32001L0084

Richtlinie 2001/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 über das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerks

Amtsblatt Nr. L 272 vom 13/10/2001 S. 0032 - 0036


Richtlinie 2001/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

vom 27. September 2001

über das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerks

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(3), aufgrund des vom Vermittlungsausschuss am 6. Juni 2001 gebilligten gemeinsamen Entwurfs,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Im Bereich des Urheberrechts ist das Folgerecht das unabtretbare und unveräußerliche Recht des Urhebers des Originals eines Werks der bildenden Künste auf wirtschaftliche Beteiligung am Erlös aus jeder Weiterveräußerung des betreffenden Werks.

(2) Das Folgerecht ist seinem Wesen nach ein vermögenswertes Recht, das dem Urheber/Künstler die Möglichkeit gibt, für jede Weiterveräußerung seines Werks eine Vergütung zu erhalten. Gegenstand des Folgerechts ist das materielle Werkstück, d. h. der Träger, der das geschützte Werk verkörpert.

(3) Das Folgerecht soll den Urhebern von Werken der bildenden Künste eine wirtschaftliche Beteiligung am Erfolg ihrer Werke garantieren. Auf diese Weise soll ein Ausgleich zwischen der wirtschaftlichen Situation der bildenden Künstler und der Situation der anderen Kunstschaffenden hergestellt werden, die aus der fortgesetzten Verwertung ihrer Werke Einnahmen erzielen.

(4) Das Folgerecht ist Bestandteil des Urheberrechts und stellt ein wesentliches Vorrecht der Urheber dar. Um den Urhebern ein angemessenes und einheitliches Schutzniveau zu gewährleisten, ist die Einführung des Folgerechts in allen Mitgliedstaaten notwendig.

(5) Die Gemeinschaft ist nach Artikel 151 Absatz 4 des Vertrags gehalten, bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen des Vertrages den kulturellen Aspekten Rechnung zu tragen.

(6) Nach der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst kann das Folgerecht nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Heimatstaat des Urhebers dieses Recht anerkennt. Das Folgerecht ist demnach fakultativ und durch die Gegenseitigkeitsregel beschränkt. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zur Anwendung des Diskriminierungsverbots gemäß Artikel 12 des Vertrags, insbesondere dem Urteil vom 20. Oktober 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-92/92 und C-326/92, Phil Collins und andere(4), folgt, dass einzelstaatliche Bestimmungen, die Gegenseitigkeitsklauseln enthalten, nicht geltend gemacht werden dürfen, um den Angehörigen anderer Mitgliedstaaten die Inländerbehandlung vorzuenthalten. Die Anwendung solcher Klauseln im Gemeinschaftskontext steht im Widerspruch zu dem Gleichbehandlungsgebot, das sich aus dem Verbot jeder Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ergibt.

(7) Bedingt durch den Prozess der Globalisierung des Marktes der modernen und zeitgenössischen Kunst der Gemeinschaft, der zurzeit durch die Auswirkungen der neuen Wirtschaft beschleunigt wird, und angesichts einer Rechtslage, wonach nur wenige Staaten außerhalb der Europäischen Union das Folgerecht anerkennen, ist es wesentlich, dass die Europäische Gemeinschaft auf außenpolitischer Ebene Verhandlungen einleitet, um Artikel 14 ter der Berner Übereinkunft zu einer zwingenden Vorschrift zu machen.

(8) Angesichts eben dieser Realität des internationalen Marktes und der Tatsache, dass das Folgerecht in diversen Mitgliedstaaten überhaupt nicht existiert und die einzelstaatlichen Regelungen, in denen dieses Recht anerkannt wird, sehr unterschiedlich sind, ist es wesentlich, sowohl hinsichtlich des Inkrafttretens als auch in Bezug auf die inhaltliche Regelung dieses Rechts Übergangsbestimmungen einzuführen, durch die die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Marktes gewahrt bleibt.

(9) Das Folgerecht ist derzeit in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der meisten Mitgliedstaaten vorgesehen. Diese Rechtsvorschriften weisen - soweit sie bestehen - Unterschiede insbesondere in Bezug auf die erfassten Werke, die Anspruchsberechtigten, die Höhe des Satzes, die diesem Recht unterliegenden Transaktionen und die Berechnungsgrundlage auf. Die Anwendung oder Nichtanwendung eines solchen Rechts hat insofern erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt, als das Bestehen oder Nichtbestehen einer aus dem Folgerecht resultierenden Abführungspflicht ein Aspekt ist, der von jeder an dem Verkauf eines Kunstwerks interessierten Person in Betracht zu ziehen ist. Daher ist dieses Recht einer der Faktoren, die zu Wettbewerbsverzerrungen und Handelsverlagerungen in der Gemeinschaft beitragen.

(10) Diese Unterschiede hinsichtlich des Bestehens des Folgerechts und seiner Anwendung durch die Mitgliedstaaten haben unmittelbare negative Auswirkungen auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts im Sinne von Artikel 14 des Vertrags, soweit er Kunstwerke betrifft. Artikel 95 des Vertrags ist daher die geeignete Rechtsgrundlage.

(11) Zu den im Vertrag verankerten Zielen der Gemeinschaft gehören die Schaffung der Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker, die Herstellung engerer Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Sicherung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts durch gemeinsames Handeln, das die Europa trennenden Schranken beseitigt. Zur Verwirklichung dieser Ziele sieht der Vertrag die Errichtung eines Binnenmarkts vor, in dem die Hindernisse für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie für die Niederlassungsfreiheit beseitigt sind, und die Schaffung eines Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt. Die Harmonisierung der Bestimmungen der Mitgliedstaaten zum Folgerecht trägt zur Verwirklichung dieser Ziele bei.

(12) Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage(5) sieht die schrittweise Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung u. a. für die Besteuerung von Kunstgegenständen vor. Steuerliche Maßnahmen allein reichen jedoch nicht aus, um das reibungslose Funktionieren des Kunstmarkts zu gewährleisten. Erreicht werden kann dies nur mit Hilfe einer Harmonisierung des Folgerechts.

(13) Bestehende rechtliche Unterschiede sollten beseitigt werden, soweit sie den Binnenmarkt in seiner Funktion beeinträchtigen, und es sollte verhindert werden, dass neue Unterschiede auftreten. Unterschiede hingegen, die sich voraussichtlich nicht nachteilig auf den Binnenmarkt auswirken, können bestehen bleiben bzw. müssen nicht verhindert werden.

(14) Eine Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes sind Wettbewerbsbedingungen, die keine Verzerrungen aufweisen. Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsvorschriften zum Folgerecht lassen Wettbewerbsverzerrungen und Handelsverlagerungen in der Gemeinschaft entstehen und führen - je nachdem, wo die Werke verkauft werden - zu einer Ungleichbehandlung der Künstler. Die zur Prüfung stehende Frage weist somit transnationale Aspekte auf, die sich durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht befriedigend regeln lassen. Eine Untätigkeit der Gemeinschaft wäre unvereinbar mit dem Gebot des Vertrags, Wettbewerbsverzerrungen und Ungleichbehandlung entgegenzuwirken.

(15) In Anbetracht des Ausmaßes der Unterschiede zwischen den nationalen Bestimmungen ist es daher erforderlich, Harmonisierungsmaßnahmen zu erlassen, um Disparitäten zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den Bereichen zu beheben, in denen diese Disparitäten die Schaffung oder die Aufrechterhaltung von Wettbewerbsverzerrungen zur Folge haben könnten. Eine Harmonisierung sämtlicher Bestimmungen der Mitgliedstaaten zum Folgerecht erscheint jedoch nicht erforderlich; damit so viel Spielraum wie möglich für einzelstaatliche Entscheidungen bleibt, genügt es, nur diejenigen einzelstaatlichen Vorschriften zu harmonisieren, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken.

(16) Diese Richtlinie entspricht daher in ihrer Gesamtheit dem Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip nach Artikel 5 des Vertrags.

(17) Gemäß der Richtlinie 93/98/EWG des Rates vom 29. Oktober 1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte(6) erstreckt sich der Schutz des Urheberrechts auf einen Zeitraum von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers. Es empfiehlt sich, die gleiche Dauer für das Folgerecht vorzusehen. Folglich erstreckt sich der Anwendungsbereich des Folgerechts nur auf Originale moderner und zeitgenössischer Kunstwerke. Damit jedoch die Mitgliedstaaten, die zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie ein Folgerecht zugunsten von Künstlern nicht anwenden, dieses Recht in ihre jeweiligen Rechtsordnungen übernehmen können und damit es ferner den Wirtschaftsteilnehmern in den betreffenden Mitgliedstaaten ermöglicht wird, sich schrittweise unter Wahrung ihrer wirtschaftlichen Rentabilität an das Folgerecht anzupassen, sollte den betreffenden Mitgliedstaaten ein begrenzter Übergangszeitraum eingeräumt werden, während dessen sie sich dafür entscheiden können, das Folgerecht zugunsten der nach dem Tode des Künstlers anspruchsberechtigten Rechtsnachfolger nicht anzuwenden.

(18) Der Folgerechtsanspruch sollte bei allen Weiterveräußerungen mit Ausnahme der Weiterveräußerungen zwischen Privatpersonen ohne Beteiligung eines Vertreters des Kunstmarkts entstehen. Dieser Folgerechtsanspruch sollte sich nicht auf Weiterveräußerungen durch Privatpersonen an Museen, die nicht auf Gewinn ausgerichtet und der Öffentlichkeit zugänglich sind, erstrecken. Im Hinblick auf die besondere Situation von Kunstgalerien, die Werke unmittelbar von ihren Urhebern erwerben, sollte den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt werden, die Weiterveräußerung solcher Werke vom Folgerecht auszunehmen, wenn sie binnen drei Jahren, vom Erwerb an gerechnet, erfolgt. Durch Begrenzung dieser Ausnahme auf Weiterveräußerungen, bei denen der Verkaufspreis 10000 EUR nicht übersteigt, sollte auch den Interessen der Künstler Rechnung getragen werden.

(19) Es sollte klargestellt werden, dass sich die durch diese Richtlinie bewirkte Harmonisierung nicht auf die Originalhandschriften von Schriftstellern und Komponisten erstreckt.

(20) Anhand der Erfahrungen, die mit dem Folgerecht auf nationaler Ebene gesammelt wurden, sollte eine tragfähige Regelung eingeführt werden. Die Folgerechtsvergütung sollte als prozentuale Beteiligung am Verkaufspreis und nicht am Mehrerlös, den das Kunstwerk durch eine etwaige Wertsteigerung erzielt, berechnet werden.

(21) Die Werkgattungen, die dem Folgerecht unterliegen, sollten harmonisiert werden.

(22) Der Verzicht auf die Geltendmachung des Folgerechts unterhalb des Mindestbetrags kann dazu beitragen, Erhebungs- und Verwaltungskosten zu vermeiden, die im Verhältnis zum Gewinn des Künstlers unverhältnismäßig sind. Den Mitgliedstaaten sollte jedoch nach dem Subsidiaritätsprinzip die Möglichkeit gegeben werden, unter dem gemeinschaftlichen Mindestbetrag liegende nationale Mindestbeträge festzusetzen, um unbekannte Künstler zu fördern. Diese Ausnahmeregelung dürfte sich aufgrund der niedrigen Beträge nicht nennenswert auf das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts auswirken.

(23) Die Höhe der Folgerechtssätze in den einzelnen Mitgliedstaaten ist derzeit sehr unterschiedlich. Um die Leistungsfähigkeit des Binnenmarkts im Bereich moderner und zeitgenössischer Kunstwerke zu gewährleisten, müssen die Sätze so weit wie möglich vereinheitlicht werden.

(24) In dem Bemühen um einen Ausgleich der verschiedenen Interessen auf dem Markt für Originale von Kunstwerken empfiehlt es sich, ein System mit degressiven Sätzen für bestimmte Preisspannen festzulegen. Die Gefahr einer Handelsverlagerung und Umgehung der gemeinschaftlichen Bestimmungen zum Folgerecht muss verringert werden.

(25) Die Folgerechtsvergütung sollte grundsätzlich vom Veräußerer abzuführen sein. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, in Bezug auf die Haftung für die Zahlung der Folgerechtsvergütung Ausnahmen von diesem Grundsatz vorzusehen. Veräußerer sind die Personen oder Unternehmen, in deren Namen die Veräußerung erfolgt.

(26) Es sollte die Möglichkeit einer regelmäßigen Anpassung des Mindestbetrags und der Sätze vorgesehen werden. Zu diesem Zweck sollte die Kommission beauftragt werden, regelmäßig über die tatsächliche Anwendung des Folgerechts in den Mitgliedstaaten sowie über dessen Folgen für den Kunstmarkt in der Gemeinschaft zu berichten und gegebenenfalls Vorschläge zur Änderung der vorliegenden Richtlinie vorzulegen.

(27) Es erscheint angezeigt, unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips den Kreis der Personen zu bestimmen, denen die Folgerechtsvergütung zusteht. Das Erbrecht der Mitgliedstaaten sollte von dieser Richtlinie unberührt bleiben. Die Rechtsnachfolger des Urhebers müssen jedoch, zumindest nach Ablauf des oben genannten Übergangszeitraums, das Folgerecht nach dem Tod des Urhebers in vollem Umfang in Anspruch nehmen können.

(28) Es ist Sache der Mitgliedstaaten, die Ausübung des Folgerechts, insbesondere die Modalitäten für die Wahrnehmung des Folgerechts zu regeln. Die Wahrnehmung des Folgerechts durch eine Verwertungsgesellschaft ist nur eine der möglichen Wahrnehmungsformen. Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass Verwertungsgesellschaften transparent und effizient arbeiten. Die Mitgliedstaaten müssen auch dafür sorgen, dass die Vergütungen für Urheber aus anderen Mitgliedstaaten tatsächlich eingezogen und verteilt werden. In den Mitgliedstaaten bestehende Regelungen und Vereinbarungen für die Einziehung und Verteilung werden durch diese Richtlinie nicht berührt.

(29) Das Folgerecht sollte den Angehörigen der Gemeinschaft sowie Urhebern aus Drittländern vorbehalten werden, die den Urhebern aus den Mitgliedstaaten einen solchen Schutz gewähren. Einem Mitgliedstaat sollte es möglich sein, dieses Recht auf Urheber aus Drittländern mit gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat zu erstrecken.

(30) Für die Kontrolle der Weiterveräußerungen sind geeignete Verfahren einzurichten, die in der Praxis gewährleisten, dass das Folgerecht in den Mitgliedstaaten tatsächlich angewandt wird. Hierzu zählt auch das Recht des Urhebers oder seines Bevollmächtigten, alle notwendigen Auskünfte bei der abführungspflichtigen natürlichen oder juristischen Person einzuholen. Die Mitgliedstaaten, die eine Wahrnehmung des Folgerechts durch eine Verwertungsgesellschaft vorsehen, können auch vorsehen, dass nur die zuständigen Verwertungsgesellschaften ein Auskunftsrecht haben -

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1

Gegenstand des Folgerechts

(1) Die Mitgliedstaaten sehen zugunsten des Urhebers des Originals eines Kunstwerks ein Folgerecht vor, das als unveräußerliches Recht konzipiert ist, auf das der Urheber auch im Voraus nicht verzichten kann; dieses Recht gewährt einen Anspruch auf Beteiligung am Verkaufspreis aus jeder Weiterveräußerung nach der ersten Veräußerung durch den Urheber.

(2) Das Recht nach Absatz 1 gilt für alle Weiterveräußerungen, an denen Vertreter des Kunstmarkts wie Auktionshäuser, Kunstgalerien und allgemein Kunsthändler als Verkäufer, Käufer oder Vermittler beteiligt sind.

(3) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass das Recht nach Absatz 1 auf Weiterveräußerungen nicht anzuwenden ist, wenn der Veräußerer das Werk weniger als drei Jahre vor der betreffenden Weiterveräußerung unmittelbar beim Urheber erworben hat und wenn der bei der Weiterveräußerung erzielte Preis 10000 EUR nicht übersteigt.

(4) Die Folgerechtsvergütung wird vom Veräußerer abgeführt. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass eine - vom Veräußerer verschiedene - natürliche oder juristische Person nach Absatz 2 allein oder gemeinsam mit dem Veräußerer für die Zahlung der Folgerechtsvergütung haftet.

Artikel 2

Unter das Folgerecht fallende Kunstwerke

(1) Als "Originale von Kunstwerken" im Sinne dieser Richtlinie gelten Werke der bildenden Künste wie Bilder, Collagen, Gemälde, Zeichnungen, Stiche, Bilddrucke, Lithographien, Plastiken, Tapisserien, Keramiken, Glasobjekte und Lichtbildwerke, soweit sie vom Künstler selbst geschaffen worden sind oder es sich um Exemplare handelt, die als Originale von Kunstwerken angesehen werden.

(2) Exemplare von unter diese Richtlinie fallenden Kunstwerken, die vom Künstler selbst oder unter seiner Leitung in begrenzter Auflage hergestellt wurden, gelten im Sinne dieser Richtlinie als Originale von Kunstwerken. Derartige Exemplare müssen in der Regel nummeriert, signiert oder vom Künstler auf andere Weise ordnungsgemäß autorisiert sein.

KAPITEL II

BESONDERE BESTIMMUNGEN

Artikel 3

Mindestbetrag

(1) Die Mitgliedstaaten setzen einen Mindestverkaufspreis fest, ab dem die Veräußerungen im Sinne des Artikels 1 dem Folgerecht unterliegen.

(2) Dieser Mindestverkaufspreis darf 3000 EUR in keinem Fall überschreiten.

Artikel 4

Sätze

(1) Die Folgerechtsvergütung nach Artikel 1 beträgt:

a) 4 % für die Tranche des Verkaufspreises bis zu 50000 EUR,

b) 3 % für die Tranche des Verkaufspreises von 50000,01 bis 200000 EUR,

c) 1 % für die Tranche des Verkaufspreises von 200000,01 bis 350000 EUR,

d) 0,5 % für die Tranche des Verkaufspreises von 350000,01 bis 500000 EUR,

e) 0,25 % für die Tranche des Verkaufspreises über 500000 EUR.

Der Gesamtbetrag der Folgerechtsvergütung darf jedoch 12500 EUR nicht übersteigen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten einen Satz von 5 % auf die Tranche des Verkaufspreises nach Absatz 1 Buchstabe a) anwenden.

(3) Setzt ein Mitgliedstaat einen niedrigeren Mindestverkaufspreis als 3000 EUR fest, so bestimmt er auch den Satz, der für die Tranche des Verkaufspreises bis zu 3000 EUR gilt; dieser Satz darf nicht unter 4 % liegen.

Artikel 5

Berechnungsgrundlage

Als Verkaufspreis im Sinne der Artikel 3 und 4 gilt der Verkaufspreis ohne Steuern.

Artikel 6

Anspruchsberechtigte

(1) Die Folgerechtsvergütung nach Artikel 1 ist an den Urheber des Werks und, vorbehaltlich des Artikels 8 Absatz 2, nach seinem Tod an seine Rechtsnachfolger zu zahlen.

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die Wahrnehmung des Folgerechts nach Artikel 1 obligatorisch oder fakultativ einer Verwertungsgesellschaft übertragen wird.

Artikel 7

Anspruchsberechtigte aus Drittländern

(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass Urheber, die Staatsangehörige von Drittländern sind, und - vorbehaltlich des Artikels 8 Absatz 2 - deren Rechtsnachfolger das Folgerecht gemäß dieser Richtlinie und den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats nur dann in Anspruch nehmen können, wenn die Rechtsvorschriften des Landes, dessen Staatsangehörigkeit der Urheber oder sein Rechtsnachfolger hat, den Schutz des Folgerechts für Urheber aus den Mitgliedstaaten und deren Rechtsnachfolger in diesem Land anerkennen.

(2) Auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten gemachten Angaben veröffentlicht die Kommission so bald wie möglich ein als Hinweis dienendes Verzeichnis der Drittländer, die die Bedingung nach Absatz 1 erfuellen. Dieses Verzeichnis wird laufend aktualisiert.

(3) Ein Mitgliedstaat kann Urheber, die nicht Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind, ihren gewöhnlichen Aufenthalt jedoch in diesem Mitgliedstaat haben, für die Zwecke des Folgerechtsschutzes genauso behandeln wie seine eigenen Staatsangehörigen.

Artikel 8

Schutzdauer des Folgerechts

(1) Die Schutzdauer des Folgerechts entspricht der in Artikel 1 der Richtlinie 93/98/EWG vorgesehenen Schutzdauer.

(2) Abweichend von Absatz 1 brauchen die Mitgliedstaaten, die das Folgerecht am [Zeitpunkt des Inkrafttretens nach Artikel 13] nicht anwenden, während eines Zeitraums, der spätestens am 1. Januar 2010 abläuft, ein Folgerecht zugunsten der nach dem Tod des Künstlers anspruchsberechtigten Rechtsnachfolger nicht anzuwenden.

(3) Ein Mitgliedstaat, auf den Absatz 2 Anwendung findet, verfügt erforderlichenfalls über einen zusätzlichen Zeitraum von höchstens zwei Jahren, um die Wirtschaftsteilnehmer in diesem Mitgliedstaat in die Lage zu versetzen, sich unter Wahrung ihrer wirtschaftlichen Lebensfähigkeit allmählich an das Folgerechtssystem anzupassen, bevor dieses Recht zugunsten der nach dem Tod des Künstlers anspruchsberechtigten Rechtsnachfolger angewandt werden muss. Spätestens zwölf Monate vor dem Ende des in Absatz 2 genannten Zeitraums unterrichtet der betreffende Mitgliedstaat die Kommission hierüber unter Angabe der Gründe, so dass die Kommission nach entsprechenden Konsultationen innerhalb von drei Monaten nach dieser Unterrichtung eine Stellungnahme abgeben kann. Falls der Mitgliedstaat der Stellungnahme der Kommission nicht folgt, unterrichtet er die Kommission innerhalb eines Monats hiervon und rechtfertigt seine Entscheidung. Die Unterrichtung und die Rechtfertigung des Mitgliedstaats sowie die Stellungnahme der Kommission werden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht und dem Europäischen Parlament übermittelt.

(4) Kommt es innerhalb der in Artikel 8 Absätze 2 und 3 genannten Zeiträume zu einem erfolgreichen Abschluss von internationalen Verhandlungen zur Ausweitung des Folgerechts auf internationaler Ebene, so legt die Kommission geeignete Vorschläge vor.

Artikel 9

Auskunftsrecht

Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die Anspruchsberechtigten nach Artikel 6 in einem Zeitraum von drei Jahren nach dem Zeitpunkt der Weiterveräußerung von jedem Vertreter des Kunstmarkts nach Artikel 1 Absatz 2 alle Auskünfte einholen können, die für die Sicherung der Zahlung der Folgerechtsvergütung aus dieser Weiterveräußerung erforderlich sein können.

KAPITEL III

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 10

Zeitliche Anwendbarkeit

Diese Richtlinie gilt für alle Originale von Kunstwerken im Sinne des Artikels 2, die am 1. Januar 2006 noch durch die Urheberrechtsbestimmungen der Mitgliedstaaten geschützt sind oder die Kriterien für einen Schutz nach dieser Richtlinie zu diesem Zeitpunkt erfuellen.

Artikel 11

Anpassungsklausel

(1) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss spätestens bis 1. Januar 2009 und danach alle vier Jahre einen Bericht über die Durchführung und die Auswirkungen dieser Richtlinie vor, wobei besonders auf die Wettbewerbsfähigkeit des Marktes für moderne und zeitgenössische Kunst in der Gemeinschaft einzugehen ist, vor allem auf die Position der Gemeinschaft gegenüber den einschlägigen Märkten, die ein Folgerecht nicht anwenden, und auf die Förderung des künstlerischen Schaffens sowie auf die Verwaltungsmodalitäten der Mitgliedstaaten. In dem Bericht sind insbesondere die Auswirkungen auf den Binnenmarkt und die Folgen der Einführung des Folgerechts in den Mitgliedstaaten zu prüfen, die vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie ein Folgerecht nicht angewandt haben. Die Kommission legt gegebenenfalls Vorschläge für eine Anpassung des Mindestbetrags und der Folgerechtssätze an die Entwicklung des Sektors, Vorschläge bezüglich des in Artikel 4 Absatz 1 genannten Hoechstbetrags sowie weitere Vorschläge vor, die sie für notwendig hält, um die Richtlinie in ihrer Wirkung zu verbessern.

(2) Hiermit wird ein Kontaktausschuss eingerichtet. Dieser Ausschuss setzt sich aus Vertretern der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusammen. In ihm führt ein Vertreter der Kommission den Vorsitz, und er tritt entweder auf dessen Initiative oder auf Antrag der Delegation eines Mitgliedstaats zusammen.

(3) Der Ausschuss hat folgende Aufgaben:

- Durchführung von Konsultationen zu allen sich aus der Anwendung dieser Richtlinie ergebenden Fragen,

- Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten über relevante Entwicklungen des Kunstmarkts in der Gemeinschaft.

Artikel 12

Umsetzung der Richtlinie

(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie vor dem 1. Januar 2006 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 13

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Artikel 14

Adressaten

Diese Richtlinie ist an alle Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 27. September 2001.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

N. Fontaine

Im Namen des Rates

Der Präsident

C. Picqué

(1) ABl. C 178 vom 21.6.1996, S. 16, und ABl. C 125 vom 23.4.1998, S. 8.

(2) ABl. C 75 vom 10.3.1997, S. 17.

(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 9. April 1997 (ABl. C 132 vom 28.4.1997, S. 88), bestätigt am 27. Oktober 1999, Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 19. Juni 2000 (ABl. C 300 vom 20.10.2000, S. 1) und Beschluss des Europäischen Parlaments vom 13. Dezember 2000 (ABl. C 232 vom 17.8.2001, S. 173). Beschluss des Europäischen Parlaments vom 3. Juli 2001 und Beschluss des Rates vom 19. Juli 2001.

(4) Slg. 1993, I-5145.

(5) ABl. L 145 vom 13.6.1977, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 1999/85/EG (ABl. L 277 vom 28.10.1999, S. 34).

(6) ABl. L 290 vom 24.11.1993, S. 9.