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64/307/EWG: Erstes gemeinsames Programm zur Förderung des Austauschs junger Arbeitskräfte innerhalb der Gemeinschaft

Amtsblatt Nr. 078 vom 22/05/1964 S. 1226 - 1228
Dänische Sonderausgabe: Reihe II Band IX S. 0017
Englische Sonderausgabe: Reihe II Band IX S. 0017


ERSTES GEMEINSAMES PROGRAMM zur Förderung des Austauschs junger Arbeitskräfte innerhalb der Gemeinschaft (64/307/EWG)

DIE IM RAT VEREINIGTEN VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN DER EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT -

nach Anhörung der Kommission -

BESCHLIESSEN,

das nachstehende erste gemeinsame Programm anzunehmen, um den Austausch junger Arbeitskräfte innerhalb der Gemeinschaft gemäß Artikel 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu fördern:

Abschnitt I Personen, auf die das Programm Anwendung findet

1. Für die Durchführung dieses gemeinsamen Programms gelten als junge Arbeitskräfte männliche und weibliche Praktikanten im Alter von im allgemeinen 18 bis 30 Jahren, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind, bereits eine berufliche Grundausbildung besitzen und sich in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats begeben, um dort ausser ihrer beruflichen Ausbildung ihre Bildung, ihre Sprachkenntnisse und ihre menschlichen Erfahrungen zu vervollkommnen, indem sie eine Beschäftigung ausüben, bei der die Höhe der Vergütung nicht entscheidend ist.

Abschnitt II Konsultationen zwischen den Mitgliedstaaten unter Teilnahme der Kommission

2. Die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten treten entweder aus eigener Initiative oder auf Veranlassung der Kommission mit Vertretern der Kommission in regelmässigen Zeitabständen, mindestens jedoch einmal jährlich zusammen, um die Maßnahmen zu prüfen, die zur Förderung und schrittweisen Erweiterung des Austauschs junger Arbeitskräfte in allen Wirtschaftszweigen und für alle Berufsgruppen gemeinsam getroffen werden können.

3. Die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten unterrichten sich gegenseitig über ihre Erfahrungen beim Austausch junger Arbeitskräfte und prüfen gemeinsam, namentlich an Hand statistischer Unterlagen, die Ergebnisse und die aufgetretenen Probleme, um gegebenenfalls gemeinsame Lösungen zu finden, durch die sich insbesondere die Verwaltungsformalitäten vereinfachen lassen und ein zufriedenstellender Verlauf der Praktika gewährleistet wird.

4. Die Kommission wirkt bei der Ermittlung dieser Lösungen mit.

Abschnitt III Unterrichtungsmaßnahmen der Kommission

5. Die Kommission trifft in enger Zusammenarbeit mit den Regierungen der Mitgliedstaaten zur Unterrichtung geeignete Maßnahmen, um zur Entwicklung des Austauschs junger Arbeitskräfte in der Gemeinschaft beizutragen. Die Kommission richtet sich dabei unter anderem an: a) alle interessierten Personen und insbesondere an die Arbeitgeber und ihre Verbände, um sie zu stärkerer Mitwirkung bei der Verwirklichung des Austauschs junger Arbeitskräfte anzuregen;

b) die Jugendverbände, die Betreuungsstellen für Praktikanten, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen, die Berufsverbände und die sonstigen interessierten Stellen, damit diese vollständig über die Ziele der Regierungen der Mitgliedstaaten und der Organe der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Austauschs junger Arbeitskräfte und über die Durchführung der dafür vorgesehenen Maßnahmen unterrichtet und hierdurch ermutigt werden, ihre Tätigkeit zu erweitern und sie auf einzelstaatlicher Ebene wie auch im Rahmen der Gemeinschaft zu koordinieren.

Abschnitt IV Beratende Ausschüsse der Mitgliedstaaten

6. Damit sich die Regierungen alle Erfahrungen der beteiligten Stellen zunutze machen, die Wirtschafts- und Gewerkschaftskreise in grösserem Masse heranziehen und geeignete Schritte sowohl auf regionaler Ebene als auch innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige fördern können, konsultieren sie in Fragen des Austauschs junger Arbeitskräfte regelmässig ein hierfür bereits bestehendes oder noch zu schaffendes geeignetes Organ ; dieses Organ besteht insbesondere aus Vertretern der betreffenden Behörden, aus Vertretern, die von den Arbeitgeberund Arbeitnehmervereinigungen bestellt werden, und gegebenenfalls aus Vertretern der wichtigsten auf diesem Gebiet besonders erfahrenen öffentlich-rechtlichen oder privat-rechtlichen Einrichtungen.

7. Das in Punkt 6 genannte geeignete Organ soll die Tätigkeit der besonderen Einrichtungen für die Betreuung der Praktikanten fördern und gegebenenfalls den Anstoß zur Schaffung oder Entwicklung derartiger Einrichtungen geben.

Abschnitt V Der Austausch

8. Die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten machen auf den in Punkt 2 genannten Tagungen Angaben über die Zahl der Stellen, die sie Praktikanten aus den anderen Mitgliedstaaten voraussichtlich zur Verfügung stellen können, und gegebenenfalls über deren Aufteilung auf die einzelnen Wirtschaftszweige.

Die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten machen gleichzeitig möglichst genaue Angaben über die Zahl der Stipendien, die den Praktikanten gewährt werden können, beziehungsweise über den Hoechstbetrag, den sie zur Unterstützung der Praktikanten im Aufnahmeland aufbringen wollen.

Die Regierungen der Mitgliedstaaten tragen unter Berücksichtigung des jährlichen, an Hand der vorgenannten Angaben ermittelten Umfangs des Austauschs von Praktikanten dafür Sorge, daß bei diesem Austausch ein gewisses Gleichgewicht zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten gewahrt wird.

9. Die Praktikanten, die dieses Programm in Anspruch zu nehmen wünschen, reichen ihren Antrag bei der zuständigen Behörde ein.

Vom Bewerber dürfen höchstens folgende Unterlagen verlangt werden: a) ein Zeugnis über die berufliche Befähigung oder gegebenenfalls Arbeitsbescheinigungen;

b) ein Lichtbild des Antragstellers;

c) bei Minderjährigen eine Genehmigung der Person, der das Recht der Personensorge für den Antragsteller zusteht.

Die Anträge sind auf einem einheitlichen Formular einzureichen, das die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten in gegenseitigem Einvernehmen festlegen.

10. Die zuständigen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten wählen die Bewerber aus und übermitteln den zuständigen Behörden des Aufnahmelandes die Unterlagen betreffend die von ihnen vorgeschlagenen Bewerber. Gleichzeitig werden gegebenenfalls Hinweise auf die Gewährung eines Stipendiums und auf sonstige Unterstützungsmaßnahmen übermittelt. Die zuständigen Behörden des Aufnahmelandes entscheiden über die Zulassung der Bewerber und über die Gewährung einer Unterstützung.

11. Die Dauer des Praktikums soll in der Regel 6 bis 18 Monate betragen.

12. Hinsichtlich der Reise- und Aufenthaltsbestimmungen und der Formalitäten für die Erlangung der Aufenthalts- und der Arbeitsgenehmigung gilt für die Praktikanten eine mindestens ebenso günstige Regelung wie für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Anwendung der Artikel 48 und 49 des Vertrages.

13. Nach Ablauf ihres Praktikums können die Praktikanten im Hoheitsgebiet des Aufnahmelandes bleiben, wenn sie dort eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit ausüben wollen und wenn sie den nach anderen Artikeln des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder nach den Verträgen über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft erlassenen Vorschriften entsprechen. Auf jeden Fall wird bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer, welche den Anspruch auf Erlangung der Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung begründet, die für Wanderarbeitnehmer erforderlich sind, die Dauer des Praktikums nicht berücksichtigt.

14. Die Praktikanten genießen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Arbeitsschutzvorschriften und des arbeitsrechtlichen Schutzes die gleiche Behandlung wie die inländischen Arbeitnehmer ; ein Praktikum darf nur genehmigt werden, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, die Praktikanten zum gleichen Lohn und zu den gleichen Arbeitsbedingungen zu beschäftigen, wie sie für Inländer gelten, die vergleichbare Leistungen erbringen.

15. Die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich, die auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Praktikanten einen angemessenen Schutz zu gewährleisten, der - falls zweckmässig - von den Regierungen näher zu bestimmen ist.

16. Die Praktikanten unterliegen den steuerlichen Vorschriften des Aufnahmelandes.

17. Die Regierungen der Mitgliedstaaten bezeichnen die für die Gestaltung und den Ablauf der Praktika zuständige(n) Behörde(n) und gegebenenfalls die dafür zuständige Koordinierungsstelle.

18. Die zwischen den Mitgliedstaaten geltenden bilateralen Abkommen werden im Sinne des gemeinsamen Programms angewandt ; diejenigen Bestimmungen dieser Abkommen, die für die Praktikanten ungünstiger sind als die Bestimmungen des gemeinsamen Programms werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten nicht mehr geltend gemacht.

Geschehen zu Brüssel am 8. Mai 1964.