31997H0618

97/618/EG: Empfehlung der Kommission vom 29. Juli 1997 zu den wissenschaftlichen Aspekten und zur Darbietung der für Anträge auf Genehmigung des Inverkehrbringens neuartiger Lebensmittel und Lebensmittelzutaten erforderlichen Informationen sowie zur Erstellung der Berichte über die Erstprüfung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates (Text von Bedeutung für den EWR)

Amtsblatt Nr. L 253 vom 16/09/1997 S. 0001 - 0036


EMPFEHLUNG DER KOMMISSION vom 29. Juli 1997 zu den wissenschaftlichen Aspekten und zur Darbietung der für Anträge auf Genehmigung des Inverkehrbringens neuartiger Lebensmittel und Lebensmittelzutaten erforderlichen Informationen sowie zur Erstellung der Berichte über die Erstprüfung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates (Text von Bedeutung für den EWR) (97/618/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (1), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Es ist erforderlich, daß neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung im Rahmen eines Gemeinschaftsverfahrens einer einzigen Sicherheitsbewertung unterworfen werden, bevor sie in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden.

Die Empfehlungen betreffend die wissenschaftlichen Aspekte der Informationen, die für einen Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens eines neuartigen Lebensmittels oder einer neuartigen Lebensmittelzutat erforderlich sind, werden den Unternehmen die Erstellung eines solchen Antrags erleichtern. Die Empfehlungen für die Darbietung dieser Informationen sowie für die Erstellung der Berichte über die Erstprüfung durch die zuständigen Lebensmittelprüfstellen der Mitgliedstaaten werden die Beurteilung der Anträge erleichtern.

Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuß hat zu den Informationen, die für einen vorgenannten Antrag erforderlich sind, der Darbietung dieser Informationen und der Erstellung von Berichten über die Erstprüfung eines solchen Zulassungsantrags Empfehlungen ausgesprochen.

Die Erfahrung mit der Bewertung neuartiger Lebensmittel und neuartiger Lebensmittelzutaten ist noch begrenzt. Daher sind alle einschlägigen Empfehlungen ständig zu überprüfen, um neue wissenschaftliche Informationen und die Arbeiten der zuständigen internationalen Organisationen zu berücksichtigen.

Die Mitgliedstaaten wurden im Rahmen des Ständigen Lebensmittelausschusses zu dieser Empfehlung konsultiert -

EMPFIEHLT:

1. Bei der Abfassung der Anträge auf Genehmigung des Inverkehrbringens eines neuartigen Lebensmittels oder einer neuartigen Lebensmittelzutat sollten die Unternehmen die Empfehlungen gemäß dem Anhang, Teil I, zu den wissenschaftlichen Aspekten der Informationen, die für einen Antrag erforderlich sind, berücksichtigen.

2. Die Unternehmen sollten sicherstellen, daß die in Nummer 1 genannten Informationen gemäß den Empfehlungen im Anhang, Teil II, dargeboten werden.

3. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, daß die von den zuständigen Lebensmittelprüfstellen gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 erstellten Berichte über die Erstprüfung den Empfehlungen gemäß dem Anhang, Teil III, entsprechen.

Brüssel, den 29. Juli 1997

Für die Kommission

Martin BANGEMANN

Mitglied der Kommission

(1) ABl. L 43 vom 14. 2. 1997, S. 1.

ANHANG

TEIL I EMPFEHLUNGEN ZU DEN WISSENSCHAFTLICHEN ASPEKTEN DER FÜR DIE BEFÜRWORTUNG VON ANTRAEGEN AUF GENEHMIGUNG DES INVERKEHRBRINGENS NEUARTIGER LEBENSMITTEL UND LEBENSMITTELZUTATEN ERFORDERLICHEN INFORMATIONEN

INHALTSVERZEICHNIS

Seite

1. Einführung . 4

2. Kategorien der in der Verordnung (EG) Nr. 258/97 genannten neuartigen Lebensmittel und neuartigen Lebensmittelzutaten . 4

3. Die wichtigsten Fragen zur Bewertung neuartiger Lebensmittel und neuartiger Lebensmittelzutaten (NL) . 5

3.1. Allgemeine Überlegungen . 5

3.2. Genetisch veränderte Organismen (GVO) . 5

3.3. Wesentliche Gleichwertigkeit . 5

3.4. Analyse der Zusammensetzung . 6

3.5. Nahrungsaufnahme . 6

3.6. Ernährungswissenschaftliche Erwägungen zu toxikologischen Tierversuchen . 6

3.7. Toxikologische Anforderungen . 7

3.8. Auswirkungen von NL auf die menschliche Ernährung . 7

3.9. Die Verwendung neuartiger Mikroorganismen in Lebensmitteln . 7

3.10. Allergenes Potential . 8

3.11. Bewertung von Markierungsgenen . 8

4. Wissenschaftliche Klassifikation der NL für die Verträglichkeitsbewertung . 9

Kategorie 1: Reine Chemikalien oder einfache Mischungen aus nicht genetisch veränderten Quellen . 9

Kategorie 2: Komplexe NL aus nicht genetisch veränderten Quellen . 9

Kategorie 3: Genetisch veränderte Pflanzen und aus solchen hergestellte Erzeugnisse . 9

Kategorie 4: Genetisch veränderte Tiere und aus solchen hergestellte Erzeugnisse . 10

Kategorie 5: Genetisch veränderte Mikroorganismen und aus solchen hergestellte Erzeugnisse 10

Kategorie 6: Lebensmittel, die nach einem neuartigen Verfahren hergestellt wurden . 10

5. Festlegung der für die Verträglichkeitsbewertung erforderlichen Informationen . 10

I. Spezifikation der NL . 11

II. Auswirkungen des für das NL verwendeten Herstellungsverfahrens . 11

III. Frühere Erfahrungen mit dem als Quelle des neuen NL verwendeten Organismus . 11

IV. Auswirkungen der genetischen Veränderung auf die Eigenschaften des Wirtsorganismus . 12

V. Genetische Stabilität der als NL-Quelle verwendeten GVO . 13

VI. Spezifität der Expression neuartigen genetischen Materials . 13

VII. Transfer genetischen Materials von GVO . 13

Seite

VIII. Fähigkeit des GVM zum Überleben im menschlichen Darm und zu dessen Kolonisierung 13

IX. Voraussichtlicher Konsum/Ausmaß der Nutzung des NL . 13

X. Informationen über eine frühere Exposition des Menschen gegenüber dem NL oder seiner Quelle . 13

XI. Ernährungswissenschaftliche Informationen über das NL . 14

XII. Mikrobiologische Informationen über das NL . 14

XIII. Toxikologische Informationen über das NL . 14

6. Überarbeitung der Empfehlungen . 15

7. Literaturverzeichnis . 15

8. Glossar . 16

Tabelle I Zusammenhang zwischen der Klassifikation gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten und den Empfehlungen des WLA . 17

Tabelle II Index der strukturierten Bewertungsschemata für die einzelnen Kategorien neuartiger Lebensmittel und neuartiger Lebensmittelzutaten . 18

Schemata I bis XIII . 19

1. EINFÜHRUNG

Bei allen Veränderungen hinsichtlich der Art und Weise des Inverkehrbringens, der Herstellung oder Verarbeitung eines Lebensmittels bzw. bei der Verwendung neuartiger Zutaten ist sorgfältig zu prüfen, inwieweit dies Folgen für die Verbrauchersicherheit und den Nährwert hat. Es werden Informationen zu allen diese beiden Aspekte betreffenden Problemen benötigt. Fragen der Lebensmittelsicherheit im Zusammenhang mit neuartigen Lebensmitteln werden zur Zeit weltweit erörtert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und andere nationale und internationale Institutionen befassen sich mit allgemeinen und spezifischen Aspekten der Unbedenklichkeit neuartiger Lebensmittel. Es liegen verschiedene Berichte vor, in denen die diesbezüglichen Ansichten und die Entwicklungen in diesem Bereich dargelegt werden (siehe Literaturverzeichnis).

Zur Vorbereitung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten ersuchte die Kommission den Wissenschaftlichen Lebensmittelausschuß (WLA) darum, Empfehlungen zu den wissenschaftlichen Aspekten

I. der zur Befürwortung eines Antrags auf das Inverkehrbringen neuartiger Lebensmittel und neuartiger Lebensmittelzutaten erforderlichen Informationen,

II. der Vorlage solcher Informationen und

III. der Vorbereitung erster Bewertungsberichte

auszuarbeiten.

Dieser Bericht befaßt sich mit Aufgabe I.

2. KATEGORIEN DER IN DER VERORDNUNG (EG) NR. 258/97 GENANNTEN NEUARTIGEN LEBENSMITTEL UND NEUARTIGEN LEBENSMITTELZUTATEN

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (1) gilt die Verordnung für das Inverkehrbringen von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten, die bisher in der Gemeinschaft noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und die unter die nachstehenden Gruppen von Erzeugnissen fallen:

a) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die genetisch veränderte Organismen im Sinne der Richtlinie 90/220/EWG des Rates (2) enthalten oder aus solchen bestehen;

b) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die aus genetisch veränderten Organismen hergestellt werden, solche jedoch nicht enthalten;

c) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur;

d) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die aus Mikroorganismen, Pilzen oder Algen bestehen oder aus diesen isoliert worden sind;

e) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die aus Pflanzen bestehen oder aus Pflanzen isoliert worden sind, und aus Tieren isolierte Lebensmittelzutaten, außer Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten, die mit herkömmlichen Vermehrungs- oder Zuchtmethoden gewonnen wurden und die erfahrungsgemäß als unbedenkliche Lebensmittel gelten können;

f) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, bei deren Herstellung ein nicht übliches Verfahren angewandt worden ist und bei denen dieses Verfahren eine bedeutende Veränderung ihrer Zusammensetzung oder der Struktur der Lebensmittel oder der Lebensmittelzutaten bewirkt hat, was sich auf ihren Nährwert, ihren Stoffwechsel oder auf die Menge unerwünschter Stoffe im Lebensmittel auswirkt.

Die Verordnung gilt nicht für Lebensmittelzusatzstoffe, die unter die Richtlinie 89/107/EWG des Rates (3) fallen, Aromen zur Verwendung in Lebensmitteln, die unter die Richtlinie 88/388/EWG des Rates (4) fallen, oder Extraktionslösungsmittel, die bei der Herstellung von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten verwendet werden und unter die Richtlinie 88/344/EWG des Rates (5) fallen.

3. DIE WICHTIGSTEN FRAGEN ZUR BEWERTUNG NEUARTIGER LEBENSMITTEL UND NEUARTIGER LEBENSMITTELZUTATEN (NL)

3.1. Allgemeine Überlegungen

Lebensmittel sind gewöhnlich komplexe Mischungen von Makro- oder Mikrobestandteilen, die Energie und Nährstoffe liefern und zum menschlichen Wohlbefinden beitragen. Sie werden von jeher als natürliche, nützliche und notwendige Erzeugnisse betrachtet, deren Unbedenklichkeit und Nährwert außer Frage stehen. Die ordnungspolitischen Ansätze zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit sind von dieser Einstellung gekennzeichnet und konzentrieren sich auf Lebensmittelzusatzstoffe, Hilfsmittel für die Verarbeitung und Kontaminanten natürlichen oder industriellen Ursprungs. Lebensmittel wurden also bis jetzt nicht systematisch einer ernährungswissenschaftlichen oder toxikologischen Bewertung unterzogen, mit Ausnahme der seltenen Fälle, in denen akute toxische Effekte bei Menschen bekannt wurden (z. B. Solanin, Blausäureglykoside), oder in denen Tierversuche oder Erfahrungen bei Menschen auf die schädliche Wirkung von Lebensmittelrohstoffen (z. B. Sojarohmehl) hindeuteten. Das bedeutet nicht, daß keine ernährungswissenschaftlichen Einschätzungen einzelner Lebensmittel oder ganzer Ernährungsformen durchgeführt werden, sondern daß diese bisher nicht als Grundlage für die Bewertung der Sicherheit der jeweiligen Lebensmittel dienen. Andererseits dürfen Lebensmittelzusatzstoffe nur nach eingehender toxikologischer Prüfung verwendet werden.

Es ist bekannt, daß verschiedene Lebensmittel toxische Verbindungen, einschließlich Mutagene und Karzinogene, enthalten. In der Ätiologie einiger chronischer Erkrankungen des Menschen spielen ernährungsbedingte Faktoren eine Rolle. Obwohl Übereinstimmung darüber besteht, daß bestimmte für die Gesundheit nachteilige Wirkungen der Ernährung mit dem Nahrungsaufnahmemuster zusammenhängen, sind die genauen Mechanismen nicht bekannt. Es besteht die Möglichkeit, daß ein schlechter Gesundheitszustand in manchen Fällen auf die chronische Exposition gegenüber Bestandteilen herkömmlicher Lebensmittel zurückzuführen ist. Diesem Aspekt oder der möglichen Rolle, die in Lebensmitteln natürlich vorkommende, toxische Effekte modifizierende Substanzen (z. B. Antikarzinogene) spielen, wurde bis vor kurzem nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet.

Die Prüfung der Verträglichkeit von Lebensmitteln, einschließlich neuartiger Lebensmittel und neuartiger Lebensmittelzutaten (NL), stellt in vielerlei Hinsicht eine wissenschaftliche Herausforderung dar. Herkömmliche toxikologische Bewertungsmethoden sind auf Lebensmittel nicht anwendbar, da es bei diesen besondere Schwierigkeiten gibt, die bei der In-vivo- und In-vitro-Analyse von Lebensmittelzusatzstoffen und Kontaminanten nicht auftreten. So ist beispielsweise aufgrund der Tatsache, daß bei Tierfütterungsversuchen nur eine bestimmte Lebensmittelmenge verabreicht werden kann, ohne die Ernährungsbalance der betreffenden Tiere zu stören, die Anwendung herkömmlicher Sicherheitsfaktoren kein geeignetes Mittel zur Risikobewertung und -begrenzung für Erzeugnisse, die als Lebensmittel oder als wichtige Lebensmittelzutaten verwendet werden sollen. Außerdem sind traditionelle Stoffwechsel- und pharmakokinetische Untersuchungen nicht direkt auf komplexe chemische Mischungen, wie Lebensmittel, anwendbar. Die Anwendung von Mutagenitäts- und anderen In-vitro-Untersuchungen in bezug auf Lebensmittel erfordert spezielle Techniken und eine vorsichtige Interpretation der Ergebnisse.

Aus diesen Gründen sind alternative Ansätze zur Untersuchung und Bewertung der Verträglichkeit von Lebensmitteln und wichtigen Lebensmittelzutaten erforderlich. Letztendlich wird eine wirksame Strategie zur kombinierten ernährungswissenschaftlich-toxikologischen Untersuchung nach anfänglichen In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen an Tieren wenn nötig auch Versuche am Menschen einschließen.

3.2. Genetisch veränderte Organismen (GVO)

In den Richtlinien 90/219/EWG des Rates (6) und 90/220/EWG, zuletzt geändert durch die Richtlinie 94/15/EG der Kommission (7), sind die für die Sicherheit der Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen (GVM) in geschlossenen Systemen und die Sicherheit der absichtlichen Freisetzung genetisch veränderter Organismen erforderlichen Informationsanforderungen festgelegt. Die in diesen Richtlinien genannten Anforderungen sind auch für die unter die Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten fallenden GVO relevant und entsprechen dem für die Unbedenklichkeitsprüfung von NL erforderlichen grundlegenden Informationsbedarf. Die vorliegenden Empfehlungen betreffen vor allem die Aspekte, die im Zusammenhang mit Fragen der Sicherheit von für den menschlichen Verzehr bestimmten Lebensmitteln von Bedeutung sind.

3.3. Wesentliche Gleichwertigkeit

Der Begriff der "wesentlichen Gleichwertigkeit" wurde von der WHO und der OECD insbesondere in bezug auf nach modernen biotechnologischen Verfahren hergestellte Lebensmittel eingeführt. In der Sprache der OECD verkörpert dieser Begriff den Gedanken, daß bestehende Organismen, die als Lebensmittel oder als Quellen für Lebensmittel dienen, Vergleichsgrundlage sein können, wenn es darum geht, die Unbedenklichkeit von veränderten oder neuartigen Lebensmitteln bzw. Lebensmittelzutaten für den menschlichen Verzehr zu bewerten. Wenn festgestellt wird, daß ein neuartiges Lebensmittel oder ein neuartiger Lebensmittelbestandteil einem herkömmlichen Lebensmittel oder Lebensmittelbestandteil im wesentlichen gleichwertig ist, dann kann es bzw. er hinsichtlich der Unbedenklichkeit genauso behandelt werden wie das Vergleichsprodukt, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Feststellung der wesentlichen Gleichwertigkeit an sich keine Unbedenklichkeits- oder ernährungwissenschaftliche Bewertung ist, sondern ein Ansatz, um ein potentielles neuartiges Lebensmittel mit dem entsprechenden herkömmlichen Erzeugnis zu vergleichen.

Das Prinzip der wesentlichen Gleichwertigkeit kann ferner zur Bewertung von Lebensmitteln bzw. deren Bestandteilen herangezogen werden, die aus neuartigen Quellen oder Verfahren stammen. Im wesentlichen gleichwertige NL sind somit im Hinblick auf ihre Unbedenklichkeit mit den entsprechenden herkömmlichen Erzeugnissen vergleichbar. Die wesentliche Gleichwertigkeit kann entweder für ein Lebensmittel insgesamt oder für einen Lebensmittelbestandteil, der die "neue" Veränderung enthält, oder für das Lebensmittel bzw. seinen Bestandteil mit Ausnahme der "neuen" Veränderung festgestellt werden. Wurde ein NL nicht für einem herkömmlichen Lebensmittel oder Lebensmittelbestandteil im wesentlichen gleichwertig befunden, bedeutet dies nicht, daß es nicht sicher ist, sondern nur, daß ein solches NL auf der Grundlage seiner ihm eigenen Zusammensetzung und Eigenschaften zu bewerten ist.

Die Feststellung der wesentlichen Gleichwertigkeit ist ein analytisches Verfahren im Rahmen der Bewertung der relativen Verträglichkeit eines NL im Vergleich zu einem herkömmlichen Lebensmittel bzw. Lebensmittelbestandteil. Sie enthält ein dynamisches Element, da die ständige Veränderung eines Lebensmittels eine Weiterentwicklung der Vergleichsgrundlage dahin gehend erfordert, daß das jüngste neuartige Lebensmittel jeweils mit einem geeigneten Vorläufer zu vergleichen ist, und nicht notwendigerweise mit dem ursprünglichen Vergleichsprodukt.

Der Vergleich kann, in Abhängigkeit von den Erfahrungen mit dem betreffenden NL und seinen Eigenschaften, eine einfache oder sehr langwierige Aufgabe sein. Der technische Ansatz zur Feststellung der wesentlichen Gleichwertigkeit wird unterschiedlich sein, je nachdem, ob es um Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen, chemische Lebensmittelzutaten oder neuartige Verfahren geht. In diesen Empfehlungen wird an anderer Stelle in bezug auf die verschiedenen Kategorien detailliert darauf eingegangen.

3.4. Analyse der Zusammensetzung

Analytische Untersuchungen der Zusammensetzung von NL sind von erheblicher Bedeutung, nicht nur für die Feststellung der wesentlichen Gleichwertigkeit, sondern auch als Voraussetzung für ernährungswissenschaftliche und toxikologische Bewertungen. Um die Qualität und Folgerichtigkeit der Daten zu gewährleisten, müssen die angewandten Methoden vereinheitlicht und validiert werden. Die vorgelegten Analysen und Daten müssen auf einer soliden wissenschaftlichen Grundlage beruhen und den Eigenschaften des jeweiligen NL angepaßt sein. Die Untersuchungen sollten insbesondere auf die Bestimmung des Gehalts an kritischen Nährstoffen (sowohl Makro- als auch Mikronährstoffe) sowie inhärenten oder verfahrensbedingten kritischen Giftstoffen und für die Ernährung nachteiligen Faktoren gerichtet sein.

3.5. Nahrungsaufnahme

Bei Einbeziehung eines NL in die Ernährung kann sich das Nahrungsaufnahmemuster erheblich ändern, was sich auf den menschlichen Ernährungszustand auswirkt. Da solche Ereignisse nicht sicher vorhersehbar sind, sollte das Inverkehrbringen eines NL mit einem Überwachungsprogramm einhergehen. Ein solches Programm sollte Informationen über veränderte Bedingungen hinsichtlich der Verarbeitung und Zubereitung sowie über die Auswirkungen des Austauschs anderer ernährungswichtiger Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten einschließen. Ergibt die Überwachung, daß es zu Veränderungen bei diesen Faktoren kommt, die zu Zweifeln an der Verträglichkeit Anlaß geben, ist die Eignung des NL einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen.

3.6. Ernährungswissenschaftliche Erwägungen zu toxikologischen Tierversuchen

Bei der Gesamteinschätzung ist es von außerordentlich großer Bedeutung, alle negativen Wirkungen sorgfältig zu interpretieren, die bei Tierversuchen beobachtet wurden, und zwischen toxischen Wirkungen und Folgen eines Ernährungsungleichgewichts im Rahmen der Versuchsdiät zu unterscheiden. Bei der Bewertung von NL sind also ernährungswissenschaftliche und toxikologische Aspekte eng miteinander zu verknüpfen. Eine genaue Kenntnis der ernährungsrelevanten Eigenschaften des NL (z. B. Energiewert, Proteingehalt und biologische Verwertbarkeit der Mikronährstoffe) ist eine unabdingbare Voraussetzung für ein toxikologisches Versuchsprogramm. Bei der Planung von Tierfütterungsversuchen sollte als höchste Dosierung die Menge angesetzt werden, die maximal verabreicht werden kann, ohne daß ein Ernährungsungleichgewicht auftritt, während die niedrigste Dosierung dem voraussichtlichen Anteil von NL an der menschlichen Ernährung entsprechen sollte.

Wenn davon auszugehen ist, daß das Erzeugnis großen Zuspruch findet und voraussichtlich in größeren Mengen verzehrt wird, könnte die Anwendung der auf herkömmliche Weise berechneten Sicherheitsfaktoren für die Unbedenklichkeitsbewertung zu Schwierigkeiten bei der Planung der konventionellen Tierversuche führen, da die Dosierungen hoch genug sein müssen, um alle Bedenken hinsichtlich des menschlichen Verzehrs in der zu erwartenden Größenordnung auszuräumen. Zum Ausgleich dafür, daß es nicht möglich ist, angemessene Sicherheitsfaktoren anzuwenden, sind subchronische oder chronische Tierfütterungsversuche durch Absorptions- und Stoffwechseluntersuchungen an Tieren und schließlich am Menschen zu ergänzen.

Eine fallweise durchgeführte ganzheitliche wissenschaftliche Interpretation aller Daten zur Bewertung der Verträglichkeit kann eine angemessene Rechtfertigung dafür sein, daß bei der Bewertung eines NL niedrigere Sicherheitsfaktoren angesetzt werden als normalerweise üblich.

3.7. Toxikologische Anforderungen

Die toxikologischen Anforderungen an NL sind grundsätzlich fallweise zu prüfen. Zur Festlegung der erforderlichen toxikologischen Daten kommen drei Szenarien in Frage:

1. Feststellung der wesentlichen Gleichwertigkeit mit einem anerkannten herkömmlichen Lebensmittel bzw. einer herkömmlichen Lebensmittelzutat. In diesem Fall sind weitere Untersuchungen nicht erforderlich;

2. Feststellung der wesentlichen Gleichwertigkeit mit Ausnahme eines einzigen oder einiger weniger abweichender Merkmale des NL. In diesem Fall sollten bei der weiteren Unbedenklichkeitsbewertung insbesondere diese Merkmale berücksichtigt werden;

3. wenn weder die teilweise noch die vollkommene wesentliche Gleichwertigkeit festgestellt werden kann, ist die Unbedenklichkeit des NL oder Makronährstoffs mit Hilfe eines kombinierten ernährungswissenschaftlich-toxikologischen Ansatzes zu prüfen.

Kann keine wesentliche Gleichwertigkeit mit einem herkömmlichen Vergleichsprodukt festgestellt werden, dann sind bei der Verträglichkeitsprüfung nicht nur die Erkenntnisse über die Art, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften des NL zu berücksichtigen, sondern auch solche Aspekte wie die Quelle, die Zusammensetzung, die potentielle Aufnahmemenge entsprechend der vorgeschlagenen Verwendung im Rahmen der Ernährung, die potentielle Exposition besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen und die voraussichtlichen Auswirkungen der Verarbeitung. Die toxikologischen Untersuchungen müssen um so umfassender sein, je größer die voraussichtliche Exposition im Rahmen der Ernährung sein wird.

3.8. Auswirkungen von NL auf die menschliche Ernährung

Bei der Gesamtbewertung sind die Auswirkungen auf die Ernährung sowohl bei der voraussichtlichen Aufnahme üblicher (normaler) Mengen als auch bei der Aufnahme maximaler Mengen in Betracht zu ziehen. Zu diesem Zweck ist eine gründliche Auswertung der einschlägigen Literatur, der Analysen der Zusammensetzung, der Vergleiche hinsichtlich der wesentlichen Gleichwertigkeit und gegebenenfalls von Daten aus Modellversuchen an Tieren erforderlich. Wenn zu erwarten ist, daß das NL eine bedeutende Rolle für die Ernährung spielen wird, sind entsprechende Daten zur Bewertung im Hinblick auf die menschliche Ernährung erforderlich. Dabei sollte den besonderen physiologischen Eigenschaften und Stoffwechselbedingungen von Kleinkindern, Kindern, Schwangeren und stillenden Müttern, älteren Menschen sowie chronisch Erkrankten (z. B. Diabetikern und an Malabsorption leidenden Personen) Rechnung getragen werden.

Des weiteren werden Informationen über die lang- und kurzfristigen Auswirkungen des Verzehrs des NL benötigt. Diese sollten im Rahmen eines nach dem Inverkehrbringen durchgeführten Überwachungsprogramms gewonnen werden, bei dem sowohl ernährungswissenschaftliche Aspekte als auch die Unbedenklichkeit des Erzeugnisses kontrolliert werden. Zusätzlich sollten diese Effekte jedoch auch noch im Hinblick auf die Ernährungsqualität untersucht werden (z. B. die langfristigen Auswirkungen von Fettersatzstoffen auf den Umsatz fettlöslicher Vitamine).

3.9. Die Verwendung neuartiger Mikroorganismen in Lebensmitteln

Mit Hilfe von Mikroorganismen können Lebensmittel, Lebensmittelzutaten oder -zusatzstoffe hergestellt werden. Viele dieser Mikroorganismen werden seit langer Zeit zur Fermentation von Lebensmitteln eingesetzt und haben sich als unbedenklich erwiesen. Sie werden entweder in dem fermentierten Erzeugnis abgetötet oder mit diesem lebend verzehrt.

Für Mikroorganismen, die in Europa bislang nicht zur Lebensmittelherstellung eingesetzt wurden, kann es naturgemäß in Europa keine Vergleichsmöglichkeit im Hinblick auf eine wesentliche Gleichwertigkeit geben. Sie sind deshalb einer Bewertung zu unterziehen. Dafür gelten folgende Kriterien: Abgeschlossenheit (z. B. befinden sich die Mikroorganismen nur im Fermentor, verbleiben sie lebend in dem Lebensmittel oder werden sie im Verlauf des Prozesses abgetötet); mögliche Kolonisierung des Darms von Säugetieren; mögliche Toxigenität und Pathogenität bei Säugetieren; Anwendung bzw. Nichtanwendung gentechnischer Maßnahmen. Wenn genetische Veränderungen vorgenommen wurden, dann ist ein potentieller Transfer genetischen Materials des GVM, wie in Abschnitt 5 VII beschrieben, in Betracht zu ziehen.

Bei der Unbedenklichkeitsprüfung eines GVM ist der Ursprung des neu eingeführten Materials, wie z. B. Vektoren, Regulationselemente, Fremdgene einschließlich Zielgene und Markierungsgene, zu berücksichtigen. Es gibt zwei unterschiedliche Fälle:

- das homologe System (self cloning), bei dem alle beteiligten genetischen Elemente aus Ketten innerhalb ein und derselben taxonomischen Spezies abgeleitet sind;

- das heterologe System, bei dem der Spenderorganismus der genetischen Elemente einer anderen taxonomischen Spezies angehört als der Empfänger.

Generell sind die Segregations- und die horizontale Stabilität der Konstrukte von Interesse. Für selbstgeklonte Organismen ist das Konzept der wesentlichen Gleichwertigkeit wahrscheinlich in den meisten Fällen anwendbar. Bei heterologen Systemen ist sowohl die Unbedenklichkeit des Genprodukts hinsichtlich seiner Wirkung auf das betreffende Lebensmittel als auch die Wirkung des neuen Merkmals auf die Eigenschaften des Mikroorganismus im Lebensmittel und, nach der Aufnahme, im Darm zu untersuchen. Die Folgen eines horizontalen Gentransfers im Darm sollten analysiert und bewertet werden.

3.10. Allergenes Potential

Es ist zu untersuchen, inwieweit neuartige Proteine oder andere Bestandteile von NL allergische Reaktionen hervorrufen. Generell sollte die immunologische Reaktivität von gegen die herkömmlichen Vergleichserzeugnisse allergischen Individuen gegen das NL in vitro und in vivo getestet werden. Dieser Ansatz könnte ethische Fragen aufwerfen, die zu berücksichtigen sind. Wird das neuartige Protein durch Gene exprimiert, die aus einer Quelle stammen, mit der bekanntermaßen eine Lebensmittelallergie in Verbindung gebracht wird, so können Seren von gegen diese Quelle nachgewiesenermaßen allergischen Personen speziellen immunologischen Tests, z. B. dem Western Blotting oder dem Radio-Allergo-Sorbens-Test (RAST), unterzogen werden. Fallen die In-vitro-Tests negativ aus, können die betreffenden Personen In-vivo-Skin-Prick-Tests oder klinisch überwachten Doppelblind-Placebo-Tests unterzogen werden. All diese Untersuchungen sollten den entsprechenden Grundsätzen und ethischen Prinzipien der guten klinischen Praxis und der guten Laborpraxis entsprechen.

Es gibt eine Reihe von Faktoren, die als Indikatoren für die potentielle Allergenität neuartiger Proteine dienen können, z. B. die Sequenz-Epitop-Homologie mit bekannten Allergenen, die Hitzebeständigkeit, die pH-Empfindlichkeit, die Verdaubarkeit durch gastrointestinale Proteasen, nachweisbare Mengen im Plasma und das Molekulargewicht. Zusätzliche Hinweise können sich aus Ergebnissen von vor dem Inverkehrbringen am Menschen durchgeführten Versuchen und Berichten über die Sensibilisierung von Personal ergeben, das mit den Erzeugnissen in Berührung gekommen ist.

Zur Bewertung der potentiellen Allergenität von NL für den Menschen sind neue Ansätze erforderlich. Nach dem gegenwärtigen Wissensstand sollten hinsichtlich der Allergenität eines aus einer genetisch veränderten Quelle gewonnenen Lebensmittels sowohl das allergene Potential des Spender- als auch das des Empfängerorganismus berücksichtigt werden.

3.11. Bewertung von Markierungsgenen

Markierungsgene werden als "Tags" zur Kennzeichnung und Selektierung der Zellen von Pflanzen oder Mikroorganismen verwendet, die erfolgreich genetisch verändert wurden. Im Endprodukt oder im NL sollen sie normalerweise keine eigene Rolle spielen. Bei Pflanzen werden zur Zeit am häufigsten Markierungsgene verwendet, die eine Antibiotikaresistenz oder eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen Herbizide bewirken. Andere Markierungsgene machen Pflanzen unempfindlich gegen Schwermetalle oder ermöglichen eine phänotypische und biochemische Selektion. Die Anforderungen zur Bewertung der Unbedenklichkeit von Markierungsgenen sind im Grunde ähnlich wie die für alle anderen Fremdgene.

Bei der Bewertung von Markierungsgenen in Pflanzen sind zu berücksichtigen:

- das Markierungsgen selbst und das von ihm kodierte Erzeugnis;

- die Methoden zur Analyse und Quantifizierung des Markierungsgens und seiner Expressionsprodukte im Lebensmittel;

- die mit der Funktion des Markierungsgens zusammenhängenden potentiellen toxikologischen und/oder nutritiven Effekte;

- die Möglichkeit des horizontalen Gentransfers auf im Darm angesiedelte Mikroorganismen.

Die Verwendung von Markierungsgenen in Mikroorganismen, insbesondere von Genen, die Antibiotikaresistenz verleihen, ist in bezug auf den Wirtsorganismus, die von dem genetischen Konstrukt geschaffene biologische Abgeschlossenheit, die Möglichkeit der Kolonisierung des menschlichen Darms durch diese GVO sowie das Verhältnis zwischen der Wirksamkeit antimikrobieller Wirkstoffe und der erworbenen Resistenz zu bewerten.

Es wird voraussichtlich möglich sein, eine auf der Bewertung der Primärwirkung auf den Wirtsorganismus beruhende Liste zugelassener Markierungsgene zu erstellen. Ihre Nebenwirkungen auf den Wirtsorganismus werden unter anderem davon abhängen, an welcher Stelle sie in die Wirts-DNA eingefügt wurden. Ihre Bewertung sollte fallweise erfolgen, obwohl kein Grund zu der Annahme besteht, daß die Nebenwirkungen von Markierungsgenen größer sind als die anderer eingepflanzter Gene.

4. WISSENSCHAFTLICHE KLASSIFIKATION DER NL FÜR DIE VERTRAEGLICHKEITSBEWERTUNG

Der Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten umfaßt eine Vielzahl von Positionen (Siehe Abschnitt 2). Um die Unbedenklichkeits- und ernährungswissenschaftliche Bewertung zu erleichtern, wurden sie in sechs Kategorien eingeteilt. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Komplexität und der zu berücksichtigenden Probleme.

Im Rahmen der vorliegenden Empfehlungen umfaßt die Bezeichnung "Pflanzen" auch Meerespflanzen. Die Bezeichnung "Tiere" schließt Fische und Schalentiere ein, und die Bezeichnung "Mikroorganismen" steht für Bakterien, Pilze (einschließlich Hefen) und Mikroalgen (Viren und Plasmide fallen nicht unter den Geltungsbereich dieser Leitlinien).

Kategorie 1 Reine Chemikalien oder einfache Mischungen aus nicht genetisch veränderten Quellen

Diese Kategorie umfaßt Lebensmittel und Lebensmittelbestandteile, bei denen es sich um rein chemisch definierte Substanzen oder Mischungen aus solchen handelt, die nicht aus genetisch veränderten Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen gewonnen wurden. Es gibt zwei Unterkategorien:

1.1. Die Quelle des NL wurde in der Gemeinschaft bereits als Lebensmittel verwendet.

1.2. Die Quelle des NL wurde in der Gemeinschaft bisher noch nicht als Lebensmittel verwendet.

Kategorie 2 Komplexe NL aus nicht genetisch veränderten Quellen

Diese Kategorie umfaßt komplexe NL, die nicht genetisch veränderte Quellen sind oder aus solchen stammen. Dazu gehören als Lebensmittel bzw. Lebensmittelbestandteile genutzte Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen, an denen keinerlei Änderungen vorgenommen wurden (z. B. komplexe Kohlehydrate, Fette, Proteine oder alle zur Gruppe der Ballaststoffe gehörenden Substanzen). Es gibt zwei Unterkategorien:

2.1. Die Quelle des NL wurde in der Gemeinschaft bereits als Lebensmittel verwendet.

2.2. Die Quelle des NL wurde in der Gemeinschaft bisher noch nicht als Lebensmittel verwendet.

Kategorie 3 Genetisch veränderte Pflanzen und aus solchen hergestellte Erzeugnisse

Genetisch veränderte Pflanzen können direkt, ohne vorherige Verarbeitung, oder nach ihrer Verarbeitung zu Lebensmitteln oder Lebensmittelzutaten - auch unter Verwendung reiner Chemikalien - verzehrt werden. Diese Kategorie umfaßt alle Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, auf die diese Kriterien zutreffen. Es gibt zwei Unterkategorien:

3.1. Die für die genetische Veränderung verwendete Wirtspflanze wurde in der Gemeinschaft bereits unter vergleichbaren Zubereitungs- und Verzehrbedingungen als Lebensmittel oder Lebensmittelquelle eingesetzt.

3.2. Die für die genetische Veränderung verwendete Wirtspflanze wurde in der Gemeinschaft bisher noch nicht unter vergleichbaren Zubereitungs- und Verzehrbedingungen als Lebensmittel oder Lebensmittelquelle eingesetzt.

Kategorie 4 Genetisch veränderte Tiere und aus solchen hergestellte Erzeugnisse

Genetisch veränderte Tiere können direkt, ohne vorherige Verarbeitung, oder nach ihrer Verarbeitung zu Lebensmitteln oder Lebensmittelzutaten - auch unter Verwendung reiner Chemikalien - verzehrt werden. Die direkt von genetisch veränderten Tieren stammenden Erzeugnisse (z. B. Eier, Milch) können sowohl in verarbeitetem als auch in unverarbeitetem Zustand verzehrt werden. Diese Kategorie umfaßt alle Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, auf die diese Kriterien zutreffen. Es gibt zwei Unterkategorien:

4.1. Das für die genetische Veränderung verwendete Wirtstier wurde in der Gemeinschaft bereits unter vergleichbaren Zubereitungs- und Verzehrbedingungen als Lebensmittel oder Lebensmittelquelle eingesetzt.

4.2. Das für die genetische Veränderung verwendete Wirtstier wurde in der Gemeinschaft bisher noch nicht unter vergleichbaren Zubereitungs- und Verzehrbedingungen als Lebensmittel oder Lebensmittelquelle eingesetzt.

Kategorie 5 Genetisch veränderte Mikroorganismen und aus solchen hergestellte Erzeugnisse

Lebende genetisch veränderte Mikroorganismen können zur Herstellung von Lebensmitteln oder Lebensmittelzutaten verwendet werden. Diese Kategorie umfaßt alle NL, die unter Verwendung genetisch veränderter Mikroorganismen hergestellt werden, unabhängig davon, ob sie bei ihrem Verzehr noch lebende Zellen enthalten. Es gibt zwei Unterkategorien:

5.1. Der für die genetische Veränderung verwendete Wirtsmikroorganismus wurde in der Gemeinschaft bereits unter vergleichbaren Zubereitungs- und Verzehrbedingungen als Lebensmittel oder Lebensmittelquelle eingesetzt.

5.2. Der für die genetische Veränderung verwendete Wirtsmikroorganismus wurde in der Gemeinschaft bisher noch nicht unter vergleichbaren Zubereitungs- und Verzehrbedingungen als Lebensmittel oder Lebensmittelquelle eingesetzt.

Kategorie 6 Lebensmittel, die nach einem neuartigen Verfahren hergestellt wurden

Diese Kategorie umfaßt Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die einem in der Lebensmittelherstellung nicht üblichen Verfahren unterzogen wurden. Neuartige Verfahren der Lebensmittelherstellung können beispielsweise neue Arten der Wärmebehandlung, nichtthermische Konservierungsmethoden, neue Kühl- und Gefrier-, Trocknungsverfahren sowie neue, durch Enzyme katalysierte Verfahren sein. Entsprechend dem Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 258/97 wird das Erzeugnis nur dann als NL angesehen, wenn das Verfahren zu Änderungen in der chemischen Zusammensetzung oder Struktur des Lebensmittels oder der Lebensmittelzutat führt, die seinen/ihren Nährwert, Stoffwechsel oder den Anteil an unerwünschten Substanzen verändern.

In Tabelle I ist die Verbindung zwischen den beschriebenen Kategorien und der in der Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten vorgenommenen Einteilung dargestellt.

5. FESTLEGUNG DER FÜR DIE VERTRAEGLICHKEITSBEWERTUNG ERFORDERLICHEN INFORMATIONEN

In diesem Abschnitt werden strukturierte Bewertungsschemata vorgelegt, in denen die Arten von Informationen aufgelistet sind, die für die Bewertung der Unbedenklichkeit bestimmter Kategorien von NL benötigt werden. Es liegt auf der Hand, daß ein formalistischer Ansatz nicht allen NL gerecht werden kann. Sind für die Bewertung andere Informationen verfügbar oder relevant, dann sollten diese vorgelegt werden. Wird jedoch vorgeschlagen, bestimmte Informationen, die in einem der Bewertungsschemata gefordert sind, wegzulassen, dann ist dafür eine wissenschaftliche Begründung abzugeben. Die Ergebnisse aller durchgeführten, für die Unbedenklichkeitsbewertung relevanten Untersuchungen sind zur Verfügung zu stellen.

Bei der Bewertung von NL steht die Neuartigkeit an sich im Mittelpunkt des Interesses. Auf chemische oder mikrobiologische Kontaminanten in NL, die nicht speziell mit der Neuartigkeit zusammenhängen, wird in diesen Empfehlungen nicht Bezug genommen. Auch das Vorhandensein mikrobieller Toxine und mikrobieller oder viraler Krankheitserreger wird nicht berücksichtigt, sofern es nicht auf die Neuartigkeit zurückzuführen ist.

Die Festlegung der für die Bewertung wesentlichen Informationen erfolgt gemäß der in Abschnitt 4 beschriebenen Einteilung in sechs Kategorien. Nachdem ein NL einer der Kategorien oder Unterkategorien zugeordnet wurde, kann anhand der beiliegenden Tabelle II ermittelt werden, welches der Bewertungsschemata I bis XIII für die Bereitstellung der für die Unbedenklichkeits- und ernährungswissenschaftliche Bewertung erforderlichen Informationen herangezogen werden kann.

Im folgenden werden die in den einzelnen Bewertungsschemata geforderten Informationen ausführlicher erörtert.

I. Spezifikation der NL

Die Spezifikation des Ursprungs und der Zusammensetzung des NL ist erforderlich, um zu gewährleisten, daß das geprüfte/bewertete Erzeugnis identisch mit dem in Verzehr zu bringenden ist. Bei der Gestaltung der Spezifikation sollten die für die Beschreibung des Erzeugnisses im Hinblick auf seine Unbedenklichkeit und seine nutritiven Eigenschaften bedeutsamen Informationen berücksichtigt werden.

Zu den betreffenden Parametern gehören Spezies und Taxon, chemische Zusammensetzung insbesondere im Hinblick auf die nutritiven Eigenschaften sowie mögliche negative Auswirkungen für die Ernährung betreffende/toxikologische Bedenken. Die taxonomische Zuordnung ist nach belegten, international anerkannten Prinzipien vorzunehmen. Jede Abweichung davon ist zu erklären.

Es sollten Informationen über das verfügbare spezifizierte Referenzmaterial vorgelegt werden.

II. Auswirkungen des für das NL verwendeten Herstellungsverfahrens

Dieses Bewertungsschema gilt grundsätzlich für alle NL, die im Rahmen ihrer Herstellung bestimmten Verfahren unterzogen wurden. Die Beschreibung der technischen Einzelheiten ist in so detaillierter Form vorzulegen, daß sie i) eine Unterscheidung zwischen neuartigen und herkömmlichen Verfahren ermöglicht und ii) Auskunft darüber gibt, ob die potentiellen verfahrensbedingten chemischen und/oder biologischen Veränderungen des betreffenden Lebensmittels einen Einfluß auf wesentliche nutritive, toxikologische und mikrobiologische Parameter des Endprodukts haben können.

Bei der Bewertung neuer Technologien sind alle organischen oder anorganischen Rückstände oder Kontaminanten zu berücksichtigen, die von den im Rahmen des Herstellungsverfahrens verwendeten Geräten und Ausrüstungen oder chemischen, physikalischen bzw. biologischen Hilfsmitteln herrühren können. Als kritisch sind alle diejenigen Aspekte des Herstellungsverfahrens in bezug auf NL einzustufen, die gewährleisten, daß die Endprodukte des betreffenden Herstellungsverfahrens den im Bewertungsschema I vorgelegten Spezifikationen entsprechen.

Parameter, die die Hygiene betreffen, finden im Rahmen der Bewertung von NL keine Berücksichtigung, sondern fallen unter die Richtlinie 93/43/EWG des Rates (8).

Bei der Bewertung wird das nach dem betreffenden neuartigen Verfahren hergestellte Lebensmittelerzeugnis einer fallweisen Prüfung unterzogen. Das Ziel der Bewertung besteht letztendlich darin, das Verfahren im weiteren Sinne zu untersuchen, ohne dabei jede vorstellbare Kombination von Lebensmitteln und Verfahren tatsächlich prüfen und beurteilen zu müssen. Dazu ist eine umfassendere Strategie anzuwenden, bei der Vertreter der betreffenden Kategorien von Lebensmitteln, die nach dem neuen Verfahren verarbeitet wurden, entweder mit unbehandelten oder mit auf herkömmliche Weise verarbeiteten Vergleichsprodukten verglichen werden.

III. Frühere Erfahrungen mit dem als Quelle des neuen NL verwendeten Organismus

Ob für Ernährungszwecke verwendete Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen bezüglich dieser Leitlinien als neuartig einzustufen sind, hängt davon ab, inwieweit sie im europäischen Lebensmittelangebot neu sind. Wurden Spezies/Taxons von Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen gemäß den Aufzeichnungen der einzelnen Länder über die Ernährungsgewohnheiten bis jetzt in keinem der Mitgliedstaaten nachweislich für Ernährungszwecke eingesetzt, dann sind sie als neu einzustufen und im Hinblick auf die Bewertung ihrer zukünftigen Rolle im europäischen Lebensmittelangebot umfassend zu beschreiben. Dabei ist auf die frühere und gegenwärtige Verwendung der Pflanze, des Tiers oder des Mikroorganismus und der daraus hergestellten Erzeugnisse als Lebensmittel in anderen Teilen der Welt einzugehen. Die Beschreibung sollte auch Informationen zu den nachstehenden Fragen umfassen:

- frühere und gegenwärtige Methoden zur Gewinnung der Rohstoffe und Lebensmittel, z. B. Aufzucht, Ernte, Schlachtung und Fang,

- Fermentations- und Zubereitungsverfahren,

- Beschreibung der Transport- und Lagerungsbedingungen und

- traditionelle Rolle im Rahmen der Ernährung außerhalb der Gemeinschaft.

IV. Auswirkungen der genetischen Veränderung auf die Eigenschaften des Wirtsorganismus

Die anhand dieses Bewertungsschemas zu sammelnden Informationen betreffen die Auswirkungen der genetischen Veränderung auf die Eigenschaften des GVO im Vergleich zum Wirtsorganismus. Dabei wird zwischen beabsichtigten und unbeabsichtigten Auswirkungen unterschieden. Hinsichtlich der letzteren ist insbesondere darauf zu achten, inwieweit sie nutritive, toxikologische und mikrobiologische Folgen für die betreffenden Lebensmittel haben.

Genetisch veränderte Pflanzen

Die Grundsätze zur Bewertung genetisch veränderter Pflanzen und aus solchen hergestellter Erzeugnisse stimmen weitgehend mit denen zur Bewertung nicht genetisch veränderter Pflanzen und daraus hergestellter Erzeugnisse überein. Die Bewertung der Unbedenklichkeit einer genetisch veränderten Pflanze kann mitunter einfacher sein als die einer neuartigen nicht genetisch veränderten Pflanze, nämlich dann, wenn es sich bei dem nicht genetisch veränderten Organismus um eine traditionell zu Ernährungszwecken verwendete Pflanze handelt und die Veränderung durch ein genau definiertes gentechnisches Verfahren bewirkt wurde. In diesem Fall kann sich die Unbedenklichkeitsbewertung auf die Ergebnisse der genetischen Veränderung konzentrieren.

Ergibt sich aus der genetischen Veränderung ein neuer Phänotyp, sind die Folgen dieser Veränderung für die Zusammensetzung zu definieren und zu untersuchen. Wird zum Beispiel eine Pflanze genetisch so verändert, daß sie ein natürlich vorkommendes Insektizid exprimiert, welches von einem aus einem anderen Organismus stammenden Gen kodiert wird, und deshalb gegen den Befall durch bestimmte Schädlinge resistent ist, ist das toxikologische Profil der eingebrachten Insektizidkomponente zu bestimmen. Die Unbedenklichkeit dieser Veränderung der chemischen Zusammensetzung kann anhand toxikologischer Standardverfahren eingeschätzt werden. Dabei ist auch die potentielle Allergenität zu prüfen. Außerdem sind Nebenwirkungen (Positionseffekte) zu berücksichtigen. Diese Auswirkungen der Insertion, z. B. die Insertionsmutation selbst oder eine Genomumordnung, beeinflussen das Gesamtergebnis der genetischen Veränderung. Es ist von wesentlicher Bedeutung, die normale Toxinproduktion in der Pflanze und die Auswirkungen zu kennen, die verschiedene Wachstums- und Anbaubedingungen, denen die genetisch veränderte Pflanze ausgesetzt ist, auf diese haben, sowie zu wissen, ob das neue Genprodukt letztendlich im Lebensmittel vorhanden ist. Dieselbe Argumentation gilt für ernährungsrelevante Komponenten, insbesondere von Nahrungspflanzen.

Deshalb sind folgende Schritte für die Unbedenklichkeitsbewertung von wesentlicher Bedeutung:

- Charakterisierung des als Lebensmittel genutzten Elternorganismus;

- Charakterisierung der Art der genetischen Veränderung auf Molekülebene, einschließlich der Insertionsposition, der Kopiezahl und des Grads der biochemischen Expression;

- soweit möglich, Feststellung der wesentlichen Gleichwertigkeit zwischen dem als Lebensmittel genutzten Elternorganismus und seinem Derivat mit Hilfe chemischer und phänotypischer Analysen;

- kann keine wesentliche Gleichwertigkeit festgestellt werden, herkömmliche Unbedenklichkeitsuntersuchungen bezüglich spezifischer Chemikalien, die in dem Lebensmittel aufgrund der phänotypischen Veränderungen vorkommen. Dabei ist entweder das neue Erzeugnis des neuen Gens oder die Unbedenklichkeit jetzt in veränderten Mengen auftretender inhärenter natürlicher Toxine zu berücksichtigen. Auch auf die potentielle Allergenität der neuen Komponenten ist einzugehen.

Genetisch veränderte Tiere

Die für die Bewertung der Unbedenklichkeit genetisch veränderter Pflanzen festgelegten allgemeinen Prinzipien gelten auch für genetisch veränderte Tiere. Bei der Unbedenklichkeitsbewertung ist zunächst festzustellen, inwieweit eine wesentliche Gleichwertigkeit zwischen dem Elternorganismus und dem genetisch veränderten Organismus besteht, und zwar unter besonderer Berücksichtigung der Haupt- und Nebenwirkungen des Verfahrens der genetischen Veränderung. Geht es bei der Modifikation zum Beispiel darum, die in der Kuhmilch enthaltenen Globuline so zu verändern, daß sie den "menschlichen" ähnlicher werden, dann sind die neuen Globuline einer Bewertung zu unterziehen. Ein anderes Ziel könnte darin bestehen, eine Fischart genetisch so zu verändern, daß ein Gefrierschutzprotein produziert wird. Die Unbedenklichkeit dieser chemischen Veränderung kann mittels herkömmlicher toxikologischer Strategien untersucht werden. Dabei sollte eine Bewertung der Allergenität vorgenommen werden.

Genetisch veränderte Mikrooganismen

Wie im Zusammenhang mit den Bestimmungen für genetisch veränderte Pflanzen und genetisch veränderte Tiere erläutert, ist auch hier zur Vereinfachung des Bewertungsverfahrens zunächst zu ermitteln, ob es sich bei dem Elternmikroorganismus, der Gegenstand der genetischen Veränderung ist, um einen Mikroorganismus handelt, der in der Gemeinschaft bereits in der Vergangenheit zur Lebensmittelfermentation eingesetzt wurde, der zu den nicht pathogenen, biologisch nützlichen im Darm angesiedelten Kommensalen zählt, oder der traditionell zur Lebensmittelherstellung verwendet wird, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen und technischer Hilfsmittel. Andernfalls ist nicht nur die genetische Veränderung, sondern auch der Elternmikroorganismus als neuartig einer Bewertung zu unterziehen.

V. Genetische Stabilität der als NL-Quelle verwendeten GVO

Die Frage der genetischen Stabilität bezieht sich auf die strukturelle und räumliche Beständigkeit des eingebrachten genetischen Materials sowie auf die Genexpression im GVO.

VI. Spezifität der Expression neuartigen genetischen Materials

Dieses Bewertungsschema bezieht sich auf die mit der Regelung der Genexpression zusammenhängenden Faktoren, wie zum Beispiel die Organ/Gewebe-Spezifität, die Bedingungen der Repression und Aktivierung.

VII. Transfer genetischen Materials von GVO

Entsprechend dem gegenwärtigen Wissensstand konzentrieren sich Überlegungen hinsichtlich des Transfers von Genen aus GVO im menschlichen Darm auf Mikroorganismen. Die Erkenntnis, daß zwischen Mikroorganismen ein horizontaler Gentransfer möglich ist, hat sich inzwischen durchgesetzt und ist deshalb bei der Bewertung der Unbedenklichkeit von Lebensmitteln zu berücksichtigen. Ein Aspekt der biologischen Abgeschlossenheit ist die mögliche Übertragung genetischen Materials von genetisch veränderten Mikroorganismen auf die menschliche Darmflora. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diesen Aspekt experimentell zu untersuchen, z. B. an Tier- und In-vitro-Darmmodellen.

Bei der Bewertung der Folgen von Gentransfers für die Unbedenklichkeit eines Lebensmittels ist die Art des Gens und seines Erzeugnisses, die Häufigkeit des Transfers und der Grad der Expression in umgewandelten Darm-Mikroorganismen zu berücksichtigen. Der Transfer pflanzlicher Gene auf Mikroorganismen ist theoretisch möglich. Die Folgen eines solchen Ereignisses sind in Betracht zu ziehen.

VIII. Fähigkeit des GVM zum Überleben im menschlichen Darm und zu dessen Kolonisierung

Die genetische Veränderung könnte das Überleben beim Passieren des Verdauungstrakts und die Kolonisierung des menschlichen Darms erleichtern. Es könnte zu antagonistischen und synergistischen Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Darmflora und damit zur Beeinflussung der menschlichen Gesundheit kommen. Aus diesen Gründen sind experimentelle Daten über die betreffenden Eigenschaften der GVO erforderlich.

Besondere Aufmerksamkeit ist bei in Lebensmitteln befindlichen lebenden GVM ihrer Fähigkeit zu widmen, im Magen-Darm-Trakt zu überleben, diesen zu kolonisieren und ihre genomische Stabilität zu behalten. Für diese Bewertung werden möglicherweise In-vitro- und In-vivo-Darmmodelle benötigt, bei denen die Verhältnisse im menschlichen Darm so realistisch wie möglich nachgeahmt sind. Mit der Pathogenität und der gastrointestinalen Immunität zusammenhängenden Gesichtspunkten ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

IX. Voraussichtlicher Konsum/Ausmaß der Nutzung des NL

Um die Signifikanz neuartiger Lebensmittel für die Ernährung einschätzen zu können, werden Voraussagen für den Konsum benötigt. Diese werden natürlich auf Informationen über die Beschaffenheit des NL und die durch seine Eigenschaften bedingten Verwendungsmöglichkeiten, z. B. als Fettersatzstoff, beruhen.

X. Informationen über eine frühere Exposition des Menschen gegenüber dem NL oder seiner Quelle

Dokumentationen über die frühere Nutzung der Quelle des NL in der Gemeinschaft oder der Quelle des NL und/oder des NL selbst in anderen Teilen der Welt spielen als Ausgangspunkt für die Bewertung eine wichtige Rolle. Die Tatsache, daß es außerhalb der Gemeinschaft verwendet wurde, ist jedoch an sich noch keine Garantie dafür, daß ein NL in der Gemeinschaft gefahrlos verzehrt werden kann. Die Informationen sollten darauf eingehen, wie die traditionelle Behandlung und Zubereitung von Pflanzen, Tieren, Mikroorganismen eine falsche Verwendung verhindern und kurz- oder langfristigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorbeugen, die z. B. aus inhärenten sich negativ auf die Ernährung auswirkenden/toxischen Faktoren resultieren können. In vielen Fällen spiegeln sich die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen in den entsprechenden regionalen und kulturellen Gewohnheiten wider.

XI. Ernährungswissenschaftliche Informationen über das NL

Im Rahmen der Gesamtbewertung sollten, wie oben beschrieben, die Zusammensetzung eines NL, seine Zubereitung und die Rolle, die es voraussichtlich für die Ernährung spielen wird, systematisch untersucht werden. Durch eine solche Bewertung, die auch einen Überblick über die einschlägigen Veröffentlichungen beinhaltet, würde es möglich, zu beurteilen, inwieweit eine wesentliche Gleichwertigkeit mit einem traditionellen Lebensmittel bzw. Lebensmittelbestandteil besteht.

Läßt sich keine wesentliche Gleichwertigkeit feststellen, dann sollten die entsprechenden vorbereitenden Prüfungen an Tiermodellen vorgenommen werden, um einige Aspekte der Ernährungsqualität zu klären. Eine umfassende ernährungswissenschaftliche Untersuchung kann nur am Menschen durchgeführt werden. Diese sollte auf klar umrissenen Hypothesen mit aussagekräftigen Schlußfolgerungen in bezug auf die ernährungs- und stoffwechselrelevanten Eigenschaften des NL, seinen Verwendungsbereich und die voraussichtliche Verbrauchergruppe basieren.

Bei der Bewertung der Folgen für die Ernährung sollte von der Aufnahme normaler und maximaler Mengen ausgegangen werden, und bei den Daten zur Nährstoffzusammensetzung sollten die Auswirkungen von Lagerung, Weiterverarbeitung und Kochprozeß berücksichtigt werden. Die Wirkung negativer Faktoren (z. B. die Hemmung der Mineralstoffabsorption oder der biologischen Verwertbarkeit) auf den Nährwert und die gesamte Ernährung sollte ebenfalls bewertet werden.

Die Größe der Versuchsgruppen sollte gewährleisten, daß die betreffenden Untersuchungen statistisch aussagekräftig sind. Für all diese Studien gelten die Grundsätze und ethischen Prinzipien der guten klinischen Praxis und der guten Laborpraxis.

Unter bestimmten Umständen ist vorgesehen, Pläne für die Überwachung hinsichtlich möglicher langfristiger Auswirkungen nach dem Inverkehrbringen des NL bereitzustellen.

XII. Mikrobiologische Informationen über das NL

Die Verträglichkeit eines NL setzt voraus, daß es sowohl in toxikologischer und ernährungswissenschaftlicher als auch in mikrobiologischer Hinsicht sicher ist. Im allgemeinen muß der absichtlich verwendete Quellenorganismus für das NL als nichtpathogener, nichttoxischer Mikroorganismus bekannter genetischer Stabilität anerkannt sein, der die gewünschten Eigenschaften der normalen Darmflora nicht beeinträchtigt. Die Prüfung des NL sollte eine Charakterisierung der vorhandenen Mikroorganismen sowie eine Analyse ihrer Stoffwechselprodukte einschließen.

XIII. Toxikologische Informationen über das NL

Dieses Bewertungsschema betrifft die toxikologischen Informationen, die erforderlich sind, um das NL zu bewerten. Die möglichen Szenarien können sowohl Lebensmittel einschließen, deren wesentliche Gleichwertigkeit nachweisbar ist, als auch solche, deren wesentliche Gleichwertigkeit nicht nachgewiesen werden kann und zu deren Überprüfung daher ein entsprechendes ernährungswissenschaftlich-toxikologisches Versuchsprogramm erforderlich ist.

Kann keine wesentliche Gleichwertigkeit mit einem herkömmlichen Erzeugnis nachgewiesen werden, dann sind bei der fallweise durchzuführenden Sicherheitsbewertung folgende Elemente in Betracht zu ziehen:

- Berücksichtigung der möglichen Toxizität analytisch nachgewiesener einzelner chemischer Komponenten;

- In-vitro- und In-vivo-Toxizitätsuntersuchungen, einschließlich Mutagenitätsuntersuchungen, Reproduktions- und Teratogenitätsuntersuchungen sowie Langzeit-Tierfütterungsversuche, wobei fallweise nach dem "Stufenprinzip" vorzugehen ist;

- Untersuchungen der potentiellen Allergenität.

Geht es um neuartige Mikrobestandteile und isolierte neuartige Lebensmittelbestandteile, die sich durch nachweisbare charakteristische Merkmale von herkömmlichen Lebensmitteln unterscheiden, oder um definierte neuartige Erzeugnisse, die aus genetisch veränderten Organismen gewonnen wurden, dann ist es möglich, die Untersuchung allein auf diese Erzeugnisse oder Substanzen zu beschränken und nicht das NL insgesamt einzubeziehen. In einigen Fällen hätte die Untersuchung der neuartigen Eigenschaft nur marginale nutritive Auswirkungen für Labortiere, so daß zum Nachweis der Sicherheit der herkömmliche toxikologische Ansatz anwendbar ist.

Die meisten der definierten chemischen Substanzen können wahrscheinlich im Hinblick auf ihre Sicherheit ähnlich wie Lebensmittelzusatzstoffe unter Anwendung herkömmlicher Methoden der Unbedenklichkeitsbewertung geprüft werden, wie im Bericht Nr. 10 des WLA beschrieben. Dies schließt die Anwendung konventioneller toxikologischer Prüfverfahren in abgestufter Folge ein. Dazu sind zunächst Mutagenitätsuntersuchungen sowie ein entsprechender Fütterungsversuch mit Nagetieren durchzuführen, bei dem alle relevanten toxikologischen Parameter einer eingehenden Prüfung unterzogen werden. Des weiteren sollten, sofern strukturelle und die Exposition betreffende Erwägungen dies rechtfertigen, zusätzliche Untersuchungen zu allen üblichen toxikologischen Kernfragen, einschließlich Metabolismus, Toxikokinetik, chronische Toxizität, Karzinogenität, Reproduktionsfunktion, Teratogenität sowie mögliche Neurotoxizität und Immunotoxizität durchgeführt werden.

Zur Bewertung neuartiger Makrobestandteile oder NL, bei denen keine wesentliche Gleichwertigkeit mit herkömmlichen Vergleichsprodukten vorliegt, hängt das Versuchsprogramm davon ab, welche Bedenken aus toxikologischer Sicht bestehen. Ein solches Programm sollte generell einen mindestens 90tägigen Fütterungsversuch an Nagetieren einschließen, bei dem der Wahl der Dosierungen und der Vermeidung von Ernährungsungleichgewichten besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist. Aufgrund dieser Erfordernisse kann es notwendig sein, die toxikologischen Untersuchungen und die Interpretation ihrer Ergebnisse auf andere Weise durchzuführen (siehe 3.6).

Es ist erforderlich, das Mutagenitätspotential zu untersuchen. Alle In-vitro-Mutagenitätsuntersuchungen müssen die üblichen Kernfragen einschließen. Bei der Prüfung neuartiger Makrobestandteile im Rahmen von In-vitro-Mutagenitäts-Versuchssystemen kann es zu speziellen technischen Problemen kommen, insbesondere wegen nicht mit der Mutagenität zusammenhängender Einfluesse des NL oder seiner Bestandteile auf das Wachstumsmedium, die Versuchszellen oder die Versuchsorganismen. In einigen Fällen werden Fütterungsversuche an einer zweiten Spezies und eine Untersuchung der Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Darmflora erforderlich sein. Auch Untersuchungen der chronischen Toxizität/Karzinogenität können erforderlich sein. Das allergene Potential ist ebenfalls zu prüfen.

6. ÜBERARBEITUNG DER EMPFEHLUNGEN

Die Entwicklung im Bereich der NL verläuft sehr schnell. Wissenschaft und Technik machen gewaltige Fortschritte, und viele Länder und internationale Organisationen erarbeiten Verfahren und Leitlinien für die Bewertung der Unbedenklichkeit neuer Lebensmittel. Aufgrund der Erfahrungen bei deren Anwendung und neuer wissenschaftlicher Entwicklungen wird der WLA diese nach fünf Jahren überarbeiten.

7. LITERATURVERZEICHNIS

1. International Food Biotechnology Council (IFBC): Biotechnologies and Food: Assuring the safety of foods produced by genetic modification. Reg. Tox. Pharm. 12(3), 1990

2. Report of a Joint FAO/WHO Consultation. Strategies for assessing the safety of foods produced by biotechnology. WHO, Geneva, 1991

3. Guidelines on the Assessment of Novel Foods and Processes. ACNLP, London, 1991

4. Nordic Working Group on Food Toxicology and Risk Assessment (NNT): Food and New Biotechnology - Novelty, safety and control aspects of foods made by new biotechnology. Nord 18, Copenhagen, 1991

5. Statement of Policy: Foods Derived From New Plant Varieties. U.S. Department of Health and Human Services. Food and Drug Administration. Federal Register 57(104), 22984-23005, 1992

6. Guidelines for foods and food additives produced by recombinant DNA techniques, Japan, 1992

7. Kok, E. J.: Evaluation of strategies for food safety assessment of genetically modified agricultural products. Report 93.08 RIKILT-DLO, Wageningen, 1992

8. Safety evaluation of foods derived by modern biotechnology: Concepts and principles. OECD, Paris, 1993

9. Report of a WHO Workshop: health aspects of marker genes in genetically modified plants. WHO, Geneva, 1993

10. Netherlands Food and Nutrition Council: Advisory report on biotechnology. The Hague, July 1993

11. Panel on Novel Foods of the Committee on Medical Aspects of Food Policy: The Nutritional Assessment of Novel Foods and Processes. HMSO, London, 1993

12. Thomas, J. A., Myers, L. A. (eds.): Biotechnology and Safety Assessment. Raven Press, New York, 1993

13. Aquatic Biotechnology and Food Safety. OECD Documents, Paris, 1994

14. Guidelines for the safety assessment of novel foods. Food Directorate, Health Protection Branch, Canada, 1994

15. Advisory Committee on Novel Foods and Processes (ACNFP): Report on the use of antibiotic resistance markers in genetically modified food organisms. MAFF publications, London, July 1994

16. Advisory Committee on Novel Foods and Processes (ACNFP): Annual Report 1994. MAFF Publications, London, 1995

17. Report of a WHO Workshop: The application of the principles of substantial equivalence to the safety evaluation of foods or food components from plants derived by modern biotechnology. WHO, Geneva, 1995

18. D. D. Jones (ed.): Proceedings of the 3rd International Symposium on "The biosafety results of field tests of genetically modified plants and microorganisms". The University of California, Oakland, CA., 1995

19. Engel, K.-H., Takeoka, G. R., Teranishi, R. (eds.): Genetically Modified Foods. Safety Aspects. American Chemical Society Symposium Series 605, Washington, DC, 1995

20. The Safety Assessment of Novel Food. Guidelines prepared by ILSI Europe Novel Food Task Force, 1995

21. OECD Workshop on Food Safety Evaluation: "Food Safety Evaluation". OECD Documents, 1996

22. Health Effects of Marker Genes in Genetically Engineered Food Plants. TemaNord: 530, The Nordic Council of Ministers, Copenhagen, 1996

8. GLOSSAR

Dieses Glossar dient der Erläuterung verschiedener vom WLA in seinen Empfehlungen verwendeter Bezeichnungen. Dabei geht es nicht um deren präzise wissenschaftliche Definition.

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TEIL II EMPFEHLUNGEN ZU DEN WISSENSCHAFTLICHEN ASPEKTEN DER DARBIETUNG DER INFORMATIONEN, DIE FÜR EINEN ANTRAG AUF GENEHMIGUNG DES INVERKEHRBRINGENS NEUARTIGER LEBENSMITTEL UND LEBENSMITTELZUTATEN ERFORDERLICH SIND

EINLEITUNG

In Teil 1 der Empfehlungen des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses zur Bewertung neuartiger Lebensmittel wurden Empfehlungen zu den wissenschaftlichen Aspekten der zur Antragstellung im Hinblick auf die Genehmigung des Inverkehrbringens neuartiger Lebensmittel und Lebensmittelzutaten erforderlichen Informationen ausgesprochen. Dieser Teil enthält kurzgefaßte Empfehlungen zu den wissenschaftlichen Aspekten der Darbietung dieser Information. Ein einheitlicher Aufbau der Anträge erleichtert deren wissenschaftliche Bewertung.

ALLGEMEINER AUFBAU

Im ersten Teil der Empfehlungen wurde betont, daß es nicht einen formalen Ansatz gibt, der für alle neuartigen Lebensmittel angemessen ist. Daher sind die dargestellten Modelle nicht als genau einzuhaltende "Checklisten", sondern eher als Hilfestellung anzusehen. Ihre Grundsätze sind jedoch in den Anträgen auf Genehmigung des Inverkehrbringens neuartiger Lebensmittel zu berücksichtigen. Nachstehend wird der logische Aufbau wiedergegeben:

>ANFANG EINES SCHAUBILD>

Allgemeine Beschreibung des neuartigen Lebensmittels, einschließlich technischer Daten und Einstufung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97

/

Zuweisung des neuartigen Lebensmittels zu einer der Klassen/Unterklassen des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses

/

Ermittlung der wesentlichen Anforderungen an die Informationen

/

Berücksichtigung strukturierter Modelle (Entscheidungsbäume) und Vorlage der geforderten Informationen

/

Bewertung und Schlußfolgerungen des Antragstellers>ENDE EINES SCHAUBILD>

Der Antragsteller sollte die Informationen in nachstehender Reihenfolge und unter Verwendung folgender Überschriften einreichen:

1. Verwaltungstechnische Angaben

Dieser Teil enthält Name und Anschrift des Antragstellers, des Herstellers des neuartigen Lebensmittels sowie des/der für das Dossier Verantwortlichen.

2. Allgemeine Beschreibung

Um sicherzustellen, daß das Lebensmittel bzw. die Lebensmittelzutat, die in Verkehr gebracht werden soll, unter die Verordnung (EG) Nr. 258/97 für neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten fällt, sind Daten vorzulegen, die eine Einstufung gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 ermöglicht. Zur Erleichterung des Bewertungsverfahrens hat der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuß die in der Verordnung genannten Kategorien aufgrund von Gemeinsamkeiten im Hinblick auf Sicherheitserwägungen neu geordnet. In Kapitel 4 der Empfehlungen des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses zur Bewertung neuartiger Lebensmittel, Teil I, Kapitel 4 (nachstehend "Teil I" genannt), werden sechs "Klassen" mit ihren Unterklassen definiert. Das jeweilige neuartige Lebensmittel sollte - mit der entsprechenden wissenschaftlichen Begründung - einer dieser Klassen/Unterklassen zugeordnet werden (s. auch Tabelle I, Teil I).

3. Ermittlung der wesentlichen Anforderungen an die Informationen

Tabelle II aus Teil I sollte bei der Ermittlung der Modelle (I bis XIII) verwendet werden, die für die Bereitstellung von Daten für die sicherheits- und nährwertbezogene Bewertung des jeweiligen neuartigen Lebensmittels wesentlich sind.

4. Berücksichtigung strukturierter Modelle (Entscheidungsbäume)

Die in Teil I dargestellten strukturierten Modelle (I bis XIII) sind im Hinblick auf die zusammenzustellenden Informationen zu konsultieren. Es handelt sich um eine Reihe von Fragen in der Art eines Entscheidungsbaumes, die eine Entscheidungshilfe in der Frage bietet, ob die Daten, über die der Antragsteller verfügt, ausreichen oder ob weitere Daten zu ermitteln und zu prüfen sind.

Die Dossiers sollten den logischen Aufbau der Modelle widerspiegeln. Bei jeder Frage sind die zur Antwort "ja" oder "nein" führenden Informationen im einzelnen anzugeben. Liefert der Antragsteller in einem Modell geforderte Informationen nicht, ist dies wissenschaftlich zu begründen. Stehen zusätzliche Informationen zur Verfügung, die als wesentlich für die Bewertung angesehen werden, sind diese vorzulegen.

5. Bewertung und Schlußfolgerungen des Antragstellers

Die Schlußfolgerungen des Antragstellers nach der Bewertung aller zusammengestellten Informationen sollten unter Berücksichtigung der wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit dem neuartigen Lebensmittel dargelegt werden (s. Kapitel 3 des Teils I).

6. Zusammenfassung des Antragstellers

Es ist eine Zusammenfassung vorzulegen, die sich für die Weiterleitung an die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 eignet.

TEIL III EMPFEHLUNGEN ZU DEN WISSENSCHAFTLICHEN ASPEKTEN DER ERSTELLUNG DER BERICHTE ÜBER DIE ERSTPRÜFUNG VON ANTRAEGEN AUF GENEHMIGUNG DES INVERKEHRBRINGENS NEUARTIGER LEBENSMITTEL UND LEBENSMITTELZUTATEN

EINLEITUNG

Gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 für neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten unterbreitet die Person, die für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses in der Gemeinschaft verantwortlich ist, dem Mitgliedstaat, in dem das Erzeugnis erstmals in Verkehr gebracht werden soll, einen Antrag. Gemäß Artikel 6 muß der Mitgliedstaat daraufhin einen Bericht über die Erstprüfung erstellen.

Teil I der Empfehlungen des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses zur Bewertung neuartiger Lebensmittel enthält Empfehlungen zu den wissenschaftlichen Aspekten der zur Antragstellung im Hinblick auf das Inverkehrbringen neuartiger Lebensmittel und Lebensmittelzutaten erforderlichen Informationen. Teil II enthält die Empfehlungen zu den wissenschaftlichen Aspekten der Darbietung dieser Informationen.

Es gibt bereits Erfahrungen bei der Bewertung der Sicherheit neuartiger Lebensmittel aus der Anwendung von Verfahren verschiedener nationaler und internationaler Gremien und Behörden. Aus praktischen Gründen müssen die Bewertungen verschiedener nationaler Behörden vergleichbar und die wissenschaftlichen Bewertungsberichte einheitlich sein. Einzelheiten über Anforderungen an bestimmte Arten neuartiger Lebensmittel sind in Teil I und an anderer Stelle zu finden, z. B. zu durch genetische Veränderung gewonnenen Erzeugnissen (1) oder anderen neuen Proteinquellen (2). Es wurden keine spezifischen Empfehlungen für die Sicherheitsprüfung der einzelnen Klassen neuartiger Lebensmittel gegeben; dies ist beim derzeitigen Kenntnisstand auch nicht möglich. Ein Vorgehen von Fall zu Fall gewährleistet, daß neuartige Risiken angemessen behandelt werden. Teil III soll in diesem Zusammenhang Unterstützung bieten und enthält daher Empfehlungen zu den wissenschaftlichen Aspekten der Erstellung der Berichte über die Erstprüfung durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten.

AUFBAU DES BERICHTS ÜBER DIE ERSTPRÜFUNG

Die allgemeinen Erwägungen, die der Bewertung von neuartigen Lebensmitteln zugrunde liegen, wurden in Teil I (s. Abschnitt 3.1) dargelegt. Berichte über die Erstprüfung beschränken sich auf die Sicherheit neuartiger Lebensmittel für den Menschen; bei ihrer Erstellung sollten folgende Schritte beachtet werden:

1. Prüfung von Vollständigkeit und Form des Antrags gemäß Teil II;

2. Prüfung der Angemessenheit von Auslegung und Bewertung der vorgelegten Daten durch den Antragsteller;

3. Bewertung der vorgelegten Daten, kurze Zusammenfassung, Schlußfolgerungen und Empfehlungen.

1. Prüfung von Vollständigkeit und Form des Antrags gemäß Teil II

Der Bericht über die Erstprüfung muß eine Erklärung darüber enthalten, daß der Antrag die erforderlichen administrativen und technischen Einzelheiten in der in Teil II, Abschnitte 1 und 2, genannten Reihenfolge sowie die in Teil I, Abschnitte 5 und 5.1, genannten Informationen enthält. Entsprechen die vorgelegten Daten nicht den in Teil II geforderten oder werden sie nicht in der vorgeschriebenen Reihenfolge aufgeführt, ist die Erklärung des Antragstellers hierfür zu prüfen.

2. Prüfung der Angemessenheit von Auslegung und Bewertung der vorgelegten Daten durch den Antragsteller

Die Angemessenheit der Daten und der im Zusammenhang mit Auslegung und Bewertung vom Antragsteller vorgelegten Argumente sind zu prüfen; eine Stellungnahme ist abzugeben. Sollten im Hinblick auf Auslegung und Bewertung die Meinungen der nationalen Prüfstellen und der Antragsteller auseinandergehen, sind die einschlägigen Argumente im Bericht über die Erstprüfung vollständig wiederzugeben.

2.1. Wesentliche Gleichwertigkeit

Ein wichtiges Element der Bewertung ist der Vergleich des Enderzeugnisses mit einem Erzeugnis, dessen Sicherheitsniveau annehmbar ist. Daher sollte der Bericht über die Erstprüfung die Stellungnahme der zuständigen Behörde zu den Angaben des Antragstellers über die wesentliche Gleichwertigkeit enthalten.

2.1.1. Es wird angegeben, daß wesentliche Gleichwertigkeit mit einem entsprechenden herkömmlichen Erzeugnis vorliegt

In diesem Zusammenhang sind die einschlägigen Ausführungen in Teil II, Abschnitt 3.3, zu berücksichtigen. Ist die wesentliche Gleichwertigkeit mit einem entsprechenden herkömmlichen Erzeugnis nachgewiesen, kann das neuartige Lebensmittel als genußtauglich und toxikologisch und ernährungsphysiologisch annehmbar angesehen werden, wenn es im Rahmen der Ernährung insgesamt in ähnlicher Weise wie das herkömmliche Erzeugnis oder als Ersatz dafür verwendet wird. Bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit von neuartigen und herkömmlichen Erzeugnissen ist die bekannte und meßbare natürliche Variationsbreite eventueller anderer herkömmlicher Erzeugnisse zu berücksichtigen.

2.1.2. Es wird angegeben, daß bis auf eines oder mehrere festgelegte Merkmale wesentliche Gleichwertigkeit mit einem entsprechenden herkömmlichen Erzeugnis vorliegt

Ist bis auf eines oder mehrere festgelegte Merkmale die wesentliche Gleichwertigkeit mit einem entsprechenden herkömmlichen Erzeugnis nachgewiesen, sollte die Bewertung schwerpunktmäßig diese Merkmale betreffen. Diese sollten einzeln bewertet werden, was in bestimmten Fällen Daten erfordern kann, die den für die Sicherheitsbewertung von Lebensmittelzusatzstoffen erforderlichen entsprechen.

2.1.3. Es wird nicht angegeben, daß wesentliche Gleichwertigkeit mit einem entsprechenden herkömmlichen Erzeugnis vorliegt

Wird nicht angegeben, daß wesentliche Gleichwertigkeit mit einem entsprechenden herkömmlichen Lebensmittel oder einer Lebensmittelzutat vorliegt, ist eine eingehende Prüfung des neuartigen Lebensmittels erforderlich, für die Einzelheiten dem Teil I zu entnehmen sind.

2.2. Besondere Erwägungen

Bei Lebensmitteln, die im wesentlichen herkömmlichen Lebensmitteln gleichwertig sind, sind keine weiteren Daten einer Bewertung zu unterziehen. Andere neuartige Lebensmittel werden weiter geprüft. Diese Prüfung kann genau festgelegte Merkmale oder das gesamte Erzeugnis betreffen. Die im Antrag vorgelegten Informationen sind unter Berücksichtigung von Ursprung, Herstellungsverfahren und Komplexität des neuartigen Lebensmittels sowie seiner Rolle im Rahmen der Ernährung der Bevölkerung insgesamt sowie bestimmter Teilgruppen zu prüfen.

2.2.1. Ernährungsphysiologische Bewertung

Es ist besonders zu berücksichtigen, welcher Verbrauch und welche ernährungsphysiologischen Auswirkungen des neuartigen Lebensmittels zu erwarten bzw. möglich sind (s. Teil I, u. a. Abschnitt 3.8 und Abschnitt 5 XI). So ist u. a. zu prüfen, ob die Auswirkungen des Verzehrs des neuartigen Lebensmittels auf die Gesamtaufnahme von Nährstoffen, für die PRI (population reference intakes - Referenzwerte für die Aufnahme der Bevölkerung) oder eine zulässige Spannweite der Aufnahmewerte festgelegt wurden, in bestimmten Bevölkerungsgruppen ermittelt wurden.

Die zuständige Behörde sollte die Unterlagen über Tiermodelle sowie über Stoffwechseluntersuchungen beim Menschen - einschließlich der klinischen Beobachtungen - bewerten. Kurz- und langfristige Auswirkungen der neuartigen Lebensmittel auf die menschliche Ernährung sind zu berücksichtigen. Unerwarteten schädlichen Interferenzen mit anderen Bestandteilen der Ernährung sowie Veränderungen einschlägiger Biomarker ist Aufmerksamkeit zu schenken.

2.2.2. Bewertung neuartiger Mikroorganismen zur Verwendung als Lebensmittel bzw. in Lebensmitteln

Bei neuartigen Lebensmitteln, die aus lebenden Mikroorganismen bestehen oder solche enthalten, sollte durch Überprüfung von seiten der Behörden sichergestellt werden, daß der Antrag angemessene Daten über ihre Verwendungssicherheit enthält. Auch bei Mikroorganismen sollten die eingereichten Daten eine Einstufung nach dem Prinzip der wesentlichen Gleichwertigkeit ermöglichen (s. auch Teil I).

2.2.3. Bewertung von Toxizität und Allergenizität

Bei der Bewertung sind je nach Fall Daten zu Toxizität bzw. Allergenizität im Zusammenhang mit bestimmten Merkmalen des neuartigen Lebensmittels oder dem Lebensmittel insgesamt zu berücksichtigen. Die zur Beurteilung der Genußtauglichkeit eines neuartigen Lebensmittels erforderlichen Informationen wurden in Teil I, s. u. a. Abschnitte 3.7, 3.10 und 5 XIII, behandelt. Der Antrag ist auf die Angemessenheit der vorgelegten Daten zu prüfen; zu den Informationen ist Stellung zu nehmen.

2.2.4. Neuartige Verfahren

Mit Hilfe neuartiger Verfahren hergestellte Erzeugnisse sind anhand des Grundsatzes der wesentlichen Gleichwertigkeit zu bewerten (s. auch Teile I und II).

3. Bewertung der vorgelegten Daten, kurze Zusammenfassung, Schlußfolgerungen und Empfehlungen

Der Bericht über die Prüfung sollte zur Angemessenheit und Vollständigkeit der eingereichten Daten Stellung nehmen. Die zuständige Behörde sollte eine kurze Zusammenfassung erstellen. Dem Bericht ist eine Erklärung über Schlußfolgerungen und Empfehlungen - auch im Zusammenhang mit den Bedingungen für das Inverkehrbringen - beizufügen. Ferner sind die vom Antragsteller angegebenen Vorteile sowie mögliche Nachteile kurz zu beschreiben und zu erörtern.

4. Referenzdokumente

1. Biotechnology and Food Safety (Bericht einer FAO/WHO-Konsultation), 1996.

2. PAG/UNU-Leitlinien - D.-Jonas-Bericht.

(1) ABl. L 43 vom 14. 2. 1997, S. 1.

(2) ABl. L 117 vom 8. 5. 1990, S. 15.

(3) ABl. L 40 vom 11. 2. 1989, S. 27.

(4) ABl. L 184 vom 15. 7. 1988, S. 61.

(5) ABl. L 157 vom 24. 6. 1988, S. 28.

(6) ABl. L 117 vom 8. 5. 1990, S. 1.

(7) ABl. L 103 vom 22. 4. 1994, S. 20.

(8) ABl. L 175 vom 19. 7. 1993, S. 1.