31999Y1217(01)

Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates - Antrag auf Negativattest bzw. Einzelfreistellung gemäß Artikel 81 Absatz 3 des EG-Vertrags (Sache Nr. 37.632 - UEFA-Vorschrift «Integrität der UEFA-Klubwettbewerbe: Unabhängigkeit der Vereine»)(Text von Bedeutung für den EWR)

Amtsblatt Nr. C 363 vom 17/12/1999 S. 0002 - 0004


Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates

Antrag auf Negativattest bzw. Einzelfreistellung gemäß Artikel 81 Absatz 3 des EG-Vertrags (Sache Nr. 37.632 - UEFA-Vorschrift "Integrität der UEFA-Klubwettbewerbe: Unabhängigkeit der Vereine")

(1999/C 363/02)

(Text von Bedeutung für den EWR)

I. SACHVERHALT

1. DIE ANMELDUNG

1. Am 14. Oktober 1999 beantragte der Europäische Fußballbund (die UEFA) ein Negativattest oder ersatzweise eine Einzelfreistellung gemäß Artikel 81 Absatz 3 des EG-Vertrags für seine Bestimmungen über die "Integrität der UEFA-Klubwettbewerbe: Unabhängigkeit der Vereine".

2. Die UEFA ist der Dachverband der europäischen Fußballverbände mit Sitz in Nyon (Schweiz). Die Mitgliedschaft steht allen nationalen Fußballverbänden in Europa offen. Derzeit zählt die UEFA 51 Mitgliedsverbände, davon 18 im Gebiet der Europäischen Union. Grundsätzlich gibt es in jedem Mitgliedstaat der EU und des EWR nur einen nationalen Fußballdachverband. Eine Ausnahme bildet das Vereinigte Königreich, wo aus historischen Gründen England, Wales, Schottland und Nordirland eigene Fußballverbände haben. Als der FIFA (Fédération Internationale de Football Association)-Dachverband in Europa ist die UEFA für sämtliche Rahmenregeln des europäischen Fußballs zuständig. Darüber hinaus organisiert die UEFA internationale Fußballwettbewerbe und -turniere auf europäischer Ebene. Bis zur Spielzeit 1998/1999 richtete die UEFA drei große Klubwettbewerbe aus: den Europapokal der Landesmeister (inzwischen "Champions League", den Europapokal der Pokalsieger und den UEFA-Cup. Zu Beginn der laufenden Saison (1999/2000) wurde der Europapokal der Pokalsieger abgeschafft, so daß in Zukunft nur noch die Champions' League (mit größerer Teilnehmerzahl) und der UEFA-Cup stattfinden.

2. DIE ANGEMELDETE VORSCHRIFT

3. Die angemeldete Vorschrift wurde am 19. Mai 1998 vom UEFA-Exekutivkomitee angenommen. Am 24. November 1998 beschloß die Außerordentliche Konferenz der Präsidenten der UEFA-Mitgliedsverbände einstimmig eine Resolution, in der sie ihre "bedingungslose Unterstützung der UEFA-Vorschrift und der ihr zugrundeliegenden sportlichen Prinzipien" bekundeten.

4. In dieser Vorschrift, die den Titel "Integrität der UEFA-Klubwettbewerbe: Unabhängigkeit der Vereine" trägt, wird folgendes bestimmt: "A. Allgemeiner Grundsatz

Es ist von fundamentaler Bedeutung, die sportliche Integrität der UEFA-Klubwettbewerbe zu gewährleisten. Um dieses Ziel zu erreichen, behält sich die UEFA das Recht vor, dort einzugreifen und angemessene Maßnahmen zu treffen, wo die Gefahr besteht, daß ein und dieselbe natürliche oder juristische Person die Führung, die Verwaltung und/oder die sportlichen Leistungen von mehr als einem am gleichen UEFA-KLubwettbewerb teilnehmenden Verein beeinflußt.

B. Kriterien

Für die Zulassung zu den UEFA-Klubwettbewerben gelten neben den einschlägigen Wettbewerbsreglementen die nachfolgend aufgeführten Kriterien:

1. Kein Verein, der an einem UEFA-Klubwettbewerb teilnimmt, darf direkt oder indirekt:

a) Wertpapiere oder Aktien eines anderen Vereins halten oder damit handeln oder

b) Mitglied eines anderen Vereins sein oder

c) sich auf irgendeine Art und Weise an der Führung, an der Verwaltung und/oder an den sportlichen Leistungen eines anderen Vereins beteiligen oder

d) auf irgendeine Art und Weise Einfluß auf die Führung, die Verwaltung und/oder die sportlichen Leistungen eines anderen Vereins nehmen,

wenn der betreffende Verein am gleichen UEFA-Klubwettbewerb teilnimmt.

2. Niemand darf gleichzeitig, direkt oder indirekt, in irgendeiner Funktion oder mit irgendeinem Mandat an der Führung, an der Verwaltung und/oder an den sportlichen Leistungen von mehr als einem am gleichen UEFA-Klubwettbewerb teilnehmenden Verein beteiligt sein.

3. Unterstehen zwei oder mehrere Vereine derselben gemeinsamen Kontrolle, so darf nur ein Verein am gleichen UEFA-Klubwettbewerb teilnehmen. Kontrolle bedeutet in diesem Zusammenhang, wenn eine natürliche oder juristische Person im Verein:

a) über die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre verfügt oder

b) das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen oder

c) Aktionär ist und aufgrund einer mit anderen Aktionären dieses Vereins getroffenen Vereinbarung allein über die Mehrheit der Stimmrechte seiner Aktionäre verfügt.

4. Die Kommission der UEFA-Klubwettbewerbe entscheidet endgültig über die Zulassung eines Vereins zu den Wettbewerben. Sie behält sich ferner sämtliche Rechte gegen Vereine vor, welche die vorgenannten Kriterien während des laufenden Wettbewerbs nicht mehr befolgen."

5. Die Kommission der UEFA-Klubwettbewerbe hat die Kriterien für die Zulassung für den Fall festgelegt, daß zwei oder mehr Vereine, die einer "gemeinsamen Kontrolle" unterstehen, die sportlichen Voraussetzungen zur Teilnahme an einem UEFA-Vereinswettbewerb erfuellen: "Zulassungskriterien

Fallen zwei oder mehrere Vereine unter die neuen Bestimmungen zum Schutz der Integrität der UEFA-Klubwettbewerbe, so hat die UEFA-Klubkommission folgende Kriterien bei der Zulassung eines Vereins in folgender Reihenfolge anzuwenden:

A. Zulassung eines Klubs

I. UEFA-Klubkoeffizient (kumulativer Koeffizient der vergangenen fünf Spielzeiten):

Derjenige Verein wird zum betreffenden UEFA-Klubwettbewerb zugelassen, der den höchsten Klubkoeffizienten ausweist.

II. UEFA-Koeffizient des nationalen Verbandes (kumulativer Koeffizient der vergangenen fünf Spielzeiten):

Besitzen zwei oder mehrere Vereine denselben Klubkoeffizienten (I), so wird der aktuelle UEFA-Koeffizient des nationalen Verbandes angewandt. Derjenige Verein, dessen Verband den höchsten Koeffizienten ausweist, wird zugelassen.

III. Los

Verfügen zwei oder mehrere Vereine ebenfalls über denselben Koeffizienten des nationalen Verbandes (II), so entscheidet das Los.

B. Ersetzen des freiwerdenden Platzes

Der durch die Nichtzulassung eines Vereins freiwerdende Platz im entsprechenden UEFA-Klubwettbewerb darf vom Nationalen Fußballverband entsprechend mit einem anderen Verein nachbesetzt werden. Dieser Platz wird in der Regel durch den Nächstplazierten in der nationalen Meisterschaft (für die Champions League oder den UEFA-Cup) ersetzt. Im Pokalsieger-Wettbewerb darf allenfalls der Verlierer des Finalspiels oder bei Bedarf einer der Halbfinalisten nachgemeldet werden. Die Bestätigung der Zulassung des nachgemeldeten Vereins durch die UEFA-Klubkommission bleibt dabei ausdrücklich vorbehalten."

6. Die UEFA-Vorschrift läßt sich wie folgt zusammenfassen: 1. Kein Verein sollte finanziell oder auf der Verwaltungsebene an einem anderen Verein beteiligt sein, wenn der betreffende Verein am gleichen UEFA-Klubwettbewerb teilnimmt; 2. keine Person sollte an der Verwaltung von mehr als einem am gleichen UEFA-Klubwettbewerb teilnehmenden Verein beteiligt sein, und 3. keine natürliche oder juristische Person darf mehr als einen am gleichen UEFA-Klubwettbewerb teilnehmenden Verein kontrollieren.

3. DIE ARGUMENTE DER UEFA FÜR EIN NEGATIVASTTEST

7. Nach Angaben der UEFA ist diese Vorschrift mit den Wettbewerbsregeln aus folgenden Gründen vereinbar: 1. Sie soll die sportliche Integrität und den ungewissen Ausgang der internationalen Vereinsspiele und -wettbewerbe der UEFA gewährleisten. 2. Sie will dieses Ziel durch die Vermeidung von "Interessenskonflikten" erreichen, die entstehen würden, wenn eine Person oder ein Unternehmen die sportlichen Leistungen von zwei (oder mehr) am gleichen UEFA-Klubwettbewerb teilnehmenden Vereinen zu beeinflussen in der Lage ist und dadurch die Gefahr einer Manipulation von Spielergebnissen droht. 3. Sie regelt keine wirtschaftlichen oder gewerblichen Tätigkeiten, sondern rein sportliche Belange des Fußballs. 4. Sie fällt nicht unter die Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags, da sie ein sportliches Ziel verfolgt, nicht den Wettbewerb einschränkt und selbst für den Fall, daß sie als Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt der Beteiligung an Fußballvereinen, die für europäische Vereinswettbewerbe in Frage kommen, angesehen würde, nicht als Verstoß gegen Artikel 81 EG-Vertrag zu werten sei, da sie für den korrekten Ablauf eines Sportwettbewerbs notwendig sei.

8. In dieser Hinsicht sieht die UEFA ihre Vorschrift im Einklang mit dem Spruch des Internationalen Sportschiedsgerichts vom 20. August 1999 in der Sache CAS 98/200 AEK Athen und Slavia Prag/UEFA, Ziffer 150), wonach die tatsächliche Folge der Vorschrift eine Einschränkung der Fusionen von europäischen Fußballvereinen auf höchster Ebene ist und sie damit den wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen Klubeigentümern und den wirtschaftlichen und sportlichen Wettbewerb zwischen Vereinen wahrt und sogar fördert. Unter Hinweis auf den gleichen Spruch (Ziffer 154) weist die UEFA auch darauf hin, daß im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen das Wohlergehen des Verbrauchers davon abhängt, daß viele Vereine auf dem Markt bleiben und zwischen ihnen ein größtmögliches wirtschaftliches und sportliches Gleichgewicht herrscht.

Ferner verweist die UEFA auf Randnummer 107 der Schlußanträge des Generalanwalts Alber in der Rechtssache C-176/96, Lehtonen (vom 22. Juni 1999). Herr Alber erinnert daran, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Regeln des Wettbewerbsrechts nicht abstrakt, sondern immer im Hinblick auf die wirtschaftlichen Bedingungen auf den relevanten Märkten anzuwenden sind. Konkurrenzbeschränkende Regelungen, die in ihrer Wirkung der Herstellung des Wettbewerbs auf dem betroffenen Markt förderlich sind, können also danach mit den Artikeln 81 und 82 EG-Vertrag vereinbar sein, wenn sie für die Erreichung dieses Ziels erforderlich und angemessen sind.

9. Nach Auffassung der UEFA handelt es sich bei der Vorschrift um eine ausgewogene und verhältnismäßige Maßnahme, mit der gewährleistet wird, daß der Wettbewerb unverfälscht bleibt und als unverfälscht betrachtet wird, da sie nicht etwa Investitionen in Vereine (außer von Vereinen, die an UEFA-Klubwettbewerben teilnehmen, oder deren Eigentümern) verhindert, sondern lediglich die Teilnahme von gemeinsamer Kontrolle unterstehenden Vereinen am gleichen UEFA-Klubwettbewerb verbietet. Zudem wäre der hier verwendete Kontrollbegriff, der an EU-Recht angelehnt sei(1), als Mindestvorschrift unabdingbar, damit die Öffentlichkeit in die Integrität der von der UEFA ausgerichteten Wettbewerbe uneingeschränkt Vertrauen hegen könne. Des weiteren könne jeder Investor eine Beteiligung von bis zu 50 % an zwei oder mehr europäischen Fußballvereinen seiner Wahl, die an UEFA-Klubwettbewerben teilnehmen, erwerben, ohne je von dieser Vorschrift erfaßt zu werden, sofern es sich bei dem Investor nicht um einen Verein oder eine Person handelt, die an der Führung, an der Verwaltung und/oder an den sportlichen Leistungen eines anderen an UEFA-Klubwettbewerben teilnehmenden Vereins beteiligt sind. Ergänzend weist die UEFA darauf hin, daß zahlreiche Sportorganisationen und einige staatlichen Gesetzgeber zum gleichen Sachverhalt strengere Vorschriften erlassen hätten.

II. DIE ABSICHT DER KOMMISSION

10. Nach Ansicht der Kommission kann die angemeldete Vorschrift als Beschluß einer Unternehmensvereinigung oder Vereinbarung von Unternehmensvereinigungen innerhalb der UEFA im Sinne vom Artikel 81 EG-Vertrag angesehen werden. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Gerichtshofs in der Rechtssache Bosman zu den angesichts der erheblichen sozialen Bedeutung des Fußballs in der Gemeinschaft legitimen Zielen(2) hält die Kommission es für möglich, daß die durch diese Vorschrift auferlegten Beschränkungen nicht unter das Verbot des Artikels 81 Absatz 1 des EG-Vertrags fallen. Um zu prüfen, ob diese vorläufige Schlußfolgerung aufrechterhalten werden kann oder nicht, muß sich die Kommission vergewissern, daß diese Beschränkungen auf das zur Wahrung der Integrität der UEFA-Klubwettbewerbe und der Ungewißheit der Ergebnisse erforderliche Mindestmaß begrenzt sind. Sie hat daher zu untersuchen, ob das gleiche Ziel mit weniger restriktiven Mitteln erreicht werden kann oder nicht.

11. Aus diesen Gründen fordert die Kommission alle übrigen Beteiligten auf, ihre Bemerkungen binnen eines Monats ab Veröffentlichung dieser Mitteilung unter Angabe des Aktenzeichens "COMP/37.632 - UEFA-Vorschrift zum Schutz der Integrität der Klubwettbewerbe" an folgende Anschrift zu richten: Europäische Kommission

Generaldirektion Wettbewerb

Direktion D

Rue de la Loi/Wetstraat 200 B - 1049 Brüssel Fax (32-2) 295 30 80

(1) Richtlinie 88/627/EG des Rates vom 12. Dezember 1988 (ABl. L 342 vom 17.12.1998, S. 62).

(2) Urteil vom 15. Dezember 1995, Rechtssache C-415/93, Slg. [1995] I-4921, Randnummer 106.