernen und den Stellungnahmen zu diesem Memorandum beruht, die im Rahmen einer europaweiten breit angelegten Konsultation eingeholt wurden. Er begrüßt zudem die Tatsache, dass in der Mitteilung lebensbegleitendes Lernen zu einem Leitprinzip für allgemeine und berufliche Bildung gemacht wird und erkennt die Bedeutung der Bausteine für die Strategien des lebensbegleitenden Lernens sowie die in der Mitteilung genannten Prioritäten für Maßnahmen an;

BEKRÄFTIGT,

1. dass die Mitteilung der Kommission "Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen" und das Arbeitsprogramm zur Umsetzung der Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung besser aufeinander abgestimmt werden müssen, damit eine umfassende und kohärente Strategie für die allgemeine und berufliche Bildung festgelegt werden kann;

2. dass lebensbegleitendes Lernen durch Aktionen und Politiken unterstützt werden sollte, die unter anderem im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie, des Aktionsplans für Qualifikation und Mobilität, der Gemeinschaftsprogramme Sokrates, Leonardo da Vinci und Jugend, der Initiative eLearning und der Forschungs- und Innovationsmaßnahmen durchgeführt werden;

STELLT FEST, dass die folgenden Anliegen Vorrang haben sollten:

- Zugang zu Angeboten des lebensbegleitenden Lernens für Menschen aller Altersgruppen, insbesondere spezielle Maßnahmen für besonders benachteiligte Personen, für Menschen, die an keiner Aus- oder Weiterbildungmaßnahme teilnehmen, sowie für Migranten, damit ihre soziale Eingliederung erleichtert wird;

- Möglichkeiten zum Erwerb und/oder Auffrischen von Grundfertigkeiten, einschließlich der neuen Grundfertigkeiten, wie IT-Kenntnisse, Fremdsprachen, Technologiekultur, Unternehmergeist und soziale Kompetenzen;

- Ausbildung, Einstellung und Weiterbildung von Lehrern und Ausbildern zur Förderung des lebensbegleitenden Lernens;

- tatsächliche Anerkennung der in anderen Ländern und Bildungssektoren erworbenen formellen Qualifikationen sowie des dort absolvierten nicht formalen und informellen Lernens durch verstärkte Transparenz und Qualitätssicherung;

- hochwertige und allgemein zugängliche Informationen für bestimmte Zielgruppen, Beratung und Orientierung über Möglichkeiten des lebensbegleitenden Lernens und ihre Vorteile;

- stärkere Einbeziehung der einschlägigen Sektoren, auch des Jugendbereichs, in die Netze und Strukturen, die auf diesem Gebiet bereits bestehen oder in Zukunft aufgebaut werden.

ERSUCHT DIE MITGLIEDSTAATEN, IM RAHMEN IHRER VERANTWORTUNG

1. umfassend und kohärent Strategien auszuarbeiten und umzusetzen, die auf den Grundsätzen und Bausteinen beruhen, die in der Mitteilung der Kommission genannt werden, und dabei alle relevanten Beteiligten, insbesondere die Sozialpartner, die Zivilgesellschaft sowie die örtlichen und regionalen Behörden, einzubeziehen;

2. im Einklang mit der Europäischen Beschäftigungsstrategie die für diese Strategien benötigten Mittel bereitzustellen und das allgemeine lebensbegleitende Lernen zu fördern, indem sie

- nationale Ziele zur Erhöhung der Investitionen in Humanressourcen, einschließlich des lebensbegleitenden Lernens aufstellen und die vorhandenen Ressourcen optimal einsetzen;

- Initiativen entwickeln, die den Privatsektor dazu anregen sollen, in das Lernen zu investieren;

- einen gezielteren Rückgriff auf europäische Finanzierungsinstrumente und die Europäische Investitionsbank zur Unterstützung dieses Ziels in Erwägung ziehen;

3. zusammen mit Einrichtungen der allgemeinen und der beruflichen Bildung sowie den Sozialpartnern das Lernen am Arbeitsplatz zu fördern;

4. die Aus- und Weiterbildung der im Bereich des lebensbegleitenden Lernens tätigen Lehrer und Ausbilder zu verbessern, damit diese die für die Wissensgesellschaft erforderlichen Lehrbefähigungen erwerben, und dabei unter anderem den allgemeinen Zugang zum Erlernen von Sprachen, den Zugang für alle zu den Informations- und Kommunikationstechnologien sowie eine stärkere Beteiligung an wissenschaftlichen und technischen Studiengängen zu fördern;

5. die Zusammenarbeit und wirksame Maßnahmen für die Validierung der Ergebnisse von Lernprozessen zu fördern, die von entscheidender Bedeutung dafür sind, dass es zu einem Brückenschlag zwischen formalem, nicht formalem und informellem Lernen kommt, und die somit eine Voraussetzung für die Schaffung eines europäischen Raums des lebensbegleitenden Lernens darstellen;

6. Informationen, Beratung und Orientierung für bestimmte Zielgruppen zu entwickeln und insbesondere geeignete Instrumente vorzusehen, mit denen die Informationen über Aus- und Weiterbildungsangebote sowie über Beschäftigungsmöglichkeiten zugänglich gemacht werden können;

7. Strategien zu entwickeln, mit denen die Gruppen, die wegen ihrer geringen Grundfertigkeiten von der Wissensgesellschaft ausgeschlossen sind, ermittelt und besser einbezogen werden können;

8. die aktive Beteiligung - auch junger Menschen - am lebensbegleitenden Lernen zu fördern.

ERSUCHT DIE KOMMISSION,

1. in enger Zusammenarbeit mit dem Rat auf integrierte und abgestimmte Weise die Maßnahmen, die sich aus der Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen" ergeben, im Rahmen des Arbeitsprogramms zur Umsetzung der Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung, der anderen Gemeinschaftsinstrumente im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung und der Europäischen Beschäftigungsstrategie zu fördern und zu koordinieren;

2. Qualitätsanreize zu schaffen und sich für den Austausch bewährter Praktiken einzusetzen, um eine effiziente Leistung in allen Sektoren, in denen formales, nicht formales und informelles Lernen stattfindet, unter anderem auch dadurch zu fördern, dass eine europäische Datenbank über bewährte Praktiken im Bereich des lebensbegleitenden Lernens geschaffen wird;

3. in enger Zusammenarbeit mit dem Rat und den Mitgliedstaaten eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich der allgemeinen und beruflichen Ausbildung auf der Grundlage der Transparenz und Qualitätssicherung zu fördern, damit ein Rahmen für die Anerkennung von Qualifikationen entwickelt werden kann, wobei die Ergebnisse des Bologna-Prozesses als Grundlage dienen und vergleichbare Maßnahmen auf dem Gebiet der beruflichen Bildung angestrebt werden sollten. Bei dieser Zusammenarbeit sollte für eine aktive Beteiligung der Sozialpartner, der Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung und der übrigen relevanten Interessengruppen gesorgt werden;

4. Informations- und Beratungsmaßnahmen für bestimmte Zielgruppen zu fördern, die dazu führen sollen, dass Lern- und Arbeitschancen in ganz Europa besser wahrgenommen werden;

5. die Beteiligung der Bewerberländer an der Ausarbeitung von Strategien im Bereich des lebensbegleitenden Lernens zu fördern;

6. die Zusammenarbeit mit einschlägigen internationalen Organisationen wie z. B. dem Europarat, der OECD und der Unesco bei der Ausarbeitung von Politiken und konkreten Maßnahmen im Bereich des lebensbegleitenden Lernens zu verstärken;

7. vor der Tagung des Europäischen Rates im Frühjahr 2004 in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten einen Sachstandsbericht über die Umsetzung ihrer Mitteilung und dieser Entschließung auszuarbeiten;

ERSUCHT die Mitgliedstaaten und die Kommission, konkrete Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entschließung vorzuschlagen, wobei die Zusammenarbeit aller Hauptakteure im Rahmen des Vertrags zu fördern ist.

(1) ABl. C 7 vom 10.1.1997, S. 6.

(2) ABl. C 119 vom 22.5.2002, S. 6.

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