31977L0452

Richtlinie 77/452/EWG des Rates vom 27. Juni 1977 über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, und über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr

Amtsblatt Nr. L 176 vom 15/07/1977 S. 0001 - 0007
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 6 Band 1 S. 0198
Griechische Sonderausgabe: Kapitel 06 Band 1 S. 0251
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 6 Band 1 S. 0198
Spanische Sonderausgabe: Kapitel 06 Band 2 S. 0003
Portugiesische Sonderausgabe: Kapitel 06 Band 2 S. 0003


RICHTLINIE DES RATES vom 27. Juni 1977 über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, und über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr (77/452/EWG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 49, 57, 66 und 235,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Auf Grund des Vertrages ist seit Ablauf der Übergangszeit jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung bei der Niederlassung und im Dienstleistungsverkehr untersagt. Der Grundsatz der auf diese Weise erzielten Inländergleichbehandlung gilt insbesondere für die Erteilung einer gegebenenfalls erforderlichen Genehmigung für die Aufnahme der Tätigkeiten der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, sowie für die Eintragung oder Mitgliedschaft bei Berufsverbänden oder -körperschaften.

Es erscheint jedoch angebracht, Bestimmungen vorzusehen, um den Krankenschwestern und Krankenpflegern, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, die tatsächliche Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr zu erleichtern.

Auf Grund des Vertrages sind die Mitgliedstaaten gehalten, keine Beihilfe zu gewähren, die die Niederlassungsbedingungen verfälschen könnte.

Artikel 57 Absatz 1 des Vertrages sieht vor, daß Richtlinien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise erlassen werden.

Es erscheint zweckmässig, gleichzeitig mit der gegenseitigen Anerkennung der Diplome eine Koordinierung der Ausbildungsbedingungen für Krankenschwestern und Krankenpfleger, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, vorzusehen. Diese Koordinierung ist Gegenstand der Richtlinie 77/453/EWG (3).

In mehreren Mitgliedstaaten ist für die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeiten der Krankenschwester und (1)ABl. Nr. C 65 vom 5.6.1970, S. 12. (2)ABl. Nr. C 108 vom 26.8.1970, S. 23. (3)Siehe Seite 8 dieses Amtsblatts.

des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, der Besitz eines Krankenpflegerdiploms gesetzlich vorgeschrieben. In einigen anderen Mitgliedstaaten, in denen diese Voraussetzung nicht verlangt wird, besteht jedoch eine gesetzliche Regelung des Rechts, den Titel einer Krankenschwester oder eines Krankenpflegers, die/der für die allgemeine Pflege verantwortlich ist, zu führen.

Da eine Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung der Diplome nicht unbedingt die sachliche Gleichwertigkeit der Ausbildungsgänge, die zu einem solchen Diplom führen, zur Folge hat, darf die dem jeweiligen Ausbildungsnachweis entsprechende Ausbildungsbezeichnung nur in der Sprache des Heimat- oder Herkunftsstaats geführt werden.

Zur Erleichterung der Anwendung dieser Richtlinie durch die nationalen Verwaltungen können die Mitgliedstaaten vorschreiben, daß die Begünstigten, die die in der Richtlinie vorgesehenen Ausbildungsbedingungen erfuellen, zusammen mit ihrem Ausbildungsnachweis eine Bescheinigung der zuständigen Behörden des Heimat- oder Herkunftsstaats darüber vorlegen, daß es sich bei diesem Nachweis um den in der Richtlinie genannten handelt.

Es ist zu unterscheiden zwischen den Bedingungen der persönlichen Zuverlässigkeit für eine erste Aufnahme des Berufes und denjenigen für die Ausübung des Berufes.

Im Falle einer Dienstleistung würde das Erfordernis der Eintragung oder Mitgliedschaft bei Berufsverbänden oder -körperschaften, die an sich mit der festen und dauerhaften Tätigkeit im Aufnahmestaat verbunden ist, zweifellos eine Behinderung für den Dienstleistungserbringer darstellen, der seine Tätigkeit nur vorübergehend ausübt. Auf dieses Erfordernis ist daher zu verzichten. Allerdings sollte in diesem Fall die Einhaltung der Berufsordnung, über die diese Berufsverbände oder -körperschaften zu wachen haben, sichergestellt werden. Zu diesem Zweck ist vorbehaltlich der Anwendung von Artikel 62 des Vertrages vorzusehen, daß von dem Begünstigten eine Anzeige bei der zuständigen Behörde des Aufnahmestaats über die Dienstleistung verlangt werden kann.

Was die Tätigkeiten der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, als Angestellte betrifft, so enthält die Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizuegigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (1) für die von ihr erfassten Berufe keine spezifischen Bestimmungen in bezug auf die persönliche Zuverlässigkeit, die Berufsordnung und das Führen des Titels. Je nach Mitgliedstaat gelten die betreffenden Regelungen für angestellte wie für freiberuflich tätige Berufsangehörige oder können auf sie angewandt werden. Für die Tätigkeiten der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, ist in mehreren Mitgliedstaaten der Besitz eines Diploms, Prüfungszeugnisses oder sonstigen Befähigungsnachweises für Krankenpflege erforderlich. Diese Tätigkeiten werden sowohl von freiberuflich tätigen Krankenschwestern und Krankenpflegern als auch von Krankenschwestern und Krankenpflegern im Angestelltenverhältnis oder auch von denselben Personen im Verlauf ihrer beruflichen Laufbahn abwechselnd in der einen oder der anderen dieser beruflichen Stellungen ausgeuebt. Um die Freizuegigkeit dieser Berufstätigen in der Gemeinschaft zu fördern, erscheint es daher notwendig, die Anwendung dieser Richtlinie auf Krankenschwestern und Krankenpfleger im Angestelltenverhältnis auszudehnen -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1

(1) Diese Richtlinie gilt für die Tätigkeiten der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind.

(2) "Tätigkeiten der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind", im Sinne dieser Richtlinie sind die Tätigkeiten, die unter den folgenden Berufsbezeichnungen ausgeuebt werden:

in Deutschland:

Krankenschwester, Krankenpfleger;

in Belgien:

"hospitalier(ère)/verpleegassistent(e)", "infirmier(ère) hospitalier(ère)/ziekenhuisverpleger (-verpleegster)";

in Dänemark:

"sygeplejerske";

in Frankreich:

"infirmier(ère)";

in Irland:

"Registered General Nurse"; (1)ABl. Nr. L 257 vom 19.10.1968, S. 2.

in Italien:

"infermiere professionale";

in Luxemburg:

"infirmier";

in den Niederlanden:

"verpleegkundige";

im Vereinigten Königreich: - England, Wales und Nordirland: "State Registered Nurse",

- Schottland:

"Registered General Nurse".

KAPITEL II DIPLOME, PRÜFUNGSZEUGNISSE UND SONSTIGE BEFÄHIGUNGSNACHWEISE DER KRANKENSCHWESTER UND DES KRANKENPFLEGERS, DIE FÜR DIE ALLGEMEINE PFLEGE VERANTWORTLICH SIND

Artikel 2

Jeder Mitgliedstaat erkennt die in Artikel 3 aufgeführten Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, die die anderen Mitgliedstaaten den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten nach Artikel 1 der Richtlinie 77/453/EWG ausstellen, an und verleiht ihnen in seinem Hoheitsgebiet die gleiche Wirkung in bezug auf die Aufnahme und Ausübung der selbständigen Tätigkeiten der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, wie den von ihm ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen.

Artikel 3

Als Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise im Sinne von Artikel 2 gelten: a) in Deutschland: - das von den zuständigen Behörden ausgestellte Zeugnis über die staatliche Prüfung in der Krankenpflege,

- die Bescheinigungen der zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland über die Gleichwertigkeit der nach dem 8. Mai 1945 von den zuständigen Behörden der Deutschen Demokratischen Republik ausgestellten Ausbildungsnachweise und der unter dem ersten Gedankenstrich aufgeführten Nachweise;

b) in Belgien: - "brevet d'hospitalier(ère)/verpleegassistent(e)" (Diplom eines Krankenhaushilfspflegers/einer Krankenhaushilfsschwester), ausgestellt vom Staat, von staatlichen oder staatlich anerkannten Schulen,

- "brevet d'infirmier(ère) hospitalier(ère)/ziekenhuisverpleger (-verpleegster)" (Dilpom eines Krankenhauspflegers/einer Krankenhausschwester), ausgestellt vom Staat, von staatlichen oder staatlich anerkannten Schulen,

- "diplôme d'infirmier(ère) gradué(e) hospitalier (ère)/gegradüerd ziekenhuisverpleger (-verpleegster)" (Diplom eines akademisch geprüften Krankenhauspflegers/einer akademisch geprüften Krankenhausschwester), ausgestellt vom Staat, von staatlichen oder staatlich anerkannten höheren Fachschulen;

c) in Dänemark:

"sygeplejerske"-Diplom, ausgestellt von den vom "Sundhedsstyrelsen" (Staatliches Gesundheitsamt) anerkannten Krankenpflegeschulen;

d) in Frankreich:

"diplôme d'État d'infirmier(ère)" (staatliches Diplom eines Krankenpflegers/einer Krankenschwester), ausgestellt vom Ministerium für Gesundheitswesen;

e) in Irland:

Zeugnis einer (eines) "Registered General Nurse", ausgestellt von "An Bord Altranais" (Nursing Board);

f) in Italien:

"diploma di abilitazione professionale per infermiere professionale", ausgestellt von den staatlich anerkannten Schulen;

g) in Luxemburg: - staatliches Diplom eines "infirmier" (Krankenpfleger/Krankenschwester),

- staatliches Diplom eines "infirmier hospitalier gradué" (akademisch geprüfter Krankenhauspfleger/akademisch geprüfte Krankenhausschwester),

ausgestellt vom Minister für Gesundheitswesen auf Grund des Beschlusses des Prüfungsausschusses;

h) in den Niederlanden: - die Diplome "verpleger A", "verpleegster A", "verpleegkundige A",

- das Diplom "verpleegkundige MBOV" (Middelbare Beroepsopleiding Verpleegkundige),

- das Diplom "verpleegkundige HBOV" (Hogere Beroepsopleiding Verpleegkundige),

ausgestellt von einer der von der öffentlichen Verwaltung ernannten Prüfungskommissionen;

i) im Vereinigten Königreich:

Bescheinigung über die Aufnahme in den allgemeinen Teil des Registers, ausgestellt in England und Wales vom "General Nursing Council for England and Wales", in Schottland vom "General Nursing Council for Scotland" und in Nordirland vom "Northern Ireland Council for Nurses and Midwives".

KAPITEL III ERWORBENE RECHTE

Artikel 4

Jeder Mitgliedstaat erkennt bei Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten als ausreichenden Nachweis die Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, an, die von den anderen Mitgliedstaaten vor Beginn der Anwendung der Richtlinie 77/453/EWG ausgestellt worden sind, auch wenn sie nicht allen Mindestanforderungen der Ausbildung nach Artikel 1 der Richtlinie 77/453/EWG genügen, sofern ihnen eine Bescheinigung darüber beigefügt ist, daß sich der betreffende Staatsangehörige während der letzten fünf Jahre vor Ausstellung der Bescheinigung mindestens drei Jahre lang tatsächlich und rechtmässig den betreffenden Tätigkeiten einer Krankenschwester oder eines Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, gewidmet hat.

Diese Tätigkeiten müssen sich auf die volle Verantwortung für die Planung, Organisation und Ausführung der Krankenpflege des Patienten erstreckt haben.

KAPITEL IV FÜHREN DER AUSBILDUNGSBEZEICHNUNG

Artikel 5

(1) Unbeschadet des Artikels 13 tragen die Aufnahmestaaten dafür Sorge, daß die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten, die die Voraussetzungen der Artikel 2 und 4 erfuellen, zum Führen ihrer im Heimat- oder Herkunftsstaat gültigen rechtmässigen Ausbildungsbezeichnung - sofern diese nicht mit der Berufsbezeichnung identisch ist - und gegebenenfalls der betreffenden Abkürzung in der Sprache dieses Staates berechtigt sind. Sie können vorschreiben, daß neben dieser Bezeichnung Name und Ort der Lehranstalt oder des Prüfungsausschusses, die bzw. der diese Ausbildungsbezeichnung verliehen hat, aufgeführt werden.

(2) Kann die Ausbildungsbezeichnung des Heimat- oder Herkunftsstaats im Aufnahmestaat mit einer Bezeichnung verwechselt werden, die in diesem Staat eine zusätzliche Ausbildung voraussetzt, die von dem Begünstigten nicht erworben wurde, so kann der Aufnahmestaat vorschreiben, daß der Begünstigte seine im Heimat- oder Herkunftsstaat gültige Ausbildungsbezeichnung in einer vom Aufnahmestaat festgelegten Form verwendet.

KAPITEL V MASSNAHMEN ZUR ERLEICHTERUNG DER TATSÄCHLICHEN AUSÜBUNG DES NIEDERLASSUNGSRECHTS UND DES RECHTS AUF FREIEN DIENSTLEISTUNGSVERKEHR DURCH DIE KRANKENSCHWESTER UND DEN KRANKENPFLEGER, DIE FÜR DIE ALLGEMEINE PFLEGE VERANTWORTLICH SIND

A. Besondere Bestimmungen betreffend das Niederlassungsrecht

Artikel 6

(1) Der Aufnahmestaat, der von den eigenen Staatsangehörigen für die erstmalige Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne des Artikels 1 einen Zuverlässigkeitsnachweis verlangt, erkennt bei Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten als ausreichenden Beweis eine von der zuständigen Behörde des Heimat- oder Herkunftsstaats ausgestellte Bescheinigung an, aus der hervorgeht, daß die geforderte Zuverlässigkeit gegeben ist.

(2) Wird im Heimat- oder Herkunftsstaat für die erstmalige Aufnahme der betreffenden Tätigkeit ein Zuverlässigkeitsnachweis nicht verlangt, so kann der Aufnahmestaat von den Staatsangehörigen dieses Heimat- oder Herkunftsstaats einen Strafregisterauszug oder, wenn dieser nicht beigebracht werden kann, einen gleichwertigen Nachweis verlangen, der von der zuständigen Behörde des Heimat- oder Herkunftsstaats ausgestellt ist.

(3) Hat der Aufnahmestaat von schwerwiegenden und genau bestimmten Tatbeständen Kenntnis, die ausserhalb seines Hoheitsgebiets eingetreten sind und die sich im Aufnahmestaat auf die Aufnahme der betreffenden Tätigkeit auswirken können, so kann er den Heimat- oder Herkunftsstaat davon unterrichten.

Der Heimat- oder Herkunftsstaat prüft die Richtigkeit der Tatbestände, sofern sie sich in diesem Mitgliedstaat auf die Aufnahme der betreffenden Tätigkeit auswirken könnten. Die Behörden dieses Staates legen Art und Umfang der Prüfung, die durchzuführen ist, selbst fest und unterrichten den Aufnahmestaat über die Folgerungen, die sie hinsichtlich der von ihnen ausgestellten Bescheinigungen und Nachweise daraus ziehen.

Die Mitgliedstaaten sorgen für die Vertraulichkeit der übermittelten Angaben.

Artikel 7

(1) Bestehen in einem Aufnahmestaat bezueglich der Ausübung einer Tätigkeit im Sinne des Artikels 1 Rechts- und Verwaltungsvorschriften über den Nachweis der Zuverlässigkeit einschließlich Vorschriften über Disziplinarmaßnahmen wegen schwerwiegenden standeswidrigen Verhaltens oder wegen der Verurteilung auf Grund strafbarer Handlungen, so übermittelt der Heimat- und Herkunftsstaat dem Aufnahmestaat die erforderlichen Auskünfte über die gegen den Betreffenden verhängten beruflichen oder administrativen Maßnahmen oder Sanktionen sowie über die Strafsanktionen, welche die Ausübung des Berufes im Heimat- oder Herkunftsstaat betreffen.

(2) Hat der Aufnahmestaat von schwerwiegenden und genau bestimmten Tatbeständen Kenntnis, die ausserhalb seines Hoheitsgebiets eingetreten sind und die sich im Aufnahmestaat auf die Ausübung der betreffenden Tätigkeit auswirken können, so kann er den Heimat- oder Herkunftsstaat davon unterrichten.

Der Heimat- oder Herkunftsstaat prüft die Richtigkeit der Tatbestände, sofern sie sich in diesem Mitgliedstaat auf die Ausübung der betreffenden Tätigkeit auswirken könnten. Die Behörden dieses Staates legen Art und Umfang der Prüfung, die durchzuführen ist, selbst fest und unterrichten den Aufnahmestaat über die Folgerungen, die sie hinsichtlich der von ihnen gemäß Absatz 1 übermittelten Auskünfte ziehen.

(3) Die Mitgliedstaaten sorgen für die Vertraulichkeit der übermittelten Angaben.

Artikel 8

Verlangt ein Aufnahmestaat von seinen eigenen Staatsangehörigen für die Aufnahme oder die Ausübung einer Tätigkeit im Sinne des Artikels 1 ein Zeugnis über den körperlichen und geistigen Gesundheitszustand, so erkennt dieser Staat die Vorlage der im Heimat- oder Herkunftsstaat geforderten Bescheinigung als ausreichend an.

Wird im Heimat- oder Herkunftsstaat für die Aufnahme oder die Ausübung der betreffenden Tätigkeit ein derartiges Zeugnis nicht verlangt, so erkennt der Aufnahmestaat bei Staatsangehörigen dieses Heimat- oder Herkunftsstaats eine von dessen zuständigen Behörden ausgestellte Bescheinigung an, die den Bescheinigungen des Aufnahmestaats entspricht.

Artikel 9

Die in den Artikeln 6, 7 und 8 genannten Bescheinigungen dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein.

Artikel 10

(1) Das Verfahren für die Zulassung des Begünstigten zur Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne des Artikels 1 in Übereinstimmung mit den Artikeln 6, 7 und 8 muß innerhalb kürzester Frist, spätestens aber drei Monate nach Einreichung der vollständigen Unterlagen des Betreffenden abgeschlossen werden, und zwar unbeschadet der Fristen, die sich aus der etwaigen Einlegung eines Rechtsmittels im Anschluß an dieses Verfahren ergeben können.

(2) In den in Artikel 6 Absatz 3 und in Artikel 7 Absatz 2 genannten Fällen wird der Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist durch den Antrag auf Überprüfung ausgesetzt.

Der konsultierte Mitgliedstaat muß seine Antwort binnen drei Monaten erteilen.

Der Aufnahmestaat setzt das in Absatz 1 genannte Verfahren fort, sobald diese Antwort vorliegt oder diese Frist abgelaufen ist.

B. Besondere Bestimmungen betreffend den Dienstleistungsverkehr

Artikel 11

(1) Wird in einem Mitgliedstaat von den eigenen Staatsangehörigen für die Aufnahme oder Ausübung einer Tätigkeit im Sinne des Artikels 1 eine Genehmigung oder die Eintragung oder Mitgliedschaft bei einem Berufsverband oder einer Berufskörperschaft verlangt, so befreit dieser Mitgliedstaat im Falle der Erbringung von Dienstleistungen die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten von diesem Erfordernis.

Der Begünstigte hat beim Erbringen von Dienstleistungen die gleichen Rechte und Pflichten wie die Staatsangehörigen des Aufnahmestaats ; insbesondere unterliegt er den beruflichen und administrativen Disziplinarvorschriften dieses Mitgliedstaats.

Trifft der Aufnahmestaat in Anwendung des Unterabsatzes 2 eine Maßnahme oder hat er Kenntnis von Tatbeständen, die diesen Vorschriften zuwiderlaufen, so unterrichtet er davon unverzueglich den Mitgliedstaat, in dem sich der Begünstigte niedergelassen hat.

(2) Der Aufnahmestaat kann vorschreiben, daß der Begünstigte die Erbringung seiner Dienstleistung den zuständigen Behörden vorher anzeigt, falls sie einen vorübergehenden Aufenthalt in diesem Aufnahmestaat erforderlich macht.

In dringenden Fällen kann diese Anzeige unverzueglich nach Erbringung der Dienstleistung erfolgen.

(3) Nach den Absätzen 1 und 2 kann der Aufnahmestaat von dem Begünstigten ein oder mehrere Dokumente mit folgenden Angaben verlangen: - die in Absatz 2 genannte Anzeige,

- eine Bescheinigung, aus der hervorgeht, daß der Begünstigte die betreffenden Tätigkeiten im Mitgliedstaat seiner Niederlassung rechtmässig ausübt

- eine Bescheinigung, aus der hervorgeht, daß der Begünstigte das/den oder die für die Erbringung der betreffenden Dienstleistung erforderlichen Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise im Sinne dieser Richtlinie besitzt.

(4) Das oder die in Absatz 3 vorgesehenen Dokumente dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als 12 Monate sein.

(5) Entzieht ein Mitgliedstaat einem seiner Staatsangehörigen oder einem in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats ganz oder teilweise und vorübergehend oder endgültig das Recht auf Ausübung einer Tätigkeit im Sinne des Artikels 1, so sorgt er je nach Fall für den vorübergehenden oder endgültigen Entzug der in Absatz 3 unter dem zweiten Gedankenstrich genannten Bescheinigung.

Artikel 12

Wird in einem Aufnahmestaat zur Abrechnung mit einem Versicherer für Tätigkeiten zugunsten von Sozialversicherten die Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit verlangt, so befreit dieser Mitgliedstaat im Falle der Erbringung von Dienstleistungen, für die der Begünstigte den Ort wechseln muß, die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen haben, von diesem Erfordernis.

Der Begünstigte unterrichtet jedoch zuvor oder in dringenden Fällen nachträglich diese Körperschaft von der Erbringung seiner Dienstleistung.

C. Gemeinsame Bestimmungen betreffend das Niederlassungsrecht und den Dienstleistungsverkehr

Artikel 13

Bestehen in einem Aufnahmestaat Vorschriften über das Führen der Berufsbezeichnung im Zusammenhang mit einer der Tätigkeiten im Sinne des Artikels 1, so führen die Staatsangehörigen der übrigen Mitgliedstaaten, die die in den Artikeln 2 und 4 vorgesehenen Bedingungen erfuellen, die Berufsbezeichnung, die im Aufnahmestaat der betreffenden Berufsausbildung entspricht, und verwenden die entsprechende Abkürzung.

Artikel 14

Wird in einem Aufnahmestaat von dessen Staatsangehörigen für die Aufnahme und Ausübung einer Tätigkeit im Sinne des Artikels 1 eine Eidesleistung oder eine feierliche Erklärung verlangt, so sorgt dieser Mitgliedstaat dafür, daß den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten, die die Formel dieses Eides oder dieser feierlichen Erklärung nicht benutzen können, eine geeignete gleichwertige Formel zur Verfügung steht.

Artikel 15

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um den Begünstigten die Möglichkeit zu geben, Informationen über die Gesundheits- und Sozialvorschriften sowie gegebenenfalls über die Standesregeln des Aufnahmestaats zu erhalten.

Zu diesem Zweck können sie Informationsstellen einrichten, bei denen sich die Begünstigten die erforderlichen Informationen beschaffen können. Die Aufnahmestaaten können den Begünstigten im Falle der Niederlassung die Verpflichtung auferlegen, mit diesen Stellen Verbindung aufzunehmen.

(2) Die Mitgliedstaaten können die in Absatz 1 genannten Stellen bei den zuständigen Behörden und Stellen, die sie innerhalb der in Artikel 19 Absatz 1 vorgesehenen Frist bestimmen, einrichten.

(3) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß die Begünstigten gegebenenfalls, in ihrem Interesse und im Interesse ihrer Patienten, die Sprachkenntnisse erwerben, die sie für die Ausübung ihrer Berufstätigkeit im Aufnahmestaat brauchen.

KAPITEL VI SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 16

Bei begründeten Zweifeln kann der Aufnahmestaat von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem ein Diplom, Prüfungszeugnis oder sonstiger Befähigungsnachweis im Sinne der Kapitel II und III ausgestellt worden ist, die Bestätigung verlangen, daß dieses Diplom, Prüfungszeugnis oder der sonstige Befähigungsnachweis echt ist und der Begünstigte alle Ausbildungsbedingungen der Richtlinie 77/453/EWG erfuellt hat.

Artikel 17

Die Mitgliedstaaten bezeichnen innerhalb der in Artikel 19 Absatz 1 vorgesehenen Frist die Behörden und Stellen, die für die Erteilung oder Entgegennahme der in dieser Richtlinie genannten Diplome, Prüfungszeugnisse, sonstigen Befähigungsnachweise, Bescheinigungen und Informationen zuständig sind, und unterrichten unverzueglich die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission.

Artikel 18

Diese Richtlinie gilt auch für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten, die nach der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 eine Tätigkeit im Sinne des Artikels 1 als Angestellte ausüben oder ausüben werden.

Artikel 19

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um dieser Richtlinie binnen zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen, und setzen die Kommission unverzueglich davon in Kenntnis.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 20

Falls sich bei der Anwendung dieser Richtlinie für einen Mitgliedstaat grössere Schwierigkeiten auf bestimmten Gebieten ergeben sollten, prüft die Kommission diesem Schwierigkeiten in Zusammenarbeit mit diesem Staat und holt die Stellungnahme des Ausschusses Hoher Beamter für das öffentliche Gesundheitswesen ein, der durch den Beschluß 75/365/EWG (1) geändert durch den Beschluß 77/455/EWG (2), eingesetzt worden ist.

Die Kommission legt dem Rat gegebenenfalls geeignete Vorschläge vor.

Artikel 21

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Luxemburg am 27. Juni 1977.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. SILKIN (1)ABl. Nr. L 167 vom 30.6.1975, S. 19. (2)Siehe Seite 13 dieses Amtsblatts.