31998L0056

Richtlinie 98/56/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial von Zierpflanzen

Amtsblatt Nr. L 226 vom 13/08/1998 S. 0016 - 0023


RICHTLINIE 98/56/EG DES RATES vom 20. Juli 1998 über das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial von Zierpflanzen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 43,

auf Vorschlag der Kommission (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Der Zierpflanzenbau spielt in der Landwirtschaft der Gemeinschaft eine wichtige Rolle.

(2) Befriedigende Ergebnisse im Zierpflanzenbau hängen weitgehend von Qualität und Gesundheit des Vermehrungsmaterials von Zierpflanzen ab.

(3) Auf Gemeinschaftsebene harmonisierte Anforderungen werden gewährleisten, daß die Abnehmer gemeinschaftsweit mit gesundem und hochwertigem Vermehrungsmaterial versorgt werden.

(4) Im Hinblick auf die Pflanzengesundheit müssen derart harmonisierte Anforderungen mit der Richtlinie 77/93/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse (4) im Einklang stehen.

(5) Es sollten Gemeinschaftsvorschriften für alle Zierpflanzengattungen und -arten in der Gemeinschaft festgelegt werden mit Ausnahme derjenigen, die unter die Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (5) fallen.

(6) Unbeschadet der Pflanzenschutzvorschriften aufgrund der Richtlinie 77/93/EWG sollten auf Vermehrungsmaterial, das für die Ausfuhr in Drittländer bestimmt ist, die einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften über die Vermarktung nicht angewandt werden, da dort andere Vorschriften gelten können als die dieser Richtlinie.

(7) Zur Festlegung von Pflanzenschutz- und Qualitätsvorschriften für die einzelnen Zierpflanzengattungen und -arten sind langwierige und eingehende wissenschaftlich-technische Prüfungen erforderlich. Daher ist ein Verfahren für die Festlegung dieser Vorschriften vorzusehen.

(8) Es ist in erster Linie Aufgabe der Versorger von Vermehrungsmaterial, sicherzustellen, daß ihre Erzeugnisse den Bedingungen dieser Richtlinie genügen.

(9) Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten müssen bei der Durchführung der Überprüfungen und Inspektionen darauf achten, daß die Versorger die genannten Bedingungen erfuellen.

(10) Es sollten gemeinschaftliche Überprüfungsmaßnahmen eingeführt werden, um eine einheitliche Anwendung der in dieser Richtlinie aufgestellten Regeln in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten.

(11) Es liegt im Interesse des Abnehmers von Vermehrungsmaterial, daß die Bezeichnung der Sorte bzw. der Pflanzengruppe bekannt ist und die Identität geschützt wird.

(12) Die Besonderheiten des Zierpflanzensektors stellen einen erschwerenden Faktor dar. Daher kann das obengenannte Ziel am besten durch eine allgemeine Sortenkenntnis bzw. dadurch erreicht werden, daß eine vom Versorger erstellte und aufbewahrte Beschreibung der Sorte oder Pflanzengruppe verfügbar ist.

(13) Zur Gewährleistung der Sortenechtheit und der vorschriftsmäßigen Vermarktung von Vermehrungsmaterial müssen Gemeinschaftsvorschriften für die Trennung der Partien sowie für das Kennzeichen festgelegt werden. Die Kennzeichnung muß die für die amtliche Prüfung und die Unterrichtung des Anbauers notwendigen Angaben aufweisen.

(14) Für den Fall vorübergehender Versorgungsengpässe müssen Vorschriften für das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial vorgesehen werden, das geringere Anforderungen als die dieser Richtlinie erfuellt.

(15) Das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial aus Drittländern in der Gemeinschaft ist zu regeln; Voraussetzung dafür ist, daß diese Erzeugnisse in jeder Hinsicht gleichwertige Garantien bieten wie das Vermehrungsmaterial aus der Gemeinschaft und daß sie die Gemeinschaftsvorschriften erfuellen.

(16) Zur Harmonisierung der technischen Prüfungsverfahren der Mitgliedstaaten und zum Vergleich des erzeugten Vermehrungsmaterials aus der Gemeinschaft mit Drittlandserzeugnissen sollen Vergleichsprüfungen durchgeführt werden, damit festgestellt werden kann, ob das Vermehrungsmaterial die Vorschriften dieser Richtlinie erfuellt.

(17) Zur Erleichterung der wirksamen Durchführung dieser Richtlinie sollte die Kommission ermächtigt werden, die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung dieser Richtlinie zu erlassen. Dazu sollte ein Verfahren angewendet werden, das eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten im Rahmen eines Ständigen Ausschusses für Vermehrungsmaterial von Zierpflanzen gewährleistet.

(18) Mit der Richtlinie 91/682/EWG des Rates vom19. Dezember 1991 über das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial und Pflanzen von Zierpflanzenarten (6) wurden harmonisierte Bedingungen auf Gemeinschaftsebene festgelegt, um zu gewährleisten, daß Käufer in der ganzen Gemeinschaft Vermehrungsmaterial und Zierpflanzen erhalten, die gesund und von einwandfreier Qualität sind.

(19) Die Mitgliedstaaten sind bei der Auslegung und Umsetzung der genannten Richtlinie auf Schwierigkeiten gestoßen.

(20) Die vorgenannte Richtlinie wurde für geeignet befunden, in die SLIM-Initiative (Simpler Legislation for the Internal Market - Vereinfachung der Rechtsvorschriften im Binnenmarkt) aufgenommen zu werden, die im Mai 1996 von der Kommission eingeleitet wurde.

(21) Das SLIM-Team für Zierpflanzen gab verschiedene Empfehlungen zur Vereinfachung der genannten Richtlinie ab. Diese Empfehlungen sind in der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die SLIM-Initiative enthalten.

(22) Diese Empfehlungen betrafen die Personen, für die die Kontrollvorschriften der genannten Richtlinie gelten sollen, die Liste der unter die Richtlinie fallenden Arten, die Sortenechtheit, den Zusammenhang mit der Richtlinie 77/93/EWG und die Gleichstellung von Drittländern.

(23) Nach Erwägung dieser Empfehlungen ist es wünschenswert, einige Vorschriften der Richtlinie 91/682/EWG zu ändern. In Anbetracht der Anzahl dieser Änderungen ist die Richtlinie im Interesse der Klarheit neu zu fassen -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

TITEL I

REGELUNGSGEGENSTAND

Artikel 1

(1) Diese Richtlinie betrifft das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial von Zierpflanzen in der Gemeinschaft. Sie gilt unbeschadet der Vorschriften über den Schutz wildlebender Pflanzenarten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 338/97, der Vorschriften über Verpackungen und Verpackungsabfälle gemäß der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (7) und, sofern nicht die vorliegende Richtlinie oder eine auf ihrer Grundlage erlassene Vorschrift anderweitige Bestimmungen enthält, der Pflanzenschutzvorschriften der Richtlinie 77/93/EWG.

(2) Diese Richtlinie gilt nicht für

- Vermehrungsmaterial, das nachweislich dazu bestimmt ist, in Drittländer ausgeführt zu werden, und eindeutig als solches gekennzeichnet und hinreichend abgesondert ist,

- Vermehrungsmaterial, das nicht zur Gewinnung von Erzeugnissen für Zierzwecke bestimmt ist, sofern es unter andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften für das Inverkehrbringen von derartigem Vermehrungsmaterial fällt.

(3) Nach dem Verfahren des Artikels 17 kann beschlossen werden, daß einige oder sämtliche Anforderungen dieser Richtlinie nicht für Saatgut von besonderen Arten oder Pflanzengruppen gelten, sofern es zur Gewinnung von weiterem Vermehrungsmaterial bestimmt ist und es keine nennenswerte Verbindung zwischen der Qualität dieses Saatguts und der Qualität des daraus gewonnenen Materials gibt.

TITEL II

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 2

Im Sinne dieser Richtlinie gelten als

1. "Vermehrungsmaterial": Pflanzenmaterial, das bestimmt ist

- zur Vermehrung von Zierpflanzen oder

- zur Erzeugung von Zierpflanzen; bei Erzeugung von vollständigen (fertigen) Pflanzen gilt diese Begriffsbestimmung nur, soweit die erzeugte Zierpflanze zum weiteren Inverkehrbringen bestimmt ist;

"Vermehrung": Reproduktion auf vegetativem oder anderem Wege;

2. "Versorger": natürliche oder juristische Person, die berufsmäßig Vermehrungsmaterial in Verkehr bringt oder einführt;

3. "Inverkehrbringen": Verkauf oder Lieferung durch einen Versorger an eine andere Person. Der Verkauf umfaßt auch die Bereithaltung oder Lagerhaltung, die Ausstellung im Hinblick auf den Verkauf und das Angebot zum Verkauf;

4. "Zuständige amtliche Stelle":

a) eine vom Mitgliedstaat unter der Aufsicht der einzelstaatlichen Regierung eingesetzte oder benannte Behörde, die für Qualitätsfragen zuständig ist;

b) eine staatliche Behörde

- auf nationaler Ebene oder

- auf regionaler Ebene im Rahmen der von der Verfassung des betreffenden Mitgliedstaats vorgegebenen Grenzen unter der Aufsicht nationaler Behörden.

Die vorgenannten Stellen können im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften ihre in dieser Richtlinie genannten Aufgaben, die unter ihrer Aufsicht und Kontrolle zu erfuellen sind, juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, die im Rahmen ihrer behördlich genehmigten Satzung ausschließlich für spezifische öffentliche Aufgaben zuständig sind, übertragen, sofern die juristische Person und ihre Mitglieder am Ergebnis der von ihnen getroffenen Maßnahmen kein persönliches Interesse haben.

Darüber hinaus können nach dem Verfahren des Artikels 17 andere juristische Personen zugelassen werden, die von einer der unter Buchstabe a) genannten Stelle eingesetzt und unter deren Aufsicht und Kontrolle tätig werden, sofern diese juristischen Personen am Ergebnis der von ihnen getroffenen Maßnahmen kein persönliches Interesse haben.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welches ihre zuständigen amtlichen Stellen sind.

Die Kommission übermittelt diese Angaben den anderen Mitgliedstaaten;

5. "Partie": eine bestimmte Stückzahl ein und derselben Ware, die in bezug auf Zusammensetzung und Ursprung homogen ist.

TITEL III

ANFORDERUNGEN AN DAS VERMEHRUNGSMATERIAL

Artikel 3

(1) Versorger dürfen Vermehrungsmaterial nur dann in den Verkehr bringen, wenn es den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Vermehrungsmaterial, das

a) für Tests oder wissenschaftliche Zwecke,

b) für Zuchtzwecke oder

c) für Maßnahmen zur Erhaltung der Artenvielfalt

bestimmt ist.

(3) Nach dem Verfahren des Artikels 17 können Durchführungsvorschriften zu Absatz 2 erlassen werden.

Artikel 4

Das Vermehrungsmaterial muß gegebenenfalls den einschlägigen Pflanzenschutzvorschriften der Richtlinie 77/93/EWG genügen.

Artikel 5

(1) Unbeschadet der Bestimmungen der Artikel 1 und 4 muß das Vermehrungsmaterial beim Inverkehrbringen

- zumindest dem Augenschein nach praktisch frei sein von qualitätsmindernden Schadorganismen sowie von Anzeichen oder Symptomen eines solchen Befalls, die seinen Gebrauchswert herabsetzen;

- praktisch frei sein von Mängeln, die geeignet sind, seine Qualität als Vermehrungsmaterial zu mindern;

- eine zufriedenstellende Wuchskraft und Größe im Verhältnis zu seinem Gebrauchswert als Vermehrungsmaterial haben;

- im Falle von Saatgut über eine zufriedenstellende Keimfähigkeit verfügen;

- eine zufriedenstellende Sortenidentität und Sortenechtheit besitzen, wenn es nach Artikel 9 mit einem Hinweis auf die Sorte in Verkehr gebracht wird.

(2) Jedwedes Vermehrungsmaterial, das aufgrund sichtbarer Anzeichen oder Symptome praktisch nicht frei von Schadorganismen ist, ist in geeigneter Weise zu behandeln oder gegebenenfalls zu entfernen.

(3) Material von Zitrusfrüchten muß außerdem folgenden Anforderungen genügen:

a) Es muß von kontrolliertem Basismaterial stammen, das keine Anzeichen für einen Befall durch Viren, virusartige Organismen oder Krankheiten aufweist;

b) es muß kontrolliert und seit Beginn des letzten Vegetationszyklus praktisch frei von den genannten Viren, virusartigen Organismen oder Krankheiten sein;

c) Edelreiser sind auf Unterlagen zu pfropfen, die für Viroide nicht anfällig sind.

(4) Blumenzwiebeln müssen außerdem folgender Anforderung genügen:

- Das Vermehrungsmaterial muß unmittelbar von Material stammen, das beim Aufwuchs kontrolliert wurde und von Schadorganismen und Krankheiten sowie von Anzeichen bzw. Symptomen für einen solchen Befall praktisch frei ist.

(5) Nach dem Verfahren des Artikels 18 kann für eine bestimmte Gattung oder Art eine Tabelle mit zusätzlichen Bedingungen hinsichtlich der Qualität aufgestellt werden, der Vermehrungsmaterial beim Inverkehrbringen entsprechen muß. Eine Gattung oder Art ist nur dann in die Tabelle aufzunehmen, wenn diese zusätzlichen Vorschriften nachweislich erforderlich sind. Für eine Entscheidung über die Notwendigkeit dieser Vorschriften werden folgende Kriterien angelegt:

- Auftreten von Problemen im Zusammenhang mit der Qualität von Vermehrungsmaterial der betroffenen Art oder Gattung, die nur mit rechtlichen Mitteln zufriedenstellend gelöst werden können;

- wirtschaftliche Bedeutung des Vermehrungsmaterials der betroffenen Art oder Gattung;

- Übereinstimmung mit internationalen Standards betreffend Nicht-Quarantäneschadorganismen, die einer Regelung unterliegen.

TITEL IV

ANFORDERUNGEN AN DIE VERSORGER VON VERMEHRUNGSMATERIAL

Artikel 6

(1) Versorger, die Tätigkeiten im Rahmen dieser Richtlinie nachgehen, sind unbeschadet des Absatzes 2 amtlich zu registrieren. Für die zuständige amtliche Stelle können Versorger, die bereits gemäß der Richtlinie 77/93/EWG registriert sind, als für die Zwecke der vorliegenden Richtlinie registriert gelten. Diese Versorger müssen jedoch auch die Anforderungen der vorliegenden Richtlinie erfuellen.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Versorger, die nur an Personen vermarkten, die Zierpflanzen oder Vermehrungsmaterial nicht berufsmäßig erzeugen oder verkaufen. Diese Versorger müssen jedoch die Anforderungen der vorliegenden Richtlinie erfuellen.

Artikel 7

(1) Versorger, die Vermehrungsmaterial erzeugen,

- ermitteln und überwachen kritische Punkte im Erzeugungsprozeß, welche die Qualität des Materials beeinflussen;

- bewahren Informationen über die im ersten Gedankenstrich genannte Überwachung auf, damit sie nach einer entsprechenden Aufforderung durch die zuständige amtliche Stelle von dieser geprüft werden können;

- nehmen erforderlichenfalls Proben zwecks Analyse in einem Labor mit geeigneten Einrichtungen und einschlägiger fachlicher Kompetenz;

- stellen sicher, daß Partien von Vermehrungsmaterial während des Erzeugungsprozesses gesondert ermittelt werden können.

(2) Tritt im Betrieb eines Versorgers, der Vermehrungsmaterial erzeugt, ein Schadorganismus im Sinne der Richtlinie 77/93/EWG oder im Sinne der Maßnahmen gemäß Artikel 5 Absatz 5 auf, so unterrichtet der Versorger die zuständige amtliche Stelle von diesem Auftreten und führt die von dieser Stelle festgelegten Maßnahmen durch.

(3) Wird Vermehrungsmaterial in Verkehr gebracht, führen registrierte Versorger mindestens 12 Monate lang Buch über ihre Verkäufe.

(4) Nach dem Verfahren des Artikels 17 können Durchführungsbestimmungen zu Absatz 1 erlassen werden.

TITEL V

VERMARKTUNG UND KENNZEICHNUNG DES VERMEHRUNGSMATERIALS

Artikel 8

(1) Vermehrungsmaterial ist in Partien in Verkehr zu bringen. Vermehrungsmaterial verschiedener Partien kann jedoch in einer einzigen Warensendung in Verkehr gebracht werden, sofern der Versorger über die Zusammensetzung und den Ursprung der einzelnen Partien Buch führt.

(2) Vermehrungsmaterial muß beim Inverkehrbringen von einem Etikett oder einem anderen Dokument begleitet sein, das der Versorger erstellt.

(3) Nach dem Verfahren des Artikels 17 werden Anforderungen an das Etikett oder Dokument gemäß Absatz 2 festgelegt. Wird Vermehrungsmaterial jedoch für Personen in Verkehr gebracht, die Zierpflanzen oder Vermehrungsmaterial nicht berufsmäßig erzeugen oder verkaufen, so können die Kennzeichnungsanforderungen auf eine angemessene Produktinformation beschränkt werden. Nach demselben Verfahren können Anforderungen an die Verpackung von Vermehrungsmaterial festgelegt werden.

(4) Absatz 1 gilt nicht für Vermehrungsmaterial, das für Personen in Verkehr gebracht wird, die Zierpflanzen oder Vermehrungsmaterial nicht berufsmäßig erzeugen oder verkaufen.

Artikel 9

(1) Vermehrungsmaterial kann nur dann mit einem Hinweis auf die Sorte in Verkehr gebracht werden, wenn die betreffende Sorte

- gemäß den Vorschriften über den Schutz neuer Sorten durch ein Sortenschutzrecht geschützt ist oder

- amtlich eingetragen ist oder

- allgemein bekannt ist oder

- in einer von einem Versorger geführten Liste mit ihrer genauen Beschreibung und Bezeichnung aufgeführt ist. Diese Listen sind in den Fällen im Einklang mit international angenommenen Leitlinien zu erstellen, in denen diese Anwendung finden. Die Listen müssen auf Verlangen der zuständigen amtlichen Stelle des betreffenden Mitgliedstaats zugänglich sein.

(2) Jede Sorte muß möglichst in allen Mitgliedstaaten entsprechend den Durchführungsbestimmungen, die gemäß Artikel 17 erlassen werden können, oder, falls es keine solche gibt, entsprechend international angenommenen Leitlinien dieselbe Bezeichnung tragen.

(3) Wird Vermehrungsmaterial unter Bezugnahme auf eine Pflanzengruppe und nicht - wie in Absatz 1 vorgesehen - auf eine Sorte in Verkehr gebracht, so gibt der Versorger die Pflanzengruppe auf solche Weise an, daß eine Verwechslung mit jeglicher Sortenbezeichnung vermieden wird.

(4) Nach dem Verfahren des Artikels 17 können zusätzliche Durchführungsbestimmungen zu Absatz 1 vierter Gedankenstrich erlassen werden.

TITEL VI

WENIGER STRENGEN ANFORDERUNGEN ENTSPRECHENDES VERMEHRUNGSMATERIAL

Artikel 10

Für den Fall vorübergehender, innerhalb der Gemeinschaft nicht zu beseitigender Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Vermehrungsmaterial, das den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht, können nach dem Verfahren des Artikels 17 Vorschriften für das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial mit weniger strengen Qualitätsanforderungen erlassen werden.

TITEL VII

IN DRITTLÄNDERN ERZEUGTES VERMEHRUNGSMATERIAL

Artikel 11

(1) Nach dem Verfahren des Artikels 17 wird entschieden, ob in einem Drittland erzeugtes Vermehrungsmaterial Garantien bietet, die den Garantien, welche in der Gemeinschaft im Einklang mit dieser Richtlinie erzeugtes Vermehrungsmaterial bietet, in jeder Hinsicht gleichwertig sind.

(2) Solange keine Entscheidung nach Absatz 1 getroffen wurde, darf Vermehrungsmaterial aus Drittländern nicht eingeführt werden, es sei denn, der einführende Versorger stellt vor der Einfuhr sicher, daß das einzuführende Vermehrungsmaterial Garantien bietet, die den Garantien, welche in der Gemeinschaft im Einklang mit dieser Richtlinie erzeugtes Vermehrungsmaterial bietet, in jeder Hinsicht gleichwertig sind, und zwar insbesondere in bezug auf Qualität, Identitätsnachweis und Pflanzengesundheit.

(3) Der Einführer unterrichtet die zuständigen amtlichen Stellen über das gemäß Absatz 2 eingeführte Material; er bewahrt die Belege über seinen Vertrag mit dem Versorger in dem Drittland auf.

(4) Nach dem Verfahren des Artikels 17 können Durchführungsbestimmungen zu dem anzuwendenden Verfahren und den weiteren von den Einführern zu erfuellenden Anforderungen festgelegt werden.

TITEL VIII

KONTROLLMASSNAHMEN UND ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 12

(1) Die Mitgliedstaaten verlangen, daß die Versorger alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, daß die Anforderungen dieser Richtlinie erfuellt sind. Zu diesem Zweck sorgen die Mitgliedstaaten dafür, daß Vermehrungsmaterial

- zumindest stichprobenweise und

- zumindest in bezug auf das Inverkehrbringen an Personen, die Zierpflanzen oder Vermehrungsmaterial berufsmäßig erzeugen oder verkaufen,

amtlich auf die Einhaltung der Vorschriften überprüft wird. Die Mitgliedstaaten können auch Proben nehmen, um die Einhaltung der Vorschriften zu überprüfen. Die zuständigen amtlichen Stellen erhalten bei der Überprüfung und Überwachung zu jedem angemessenen Zeitpunkt freien Zutritt zu allen Teilen der Versorgerbetriebe.

Die Kommission wird dem Rat bis zum 31. Dezember 2002 einen Bericht über das Funktionieren der Kontrollregelung dieses Artikels zusammen mit geeigneten Vorschlägen vorlegen; diese können gegebenenfalls auch vorsehen, daß Einzelhandelsverkäufe von den Anforderungen dieser Richtlinie ausgenommen werden.

(2) Nähere Durchführungsbestimmungen zu den amtlichen Prüfungen gemäß dieser Richtlinie können nach dem Verfahren des Artikels 17 festgelegt werden.

Artikel 13

(1) Erweist es sich bei den amtlichen Überprüfungen nach Artikel 12 oder den Prüfungen nach Artikel 14, daß Vermehrungsmaterial den Anforderungen dieser Richtlinie nicht entspricht, so sorgt die zuständige amtliche Stelle dafür, daß der Versorger alle geeigneten Abhilfemaßnahmen ergreift; falls dies nicht möglich ist, verbietet sie das Inverkehrbringen derartigen Materials innerhalb der Gemeinschaft.

(2) Erweist es sich, daß Vermehrungsmaterial, das von einem Versorger in Verkehr gebracht wird, die Anforderungen dieser Richtlinie nicht erfuellt, so stellt der betreffende Mitgliedstaat sicher, daß gegen diesen Versorger entsprechend vorgegangen wird.

(3) Die Maßnahmen nach Absatz 2 werden so schnell wie möglich zurückgenommen, sobald mit hinreichender Sicherheit feststeht, daß das zur Vermarktung bestimmte Vermehrungsmaterial des betreffenden Versorgers künftig die Anforderungen und Bedingungen dieser Richtlinie erfuellt.

Artikel 14

(1) Erforderlichenfalls werden in den Mitgliedstaaten Prüfungen oder Tests an Proben durchgeführt, um festzustellen, ob Vermehrungsmaterial die Anforderungen und Bedingungen dieser Richtlinie erfuellt. Die Kommission kann die Prüfungen durch Vertreter der Mitgliedstaaten und der Kommission überwachen lassen.

(2) Erforderlichenfalls kann nach dem Verfahren des Artikels 17 beschlossen werden, zu dem gleichen Zweck wie in Absatz 1 Gemeinschaftsprüfungen oder -tests durchzuführen. Die Kommission kann die Gemeinschaftsprüfungen durch Vertreter der Mitgliedstaaten und der Kommission überwachen lassen.

(3) Die Prüfungen oder Tests nach den Absätzen 1 und 2 dienen der Harmonisierung der technischen Verfahren zur Prüfung von Vermehrungsmaterial. Berichte über den Stand der Prüfungen oder Tests werden der Kommission übermittelt und dem in Artikel 17 genannten Ausschuß vorgelegt.

(4) Die Kommission gewährleistet, daß in entsprechenden Fällen im Rahmen des in Artikel 17 genannten Ausschusses Regelungen zur Koordinierung, Durchführung und Überwachung der Prüfungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie zur Auswertung ihrer Ergebnisse getroffen werden. Bei Fragen in bezug auf Organismen, die unter die Richtlinie 77/93/EWG fallen, unterrichtet die Kommission den Ständigen Ausschuß für Pflanzenschutz; dieser ist auch zu Berichten über gemeinschaftliche Prüfungen zu hören, wenn diese Schadorganismen betreffen, die unter die Richtlinie 77/93/EWG fallen. In Drittländern erzeugtes Vermehrungsmaterial kann in diese Prüfungen einbezogen werden.

Artikel 15

Das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial, das die Anforderungen und Bedingungen dieser Richtlinie erfuellt, darf hinsichtlich der Versorger, der Qualität, des Pflanzenschutzes, der Kennzeichnung und der Verpackung keinen anderen Beschränkungen unterworfen werden, als sie in dieser Richtlinie festgelegt sind.

Artikel 16

Nach dem Verfahren des Artikels 17 kann ein Mitgliedstaat auf Antrag unter bestimmten Bedingungen ganz oder teilweise von bestimmten Verpflichtungen dieser Richtlinie hinsichtlich gewisser Typen von Vermehrungsmaterial bestimmter Gattungen oder Arten, deren Erzeugung in seinem Hoheitsgebiet wirtschaftlich von geringer Bedeutung ist, befreit werden, es sei denn, dies würde gegen Artikel 15 verstoßen.

TITEL IX

AUSSCHUSSVERFAHREN

Artikel 17

(1) Wird auf das in diesem Artikel festgelegte Verfahren Bezug genommen, so wird die Kommission durch einen Ausschuß unterstützt, nämlich den "Ständigen Ausschuß für Vermehrungsmaterial und Zierpflanzen", in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt.

(2) Der Vertreter der Kommission unterbreitet dem Ausschuß einen Entwurf der zu treffenden Maßnahmen. Der Ausschuß nimmt zu diesem Entwurf innerhalb einer Frist, die der Vorsitzende entsprechend der Dringlichkeit der Frage festsetzen kann, Stellung. Die Stellungnahme kommt mit der Mehrheit zustande, die in Artikel 148 Absatz 2 des Vertrages für die Annahme der vom Rat auf Vorschlag der Kommission zu fassenden Beschlüsse vorgesehen ist. Bei der Abstimmung im Ausschuß werden die Stimmen der Vertreter der Mitgliedstaaten gemäß dem vorgenannten Artikel gewogen. Der Vorsitzende nimmt an der Abstimmung nicht teil.

(3) a) Die Kommission erläßt Maßnahmen, die sofort gelten.

b) Entsprechen sie der Stellungnahme des Ausschusses jedoch nicht, so übermittelt die Kommission sie unverzüglich dem Rat.

In diesem Fall

- kann die Kommission die von ihr erlassenen Maßnahmen für einen Zeitraum von höchstens einem Monat ab dem Tag dieser Übermittlung aussetzen;

- kann der Rat innerhalb des im ersten Gedankenstrich genannten Zeitraums mit qualifizierter Mehrheit eine anderslautende Entscheidung treffen.

(4) Auf Antrag des Vorsitzenden oder eines Mitgliedstaats kann der Ausschuß jede Frage prüfen, die sich auf den Inhalt dieser Richtlinie bezieht.

Artikel 18

(1) Wird auf das in diesem Artikel festgelegte Verfahren Bezug genommen, so wird die Kommission durch den Ständigen Ausschuß für Vermehrungsmaterial und Zierpflanzen unterstützt, in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt.

(2) Der Vertreter der Kommission unterbreitet dem Ausschuß einen Entwurf der zu treffenden Maßnahmen. Der Ausschuß nimmt zu diesem Entwurf innerhalb einer Frist, die der Vorsitzende entsprechend der Dringlichkeit der Frage festsetzen kann, Stellung. Die Stellungnahme kommt mit der Mehrheit zustande, die in Artikel 148 Absatz 2 des Vertrages für die Annahme der vom Rat auf Vorschlag der Kommission zu fassenden Beschlüsse vorgesehen ist. Bei der Abstimmung im Ausschuß werden die Stimmen der Vertreter der Mitgliedstaaten gemäß dem vorgenannten Artikel gewogen. Der Vorsitzende nimmt an der Abstimmung nicht teil.

(3) a) Die Kommission erläßt die in Aussicht genommenen Maßnahmen, wenn sie der Stellungnahme des Ausschusses entsprechen.

b) Entsprechen die in Aussicht genommenen Maßnahmen nicht der Stellungnahme des Ausschusses oder ist keine Stellungnahme ergangen, so schlägt die Kommission dem Rat unverzüglich die zu treffenden Maßnahmen vor. Der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit.

Hat der Rat nach Ablauf einer Frist von drei Monaten, nachdem ihm der Vorschlag übermittelt worden ist, keine Maßnahmen beschlossen, so erläßt die Kommission die vorgeschlagenen Maßnahmen.

TITEL X

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 19

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie ab 1. Juli 1999 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

(2) Wenn die Mitgliedstaaten die Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(3) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 20

(1) Die Richtlinie 91/682/EWG wird mit Wirkung zum 1. Juli 1999 aufgehoben; die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Teil A des Anhangs enthaltenen Umsetzungs- und Durchführungsfrist bleiben unberührt.

(2) Verweisungen auf die aufgehobene Richtlinie 91/682/EWG gelten als Verweisungen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach der Übereinstimmungstabelle in Teil B des Anhangs zu lesen.

(3) Die gemäß der Richtlinie 91/682/EWG angenommenen Durchführungsbestimmungen finden weiterhin Anwendung, soweit sie nicht durch neue Durchführungsbestimmungen geändert oder aufgehoben werden.

Artikel 21

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 20. Juli 1998.

Im Namen des Rates

Der Präsident

W. MOLTERER

(1) ABl. C 50 vom 17. 2. 1998, S. 8.

(2) ABl. C 104 vom 6. 4. 1998, S. 40.

(3) ABl. C 157 vom 25. 5. 1998, S. 3.

(4) ABl. L 26 vom 31. 1. 1977, S. 20. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 98/2/EG der Kommission (ABl. L 15 vom 21. 1. 1998, S. 34).

(5) ABl. L 61 vom 3. 3. 1997, S. 1. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 938/97 der Kommission (ABl. L 140 vom 30. 5. 1997, S. 1).

(6) ABl. L 376 vom 31. 12. 1991, S. 21.

(7) ABl. L 365 vom 31. 12. 1994, S. 10.

ANHANG

TEIL A

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TEIL B

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