2001/782/EG: Entscheidung der Kommission vom 9. August 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache Nr. COMP/D1/29.373 — Visa International) (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 2425)
Amtsblatt Nr. L 293 vom 10/11/2001 S. 0024 - 0041
Entscheidung der Kommission vom 9. August 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache Nr. COMP/D1/29.373 - Visa International)(1) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 2425) (Nur der englische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (2001/782/EG) DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, gestützt über das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, gestützt auf die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrags(2), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1216/1999(3), insbesondere auf Artikel 2, im Hinblick auf den Antrag auf Negativattest und die Anmeldung für eine Freistellung gemäß den Artikeln 2 und 4 der Verordnung Nr. 17 durch Visa International vom 31. Januar 1977, im Hinblick auf die Entscheidung der Kommission vom 6. Mai 1999 über die Einleitung eines Verfahrens in dieser Sache, nach Veröffentlichung einer Zusammenfassung des Antrags und der Anmeldung und Aufforderung an alle betroffenen Dritten, ihre Bemerkungen gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 zur Absicht der Kommission zu unterbreiten, die angemeldete Vereinbarung zu befürworten(4), nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen, in Erwägung nachstehender Gründe: I. SACHVERHALT 1. ALLGEMEINES (1) Am 31. Januar 1977 hatte Ibanco Ltd, seit 1979 unter dem Namen Visa International bekannt, bei der Kommission bestimmte Regeln und Bestimmungen der Visa Association und ihrer Mitglieder angemeldet und dafür ein Negativattest oder ersatzweise eine Freistellung nach Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag beantragt. (2) Die Kommission hatte diesen Vorgang mit der Versendung eines Verwaltungsschreibens am 29. April 1985 abgeschlossen. Nachdem bei ihr eine Beschwerde des British Retail Consortium wegen der multilateralen Abwicklungsgebühr(5) für internationale Zahlungen im Visa-System eingegangen war, nahm sie die Untersuchung dieses Falls wieder auf und zog das Verwaltungsschreiben am 4. Dezember 1992 zurück. Hierbei wurde auch eine Beschwerde berücksichtigt, die am 23. Mai 1997 von Eurocommerce, einem Groß- und Einzelhandelsverband der Gemeinschaft mit internationalen Aktivitäten, wegen bestimmter Gesichtspunkte unter anderem des Bezahlkartensystems von Visa International eingelegt worden war(6). 2. DIE PARTEIEN 2.1. VISA INTERNATIONAL (3) Visa International Service Association (Visa) ist eine gewinnorientierte Organisation, die 20000 Finanzinstituten aus allen Teilen der Welt, ihren Mitgliedern, gehört. Ihr Umsatz beträgt 1455 Mio. USD weltweit und [Berufsgeheimnisse] Mio. USD in der Visa Region EU (die Zahlen für 1999 werden von Visa nachgereicht). Die in den Vereinigten Staaten eingetragene Gesellschaft betreibt das Visa-Kartensystem. Hierzu verwaltet sie Warenzeichen, legt die Regeln des Systems fest und erbringt Zulassungs- und Abrechnungsdienste über ein weltweites Computer- und Telekommunikationsnetz mit der Bezeichnung VisaNet. Visa gibt weder Visa-Karten an Privatpersonen aus, noch geht sie Verträge mit Einzelhändlern über die Annahme von Visa-Karten ein; dies wird von den Finanzinstituten, den Mitgliedern, übernommen, die hierzu eine Lizenz von Visa erhalten. (4) Visa hat sein Tätigkeitsgebiet in sechs Weltregionen unterteilt. Die Region EU, die zusätzlich zur Gemeinschaft auch die EFTA-Länder Island, Liechtenstein, die Schweiz und Norwegen, sowie die Türkei, Israel, Zypern und Malta umfasst, zählt mehr als 5000 Visa-Mitglieder. Alle Entscheidungen werden vom Verwaltungsrat für die Region EU (EU-Verwaltungsrat) getroffen, der jährlich von den Mitgliederinstituten dieser Region gewählt wird. Er ist für die Angelegenheiten innerhalb der Region zuständig, z. B. den Erlass der regionalen Betriebsbestimmungen, und für die Zulassung bzw. die Ausschließung von Mitgliedern. In Ländern mit so genannten nationalen Gruppenmitgliedern (siehe Erwägungsgrund 7) hat der EU-Verwaltungsrat die Befugnis zur Entwicklung und Verwaltung der Visa- Kartenprogramme diesen Mitgliedern übertragen. 2.2. DIE VISA-MITGLIEDER (5) Es gibt verschiedene Kategorien der Visa-Mitgliedschaft, wobei jedem Finanzinstitut in der Regel sämtliche Kategorien offen stehen, das gemäß den Vorschriften seines Landes über Einlagen- und Kreditinstitute gegründet ist und zur Entgegennahme von Sichteinlagen befugt ist. Visa darf jedoch keinen Antragsteller als Mitglied aufnehmen, der vom Verwaltungsrat als Wettbewerber eingestuft wird(7). (6) In einigen Mitgliedstaaten gibt es ein Visa-Gruppenmitglied. Hierbei handelt es sich um ein Vollmitglied, das befugt ist, über die Eigentümer oder Mitglieder seine Stimmrechte wahrzunehmen und Visa-Kartenprogramme zu betreiben. Die Mitglieder eines Visa-Gruppenmitglieds sind assoziierte Mitglieder. Das Gruppenmitglied haftet für die Handlungen und Unterlassungen seiner Eigentümer oder Mitglieder(8). Mit einer Ausnahme(9) stellt kein Gruppenmitglied Visa-Karten selbst aus. Auch nehmen die meisten Gruppenmitglieder Anwerbungen selbst nicht vor(10)(11). Dies wird von den Mitgliedern übernommen. (7) Visa hat einigen Gruppenmitgliedern die Befugnis übertragen, Visa-Kartenprogramme zu entwickeln und zu verwalten. Diese werden von Visa als nationale Gruppenmitglieder bezeichnet und bestehen aus nahezu allen Gruppenmitgliedern(12). Diese als nationales Visa handelnden nationalen Gruppenmitglieder sind befugt, Regeln für die Funktionsweise von Visa-Programmen in ihrem Land festzulegen, die aber nicht gegen die Satzung und Betriebsregeln von Visa verstoßen dürfen. (8) Das nationale Gruppenmitglied entscheidet über die Anträge auf Lizenzen zur Ausgabe und Anwerbung von Visa-Karten in seinem Gebiet. Visa behält sich vor, ein Institut als direktes Mitglied aufzunehmen, wenn ein Gruppenmitglied nicht bereit sein sollte, ihm die Lizenz zur Ausübung von Visa-Kartentätigkeiten zu erteilen. Die nationalen Gruppenmitglieder müssen auch ihre Zustimmung zur Errichtung ausländischer Zweigstellen in ihrem Gebiet erteilen (siehe nachstehend). Der EU-Verwaltungsrat kann neue Mitglieder in sämtlichen Ländern direkt aufnehmen, wenn die Mitgliedschaft von einem nationalen Gruppenmitglied "unbegründet vorenthalten" wurde, oder wenn das nationale Gruppenmitglied darin einwilligt, dass die Visa-Mitgliedschaft direkt eingeräumt wird. 3. VEREINBARUNGEN 3.1. ALLGEMEINES (9) Die Anmeldung betrifft die Regeln und Vorschriften für die Visa-Vereinigung und ihre Mitglieder (d. h. die Gründungsurkunde (Certificate of Incorporation), die internationale Satzung und die Bevollmächtigungen der regionalen Verwaltungsräte), sowie sämtliche Bestimmungen über die Visa-Bezahlkarten (d. h. die allgemeinen internationalen Betriebsregeln, die regionalen Betriebsregeln für die EU, die Streitbeilegungsregeln und die Spezifikationen für Karten und Kodierzeichen). Sämtliche angemeldeten Regeln und Vorschriften werden im Folgenden als "die Visa-Regeln" bezeichnet. (10) Die Visa-Regeln bestimmen das Verhältnis zwischen Visa und seinen Mitgliedern, d. h. den Banken, die Visa-Karten ausstellen und den Banken, die Einzelhändler zur Annahme von Visa-Karten anwerben. Außerdem enthalten diese Regeln Bestimmungen über das Verhältnis zwischen den Visa-Mitgliedern (den Banken). Die Visa-Regeln enthalten auch Bestimmungen über das Verhältnis zwischen den anwerbenden Banken und den Einzelhändlern (z. B. das Diskriminierungsverbot und die Regel, sämtliche Karten anzuerkennen). Laut Visa werden lediglich die Grundmerkmale der Visa-Kartenprodukte vorgegeben, aber nicht die Vereinbarungen zwischen den Herausgebern von Visa-Karten und den Karteninhabern. 3.2. EINZELBESTIMMUNGEN 3.2.1. Diskriminierungsverbot (11) Das Diskriminierungsverbot in den Visa-Regeln verbietet es den Einzelhändlern, zusätzliche Gebühren bei der Bezahlung mit Visa-Karten zu erheben(13) und Rabatte für die Bezahlung z. B. mit Bargeld zu gewähren. Dies gilt jedoch nicht in Ländern, wo diese Vorgehensweise von den nationalen Wettbewerbsbehörden untersagt wurde, d. h. im Vereinigten Königreich (für Kreditkarten), in Schweden und den Niederlanden(14). (12) Es gibt eine ähnliche Regel für die Bargeldabhebung: Es ist der anwerbenden Bank untersagt, für eine manuelle Abhebung oder eine Abhebung am Geldautomaten eine Gebühr zu erheben, es sei denn, die einschlägigen Gesetze erlauben einem Mitglied, einen Aufschlag zu erheben(15). 3.2.2. Der Grundsatz der Gebietslizenzen (13) Das Ausstellen von Visa-Karten und die Anwerbung von Einzelhändlern darf nur von den Mitgliedern des Visa-Bezahlkartensystems vorgenommen werden, die eine entsprechende Lizenz besitzen. Visa erteilt grundsätzlich Gebietslizenzen, weshalb die Befugnis eines Visa-Mitglieds, Visa-Karten auszustellen und Einzelhändler anzuwerben, auf das Land beschränkt ist, wo es seinen Geschäftsschwerpunkt hat(16). Diese Möglichkeiten wurden von Visa stufenweise ausgeweitet (siehe Erwägungsgrund 14). 3.2.3. Die geänderten Regeln über die grenzüberschreitende Kartenausgabe (14) Die Visa-Regeln verpflichten Banken, die außerhalb ihres Niederlassungslandes Karten ausgeben möchten, dies über Tochtergesellschaften zu tun, die Visa beitreten können, oder über Auslandsniederlassungen in dem betreffenden Gebiet(17). In zwei Ausnahmefällen ist die Errichtung einer Tochtergesellschaft oder Niederlassung nicht erforderlich: erstens beim passiven Verkauf von Visa-Karten ohne Anwerbung, sofern das Kartenkonto bei der ausstellenden Bank im Land ihrer Niederlassung unterhalten wird(18) und zweitens bei der Ausstellung von Unternehmenskarten an die weltweit Beschäftigten eines multinationalen Unternehmens(19). (15) Auf der Zusammenkunft des EU-Verwaltungsrates vom 26. Mai 2000 wurden Änderungen an den Regeln für die grenzüberschreitende Kartenausstellung angenommen, mit denen das Erfordernis gestrichen wurde, dass ein Visa-Mitglied eine Tochtergesellschaft oder Niederlassung in einem Mitgliedstaat unterhalten muss, wo es Visa-Karten ausstellen möchte. Um den Fortbestand der Sicherheit und Qualität des Visa-Systems zu gewährleisten, hat Visa einige Mindestregeln erlassen, so z. B. die Anforderung, dass die grenzüberschreitende Ausstellung den Mitgliedern offen steht, die sich bereits als Kartenaussteller in ihrem hauptsächlichen Standort oder in einem Land bewährt haben, einen Geschäftsplan vorlegen und die einschlägigen Anforderungen erfuellen. Die geänderten Regeln über die grenzüberschreitende Ausstellung sind seit 30. April 2001 in Kraft. 3.2.4. Die geänderten Regeln über grenzüberschreitendes Anwerben (16) Die Visa-Regeln erlauben es den Visa-Banken, mit internationalen Luftfahrtunternehmen und einigen anderen Gruppen von Unternehmen, Verträge über Kartenanwerbungsleistungen zu schließen(20). Außerdem ermöglicht seit 1994 das Visa-Programm zum grenzüberschreitenden Anwerben in der EU/der EFTA den Banken die grenzüberschreitende Anwerbung von Einzelhändlern ohne Errichtung einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft in dem betreffenden Gebiet unter ähnlichen wie den in Abschnitt 3.2.3 bei der grenzüberschreitenden Ausgabe beschriebenen Bedingungen. [Berufsgeheimnisse] Schließlich müssen bei grenzüberschreitenden Geschäften bestimmte eingetragene inländische Regeln für sechs Bereiche beachtet werden, [Berufsgeheimnisse]. Kopien der eingetragenen inländischen Regeln werden von Visa International den Antragstellern für das grenzüberschreitende Anwerben zugesandt. Ursprünglich war dieses Programm auf bestimmte Gruppen von internationalen Einzelhändlern wie z. B. Autovermieter, Hotels, Fähren und Kreuzfahrtgesellschaften beschränkt. Seit dem 1. Januar 1999 wurde das grenzüberschreitende Anwerben für sämtliche Gruppen von international tätigen Einzelhändlern möglich gemacht(21). (17) Auf der Zusammenkunft des regionalen EU-Verwaltungsrates vom 26. Mai 2000 wurde vereinbart, das Erfordernis zu streichen, wonach ein grenzüberschreitend angeworbener Einzelhändler Verkaufsstätten in mehr als einem Land betreiben muss. Die entsprechenden Änderungen an den Betriebsvorschriften für die EU wurden auf der Zusammenkunft des EU-Exekutivausschusses vom 7. Juli 2000 genehmigt. Die geänderten Regeln über grenzüberschreitendes Anwerben traten am 1. Oktober 2000 in Kraft. 3.2.5. Kein Anwerben ohne Ausgabe von Karten (18) Gemäß den Visa-Regeln sind die Hauptmitglieder zwar förmlich verpflichtet, Karten auszustellen und Händler anzuwerben, in der Praxis besteht jedoch keine Anwerbepflicht. Mitglieder, die Einzelhändler für die Annahme von Karten werben möchten, müssen jedoch eine bestimmte Anzahl von Karten bereits ausgestellt haben, bevor sie in einem Land die Anwerbung aufnehmen können(22). Die Zielvorgabe unterscheidet sich hierbei in jedem Einzelfall, wobei die Anzahl der von bestehenden Mitgliedern in dem betreffenden Land zu jenem Zeitpunkt ausgegebenen Karten und das Potenzial für Visa-Karten innerhalb dieses Marktes berücksichtigt werden. Außerdem werden die Größe und das Potenzial des Antragstellers berücksichtigt. Visa führt an, dass die in einem Land der Visa-Region EU ausgestellten Karten berücksichtigt werden, um zu ermitteln, ob eine angemessene Anzahl von Karten ausgestellt wurde, bevor ein grenzüberschreitendes Anwerben erlaubt wird. 3.2.6. Anerkennung sämtlicher Karten (19) Ein Einzelhändler muss alle ordnungsgemäß zur Zahlung vorgelegten gültigen Karten anerkennen, die entweder mit dem Visa- oder dem Visa-Elektronsymbol versehen sind(23). Laut Visa müssen Einzelhändler, die gemäß ihrer Vereinbarung Visa-Karten anerkennen müssen, nicht die Elektron-Karten anerkennen, was im umgekehrten Fall entsprechend gilt. Die Anerkennungspflicht gilt unabhängig von der Art des Geschäfts, dem ausstellenden Institut, der Art der verwendeten Karte oder der persönlichen Merkmale des Karteninhabers. 4. DIE FUNKTIONSWEISE DES VISA-BEZAHLKARTENSYSTEMS (20) Die Anmeldung bezieht sich auf bestimmte Regeln und Bestimmungen im Zusammenhang mit der Funktionsweise des Bezahlkartensystems von Visa International. Visa-Karten können dazu verwendet werden, in einem Geschäft für Waren oder Dienstleistungen zu bezahlen, oder Bargeld entweder am Bankschalter oder von einem Geldautomaten abzuheben. Im ersten Fall gibt es vier Beteiligte: den Visa-Karteninhaber, die ausstellende Bank, den Einzelhändler und die anwerbende Bank (die Einzelhändler für die Annahme von Visa-Karten anwirbt). Im letztgenannten Fall gibt es nur drei Beteiligte, nämlich den Karteninhaber, die ausstellende Bank und den Betreiber des Geldautomaten. (21) Um eine Karte für Zahlungen oder das Abheben von Bargeld zu verwenden, muss der Verbraucher die Ausstellung bei einer Bank beantragen. Dies erfolgt gewöhnlich gegen eine von dem Karteninhaber der ausstellenden Bank entrichtete jährliche Gebühr. Außerdem muss der Einzelhändler für seine Bezahlvorgänge mit der anwerbenden Bank einen Vertrag über die Annahme von Karten schließen. Darin werden die Gebühr des Einzelhändlers und sonstige Konditionen festgelegt. (22) Bei einem Zahlungsvorgang kann daher zwischen zwei Leistungen unterschieden werden, d. h. einerseits der Ausgabe von Karten an Kunden und andererseits dem Anwerben von Einzelhändlern für die Annahme von Karten. Bei einem vierseitigen Vorgang werden die beiden Leistungen häufig von verschiedenen Instituten erbracht. 5. VERFAHREN (23) Nach der Wiederaufnahme des Falles im Jahr 1992 versandte die Kommission zwischen 1992 und 2000 verschiedene Auskunftsersuchen nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 an Visa, mehrere seiner Mitglieder und an den Beschwerdeführer Eurocommerce. Am 6. Mai 1999 wurden Beschwerdepunkte an Visa wegen des Diskriminierungsverbots und der zu jener Zeit noch bestehenden Beschränkungen bei der grenzüberschreitenden Ausgabe und Anwerbung versandt. Visa legte seine schriftlichen Bemerkungen zu den Beschwerdepunkten am 17. Januar 2000 vor, während am 15. März 2000 eine Anhörung gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 stattfand. Im Zuge der Ergebnisse von Markterhebungen zu den Auswirkungen einer Aufhebung des Diskriminierungsverbots, des Vorgehens der Wettbewerbsbehörden in einigen Ländern (siehe Erwägungsgrund 53) und der von Visa an seinen Regeln für grenzüberschreitende Dienstleistungen vorgenommenen Änderungen veröffentlichte die Kommission am 14. Oktober 2000 eine Bekanntmachung nach Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17(24), worin alle interessierten Dritten aufgefordert wurden, ihre Bemerkungen zu dem beabsichtigten Vorgehen der Kommission vorzulegen, keine Einwendungen gegen das Diskriminierungsverbot, die geänderten Regeln über grenzüberschreitende Dienstleistungen und andere Bestimmungen der in den Erwägungsgründen 18 und 19 erwähnten Visa-Regeln zu erheben. 6. BEMERKUNGEN VON DRITTER SEITE (24) Bei der Kommission sind mehrere Bemerkungen von dritter Seite zu der Bekanntmachung nach Artikel 19 Absatz 3 eingegangen. Die große Mehrzahl der Bemerkungen kam von Einzelhändlern und Einzelhändlerverbänden. Bemerkungen gingen auch von einem anderen Bezahlkartensystem und von zwei nationalen Wettbewerbsbehörden im EWR ein. (25) Die Bemerkungen der Einzelhändler beziehen sich hauptsächlich auf die angekündigte Absicht der Kommission, das Diskriminierungsverbot im Bezahlkartensystem von Visa International zu befürworten. Die Einzelhändler bemängeln die Gebühren, die sie bei der Verwendung von Visa-Karten zu entrichten haben und sind zum Teil der Auffassung, dass die Kosten von den Karteninhabern getragen werden sollten. Einige von ihnen haben eine Verbindung zwischen dem Diskriminierungsverbot und den multilateralen Abwicklungsgebühren hergestellt (die nicht Gegenstand der Bekanntmachung nach Artikel 19 Absatz 3 sind) und waren der Auffassung, dass dem Diskriminierungsverbot nur zugestimmt werden könnte, wenn die multilateralen Abwicklungsgebühren abgeschafft werden. (26) In ihren Bemerkungen zur Bekanntmachung nach Artikel 19 Absatz 3 beanstandet Eurocommerce nicht nur die beabsichtigte Zustimmung zu den Regeln von Visa International über das Diskriminierungsverbot und die Vorschrift, sämtliche Karten anzunehmen, sondern auch über das grenzüberschreitende Anwerben. Es hat seine in seiner Erwiderung zur Mitteilung nach Artikel 19 Absatz 3 dargelegte Haltung zu der Verpflichtung, sämtliche Karten anzunehmen, zwar nicht erläutert, jedoch in Verfahren betreffend seine Beschwerde gegen Visa geltend gemacht, dass diese Regelung von Visa International die Einzelhändler dazu verpflichte, verschiedene Arten von mit dem Visa-Kennzeichen versehene Karten (z. B. Kreditkarten, direkte oder Termindebetkarten, klassische oder Unternehmenskarten) einschließlich neuer Kartenarten anzunehmen, die von Visa in Zukunft eingeführt werden könnten. Eurocommerce ist damit nicht einverstanden, da die Händlergebühren als unterschiedlich je nach Art der verwendeten Karte dargestellt wurden, weshalb es die verschiedenen Kartentypen als unterschiedliche Produkte ansieht, deren Annahme den Einzelhändlern nach Auffassung von Eurocommerce frei stehen müsste. Eurocommerce befürchtet, dass mit der Annahmepflicht die Einzelhändler gezwungen werden könnten, gegenwärtige oder zukünftige Arten von Karten mit dem Visa-Zeichen anzunehmen, bei denen die Händlergebühren relativ hoch sind. (27) Eurocommerce beanstandet die Vorschrift in den Visa-Regeln für das grenzüberschreitende Anwerben, wonach die Anwerber verpflichtet werden können, die (eingetragenen) inländischen Regeln von Visa-Mitgliedern in Bezug auf (inländische) Abwicklungsgebühren zu befolgen. Es wendet sich gegen jegliche Abwicklungsgebühren nicht nur in der Regelung von Visa International, sondern grundsätzlich, da nach seiner Auffassung dadurch das grenzüberschreitende Anwerben zum Nachteil der Einzelhändler behindert werde. (28) Mit Schreiben vom 2. Februar 2001 informierte Eurocommerce die Kommission jedoch darüber, dass sie ihre Klage in Hinblick auf das in den Bezahlkartenregeln von Visa International geregelte Diskriminierungsverbot und die Annahmepflicht zurücknehme, und zwar "unter der Voraussetzung, dass die Kommission die multilateralen Abwicklungsgebühren verbiete" [...]. Eurocommerce betrachtet die multilateralen Abwicklungsgebühren als den wesentlichen Punkt der Klage. Nach Auffassung von Eurocommerce würde im Fall des Verbots der multilateralen Abwicklungsgebühren ein weiteres Verbot des Diskriminierungsverbots und/oder der Annahmepflicht nicht wesentlich dazu beitragen, den Wettbewerb auf dem Zahlkartenmarkt wiederherzustellen. (29) Die beiden nationalen Wettbewerbsbehörden haben in ihren Bemerkungen zu der Bekanntmachung nach Artikel 19 Absatz 3 die Auffassung vertreten, dass das Diskriminierungsverbot wettbewerbsbeschränkend sei. Beide nationalen Wettbewerbsbehörden haben u. a. das Diskriminierungsverbot in ihren jeweiligen Ländern verboten, und zwar 1994 und 1998. Eine der Wettbewerbsbehörden legte dar, dass das Diskriminierungsverbot den Wettbewerb zwischen Einzelhändlern, die Freiheit der Einzelhändler, ihre Preise gemäß den Kosten festzusetzen, den Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Zahlungssystemen und den Wettbewerb zwischen Bezahlkartengesellschaften beschränke. Die andere Wettbewerbsbehörde wies darauf hin, es sei nicht entscheidend, dass die meisten Einzelhändler gegenwärtig - wegen des Nichteingreifens des Diskriminierungsverbots - nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen, ihren Kunden Gebühren zu berechnen; vielmehr sei die Wichtigkeit des Diskriminierungsverbots für die wettbewerblichen Bedingungen auf dem Zahlkartenmarkt zu berücksichtigen. (30) Das inländische Bezahlkartensystem stimmte in seinen Bemerkungen zur Bekanntmachung nach Artikel 19 Absatz 3 mit der Absicht der Kommission überein, das Diskriminierungsverbot zuzulassen. Im Hinblick auf die Visa-Regeln über grenzüberschreitende Ausgaben (Erwägungsgrund 16) bemerkte es ferner, dass nach seiner Auffassung seine Mitglieder in der Lage sein sollten, alle inländischen einschließlich der bei Visa International nicht eingetragenen Regeln anzuwenden. (31) In Erwägungsgrund 53 sind die wettbewerbsrechtliche Bewertung des Diskriminierungsverbots, der Annahmepflicht und der Regeln für grenzüberschreitendes Anwerben durch die Kommission dargelegt. II. RECHTLICHE WÜRDIGUNG 7. ARTIKEL 81 ABSATZ 1 EG-VERTRAG/ARTIKEL 53 EWR-ABKOMMEN 7.1. DIE RELEVANTEN MÄRKTE 7.1.1. Marktdefinition von Visa (32) Visa macht geltend, dass der sachlich relevante Markt sämtliche Verbraucherzahlungsmittel, d. h. neben sämtlichen Arten von Bezahlkarten(25) auch Schecks(26) und Bargeld umfasse. Dies sei auch die Auffassung mehrerer seiner Mitglieder. Außerdem führt Visa zwei vorangehende Entscheidungen der Kommission in Bezug auf Schecks an, mit denen die Kommission angeblich eine Substituierbarkeit zwischen Schecks und anderen Zahlungsmitteln festgestellt habe(27). Schließlich bezieht sich Visa auf Urteile amerikanischer Gerichte zu Beschwerden gegen die mehrseitige Abwicklungsgebühr und das Diskriminierungsverbot in der Regelung von Visa International, wonach der relevante Markt, in dem Visa tätig ist und im Wettbewerb steht, der Markt für sämtliche Verbraucherbezahlungssysteme sei(28). (33) Hinsichtlich des räumlich relevanten Marktes macht Visa geltend, dass durch den weltweiten elektronischen Geschäftsverkehr auf dem Internet und die Einführung des Euro ein gemeinschaftsweiter oder sogar weltweiter Markt entstehe. Diese Auffassung werde auch von mehreren Visa-Mitgliedern geteilt. 7.1.2. Definition der Kommission 7.1.2.1. Der sachlich relevante Markt (34) Es lassen sich zwei Arten von Wettbewerb bei Bezahlkarten unterscheiden und zwar der Wettbewerb zwischen verschiedenen Zahlungssystemen/-netzen (unterschiedliche Bezahlkartensysteme/-netze und möglicherweise andere Zahlungsmittel als Karten), und der Wettbewerb zwischen Finanzinstituten (in der Regel Banken) um kartenbezogene Tätigkeiten (im Wesentlichen Ausgabe von Karten an Einzelpersonen und "Anwerbung" von Einzelhändlern für die Bezahlung mit Karten). Der erste dieser beiden Arten von Wettbewerb findet in der Regel auf dem "System/-Netzmarkt" als "vorgelagertem Markt" und der zweite in der Regel auf den "systeminternen oder nachgeordneten Märkten" statt. Auf den systeminternen Märkten stehen in jedem Bezahlsystem wie z. B. Visa die Finanzinstitute im Wettbewerb zueinander bei der Ausgabe von Karten mit dem entsprechenden Warenzeichen oder bei der Anwerbung von Einzelhändlern zur Annahme dieser Karten. (35) Die Visa-Regeln berühren sämtliche Arten von Wettbewerb. Erstens bestimmen sie die Wettbewerbslage von Visa gegenüber anderen Zahlungssystemen. Zweitens betreffen sie den Wettbewerb zwischen Banken innerhalb des Visa-Systems, indem sie bestimmte Normen und Bedingungen für die Ausgabe von Karten oder die Anwerbung von Vertragspartnern vorgeben, und die Banken daran hindern, sich durch das Angebot unterschiedlicher Bedingungen und Konditionen voneinander zu unterscheiden. Der wichtigste Markt ist jedoch der Markt der Bezahlsysteme, auf dem Visa International selbst tätig ist und seine Einnahmen erzielt (sowohl aus den Mitgliedsgebühren der Banken als auch den Abwicklungsgebühren für jeden Bezahlvorgang mit Visa-Karten). (36) Um möglichst häufig verwendet zu werden, muss eine Bezahlkarte von einer großen Anzahl von Einzelhändlern angenommen werden und müssen die Karteninhaber diese Karte unter den verschiedenen Karten in ihrem Besitz, die von den Einzelhändlern angenommen werden, auswählen. Es ist somit die Nachfrage sowohl von Seiten der Einzelhändler als auch der Karteninhaber zu untersuchen, um zu einer korrekten Definition des Kartensystemmarktes zu gelangen(29). Es handelt sich hierbei um eine gegenseitig abhängige Nachfrage: Auch gebührenfreie Karten werden nur verwendet, wenn sie im Einzelhandel angenommen werden und umgekehrt. (37) Deshalb hat die Auffassung von Visa, dass der relevante Markt sämtliche Arten der Bezahlung durch Verbraucher umfasse, die Kommission aus den nachstehenden Gründen nicht überzeugt. (38) Erstens ist nach Auffassung der Kommission Bargeld aus mehreren Gründen von dem relevanten Markt auszuschließen. Für die Einzelhändler ist Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel, das sie entgegennehmen müssen. Die Kosten für die Annahme von Bargeld sind weitgehend Verwaltungskosten und lassen sich nur schwer mit den Kosten für die Annahme von Kreditkarten vergleichen. Aus Sicht der Kunden ist Bargeld umständlich und gefährlich bei der Beförderung in großen Beträgen, und für teure Einkäufe ungeeignet. Es geht häufig aus und muss erneuert werden (in der Regel mittels einer Bargeld-Abhebungskarte). In allen Mitgliedstaaten ist der Durchschnittsbetrag eines Bargeldeinkaufs niedriger als der Durchschnittsbetrag eines Einkaufs mit Karte. Wenn auch bei Zahlungen eines mittleren Wertes entweder Bargeld oder Karten verwendet werden, gibt es einen klar erkennbaren Unterschied bei der Verwendung von Bargeld und Karten aufgrund des Zahlungsbetrags. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass eine kleine, jedoch spürbare Preiserhöhung bei Karten oder Bargeld (für die Einzelhändler oder ihre Kunden) zu einer spürbaren Verlagerung bei der Verwendung des einen zu dem jeweils anderen Zahlungsmittel führen würde. (39) Zweitens sind nach Auffassung der Kommission auch Schecks von dem relevanten Markt auszuschließen. In den meisten Mitgliedstaaten werden Schecks kaum für Käufe im Einzelhandel verwendet, sondern sind Bezahlungen auf Entfernung vorbehalten(30). In Mitgliedstaaten wie Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Irland, in denen Schecks häufig im Einzelhandel verwendet werden, gibt es unterschiedliche aufsichtsrechtliche Rahmenbestimmungen (z. B. ist es in Frankreich den Banken gesetzlich untersagt, für die Ausgabe von Schecks Gebühren zu erheben). Außerdem weisen Schecks gegenüber Kreditkarten erheblich andere Merkmale auf (Schecks müssen häufig erneuert werden, sie werden oft nur in Verbindung mit einer Scheckkarte oder einem Ausweis angenommen, ein Scheck muss ausgefuellt werden, was Zeit kostet ...)(31). (40) Außerdem können alle Arten von Entfernungsbezahlung (Giroüberweisungen usw.) von dem relevanten Markt ausgeschlossen werden, da sie sich nicht zur Bezahlung von Gegenständen im Laden eignen. (41) Es ist zu ermitteln, ob alle Kartenarten in den relevanten Markt einzubeziehen sind. Mögliche Kriterien für eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Karten wäre eine ausschließlich nationale bzw. eine internationale Verwendung und die mit der Karte angebotenen Möglichkeiten der Abbuchung (unverzügliches Abbuchen, verzögertes Abbuchen oder Kredit). In der Praxis können Kreditkarten in der Regel international und Debetkarten überwiegend nur im Inland verwendet werden. Internationale Kreditkarten können natürlich auch für Bezahlungen im Inland verwendet werden (die große Mehrzahl der Abbuchungen mit internationalen Karten sind inländische Bezahlvorgänge), außerdem wird bei vielen Kreditkarten die Kreditmöglichkeit nie ausgeschöpft. Visa-Karten sind stets international als Kredit- oder Termindebet-Karten und zuweilen sogar als Debetkarten mit sofortiger Abbuchung (z. B. bei einigen in Frankreich ausgestellten Visa-/CB-Karten und einigen im Vereinigten Königreich ausgestellten Visa-/Delta-Karten) verwendbar. (42) In dieser Entscheidung wird festgestellt, dass die betreffenden Visa-Regeln den Wettbewerb nicht einschränken bzw. keine spürbare Auswirkung auch auf dem am engsten definierten Markt (d. h. dem internationalen Kartenmarkt) haben; deshalb muss nicht ermittelt werden, ob in den relevanten Markt andere Arten von Bezahlkarten als internationale Karten einzubeziehen sind. (43) Es ist zu erwähnen, dass sich das Diskriminierungsverbot möglicherweise auf die Märkte der Einzelhändler (d. h. die Märkte für die von ihnen verkauften Waren und Dienstleistungen) auswirken könnte, da es die Freiheit der Einzelhändler einschränkt, einen Randaspekt ihres Preisverhaltens auf diesen Märkten zu bestimmen. Da jedoch die Auswirkungen des Diskriminierungsverbots nicht als spürbar angesehen werden (siehe Erwägungsrund 53), ist es nicht erforderlich, jeden dieser sehr zahlreichen Märkte im Einzelnen zu definieren. 7.1.2.2. Räumlich relevanter Markt (44) Der räumlich relevante Markt umfasst das Gebiet, in dem die betroffenen Unternehmen ihre Waren oder Dienstleistungen anbieten, wo die Wettbewerbsbedingungen hinreichend einheitlich sind und das sich von benachbarten Märkten durch spürbar andere Wettbewerbsbedingungen unterscheidet. (45) Hinsichtlich des räumlich relevanten Marktes geht die Kommission davon aus, dass der bei der wettbewerblichen Bewertung von Bezahlkarten-Systemen zu berücksichtigende Markt weiterhin national ist. Die Märkte für die Ausgabe von und Anwerbung für Bezahlkarten sind im Wesentlichen nationale Märkte(32). Dies trifft auf inländische Bezahlkarten weiterhin zu. Auch bei internationalen Bezahlkarten sind die Bedingungen für die Ausgabe und Anwerbung zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten noch nicht hinreichend einheitlich. Zum Beispiel gibt es weiterhin erhebliche Unterschiede bei den Einzelhändlergebühren zwischen verschiedenen Ländern(33). Außerdem unterscheidet sich die Höhe des Wettbewerbs in den einzelnen Mitgliedstaaten. So liegt z. B. in einigen Mitgliedstaaten die Anwerbung von Einzelhändlern in Händen nur eines oder weniger Anwerber, während in anderen Mitgliedstaaten der Markt der Anwerbung wettbewerbsintensiver ist. (46) Obwohl der relevante Markt weiterhin überwiegend der nationale Markt ist, zeigen Einzelhandelsunternehmen mit Niederlassungen in mehreren Mitgliedstaaten und internationale Banken zunehmend Interesse an grenzüberschreitenden Tätigkeiten, insbesondere am zentralen Anwerben, d. h. dem Eingehen eines Vertrages mit einer Bank in der Gemeinschaft, die besonders günstige Konditionen für die Annahme von Karten durch Einzelhandelsgeschäfte in der gesamten Gemeinschaft einräumt. Bisher haben vor allem internationale Autovermietungs-Gesellschaften und Hotelketten Verträge über das zentrale Anwerben mit international tätigen Banken für Visa-Karten geschlossen. Außerdem hat Visa auf das Einwirken der Kommission hin die verbleibenden Hindernisse bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen allmählich beseitigt (siehe Erwägungsgrund 58). Deshalb handelt es sich zumindest potenziell um einen gemeinschaftsweiten Markt. Da mit dieser Entscheidung festgestellt werden soll, dass keine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen vorliegt, was auch bei der engsten Marktdefinition ermittelt werden könnte, kann die genaue Marktdefinition in diesem Fall offen bleiben. 7.2. DER AUFBAU DES BEZAHLKARTENMARKTES 7.2.1. Wettbewerb zwischen Systemen (47) Neben Visa sind gegenwärtig die folgenden großen internationalen Bezahlorganisationen auf dem europäischen Markt tätig: Europay International und MasterCard International (über Europay), Japan Credit Bureau (JCB) und die internationalen dreiseitigen Systeme American Express und Diners Club International. Von den internationalen Bezahlorganisationen ist Europay in enger Zusammenarbeit mit MasterCard der bei weitem wichtigste Wettbewerber von Visa in Europa. Visa nimmt im Allgemeinen eine stärkere Stellung ein als Europay, wobei zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede herrschen(34). Während Visa im Vereinigten Königreich, in Spanien, Frankreich und Italien besonders stark ist, ist Europay u. a. in Deutschland, den Niederlanden und Österreich besser vertreten(35). (48) Neben den internationalen Anbietern sind in den einzelnen Mitgliedstaaten auch verschiedene nationale Bezahlkartensysteme vertreten. In einigen Mitgliedstaaten sind inländische Debetkartensysteme häufig das am meisten verwendete nichtbare Zahlungsmittel. 7.2.2. Wettbewerb innerhalb der Systeme 7.2.2.1. Ausgabe von Visa-Karten (49) In den meisten Mitgliedstaaten werden die Visa-Karten von verschiedenen Banken entweder direkt als Hauptmitglied oder als assoziiertes Mitglied oder als Mitglied eines Gruppenmitglieds ausgegeben. Die Anzahl der ausgebenden Banken unterscheidet sich in den einzelnen Mitgliedstaaten. Nur in Finnland werden Visa-Karten von nur einer Bank ausgestellt, nämlich dem nationalen Gruppenmitglied Luottokunta. 7.2.2.2. Anwerbung von Einzelhändlern für die Annahme von Visa-Karten (50) Die Anwerbetätigkeiten von Visa sind allgemein stärker konzentriert, doch unterscheidet sich die Anzahl der Anwerber in den einzelnen Ländern. So gibt es in Frankreich z. B. eine Vielzahl von Visa-Anwerbern, während in Dänemark PBS, der alleinige Anwerber sowohl für Visa als auch für Europay, de facto der einzige Anwerber ist, ebenso Luottokunta in Finnland für Visa- und Europay- Anwerbungen. In Österreich, Belgien, Spanien, Frankreich und Schweden werben die Mitglieder des Visa-Gruppenmitglieds Einzelhändler für die Visa-Bezahlung an. In der Praxis wird das Anwerbegeschäft jedoch häufig von einem einzigen Anwerber beherrscht. So ist z. B. in den Niederlanden VSB International und in Portugal Unicre der bei weitem wichtigste Anwerber, während in Belgien rund 90 % aller Visa-Bezahlvorgänge von der Bank Card Company angeworben werden. 7.3. DIE MARKTSTELLUNG VON VISA (51) Auf den nationalen Märkten für Bezahlkarten (internationale Bezahlkarten wie Visa und MC/EC, Eigenmarken-Karten große nationale Debetsysteme) hält Visa hinsichtlich der Anzahl der im Verkehr befindlichen Karten Anteile zwischen 4 und 69 %. Hinsichtlich Umfang und Wert der Visa-Bezahlungen schwankt der Marktanteil von Visa zwischen 2 und 95 % und zwischen 2 und 93 %(36). Die Marktmacht von Visa sollte jedoch nicht allein an den Marktanteilen gemessen werden, denn Visa entwickelt und betreibt eine ganze Palette an Bezahlkarten einschließlich internationaler Kredit- und Termindebetkarten (Visa), internationaler Debetkarten (Electron), Geldautomatenkarten (Visa Plus) und einer elektronischen Geldbörse (Visa Cash). Die Ausgabe dieser Karten und die Anwerbung der Einzelhändler erfolgt weltweit über ein Bankennetz. Ebenso wie Europay erzielt Visa große Einsparungen durch die Vernetzung: Beinahe alle Banken geben Visa-Karten aus, die in großer Zahl von Einzelhandelsgeschäften in der gesamten Gemeinschaft angenommen werden. Außerdem ist eine große Anzahl von Einzelhändlern wie Luftfahrtgesellschaften, Internet-Unternehmen, Versandhäusern, Restaurants etc. von internationalen Bezahlkartennetzen wie Visa mit ihrer großen Benutzerzahl abhängig. (52) Wenn es für den Eintritt in den Bezahlkartenmarkt der Gemeinschaft auch keine spürbaren technischen oder juristischen/aufsichtsrechtlichen Schranken geben mag, und es den Banken freisteht, sich Wettbewerbern wie American Express, Diners Club und JCB anzuschließen, können Visa und Europay ihrerseits auf Einsparungen aufgrund der Vernetzung und finanzielle Vorleistungen der Banken aufbauen, was die Errichtung eines großen neuen Bezahlkartensystems unwahrscheinlich macht. Ein sehr hoher Anteil der Banken in der Gemeinschaft ist entweder direkt oder über ein Gruppenmitglied einer dieser beiden Systeme angeschlossen. Sie werben einen großen Anteil der Einzelhändler für die Annahme von Visa-Karten und Eurocard-MasterCard-Karten an. Deshalb wäre es schwierig, außerhalb dieser bestehenden Systeme ein neues Bezahlprodukt im Markt durchzusetzen. Die Anwesenheit anderer Kredit- und Belastungskartengesellschaften wie American Express, Diners Club und JCB zeigt jedoch, dass ein Marktzutritt nicht unmöglich ist. 7.4. BESCHLÜSSE EINER UNTERNEHMENSVEREINIGUNG/VEREINBARUNGEN ZWISCHEN UNTERNEHMEN (53) Visa und jedes seiner Mitglieder, seien es Kreditinstitute oder Einrichtungen, die sich im Eigentum von Kreditinstituten befinden, üben eine wirtschaftliche Tätigkeit aus und sind somit Unternehmen im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen. Außerdem sind Visa (ein rechtsfähiger Verein, der von seinen Bankenmitgliedern und insbesondere durch deren Vertretung in den internationalen und regionalen Verwaltungsräten kontrolliert wird) und seine nationalen Gruppenmitglieder Unternehmensvereinigungen im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen. Somit können die Regeln für die Visa-Bezahlkartensysteme entweder als Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder als Vereinbarungen zwischen Unternehmen angesehen werden. Die betreffenden Beschlüsse/Vereinbarungen sind die Satzungen und die internationalen und gemeinschaftsweiten Betriebsregeln, die Vereinigung/das Unternehmen ist Visa; die Gründungsmitglieder der Vereinigung/der Unternehmen sind die Lizenznehmer im Rahmen der Visa-Zahlungssysteme. 7.5. BESCHRÄNKUNG DES WETTBEWERBS 7.5.1.1. Das Diskriminierungsverbot (54) Das Diskriminierungsverbot in den Visa-Regeln schränkt die Freiheit der Einzelhändler ein, indem es sie daran hindert, bei der Annahme von Visa-Karten Gebührenaufschläge zu erheben. Dies kann sich als Wettbewerbsbeschränkung auswirken. Die Ergebnisse der Marktuntersuchungen(37), die im Auftrag der Kommission in Schweden und den Niederlanden durchgeführt wurden, wo das Diskriminierungsverbot abgeschafft war, haben gezeigt, dass dies keine spürbaren Auswirkungen hatte. Dies lässt sich wie folgt erklären: (55) Obwohl mit der Aufhebung des Diskriminierungsverbots die Einzelhändler wieder in die Lage versetzt wurden, ihre Preis nach Gutdünken festzusetzen, nutzt nur ein relativ kleiner Anteil (rund 5 % in Schweden und 10 % in den Niederlanden) diese Freiheit, um bei der Bezahlung mit Karte einen Aufschlag zu erheben. Die große Mehrheit der Einzelhändler macht von der Möglichkeit keinen Gebrauch, einen Aufpreis zu erheben, wenn kein Diskriminierungsverbot gegeben ist. Die befragten Einzelhändler haben dies damit erklärt, dass sie eine negative Reaktion der Karteninhaber erwarten und dadurch Kunden verlieren könnten. Diese Einschätzung lässt auf eine begrenzte Wirkung des Diskriminierungsverbots auf den Wettbewerb in dem Markt der Kartensysteme schließen, da Aufschläge ein Faktor sind, der die Entscheidung eines Verbrauchers über die Verwendung seiner Karten beeinflussen kann, der jedoch nach der Aufhebung des Diskriminierungsverbots nicht in spürbarem Maß zum Tragen kam. (56) Neben der Tatsache, dass die meisten Einzelhändler keinen Aufpreis erheben, wird von ihnen vorgebracht, dass die Abschaffung des Diskriminierungsverbots auch keine Auswirkungen auf ihre Händlergebühren hatte. Von einigen wird sogar behauptet, dass ihre Gebühren seit der Abschaffung gestiegen seien. Somit hatte die Beseitigung dieses Verbots nur sehr geringe Auswirkungen auf den Markt der Anwerbung innerhalb eines Systems. Die Beseitigung erhöht offenbar nicht den Wettbewerb zwischen den anwerbenden Banken, um einen Druck auf die Preise ausüben zu können. (57) Hinsichtlich der Auswirkungen der Abschaffung des Diskriminierungsverbots auf den Wettbewerb zwischen Einzelhändlern auf den Märkten der verschiedenen von ihnen verkauften Waren und Dienstleistungen ist zu bemerken, dass die Möglichkeit, mit einer Karte zu bezahlen, eine zusätzliche Dienstleistung zu dem eigentlichen Gewerbe der Einzelhändler ist, die in keinem Fall getrennt "verkauft" wird. Die Preise für diesen Zusatzdienst sind nur ein geringer Bestandteil des Angebots der Einzelhändler, und die Marktstudien haben gezeigt, dass die Beseitigung des Diskriminierungsverbots den Preiswettbewerb zwischen den Einzelhändlern auf diesen Märkten nicht spürbar beeinflusst, da Aufschläge für die Verwendung von Karten nur in geringem Maß erhoben werden. Auch hat sie nicht die Transparenz für die Verbraucher erhöht, da, wie bereits erwähnt, in der Praxis nur wenige Einzelhändler einen Aufpreis erheben. Selbst wenn Aufschläge erhoben werden, erfahren die Verbraucher damit nichts über die Kosten der Kartenverwendung, zumal häufig ein höherer Betrag als die Händlergebühr erhoben wird, was z. B. in Taxigeschäften und Reisebüros der Fall ist. (58) Die Ergebnisse der Marktuntersuchungen haben den Nachweis erbracht, dass von dem Diskriminierungsverbot keine spürbaren wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen ausgehen. 7.5.1.2. Die geänderten Regeln über grenzüberschreitende Kartenausgabe (59) In ihrer ursprünglich angemeldeten Form wurden mit den Visa-Regeln über die grenzüberschreitende Kartenausgabe eine Reihe von Schranken gegenüber Banken errichtet, die Visa-Karten in der gesamten Gemeinschaft ausgeben möchten. Erstens erlaubten diese Regeln mit nur zwei Ausnahmen keine tatsächliche grenzüberschreitende Ausgabe, da in dem betreffenden Gebiet eine Zweigstelle oder Niederlassung errichtet werden musste. Wenn eine solche Anforderung von einer öffentlichen Behörde auferlegt würde, würde sie dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute(38) zuwiderlaufen. Zweitens ist in Ländern mit einem nationalen Gruppenmitglied (wie gegenwärtig in den meisten Mitgliedstaaten) deren vorherige Zustimmung zur Errichtung einer ausländischen Niederlassung erforderlich, wobei den Antragstellern zusätzliche Bedingungen auferlegt werden können. (60) Die Kommission ist der Auffassung, dass die geänderten Regeln über die grenzüberschreitende Kartenausgabe, die nicht mehr die Errichtung einer Zweigstelle oder Niederlassung und damit nicht die vorherige Zustimmung eines Gruppenmitglieds erfordern, keine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen bewirken. 7.5.1.3. Die geänderten Regeln über das grenzüberschreitende Anwerben (61) Wie die grenzüberschreitende Kartenausgabe waren auch die Möglichkeiten des grenzüberschreitenden Anwerbens in den ursprünglichen Visa-Regeln sehr beschränkt. Mit Ausnahme von bestimmten Gruppen internationaler Einzelhändler war die Errichtung einer Zweigstelle oder Niederlassung in dem betreffenden Gebiet vorgeschrieben und von der Zustimmung der Gruppenmitglieder abhängig. Visa International hat jedoch am 1. Januar 1999 sein Programm der grenzüberschreitenden Anwerbung auf alle Gruppen international tätiger Einzelhändler erweitert und, seit 1. Oktober 2000, auch auf den inländischen Einzelhandel. (62) Die Tatsache, dass gemäß den Visa-Regeln bei der grenzüberschreitenden Anwerbung bestimmte inländische Regeln des betreffenden Landes eingehalten werden müssen, sofern diese bei Visa International eingetragen wurden, kann nicht als ein Hindernis für das grenzüberschreitende Anwerben durch Visa International angesehen werden, da ansonsten die Regeln von Visa International anwendbar würden, es aber nicht anzunehmen ist, dass die grenzüberschreitende Anwerbung gemäß nationalen Regeln schwieriger als gemäß den internationalen Regeln von Visa International wäre. Diese Einschätzung besteht unbeschadet der Vereinbarkeit der jeweiligen inländischen Regeln mit den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft. 7.5.1.4. Der Grundsatz der Gebietslizenzen (63) Der Grundsatz der Gebietslizenzen in den Visa-Regeln beschränkt die geschäftliche Handlungsfreiheit der an den Visa-Bezahlkartensystemen teilnehmenden Banken insofern, als die Banken grundsätzlich nur in dem Gebiet Karten ausgeben und Einzelhändlergeschäfte anwerben dürfen, in dem sie eine Zweigstelle oder Niederlassung errichtet haben und für das sie eine Lizenz halten, wobei es sich in der Regel um einen Mitgliedstaat handelt(39). Außerdem wirken sich die Visa-Regeln über grenzüberschreitende Dienstleistungen beschränkend auf die Handlungsfreiheit potenzieller Karteninhaber und Einzelhändler aus, die daran gehindert werden, sich den günstigsten Erbringer von Bezahlkartendiensten frei auszuwählen. (64) Der Grundsatz der Gebietslizenzen beschränkt zwar die gewerbliche Freiheit der Beteiligten, die Kommission ist jedoch nicht der Auffassung, dass er den Wettbewerb im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen spürbar beeinträchtigt, da jedes Visa-Mitglied eine Änderung an seiner ursprünglichen Warenzeichenlizenz oder eine zusätzliche Lizenz je nach örtlich geltendem Warenzeichengesetz für jedes andere Gebiet erlangen kann, in dem es Banktätigkeiten ausüben darf. 7.5.1.5. Anwerben nur bei Ausgabe von Karten (65) Die Anforderung, dass die Mitglieder des Visa-Bezahlkartensystems Karten ausgeben müssen, bevor sie anwerben dürfen, und dass sie eine angemessene Anzahl von Karten ausgeben sollten, beschränkt die gewerbliche Freiheit der teilnehmenden Banken. Die Verpflichtung zur Ausgabe von Karten kann jedoch als eine Förderung der Entwicklung des Visa-Bezahlkartensystems angesehen werden, indem es eine breite Grundlage für Visa-Karten schafft und damit das Visa-System für den Einzelhandel attraktiver macht. Die Bindung des Anwerbens an das Ausstellen schafft keine spürbare Schranken für den Eintritt in den Anwerbungsmarkt. Hinsichtlich des grenzüberschreitenden Anwerbens werden laut Visa die in sämtlichen EG-/EFTA-Staaten ausgegebenen Karten berücksichtigt. Die Bindung des Anwerbens an das Ausstellen beschränkt somit nicht den Wettbewerb auf spürbare Weise und wird deshalb nicht von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen erfasst. 7.5.1.6. Pflicht zur Annahme sämtlicher Karten (66) Diese Vorschrift im Rahmen des Visa-Bezahlkartensystems verlangt von den Einzelhändlern, alle gültigen Karten mit dem Visa- oder dem Elektron-Emblem anzunehmen, die zur Zahlung ordnungsgemäß vorgelegt werden, bedingt jedoch nicht, dass alle anderen Visa-Produkte, wie z. B. die Elektron-Debetkarte, unter den gleichen Bedingungen angenommen werden müssen. Die Einzelhändler sind jedoch verpflichtet, jede gültige Karte mit dem Visa-Emblem einer bestimmten Marke, d. h. alle Visa-Karten unabhängig von ihrer Art anzunehmen. So müssen sie alle Visa-Karten anerkennen, und zwar die Kreditkarten (wie üblicherweise im Vereinigten Königreich), die Termin-Debetkarten (wie üblicherweise in Belgien) oder die Debetkarten mit Zwischenstatus (wie teilweise im Vereinigten Königreich und in Frankreich z. B.) und unabhängig davon, ob sie als klassische Visa-Karten oder als Visa-Unternehmenskarten ausgegeben wurden. (67) Die Kommission stimmt mit Visa darin überein, dass die Annahmepflicht die Entwicklung seiner Bezahlsysteme fordert, da sie gewährleistet, dass Karten aller ausgebenden Banken überall angenommen werden. Das Bezahlsystem von Visa könnte nicht richtig funktionieren, wenn ein Einzelhändler oder eine anwerbende Bank in der Lage wären, die Annahme von Karten zu verweigern, die von einer Bank im Ausland oder von anderen Banken im Inland ausgegeben wurden. Für die Entwicklung eines Bezahlsystems müssen die ausgebenden Institute sicher sein können, dass ihre Karten von Einzelhändlern angenommen werden, die Verträge mit anderen Anwerbern eingegangen sind. Ohne diese Sicherheit verliert das Emblem oder Warenzeichen auf einer Bezahlkarte seine Aussagekraft und Nützlichkeit vor allem bei internationalen Karten, die von Reisenden für Zahlungen im Ausland verwendet werden. (68) Die den Einzelhändlern auferlegte Verpflichtung, alle gültigen Karten einer bestimmten Marke unabhängig von der Art der Karte und ungeachtet der Händlergebühr anzuerkennen, kann nicht als Beschränkung des Wettbewerbs bezeichnet werden. Die Tatsache, dass die anwerbenden Banken von den Händlern unterschiedliche Gebühren verlangen, ist kein Nachweis dafür, dass unterschiedliche Arten von Visa-Karten keine nicht miteinander verbundenen Produkte sind. Außerdem wird die Händlergebühr nicht von Visa International sondern von den Anwerbern selbst festgelegt und in vielen Fällen sogar einzeln ausgehandelt. Wenn man es den Einzelhändlern überlassen würde, eine bestimmte Visa-Karte ausschließlich nach Maßgabe der ihm von seiner Bank in Rechnung gestellten Händlergebühr anzunehmen, wäre die flächendeckende Annahme der Bezahlkarten von Visa International gefährdet. Die Karteninhaber könnten nicht im Voraus wissen, ob ihre Visa-Karte angenommen wird. Es ist auch zu bedenken, dass die Art der ausgegebenen Visa-Karte sich je nach Ausgeber voneinander unterscheiden kann. Die internationale Funktion der Visa-Karte wäre gefährdet, wenn es den Einzelhändlern frei stuende, allein auf der Grundlage der von ihnen zu entrichtenden Händlergebühr eine bestimmte Visa-Karte anzunehmen. Schließlich sind die Händler aufgrund dieser Regel nicht verpflichtet, zukünftige Visa-Karten anzuerkennen, da sie die Annahme von Visa-Karten jederzeit einstellen können. (69) Die Annahmepflicht (in den Visa-Regeln) wird von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen nicht erfasst. 7.6. AUSWIRKUNGEN AUF DEN HANDEL ZWISCHEN MITGLIEDSTAATEN (70) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften muss zur Feststellung, dass eine Vereinbarung oder Verhaltensweise den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anhand einer Reihe objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände vorauszusehen sein, dass sie einen direkten oder indirekten, tatsächlichen oder potenziellen Einfluss auf den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten haben kann, der die Verwirklichung der Ziele eines Binnenmarktes in allen Mitgliedstaaten gefährden könnte(40). Die Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel ist normalerweise das Ergebnis des Zusammenwirkens verschiedener Faktoren, die für sich genommen nicht ausschlaggebend sein müssen(41). Ferner muss die Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels spürbar sein, wobei jedoch eine potenzielle Wirkung ausreicht(42). (71) Visa-Karten sind grenzüberschreitende Zahlungsmittel, die von den Karteninhabern nicht nur im Land der Ausstellung, sondern auch zur Bezahlung in Einzelhandelsgeschäften oder für Bargeldabhebungen in anderen Mitgliedstaaten verwendet werden können. Laut Visa belief sich der Anteil der internationalen Bezahlungen im Jahr 1998 an den Visa-Vorgängen in der Gemeinschaft auf [Berufsgeheimnisse; ungefähr 10 %]. Die Visa-Regeln gelten im gesamten Gemeinsamen Markt. (72) Nach alledem haben die in den Visa-Regeln enthaltenen Bestimmungen wenigstens potenzielle Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten - HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN: Artikel 1 Gestützt auf die ermittelten Tatsachen sieht die Kommission keinen Grund für ein Einschreiten nach Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen gegen die nachstehenden Bestimmungen in den angemeldeten Regeln und Bestimmungen des Bezahlkartensystems Visa International: - den Grundsatz der Gebietslizenzen in Abschnitt 2.10 der Satzung und der regionalen Betriebsregeln von Visa International (Satzung); - das Diskriminierungsverbot in Abschnitt 5.2.C der Allgemeinen Regeln - Betriebsregeln von Visa International - Band I (Allgemeine Regeln); - die geänderten Regeln über die grenzüberschreitende Ausgabe in Abschnitt 2.10 der Satzung, Abschnitt 3.03 der Satzung und Abschnitt 3.2.G der Allgemeinen Regeln; - die geänderten Regeln über das grenzüberschreitende Anwerben in Abschnitt 2.10 der Satzung, Abschnitt 4.2.A.2b der Allgemeinen Regeln und Abschnitt 4.11 der regionalen EU-Betriebsregeln; - die Bindung der Ausgabe an das Anwerben in den Abschnitten 2.04 bis 2.07 der Satzung und - die Pflicht zur Annahme sämtlicher Karten in den Abschnitten 4.2.A.1.C und 5.2.B.1 der Allgemeinen Regeln. Artikel 2 Diese Entscheidung ist gerichtet an: Visa International Service Association European Union Region 99 Kensington High Street London W8 5TE United Kingdom Brüssel, den 9. August 2001 Für die Kommission Mario Monti Mitglied der Kommission (1) Siehe auch ABl. C 316 vom 10.11.2001. (2) ABl. 13 vom 12.2.1962, S. 204/62. (3) ABl. L 148 vom 15.6.1999, S. 5. (4) ABl. C 293 vom 14.10.2000, S. 18. (5) Die multilaterale Abwicklungsgebühr ist eine Gebühr pro Zahlungstransaktion, die nach den Visa-Regeln zwischen zwei Banken zu zahlen ist, die an einer Zahlung per Visa-Karte beteiligt sind. Gegenwärtig wird die Gebühr von der Bank des Einzelhändlers an die Bank des Karteninhabers entrichtet. (6) Die Beschwerde von Eurocommerce betrifft im Wesentlichen die Abwicklungsgebühr u. a. in den Regeln für Bezahlkarten von Visa International. Diese Vorschrift wird noch untersucht und ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung. (7) Die Bestimmungen über die Visa-Mitgliedschaft werden im Rahmen der von Morgan Stanley Dean Witter eingelegten Beschwerde (Comp/37.860) noch untersucht und sind nicht Gegenstand dieser Entscheidung. (8) In folgenden Mitgliedstaaten gibt es ein Gruppenmitglied: Österreich (Visa Österreich), Belgien (Visa Belgien), Dänemark (PBS), Finnland (Luottokunta Kreditlag), Frankreich (Groupement Carte Bleue), Luxemburg (VisaLux), Spanien (Sistema 4B und Visa España) und Schweden (Visa Schweden Association). (9) Luottokunta in Finnland. (10) Der Erwerb erfordert den Abschluss von Verträgen mit Einzelhändlern über die Bearbeitung der Zahlungen und andere Leistungen im Zusammenhang mit der Annahme von Visa-Karten. (11) Mit Ausnahme von Luottokunta, PBS und VisaLux. (12) Ausgenommen VisaLux in Luxemburg und Sistema 4B in Spanien. (13) [Berufsgeheimnisse] (14) [Berufsgeheimnisse] (15) [Berufsgeheimnisse] (16) [Berufsgeheimnisse] (17) [Berufsgeheimnisse] (18) [Berufsgeheimnisse] (19) [Berufsgeheimnisse] (20) [Berufsgeheimnisse] (21) [Berufsgeheimnisse] (22) [Berufsgeheimnisse] (23) [Berufsgeheimnisse] (24) ABl. C 293 vom 14.10.2000, S. 18. (25) Zum Beispiel Kreditkarten, Termindebetkarten (auch als Belastungskarten bezeichnet), direkte Debetkarten, elektronische Geldbörsen, Eigentümerkarten (auch als Ladenkarten oder Eigenmarkenkarten bezeichnet) und zwar national und international. (26) Zum Beispiel Euroschecks, Reiseschecks, inländische Schecks. (27) Entscheidung vom 30. Juni 1993 in der Sache IV/M.350 WestLB/Thomas Cook, wonach unter Ziffer 9 ... Traveller Schecks in gewissem Maße im Wettbewerb mit anderen Arten der Bezahlung wie z. B. Kreditkarten und Euroschecks stehen; auch Entscheidung der Kommission 85/77/EWG in der Sache IV/30.717 - einheitliche Euroschecks (ABl. L 35 vom 7.2.1985, S. 43), nach Nummer 41 hat man bei einer Reise ins Ausland allgemein die Wahl zwischen verschiedenen Bezahlungsarten wie z. B. Bargeld, Traveller Schecks, postalische Zahlungsanordnungen, Kreditkarten, ATM-Karten und Euroschecks. (28) Nabanco Bancard Corporation/Visa USA (596 F. Supp.1231 (S.D. Fla. 1980) affid 770 F 2d 592 (11th Cir. 1986) und South Trust Corporation v. Plus System (71.219 (N.D. Ala. 1995)). (29) In vierseitigen Bezahlkartensystemen wie Visa sind sowohl die Einzelhändler (in ihrer Eigenschaft als Kunden der Anwerber) als auch die Karteninhaber (in ihrer Eigenschaft als Kunden der ausgebenden Institute) als Verbraucher anzusehen, weshalb bei der Ermittlung der Frage, welche Produkte gegenüber den Visa-Karten hinreichend substituierbar sind, die Stellung der Einzelhändler und der Karteninhaber zu berücksichtigen ist. Ihr Verhalten ist voneinander abhängig. Für einen Einzelhändler ergibt sich die Frage, welche Karten er annehmen soll, aus den Bezahlgewohnheiten seiner Kunden. (30) Die von Visa angeführten Entscheidungen der Kommission sind recht alt und berücksichtigen nicht die jüngsten Entwicklungen im Bezahlungssektor; sie beziehen sich auf die Substituierbarkeit anderer Zahlungsmittel als Schecks und nicht umgekehrt. Außerdem ließ die Kommission in beiden Entscheidungen die genaue Definition des relevanten Marktes offen. (31) Gegenwärtig sind in Euro ausgestellte Euroschecks bis zu einem Hoechstbetrag von 170 EUR garantiert. Ab 1. Januar 2002 wird diese Garantie wegfallen. (32) Siehe z. B. Entscheidung 96/454/EG der Kommission, Banque Nationale de Paris/Dresdner Bank in der Sache Nr. IV/34.607 (ABl. L 188 vom 27.7.1996, S. 37), in der die Banken und sonstigen Finanzdienstleistungen in die drei Hauptgruppen Einzelhandelsdienste, Großhandelsbankendienste für Unternehmen und rechtliche Einheiten sowie Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Finanzmärkten unterteilt wurden. Bei den räumlich relevanten Märkten kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Einzelhandels-Banktätigkeiten, zu denen die Bezahlkarten zählen, national sind. (33) Payment cards in Europe 1997, Retail Banking Research Ltd, International Overview, S. 33, Schaubild 29. (34) Es ist zu bedenken, dass nicht in allen Mitgliedstaaten Bezahlkarten in großem Umfang angeboten werden. So ist der Bezahlkartenmarkt im Vereinigten Königreich, in Deutschland, Frankreich und Spanien wesentlich stärker entwickelt als in Dänemark, Finnland, Österreich, Griechenland und Irland. (35) Retail Banking Research Ltd Payment cards in Europe, 1997. (36) Tabellen 1-3. (37) Nachforschungen von ITM zu den Auswirkungen der Abschaffung des Diskriminierungsverbots in den Niederlanden (März 2000) und Untersuchung von IMA über die Auswirkungen der Abschaffung dieses Verbots in Schweden (Februar 2000). (38) ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1. Durch diese Richtlinie wurde u. a. die Zweite Richtlinie 89/646/EWG des Rates vom 15. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG (ABl. L 386 vom 30.12.1989, S. 1) aufgehoben. (39) Mit Ausnahme von Irland und dem Vereinigten Königreich, das von Visa als ein einziges Gebiet angesehen wird. (40) Rechtssache 42/84 Remia/Kommission, Slg. 1985, S. 2545, Randnummer 22. (41) Urteil des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1994 in der Rechtssache C-250/92, Gøttrup-Klim Grovvareforeninger v Dansk Landbrugs Grovvareselskab AmbA, slg. 1994, I-5641, Randnummer 54. (42) Siehe auch Urteile des Gerichtshofs vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-219/95, Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1997, I-4411, S. 19, sowie vom 21. Januar 1999 in den verbundenen Rechtssachen C-215/95 und 216/96, Bagnasco, Slg. 1999, I-135. ANHANG Tabelle 1: Anzahl der in Verkaufsstellen benutzbaren Karten, die am 31. Dezember 1999 im Umlauf waren (soweit verfügbar) ((Ausgenommen sind (wo Daten verfügbar) Karten, die nicht an Verkaufsstellen verwendet werden können (z. B. Geldautomatenkarten).)) >PLATZ FÜR EINE TABELLE> Quellen: Visa Quarterly Operating Certificate (von Visa-Mitgliedern zusammengestellt), Europay, Retail Banking Research Limited, Lafferty und als begleitendes Datenblatt für die Systeme der Nationalbanken und der Geschäftsbanken. Ausgenommen Geschäftskarten von Visa und - in den europäischen Ländern - Angaben zu Geschäftskarten von MasterCard/Europay, einschließlich Angaben zu Geschäftsdaten von T& E-Organisationen. Tabelle 2: Gesamtzahl der mit Karten in Verkaufsstellen bezahlten Vorgänge in dem zum 31. Dezember 1999 zu Ende gehenden Jahr (soweit verfügbar) >PLATZ FÜR EINE TABELLE> Quellen: Visa Quarterly Operating Certificate (von Visa-Mitgliedern zusammengestellt), Europay, Retail Banking Research Limited, Lafferty und als begleitendes Datenblatt für die Systeme der Nationalbanken und der Geschäftsbanken. Ausgenommen Geschäftskarten von Visa und in den europäischen Ländern Angaben zu Geschäftskarten von MasterCard/Europay, einschließlich Angaben zu Geschäftsdaten von T& E-Organisationen. Tabelle 3: Gesamtwert der mit Karten in Verkaufsstellen bezahlten Vorgänge in dem zum 31. Dezember 1999 zu Ende gehenden Jahr (soweit verfügbar) ((Retail Banking Research Limited definiert den Begriff "T& E-Organisationen" nicht. Er umfasst sicherlich American Express, Diners Club und möglicherweise JCB, das in ihrem Glossar als bestens dafür bekannt erwähnt wird, JCB T& E-Karten auszugeben.)) >PLATZ FÜR EINE TABELLE> Quellen: Visa Quarterly Operating Certificate (von Visa-Mitgliedern zusammengestellt), Europay, Retail Banking Research Limited, Lafferty und als begleitendes Datenblatt für die Systeme der Nationalbanken und der Geschäftsbanken. Ausgenommen Geschäftskarten von Visa und in den europäischen Ländern Angaben zu Geschäftskarten von MasterCard/Europay, einschließlich Angaben zu Geschäftsdaten von T& E-Organisationen.